Wie können Eltern dieses oft herausfordernde Jahr in einen Erfolg verwandeln?

Von Nancy Capo

„Lass das in Ruhe! Lege das wieder hin! Nein! Warte!“ (Es kracht!) Klingt das vertraut? Wenn ja, dann haben Sie wahrscheinlich ein zweijähriges Kind im Haus – oder Sie können sich zumindest daran erinnern, wie das damals war. Wenn von Zweijährigen die Rede ist, dann kommen einige stereotype Begriffe in den Sinn: eine ereignisreiche Zeit voller Herausforderungen, schreckliche Wutanfälle. Wie steht es aber mit toll?

Ein tolles zweites Lebensjahr? Ist das denn denkbar? Bei strategisch ausgerichtetem Elternverhalten und dem Segen von auch nur annähernd kooperationsfreudigen Genen kann das Zweijährigenstadium durchaus auch großartig sein! Die Entwicklung eines zweijährigen Kindes explodiert förmlich in allen Bereichen – hinsichtlich Sprache, Körperkoordination, Wissen und Emotionen. Dieses Stadium des rapidem Kennenlernens und Erforschens der Umwelt stellt eine aufregende Zeit im Leben Ihres Kindes dar. Der Umgang mit dieser unentwegten Neugierde kann bei Eltern aber manchmal zu Erschöpfung und Frustration führen.

Das ist aber auch eine Zeit, in der Ihr zweijähriges Kind Sie durch unerwartete Zärtlichkeit überraschen kann, etwa wenn es in die Hocke geht, um eine „verletzte“ Blume zu begutachten oder zu einem verletzten Spielgefährten eilt, um ihn mit einem sanften Rückenschlag und besorgter Miene zu ermutigen.

Im nächsten Augenblick schreit das Kind dann vielleicht irritiert und umklammert frenetisch ein Stofftier, während der große Bruder es spaßeshalber wegzuziehen versucht. Als Eltern eines zweijährigen Kindes können Sie sich auf ständige „Schleuderanfälle“ einstellen – es sei denn, Sie wissen, wie Sie sich auf das Unerwartete vorbereiten können.

Kinder haben unterschiedliche Persönlichkeiten

Manche Kinder werden praktisch im Zustand des Protests geboren und reagieren die nächsten Jahre entsprechend. Andere sind gleichmütiger bzw. formbarer. Soweit es die Gene betrifft, müssen wir eben mit den Realitäten leben. Es ist Teil der Aufgabe von Eltern, das jeweilige „Rohmaterial“ durch beständige, liebevolle Erziehung zu formen.

Hat Ihr Kind eher einen starken Willen? Herzlichen Glückwunsch! Ja, da steht Ihnen einiges an Arbeit bevor, aber starke Kinder können zu starken Erwachsenen werden, die, wenn sie sich einmal entschieden haben, ihre Lebensziele konsequent verfolgen. Das sind die Charaktere, die oft zu kühnen, risikobereiten Führern werden – zu Menschen wie Josua, Debora oder Petrus.

Wie sieht es also mit der Strategie aus? Lassen Sie uns bei den Grundbedürfnissen beginnen. Der amerikanische Familienberater Dr. Ross Campbell betont, dass Kinder vier grundlegende Bedürfnisse haben: 1. Augenkontakt, 2. körperlichen Kontakt, 3. zielgerichtete Aufmerksamkeit und 4. disziplinierende Erziehung. Wenn diese vier Bereiche abgedeckt sind, dann lädt sich die „emotionale Batterie“ Ihres Kindes auf. Das Ergebnis ist eine Eltern-Kind-Beziehung, bei der Ihr Kind bereitwilliger ist, Ihnen zu gefallen. Das heißt nicht, dass es bei der Erziehung Ihres Kindes keine Konflikte und Herausforderungen geben wird. Selbst für mutige Kinder wird es aber eine starke Grundlage schaffen, die von Liebe und einer größeren Bereitschaft geprägt ist, die von den Eltern gesetzten Grenzen zu respektieren.

Das „Unglück“ kommen sehen

Auf dieser Grundlage lässt sich etwas aufbauen. Vieles bei der Erziehung eines Zweijährigen beinhaltet das Prinzip des „das Unglück kommen zu sehen“ und es entsprechend zu vermeiden (Sprüche 22,3).

