Wie konnte ich Trost und Hoffnung in einer Diskussion mit Teenagern vermitteln, die über den Tod – und den Selbstmord eines Freundes – reden wollten?
Von Darris McNeely
Ich wusste, dass es kein einfaches Gespräch werden würde, als ich die Frage eines jungen Menschen las, die als Diskussionsthema bei einer mehrtägigen Jugendfreizeit eingereicht worden war. Die Frage hatte mit der Angst vor dem Tod zu tun.
Als die Runde begann, lehnte ich mich in meinem Stuhl zurück und schaute mir die Gruppe weiblicher und männlicher Jugendlicher an, die sich mit ihren Gruppenbetreuern versammelt hatten. In der Familie eines der Mädchen hatte es kurze Zeit zuvor einen Selbstmord gegeben. Ich erkannte auch einen jungen Mann, der vor ein paar Jahren einen Familienangehörigen bei einem Autounfall verloren hatte. Die anderen Jugendlichen kannte ich nicht, aber es war offensichtlich, dass sie sich für das Thema interessierten.
So eröffnete ich die Diskussion mit einer Frage: „Was wisst ihr über den Tod?“ Es war eine kirchliche Freizeit, und diese Teenager waren von klein auf in Familien groß geworden, deren Lebensführung durch die Bibel geprägt war. Daher enthielten ihre Antworten keine großen Überraschungen. Sie waren mit den Aussagen der Bibel über den Tod vertraut, beispielsweise dass die Toten nach dem Ableben nicht als körperlose Seelen weiterleben, also weder im Himmel noch in der Hölle. Als sie der Reihe nach meine Frage kommentierten, war es offensichtlich, dass für sie die Toten – wie die Bibel es lehrt – ohne Bewusstsein sind (Psalm 6,6; Prediger 9,5).
Von Trauer zur Hoffnung
Nachdem alle Teilnehmer meine Frage kommentiert hatten, öffnete ich meine Bibel und schlug 1. Thessalonicher, Kapitel 4 nach. Ich las die ermutigenden Worte des Apostels Paulus an Christen des ersten Jahrhunderts, die den tragischen Verlust von Freunden erlebt hatten. Paulus wollte sie trösten, und deshalb wählte er seine Worte mit Bedacht: „Wir wollen euch aber, liebe Brüder, nicht im Ungewissen lassen über die, die entschlafen sind, damit ihr nicht traurig seid wie die andern, die keine Hoffnung haben“ (Vers 13).
In dieser Bibelstelle finden wir drei Schlüsselthemen: Unwissenheit, Trauer und Hoffnung. Missverständnisse über das, was beim Eintreten des Todes passiert, zeugen von fehlender Erkenntnis. Das Resultat ist, dass man während der Trauerphase nicht weiß, woran man glauben soll. Paulus wusste, dass einige seiner Leser trauerten, und er machte keine Andeutung, dass ihre Trauer verkehrt war. Er akzeptierte ihre Trauer und konzentrierte sich auf die Vermittlung der Hoffnung.
Seine nachfolgenden Worte zeugten von dieser Hoffnung: „Denn das sagen wir euch mit einem Wort des Herrn, dass wir, die wir leben und übrig bleiben bis zur Ankunft des Herrn, denen nicht zuvorkommen werden, die entschlafen sind. Denn er selbst, der Herr, wird, wenn der Befehl ertönt, wenn die Stimme des Erzengels und die Posaune Gottes erschallen, herabkommen vom Himmel, und zuerst werden die Toten, die in Christus gestorben sind, auferstehen. Danach werden wir, die wir leben und übrig bleiben, zugleich mit ihnen entrückt werden auf den Wolken in die Luft, dem Herrn entgegen; und so werden wir bei dem Herrn sein allezeit. So tröstet euch mit diesen Worten untereinander“ (Verse 15-18).
