Einige Kritiker meinen, daß die Bibel nicht gültig ist, weil unsere heutigen Ausgaben unmöglich mit dem Originaltext übereinstimmen können. Kann dieses Argument einer Prüfung standhalten?
Von Ken Graham
Ist der Text der Bibel zuverlässig? Sind die Bücher, die uns in modernen Bibeln zur Verfügung stehen, die gleichen wie die vor langer Zeit abgefaßten Schriften? Enthält die Bibel wirklich die Worte der Propheten und Apostel, oder ist ihr Inhalt im Laufe der Jahrhunderte geändert worden?
Natürlich gibt es Sprachunterschiede, weil die Bibel ursprünglich nicht auf Deutsch geschrieben wurde. Die Sprache des Alten Testamentes ist bis auf ein paar Passagen, die in Aramäisch aufgezeichnet wurden, Hebräisch. Das Neue Testament wurde auf Griechisch niedergeschrieben.
Erst im 15. Jahrhundert wurde die Bibel in die deutsche Sprache übersetzt. Hat sie sich bis zu diesem Zeitpunkt über die vielen Jahrhunderte hinweg verändert?
Dies sind wichtige Fragen. Denn wenn man nachweisen kann, daß sich die Bibel, wie sie uns heute vorliegt, gänzlich von dem ursprünglichen Text unterscheidet, müssen wir uns fragen, warum wir der Bibel in diesem Fall überhaupt Beachtung schenken sollten.
Wenn wir nicht darauf vertrauen können, daß die Schriften genau übersetzt und aufbewahrt worden sind, gibt es wenig Anlaß zu der Überzeugung, daß es sich wirklich um das Wort Gottes handelt. Deshalb ist es sehr wichtig, die geschichtlichen Aufzeichnungen zu untersuchen. Wie können wir die Wahrheit herausfinden?
Wurde das Alte Testament zuverlässig überliefert?
Die hebräische Bibel, die heute das Alte Testament genannt wird, ist sehr viel älter als das Neue Testament. Sie wurde ungefähr um 1446 bis 400 v. Chr. geschrieben. Ist das Alte Testament, wie es uns heute vorliegt, eine genaue und treue Überlieferung des Originals?
Lassen Sie uns untersuchen, wie es für uns aufbewahrt wurde. Der Apostel Paulus schrieb in seinem Brief an die römische Gemeinde, daß die Worte Gottes dem jüdischen Volk anvertraut worden waren (Römer 3,2). Jahrhundertelang haben sie ihre heiligen Schriften sehr sorgfältig und präzise aufbewahrt. Lange bevor die Druckerpresse erfunden wurde, wurden die Schriften von Hand geschrieben. Die jüdischen Schriftgelehrten, die von Generation zu Generation Kopien von den Manuskripten des Alten Testamentes anfertigten, waren bei ihren Übertragungen sehr genau.
Die Masoreten, eine besondere Gruppe von jüdischen Schriftgelehrten, die in der Zeit von 500 bis 900 n. Chr. Abschriften der hebräischen Bibel anfertigten, hatten die Übertragungsweise besonders perfektioniert. Ihre Version des Alten Testamentes wird allgemein als die genaueste anerkannt und ist als der Masoretische Text bekannt.
Vor und während dieser Zeit folgten geschulte Schreiber verschiedenen akribisch genauen und sehr strengen Anforderungen, um die Handschriften für ihre heiligen Bücher herzustellen. Die Masoreten forderten, daß die Worte aller Manuskripte auf unterschiedliche Weise gezählt werden mußten. Sie zählten z. B. bei einem ihrer verschiedenen Tests die Zahl aller Wörter in einer neu angefertigten Abschrift. Wenn die Kopie nicht die richtige Zahl hatte, war das Manuskript unbrauchbar und wurde vergraben.
Solche Maßnahmen sollten verhindern, daß nicht ein einziges Wort der Heiligen Schrift hinzugefügt bzw. weggelassen werden konnte. Auf diese Weise wurden die Schriftrollen der hebräischen Bibel von einem Jahrhundert zum nächsten sorgfältig und genau überliefert.
Welche Bücher gehören zum Alten Testament?