Beispielsweise ist es ein großer Fehler, das Kind erst zu ignorieren und sich dann aufzuregen, wenn es etwas „Unartiges“ macht. Zweijährige sind von Entdeckungen fasziniert und lernen eifrig alles, was sie umgibt. Zum Beispiel, dass der Schnuller des kleinen Bruders ein platschendes Geräusch macht, wenn man ihn in den Wasserbehälter des Hundes wirft, oder dass Dinge einfach verschwinden, wenn man sie die Toilette hinunterspült.

Einer der erfreulichsten Aspekte der Erziehung eines Zweijährigen ist, ihm die Welt des Forschens zu eröffnen. Da muss man sich als Eltern in vorausschauender Erziehung üben und diese Lernerfahrungen in produktive Bahnen lenken. Dazu gehört auch, dass man klare Grenzen setzt, wenn es darum geht, was das Kind tun darf. Werden Sie dabei zum Lehrer Ihres Kindes!

Ein Beispiel: Sie sind gerade im Garten mit Ihrem Zweijährigen und er greift sich einen Stein. Sie wissen, dass er diesen 1. werfen, 2. essen oder 3. damit dem Hund auf den Kopf schlagen wird. Als weiser und liebender Elternteil, der Sie sind, raten Ihnen Ihre Instinkte, 1. Ihrem Kind den Stein so schnell wie möglich zu entreißen, 2. laut zu rufen „Wirf das hin! Schmutzig!“ oder 3. den Tierarzt anzurufen.

Wie wäre es mit der vierten Alternative? Mit flüsternder, aufgeregter Stimme sagen Sie, während Sie das Kleinkind mit der einen Hand und den Stein mit der anderen Hand fassen: „Sieh mal! Was hast du da gefunden? Ist das ein Stein? Toll. Sieh nur! Er glitzert. Gibt es da noch mehr solche Steine?“

Jetzt sind Sie vielleicht dabei, eine ganze Steinfamilie einzusammeln – Papastein, Mamastein, Bruder- und Schwesterstein. Sie verstehen, worum es geht. Nachdem er Ihnen nun seine volle Aufmerksamkeit widmet, können Sie ihm erklären, dass Steine nicht dazu da sind, geworfen (oder gegessen) zu werden. Mit zwei Jahren wird er das vielleicht nicht völlig verstehen, aber Sie haben einen empfänglichen Augenblick dazu benutzt, positive Anleitung zu geben.

Wird Ihr Kind durch dieses Erlebnis zu einem Geologen werden? Nicht unbedingt, aber indem Sie hier auf eine positive und vorausschauende Weise die Kontrolle übernommen haben, wird die Neugierde Ihres Kindes entfacht und seine Handlungen werden in eine bestimmte Richtung gelenkt – und zudem ein Arztbesuch oder Tierarztbesuch vermieden.

Seien Sie sich der altersgerechten Fähigkeiten Ihres Kindes bewusst

Ein weiterer Weg, das „Unglück“ sozusagen zu vermeiden, besteht darin, Ihre Erwartungen den altersgerechten Fähigkeiten Ihres Kindes anzupassen. Wenn eine Mutter ihrem Zweijährigen zum Beispiel einen Becher ohne entsprechende kleinkindgerechte Öffnung gibt, dann führt das endlose Verschütten des Inhalts zu Frustrationen. „Warum kannst du nicht einfach . . .!“ Irgendwann wird das Kind lernen müssen, ohne diesen Schutzdeckel zu trinken. Das wird aber nur dann passieren, wenn die feinmotorischen Fähigkeiten des Kindes soweit sind.

Es gibt viele Bücher darüber, was man in jeder Entwicklungsstufe von einem Kind erwarten kann. Zudem gibt es im Internet eine Fülle von Artikeln zu den Entwicklungsstadien von Kleinkindern. Wir sollten unseren Kindern einen Liebesdienst erweisen und sie nicht mit Erwartungen belasten, die jenseits ihrer Möglichkeiten liegen.