Paulus bestätigt die biblische Wahrheit über den Zustand der Toten. Sie sind „entschlafen“, d. h., der Tod lässt sich mit dem Schlaf vergleichen. Die verstorbenen Gerechten werden zur Zeit der Wiederkehr Christi wieder zum Leben erweckt, und die noch lebenden Christen werden verwandelt. Die Wahrheit ist ein großer Trost in der Trauer über den Verlust eines lieben Menschen.
Es ging um das Herz
Ich wählte diesen Bibelabschnitt aus, um Gottes Erbarmen darzulegen, wenn es um unsere Gefühle gegenüber verstorbenen Lieben geht. Eine anschließende Runde weiterer Kommentare von den Jugendlichen, die diese Grundwahrheit der Bibel verstehen, ließ mich erkennen, dass etwas fehlte. Das Wissen um diese Wahrheit allein schien ihnen unbefriedigend zu sein.
Deshalb lenkte ich die Diskussion in eine andere Richtung. „Was habt ihr wirklich auf dem Herzen?“, fragte ich. Mir war klar, dass es die emotionale Komponente war, die diese jungen Menschen beim Thema Tod bewegte. Dann fiel mir ein Mädchen auf, das mir gegenüber saß und unbedingt etwas los werden wollte. Schluchzend und mit zittriger Stimme erzählte es von seinen Schuldgefühlen, weil es meinte, nicht genug getan zu haben, um den Selbstmord einer Freundin zu verhindern.
„Wenn ich nur . . .“ ist das Mantra all derjenigen, die in solchen Fällen mit Gefühlen des Bedauerns ihrer Nachlässigkeit zurückbleiben. Freunde und Familie können eingreifen und den Freitod eines jungen Menschen abwenden. Es gibt aber auch Fälle, in denen es keine Rolle spielt, was man unternimmt: Der Selbstmordgefährdete wird trotzdem den verhängnisvollen Schritt tun. Für solche Menschen ist das Leben so schmerzhaft geworden, dass der Tod die einzige Lösung zu sein scheint.
Wie sollte ich das Mädchen trösten? Ich sagte ihr, dass ihr Leben nicht auf Dauer vom schmerzvollen Bewusstsein ihrer vermeintlichen Versäumnisse dominiert werden darf. Ihr Leben geht weiter, und wenn sie sich alles mit einigem Abstand überlegt, wird sie sehr wahrscheinlich einsehen, dass sie das tat, was sie konnte. Dennoch hat sie aus dieser Erfahrung gelernt, und deshalb wird sie das nächste Mal besser vorbereitet sein. „Du wirst mehr unternehmen, falls du jemals wieder solche Zeichen im Leben einer Freundin wahrnimmst. Aufgrund dieser Erfahrung wirst du besser gewappnet sein, um helfen zu können.“
Schuldgefühle über etwas, das sich nicht mehr ändern lässt, sind keine positive Emotion. Sie halten uns in der Vergangenheit gefangen, doch das Leben geht weiter. Die beste Reaktion sind Veränderungen im eigenen Leben, damit das negative Erlebnis nicht wiederholt wird.
Wir sollen mit einem Bewusstsein unseres Daseinszwecks leben, mit Gott als Mittelpunkt unserer Lebensorientierung. Wer so lebt, freut sich auf ein Wiedersehen mit verstorbenen Freunden, wenn sie wieder leben werden. Wer heute berufen ist und seiner Berufung treu bleibt, wird dann solchen Freunden, denen es in diesem Leben nicht gegeben war, die Wahrheit der Bibel zu verstehen, diese Wahrheit erklären können.
Der Diskussionskreis ließ sich nicht vom Thema abbringen. Als ich das Thema wechseln wollte, machten die Jugendlichen mir klar, dass das Thema Tod und damit ausgelöste Gefühle noch nicht ausdiskutiert war. So blieben wir beim Thema.
Reihum erzählten sie ihre Geschichten. Dann wollte ich eine Antwort per Handzeichen sehen: „Wie viele von euch haben bereits den Tod eines Menschen erlebt, der euch sehr nahe war?“ Mehr als zwei Drittel der Teilnehmer hoben die Hand. Ich war schockiert! Vielleicht hätte es nicht sein sollen, aber so war es. Ist es nun ein Merkmal unserer Zeit, dass so viele junge Menschen bereits den Tod einer lieben Person erlebt haben? Ich kann mich nicht daran erinnern, dass es in meiner Jugend so war.