Ungefähr im Jahr 90 n. Chr. legten Rabbiner bei der Synode zu Jamnia in Judäa nahe der Mittelmeerküste fest, daß der Kanon – die Schriften, die als göttlich inspiriert anerkannt worden waren – der jüdischen Bibel vollständig und autoritativ war.
Obwohl es Unterschiede in der Zusammenstellung gibt – die jüdische Bibel faßt den Text in 22 Büchern zusammen, während unsere moderne Bibel das Alte Testament in 39 Bücher aufteilt –, so ist der Inhalt doch derselbe. Die Juden schrieben die Bücher Josua und Richter auf eine Schriftrolle und zählten sie deshalb als ein Buch. In der heutigen Bibel erscheinen sie als einzelne Bücher. Auch wurden 1. und 2. Samuel, 1. und 2. Könige und 1. und 2. Chronik als insgesamt nur drei Bücher gezählt, während sie in der deutschen Übersetzung als einzelne Bücher, also insgesamt sechs, erscheinen.
Die Synode zu Jamnia wies andere in Frage kommende Bücher, die als Apokryphen und deuterokanonische Schriften bekannt wurden, als nicht inspiriert und nicht maßgebend zurück. Deshalb gehören sie nicht zu dieser Zählung bzw. dem anerkannten hebräischen Kanon. Diese Bücher werden somit auch in den meisten modernen Bibeln weggelassen.
Das jüdische Volk hat in den vergangenen Jahrhunderten das Alte Testament, wie es uns heute vorliegt, bewahrt. Die Mehrheit der heute noch vorhandenen Manuskripte des Alten Testaments ist so gut wie identisch mit den Handschriften, die von den Masoreten angefertigt worden waren. Es gibt nur sehr geringe Unterschiede unter ihnen.
Was erfahren wir von der Textkritik?
„Textkritik“ ist eine wissenschaftliche Arbeit, die den Ausgangstext der verschiedenen Varianten der biblischen Texte zu rekonstruieren sucht und ein Werkzeug der historisch-kritischen Methode der Bibelauslegung ist. Das Originalmanuskript heißt auch Autograph, wörtlich „selbst geschrieben“. Heute, nach so langer Zeit, gibt es keine Autographen – Originale – mehr von den Büchern des Alten und Neuen Testaments.
Über die Jahrhunderte hinweg haben geringe Abweichungen (auch Varianten genannt) ihren Weg in nachfolgende Abschriften handschriftlicher Dokumente gefunden, trotz der größten Sorgfalt, die die Schreiber an den Tag gelegt hatten.
Nach der Erfindung von Johann Gutenbergs erster Druckerpresse mit beweglichen Lettern konnte die Bibel mit vorhersehbarer Genauigkeit immer wieder neu gedruckt werden. Von diesem Zeitpunkt an spielten die Varianten, die durch die handschriftlichen Übertragungen entstanden waren, keine Rolle mehr. Vor dieser Zeit gab es bei den handgeschriebenen Manuskripten allerdings kleine Abweichungen. Die Textkritik befaßt sich deshalb mit der Zeit vor 1455 n. Chr.
Wegen der strengen Auflagen und der begrenzten Zahl der Orte, wo die Abschriften des Alten Testaments hergestellt wurden, sind nur sehr wenige Varianten oder Versionen des Alten Testaments entstanden. Als die Schriftrollen vom Toten Meer (hauptsächlich Teile des Alten Testaments, die zum großen Teil auf das erste Jahrhundert v. Chr. datieren) 1947 entdeckt wurden, machten sich viele Leute anfänglich Sorgen, daß man in den Qumran-Rollen große Unterschiede im Vergleich zu dem Masoretischen Text finden würde.
Die Schriftrollen vom Toten Meer waren tausend Jahre älter als die ältesten und zuverlässigsten Masoretischen Texte, die wir heute haben (der Leningrad Codex datiert auf das Jahr 1008 n. Chr.). Haben die Wissenschaftler die großen Abweichungen gefunden, die man befürchtet hatte?
Nach jahrelangen Untersuchungen kamen sie zu dem Ergebnis, daß die Qumran-Rollen nur sehr geringe, unbedeutende Abweichungen zu dem heutigen Masoretischen Text des Alten Testaments aufwiesen.