Etwas anderes, worauf Sie vorbereitet sein müssen, sind die berüchtigten „Weinkrämpfe“. Ein Kind kann aus mehreren Gründen in einen Zustand des Weinens bzw. Zornes verfallen. Man darf die Möglichkeit, dass das Kind einfach einen mürrischen Moment erlebt, weil es seinen Willen nicht durchsetzen konnte, nicht ausschließen. Aber oft gibt es da noch anderes Öl, das ins Feuer gegossen wird und so zu diesen peinlichen Weinkrämpfen führt.

Die verhängnisvolle Kombination besteht aus einer zu hohen Erwartung an ein Kind, das übermüdet ist. Diese Kombination stellt ein wahres Symptom des „Trotzalters“ dar. Überlegen Sie daher, wie viele Schlaf- und Ruhephasen Ihr Kind wirklich erhält. Verzichten Sie manchmal auf die Zeiten des Mittagsschlafs? Ist der Rest des Tages voller Stimulierung – Fernsehen, Videos oder Kindergruppen- bzw. Spielplatzaktivitäten?

Hält Ihr Kind seinen Mittagsschlaf im Kindersitz im Auto? Ist es abends solange wach, bis Sie selbst fast vor Erschöpfung umfallen? Dann ist es möglich, dass sowohl Sie als auch Ihr Kind nicht genug Schlaf bekommen. Unter solchen Bedingungen kann selbst eine einfache elterliche Anweisung ein übermüdetes Kind außer Kontrolle geraten lassen.

Zurechtweisung und Disziplin

Zu guter Letzt wird es auch Zeiten geben, wo Disziplin (im Sinne von Unterweisung und Einüben von Verhaltensweisen), Zurechtweisung oder manchmal sogar eine Bestrafung erforderlich macht. Kleinkinder sind wandelnde Unfälle. Sie sind noch nicht in der Lage, ihre kognitiven und motorischen Fähigkeiten miteinander in Einklang zu bringen. Eltern können die resultierenden „Unfälle“ als Lernmöglichkeiten nutzen: „Nächstes Mal sollten wir nicht vergessen . . .“

Eine Bestrafung kommt dann in Frage, wenn es um den Gehorsam und die innere Haltung Ihres Kindes geht. Das Ziel der Bestrafung sollte es aber nie sein, das Kind zu unterdrücken, sondern ihm das Prinzip von Ursache und Wirkung beizubringen. Es geht darum, in unseren Kindern Voraussicht hinsichtlich ihrer eigenen Gedanken und Handlungen zu verankern. Es geht zudem darum, Vertrauen in der Eltern-Kind-Beziehung aufzubauen. Spätere Privilegien sind das Ergebnis des angesammelten Vertrauens, das ein Kind bei seinen Eltern aufbaut.

Es ist von entscheidender Bedeutung, dass Eltern ruhig bleiben und nicht mit Zorn auf das absichtliche Verhalten des Kindes reagieren. Manchmal sind wir frustriert, wenn wir uns gerade nicht mit den Kindern befassen wollen. Dann fangen manche Eltern zu zählen an: „Mir ist das hier Ernst! 1,2,3 . . .“

Leere Drohungen dieser Art ermutigen nur ein weiteres Herausfordern. Sagen Sie nur etwas, wenn Sie es von Anfang an ernst meinen. Reagieren Sie dann darauf, wenn Ihr Kind nicht auf Sie hört – liebevoll, aber schnell und zuverlässig. Gerade wenn Ihr Kind widerspenstig und ungehorsam ist, sollen Sie Ihrer elterlichen Pflicht nachkommen. Das kann bedeuten, dass Sie den Einkaufswagen im Supermarkt stehen lassen müssen, um Ihr Kind über richtiges Verhalten zu belehren. Solche Situationen sind unangenehm und erfordern Zeitaufwand. Elterliche Verantwortung ist aber nicht immer angenehm, doch sie ist immer von entscheidender Bedeutung.

Das Kleinkindalter ist eine anstrengende Zeit. Indem Sie Ihre elterliche Aufgabe aber mit Wissen, Begeisterung und Liebe wahrnehmen, kann auch das zweijährige Alter Ihres Kindes zu einer tollen Zeit werden!