Langsam näherte sich das Gespräch seinem Ende. Die Tränen hörten auf, emotionale Erschöpfung setzte ein. Ich fasste die wesentlichen Aspekte des Gesprächs zusammen und wies sie nochmals auf die Hoffnung der Auferstehung hin. Ich sagte ihnen auch, dass sie mit Verlusten fertig werden müssen, anstatt in der Vergangenheit zu verweilen.
Was lernte ich von der Diskussion?
Durch unsere Gesprächsrunde durfte ich einige Dinge erkennen.
• Darüber zu reden ist ein Bedürfnis für Jugendliche, die den Tod eines lieben Menschen erlebt haben. Sie verarbeiten ihre Trauer dadurch, dass sie sich Vertrauenspersonen mitteilen können.
• Trauernde junge Menschen brauchen mehr als nur die verstandesmäßige Kenntnis der biblischen Wahrheit über den Tod. Ihr Bewusstsein der Gegenwart ist stark ausgeprägt, und wenn ein lieber Mensch stirbt, trauern sie jetzt. Das trifft natürlich auch auf Erwachsene zu, aber bei Jugendlichen kommt es deutlicher zum Vorschein. Sie haben zwar ihr Leben noch vor sich, aber ihnen fällt es schwer, sich ihre Zukunft vorzustellen. Vielleicht ist das einer von mehreren Faktoren bei jugendlichen Selbstmorden. Unsere Verantwortung als Erwachsene ist, sie in ihrer Trauer dort abzuholen, wo sie sind. Lassen wir sie über das reden, was sie bewegt. Hören wir ihnen aufmerksam zu, um ihnen bei der Verarbeitung ihrer Trauer zu helfen.
• Die Gesprächsrunde hob in meinen Gedanken die tiefe Bedeutung der Bibelstelle in Hebräer 2, Verse 14-18 hervor. Dort wird uns gesagt, dass Jesus Christus unsere menschliche Erfahrung uneingeschränkt mit uns teilt. „Weil nun die Kinder von Fleisch und Blut sind, hat auch er’s gleichermaßen angenommen, damit er durch seinen Tod die Macht nähme dem, der Gewalt über den Tod hatte, nämlich dem Teufel, und die erlöste, die durch Furcht vor dem Tod im ganzen Leben Knechte sein mussten . . . Daher musste er in allem seinen Brüdern gleich werden . . . Denn worin er selber gelitten hat und versucht worden ist, kann er helfen denen, die versucht werden.“
In diesen Versen finden wir die Antwort auf die Frage, die Gegenstand unseres Gesprächs war. Wir können die Angst vor dem Tod durch die Zuversicht der Errettung durch Jesus Christus überwinden. Er weiß, was es bedeutet, Angst vor dem Tod zu haben. Ich riet den jungen Menschen, sich voll auf das Leben zu konzentrieren, anstatt sich von der Angst vor dem Tod lähmen zu lassen.
Den zeitweise unebenen Kurs unseres Gesprächs konnten wir zum Schluss zumindest teilweise glätten. Mein letzter Kommentar war ein Zitat von der Schlussszene eines Cowboy-Films. Der Tod spielt oft eine Rolle in solchen Filmen. Auf das Grab eines Cowboys schauend, der beim Überqueren des Rio Grande-Flusses gestorben war, sagte einer seiner Freunde: „Mit dem Tod geht man am besten um, indem man sich von ihm distanziert.“
Das ist ein guter Rat! Konzentrieren wir uns nicht auf den Tod, sondern auf die trostreichen Worte des Paulus an die Thessalonicher. Leben wir in dem Bewusstsein unserer Daseinsbestimmung und tun wir alles in unserer Macht Stehende, damit wir das große Ziel erreichen: das ewige Leben!