„Diese ältesten biblischen Texte sind von großer Wichtigkeit“, erklärt der Historiker Ian Wilson. „Obwohl sie tausend Jahre älter sind als die Texte, die zuvor in Hebräisch bekannt waren, zeigen sie doch, wie sehr unsere heutigen Bibeln mit denen von vor 2000 Jahren übereinstimmen und wie wenig sie sich über die Jahrhunderte verändert haben. Beispielsweise enthalten zwei Jesaja-Schriftrollen fast genau denselben Text, wie er in unserer heutigen Bibel steht ...
Obwohl wir kleine Unterschiede erwarten können, handelt es sich hierbei vornehmlich um eine andere Wortwahl oder das Hinzufügen bzw. Weglassen eines bestimmten Satzes oder bestimmter Wörter. Jesaja 1, Vers 15 endet beispielsweise in unserer heutigen Bibel wie folgt: ,denn eure Hände sind voll Blut.‘ In der Schriftrolle vom Toten Meer steht noch der Zusatz: ,und eure Finger mit Verbrechen‘. In unserer modernen Bibel lautet Jesaja 2, Vers 3: ,Kommt, laßt uns auf den Berg des Herrn gehen, zum Hause des Gottes Jakobs‘. Die Version der Qumran-Rolle läßt ,den Berg des Herrn‘ weg.
Solche Diskrepanzen sind unbedeutend, und es kann keinen Zweifel daran geben, daß die biblischen Bücher, die vor 2000 Jahren sorgfältig in Qumran aufbewahrt worden waren, sich kaum von unseren heutigen hebräischen und alttestamentlichen Bibeln unterscheiden“ (The Bible Is History, 1999, Seite 205).
Dort wo es Abweichungen gibt, kann man aber nicht zwingend von der automatischen Richtigkeit der Qumran-Rollen und des damit fehlerhaften Masoretischen Textes ausgehen. Wir sollten bedenken, daß die Schriftrollen vom Toten Meer nicht unbedingt mit den gleichen sorgfältigen Methoden übertragen worden waren, wie sie von den anerkannten Schriftgelehrten jener Zeit verwendet wurden. Trotzdem ist die bemerkenswerte Entdeckung der Qumran-Rollen die Bestätigung dafür, daß das Alte Testament für uns heute tatsächlich genau aufbewahrt worden ist.
Wie steht es um das Neue Testament?
Verglichen mit der Seltenheit der antiken alttestamentlichen Manuskripte existieren heute buchstäblich Tausende von griechischen Manuskripten des Neuen Testamentes. Sie sind unterschiedlich alt und stammen von verschiedenen Orten. Doch wie beim Alten Testament gibt es auch bei den neutestamentlichen Büchern keine Autographen mehr.
Wie zuverlässig sind diese Manuskripte und wie lassen sie sich mit anderen Werken aus dieser Zeit vergleichen?
„Die neutestamentlichen Dokumente haben mehr Handschriften, frühere Manuskripte und umfangreicher abgestützte Texte als die besten zehn Stücke der klassischen Literatur zusammen ... Bei der letzten Zählung gab es fast 5700 handgeschriebene griechische Manuskripte des Neuen Testaments. Zusätzlich dazu gibt es mehr als 9000 Texte in anderen Sprachen (z. B. Koptisch, Latein und Aramäisch). Einige dieser fast 15 000 Manuskripte sind ganze Bibeln, andere enthalten Bücher oder Seiten, andere wiederum bestehen nur aus ein paar Fragmenten ...
Das Werk, das dem am nächsten kommt, ist die Iliad von Homer, mit 643 Manuskripten. Für die meisten anderen antiken Werke sind nur noch ein Dutzend Schriftstücke vorhanden, und doch gibt es nur ganz wenige Historiker, die daran zweifeln, daß die in den Werken beschriebenen Ereignisse tatsächlich stattgefunden haben ...
Das Neue Testament wird nicht nur von vielen Schriftstücken unterstützt, sondern einige Kopien des Originals wurden schon kurze Zeit nach der Abschrift des Originals angefertigt. Die Zeitspanne zwischen dem Original und der ersten Kopie, die erhalten geblieben ist, ist viel kürzer als alles andere aus der Antike.
Die Iliad folgt mit der nächst kürzesten Zeitspanne von ungefähr 500 Jahren. Der Altersabstand der meisten anderen vorhandenen antiken Werke zum Original beträgt 1000 Jahre oder mehr. Die Zeitspanne bis zur ersten Kopie des Neuen Testaments umfaßt dagegen nur 25 Jahre oder sogar noch etwas weniger ...
Die ersten Kirchenväter – Männer aus dem 2. und 3. Jahrhundert, wie z. B. Justin der Märtyrer, Irenäus, Clement von Alexandrien, Origenes, Tertullian und andere – zitierten so oft aus dem Neuen Testament (36 289 mal, um genau zu sein), daß das Neue Testament bis auf elf Verse allein durch die Zitate konstruiert werden kann ... Wir haben nicht nur Tausende von Schriftstücken, sondern auch Tausende von Zitaten aus diesen Schriftstücken“ (Norman Geiser und Fran Turek, I Don‘t have Enough Faith to be an Atheist, 2004, Seite 225-228).
Sir Frederic Kenyon, eine anerkannte Autorität auf dem Gebiet antiker Manuskripte, beschreibt den Status des Neuen Testaments wie folgt:
„Es kann nicht genug betont werden, daß der Inhalt der Bibel sicher ist: Ganz besonders im Fall des Neuen Testamentes. Die Zahl der neutestamentlichen Schriftstücke, die frühen Übersetzungen daraus und die Anzahl der Zitate von den ältesten Schreibern der Kirche ist so groß, daß man praktisch davon ausgehen kann, daß der wahre Wortlaut einer jeden zweifelhaften Schriftstelle auf die eine oder andere Weise von einer dieser alten Autoritäten festgehalten wurde. Das kann von keinem anderen antiken Buch dieser Welt gesagt werden“ (Our Bible and the Ancient Manuscripts, A. W. Adams, 1958, Seite 23).
Der Umgang mit verschiedenen Übersetzungen
Kritiker nehmen nicht selten Abweichungen vom Originaltext und scheinbare Fehler zum Vorwand, um die Bibel zu diskreditieren. Es bleibt aber eine Tatsache, daß die glaubwürdige Überlieferung der Bibel über so viele Jahrhunderte hinweg im Vergleich zu der weltlichen Literatur Maßstäbe setzt.
Dennoch trifft keine noch so gute Übersetzung immer den Sinn des Urtextes. Deshalb ziehen die meisten Leute es vor, mehrere Übersetzungen zu benutzen. Für unsere Publikationen benutzen wir grundsätzlich den Text der Lutherbibel von 1984 und als Ergänzung auch die Elberfelder und Gute Nachricht Bibeln.
Die Zeitschrift Gute Nachrichten will Ihnen dabei helfen, die Bibel besser zu verstehen. In unseren kostenlosen Publikationen Schlüssel zum Verständnis der Bibel und Die Bibel: Wahrheit oder Legende? finden Sie weitere Informationen zu den in diesem Artikel behandelten Themen. Auf Anfrage senden wir sie Ihnen gerne zu. Wir sind überzeugt, daß die Bibel glaubwürdig ist: Es liegt an uns, ob wir sie lesen, studieren, schätzen und ihren Inhalt in unserem Leben anwenden.
Wie ist die Bibel entstanden?
Wie wurde die Bibel zusammengetragen? Wie können wir wissen, daß die Bücher, die in der Bibel enthalten sind, wirklich zur Bibel gehören sollen? Mit diesen wichtigen Fragen hat sich manches Buch auseinandergesetzt!
Dabei geht es um den Kanon – die Sammlung der für den Glauben maßgeblichen biblischen Bücher. In diesem Sinne ist das Wort Kanon semitischen Ursprungs, qaneh in Hebräisch. Es bedeutete „Schilfrohr“ oder „Stiel“ und wird so in Hiob 40, Vers 21 und 1. Könige 14, Vers 15 benutzt. Hieraus leitet sich eine zweite Bedeutung ab, d. h. damit wird etwas gemessen: Ein Standard bzw. eine Meßlatte wird benutzt.
Aus qaneh wurde dann im Griechischen das Wort kanon. Im Lateinischen entstand canon, in Deutsch benutzen wir Kanon.
Andere Erläuterungen des Wortes Kanon aus dem Wörterbuch weisen auch auf Regeln, Prinzipien und Richtlinien hin. Das führt uns zurück zur ursprünglichen Bedeutung der Antike: Messen bzw. die Meßlatte. In diesem Fall ging es darum, zu entscheiden, welche Handschriften zum inspirierten, handschriftlichen Wort Gottes gehörten.
Das Wort Bibel ist über die lateinische Sprache vom griechischen Wort biblia zu uns gekommen und bedeutet „Bücher“. Sie enthält die Bücher (ursprünglich handgeschriebene Schriftrollen), die zur Sammlung der – göttlich inspirierten –Bücher Gottes gehören. Man kann sagen, sie sind der Maßstab, nach dem der Mensch leben sollte.
Der Apostel Paulus schrieb an Timotheus: „... und daß du von Kind auf die heilige Schrift kennst, die dich unterweisen kann zur Seligkeit durch den Glauben an Christus Jesus. Denn alle Schrift, von Gott eingegeben, ist nütze zur Lehre, zur Zurechtweisung, zur Besserung, zur Erziehung in der Gerechtigkeit, daß der Mensch Gottes vollkommen sei, zu allem guten Werk geschickt“ (2. Timotheus 3,15-17).
„Heilige Schrift“ in Vers 15 bedeutet „geheiligte Schriften“ – Worte, die von Gott inspiriert wurden. Vers 16 bedeutet im Griechischen buchstäblich, daß alle „Schrift gottgehaucht (Griech. theopneustos)“ ist. Die Bibel ist wahrhaftig der Atem Gottes für alle Menschen, denen er den Atem des Lebens eingegeben hat.
Die Bibel wurde von Gott als Handbuch beabsichtigt, das dem Menschen zwei Dinge zeigen sollte: Sie soll uns zeigen, wie wir leben sollen, damit wir ein glückliches Leben haben. Gleichzeitig dient die Bibel als Aufzeichnung von Gottes Vorhaben, die ganze Menschheit zu retten.
Was macht ein Buch zum Kanon bzw. warum gilt ein Buch als inspiriert?
In dem von Philip Comfort herausgegebenen Buch The Origin of the Bible [„Der Ursprung der Bibel“] stellt R. T. Beckwith fest: „Ein Buch gehört nicht allein deshalb zum Kanon der alt- und neutestamentlichen Bücher, weil es alt, informativ und hilfreich ist und schon sehr lange von Gottes Volk gelesen und geschätzt wurde. Es qualifiziert sich dadurch, daß es in seinen Aussagen die Autorität Gottes besitzt. Gott sprach durch seine menschlichen Autoren, um sein Volk darin zu unterweisen, was es glauben sollte und wie es sich zu verhalten hatte.
Es ist nicht nur der Bericht über Offenbarung, sondern die kontinuierliche schriftliche Form der Offenbarung. Das ist es, was wir meinen, wenn wir davon reden, daß die Bibel ,inspiriert’ ist, und dies unterscheidet die Bücher der Bibel von allen anderen Büchern“ (1992, Seite 52).
Drei andere Kommentare von Milton Fischer im selben Buch zeigen, wie die Kirche den Kanon des Neuen Testaments anerkannte:
• „Das kirchliche Konzept vom Kanon, das zuerst von der Verehrung der alttestamentlichen Schriften herrührte, beruhte auf der Überzeugung, daß die Apostel besonders autorisiert waren, im Namen desjenigen zu sprechen, dem alle Autorität gehörte – dem Herrn Jesus Christus“ (Seite 76).
• „Apostolische Rede im Namen Christi wurde von der Kirche in wörtlicher oder schriftlicher Form anerkannt“ (Seite 77).
• „Die Kanonisierung bedeutet die Anerkennung des göttlich autorisierten Wortes“ (Seite 77).
Das Alte Testament: die hebräische Bibel
Die Bücher des Alten und Neuen Testaments wurden über einen Zeitraum von ungefähr 1600 Jahren geschrieben und kanonisiert. Es fing im 15. Jahrhundert v. Chr. mit dem Pentateuch (die ersten fünf Bücher der Bibel) an und endete gegen Ende des ersten Jahrhunderts n. Chr. mit dem Buch der Offenbarung. Kein Historiker hinterließ einen vollständigen Bericht über die einzelnen Schritte dieses langen Prozesses. Wir haben aber hier und da einzelne Informationen, die uns wissen lassen, was ungefähr stattgefunden hat.
Während der tausend Jahre, in denen das Alte Testament geschrieben wurde, gab es mindestens fünf Phasen der Kanonisierung. Esra, ein Priester und Schriftgelehrter, war anscheinend um 450 v. Chr. für die letzte Sammlung und Ordnung der hebräischen Bibel verantwortlich (was wir heute das Alte Testament nennen). Mit seinem Kanon war das Alte Testament vollständig. Im Jahr 90 n. Chr. trafen sich jüdische Rabbiner und Autoritäten während der Synode zu Jamnia, wo der Kanon der hebräischen Bibel als autoritativ und vollständig bestätigt wurde. Ganz offensichtlich wurde nur bestätigt, was schon lange Zeit vorher anerkannt wurde.
Ungefähr sechs Jahrzehnte früher bestätigte Jesus Christus seine Akzeptanz der drei Einteilungen des Alten Testaments (Gesetz, Propheten und Schriften) als kanonisch. In Lukas 24, Vers 44 lesen wir dazu: „Das sind meine Worte, die ich zu euch gesagt habe, als ich noch bei euch war: Es muß alles erfüllt werden, was von mir geschrieben steht im Gesetz des Mose, in den Propheten und in den Psalmen.“ (Die letzte Einteilung ist auch als die Schriften bekannt, auch „Psalmen“ nach dem ersten und größten Buch genannt.)
Die dreiteilige Einteilung des Alten Testaments wurde zur Zeit Jesus allgemein verstanden und war weithin bekannt. Die christlichen Kirchen haben das Alte Testament in dieser Form lange anerkannt.
Das Neue Testament
Niemand weiß genau, wie der neuttestamentliche Kanon entstanden ist. Man weiß, daß während der Synode zu Karthago im Jahr 397 n. Chr. 27 Bücher, die heute unser Neues Testament ausmachen, zum Kanon erklärt worden waren. Diese 27 Bücher waren aber schon drei Jahrhunderte lang von der Kirche gelesen und benutzt worden.
Es gibt andere Theorien darüber, wie der Kanon des Neuen Testaments entstanden sein soll. Die Theorie heute mit den meisten Befürwortern besagt, daß es ein wachsender Prozeß über fast drei Jahrhunderte war und daß es während dieser Zeit keine Einzelperson gegeben hat, die den Kanon bestimmt hat.
Die zweite Theorie, etwas weniger bekannt, hält die Apostel Paulus, Petrus und Johannes für diejenigen, die den neutestamentlichen Kanon endgültig bestimmt haben. Johannes soll mit der Hilfe von anderen Gläubigen Kopien aller 27 Bücher angefertigt haben und sie an die Gemeinden in Kleinasien und Israel verteilt haben.
Keine dieser Theorien läßt sich genau beweisen, zu beiden lassen sich aber unterstützende Hinweise finden. Die letztere Sichtweise, die von dem Herausgeber der Zeitschrift Gute Nachrichten als korrekt angesehen wird, scheint durch verschiedene Schriftstellen im Neuen Testament bestätigt zu werden.
Dazu gehört beispielsweise die Bibelstelle in 2. Petrus 3, Vers 16, wo der Apostel Petrus in einer Botschaft an die frühe Kirche schrieb, daß er die Briefe seines Apostelkollegen Paulus als Teil der „Schrift“ betrachtete.
Petrus stellte Paulus’ Briefe auf die gleiche Stufe wie die alttestamentlichen Schriften. Das würde darauf hinweisen, daß die Apostel einige der apostolischen Schriften schon als göttlich inspiriert anerkannten und meinten, sie gehörten zum Kanon der Heiligen Schrift.
Paulus selbst scheint selbst einen Einfluß auf den Prozeß der Kanonisierung des Neuen Testamentes gehabt zu haben, indem er Bücher und Briefe, insbesondere seine eigenen Schriften, aussuchte, die für uns aufbewahrt worden sind.
In 2. Timotheus 4, Vers 13 schreibt er an Timotheus in seinem letzten Brief aus dem Gefängnis vor seiner Hinrichtung: „Den Mantel, den ich in Troas ließ bei Karpus, bringe mit, wenn du kommst, und die Bücher, besonders die Pergamente.“
Dies wäre eine verwunderliche Bitte, es sei denn, daß Paulus Timotheus bat, ihm die Bücher und Briefe zu bringen, aus denen er diejenigen wählen würde, die zum Kanon gehören sollten. Einige seiner Briefe, wie z. B. der Brief an die Gemeinde in Laodizea, der in Kolosser 4, Vers 16 erwähnt wird, sind nicht aufbewahrt worden. Also hat ganz offensichtlich ein Auswahlverfahren stattgefunden. Es kann gut angehen, daß die von Paulus ausgewählten Schriften an andere Apostel, höchstwahrscheinlich Petrus und dann Johannes, weitergereicht wurden.
Es scheint sehr wahrscheinlich zu sein, daß der Apostel Johannes, „den Jesus lieb hatte“ (Johannes 21,20) und der die anderen Apostel überlebte, unter Gottes Inspiration die letzte Auswahl der Schriften traf, die heute unser Neues Testament ausmachen.
In Offenbarung 22, Verse 18-19, im letzten Kapitel des letzten Buches in der Bibel, spricht Johannes eine Warnung aus, die darauf hinzuweisen scheint, daß die Bibel vollständig war und nichts mehr hinzugefügt oder weggenommen werden sollte: „Und wenn jemand etwas wegnimmt von den Worten des Buchs dieser Weissagung, so wird Gott ihm seinen Anteil wegnehmen am Baum des Lebens und an der heiligen Stadt, von denen in diesem Buch geschrieben steht.“
Während der Synode zu Karthago im Jahr 397 n. Chr. wurden die 27 Bücher, die unser Neues Testament ausmachen, als Kanon angenommen. Die Anwesenden bei dieser Synode waren aber nicht für die Kanonisierung dieser Bücher verantwortlich. Diese waren schon sehr lange im Umlauf und wurden seit 300 Jahren in den Gemeinden gelesen und anerkannt.
Wir können ganz sicher davon ausgehen, daß der ewige Gott sein Wort für uns und zukünftige Generationen bewahren ließ und daß wir genau die Schriften besitzen, die er für uns auswählen ließ.
Ist die Bibel eine glaubwürdige Geschichtsquelle?
Für die meisten, die die geschichtliche Glaubwürdigkeit der Bibel in Frage stellen, geht es nicht nur um die zuverlässige Überlieferung ihres Textes, sondern auch um ihre inhaltlichen Aussagen. Ist der Inhalt der Bibel glaubwürdig?
In bezug auf ihre inhaltlichen Angaben ist es zugegebenermaßen unmöglich, alle Ereignisse und Personen, welche die Bibel erwähnt, mit Hilfe der weltlichen Geschichtsschreibung und der Archäologie nachzuweisen. Eine Vielzahl der ursprünglichen Zeugnisse aus diesen Disziplinen ist nicht mehr vorhanden, weil sich Stoffe längst abgebaut haben. Die Suche nach Hinweisen auf eine bestimmte Person gleicht beispielsweise der Suche nach einer Nadel in einem riesigen Heuhaufen. Bedeutet dies, daß wir die Bibel insgesamt als unglaubwürdig betrachten sollen? Keineswegs! Dr. Nelson Glueck, der wahrscheinlich heute bedeutendste Experte der israelitischen Archäologie, meint dazu: „Es muß betont werden, daß keine archäologische Entdeckung jemals eine einzige, richtig verstandene biblische Aussage widerlegt hat.“ Ferner nannte er das „fast unglaublich genaue historische Gedächtnis der Bibel, insbesondere wenn es noch durch archäologische Fakten untermauert wird“ (Josh McDowell, Die Fakten des Glaubens, 2002, Hänssler-Verlag).
Nehmen wir Abraham als Beispiel. Bisher gelang es niemandem, eine eigenhändige Unterschrift des Patriarchen beizubringen. Es gibt dennoch Indizien für seine Existenz. Abraham und seine Welt werden 400 Jahre später in biblischen Dokumenten erwähnt. Sogar Sitten und Gebräuche der damaligen Gesellschaft, wie in 1. Mose 15 und 16 beschrieben, finden ihre Bestätigung auf Tontafeln, die in Nusi, einem Ort nahe der Stadt Assur in Assyrien, ausgegraben wurden. Diese Urkunden „betreffen Erbschafts- und Eigentumsrechte, Sklavenhaltung, die Annahme an Kindes statt, und weitere Details“ (Eugene H. Merrill, Kingdom of Priests, Baker Book House, Grand Rapids, 1996, Seite 38-39). Die frühere Behauptung von Wissenschaftlern, die in 1. Mose 15 und 16 beschriebenen Handlungen, wie die Zeugung eines Kindes mit der Magd der Ehefrau, seien frei erfunden, erwiesen sich als nicht haltbar. Nach der Entdeckung der Nusi-Tafeln mußten sie einräumen, daß dies in der damaligen Kultur bei Unfruchtbarkeit der Ehefrau gängige Praxis war.
Zum Vergleich: Die Existenz von Personen der weltlichen Geschichte, deren Existenz erst 400 Jahre nach ihrem Tod bekundet wurde, wird nicht in Frage gestellt. Niemand zweifelt an dem Einfluß von Alexander dem Großen auf die Welt seiner Zeit. Die älteste noch übriggebliebene Biographie Alexanders wurde aber erst 400 Jahre nach seinem Tod verfaßt. Autor war der um 96 n. Chr. geborene griechische Historiker Arrian. Für die Taten Alexanders besitzen wir kein zeitgenössisches Zeugnis, und doch wird die Darstellung eines 400 Jahre später lebenden Mannes über den weltverändernden Einfluß Alexanders allgemein akzeptiert.
Ein weiteres Beispiel ist der neutestamentliche Autor Lukas, dessen geschichtliche Angaben lange Zeit suspekt waren. Der britische Archäologe William Ramsey, wohlhabender und stolzer Träger eines Doktortitels der Universität Oxford, schickte sich bei seinen Recherchen im Heiligen Land zur Widerlegung der Apostelgeschichte des Lukas an. Nach 25jähriger Arbeit war er von der Sorgfalt des Verfassers derart beeindruckt, daß er ihm absolute Zuverlässigkeit in jedem noch so kleinen Punkt der Apostelgeschichte zuschrieb. Bei seinem Versuch, die Bibel zu widerlegen, förderte Ramsay Hunderte von geschichtlichen Tatsachen zutage, die mit der Bibel übereinstimmten. Das Resultat: Aus dem Atheisten wurde ein gläubiger Christ; Ramsays Bekehrung zum Christentum schockierte die Gelehrtenwelt.
Selbst der Schöpfungsbericht in 1. Mose, Kapitel 1 ist glaubwürdig. Dazu der amerikanische Astronom Hugh Ross: „Die Besonderheiten der Erzählung beeindruckten mich sofort. Sie war einfach, direkt und spezifisch. Ich staunte über die Anzahl der geschichtlichen und wissenschaftlichen Bezüge und deren Einzelheiten ... Statt eines weiteren Schöpfungsmythos las ich eine Art Tagebuch über den frühesten Zustand auf der Erde, nach dem Standpunkt der Geo- und Astrophysik richtig dargestellt. Dazu gehörte eine Zusammenfassung von Veränderungen, durch die die Erde von Lebewesen, einschließlich des Menschen, bewohnt wurde ... Ich erkannte den Standpunkt eines Beobachters auf der Erde, nach welchem sowohl die Reihenfolge und die Beschreibung der Schöpfungsereignisse mit dem fundierten Bericht der Natur übereinstimmten. Ich konnte nur staunen“ (The Creator and the Cosmos, 1993, Seite 15).