Von Paul Kieffer und Jesmina Allaoua
Welche Aufgaben haben die höchste Priorität für die Vereinten Nationen im neuen 21. Jahrhundert? Anfang September versammelte sich die Generalversammlung der Weltorganisation, um diese Frage zu beantworten. Das diesjährige UN-Treffen stand besonders unter dem Zeichen des Millenniumsjahres 2000; der Gipfel sollte der UNO Gelegenheit geben, 55 Jahre nach ihrer Gründung, Bilanz über ihre bisherige Tätigkeit zu ziehen und eine zukunftsweisende Vision für unsere Welt festzulegen.
Nicht nur die Staats- und Regierungschefs der UN-Mitgliedsländer waren aufgerufen, zur Formulierung dieser Vision beizutragen; als Teil des Millenniumsgipfels kamen auch über 1000 Vertreter diverser Religionen Ende August am Hauptsitz der UNO in New York zusammen, um über die Förderung und Festigung des Weltfriedens zu beraten.
1997 wurde der Gipfel als größte Zusammenkunft politischer und religiöser Führungspersönlichkeiten aller Zeiten vom UN-Generalsekretär Kofi Annan angeregt. Auf der Tagesordnung sollte die Festlegung der Richtung stehen, die die Menschheit zu Beginn des neuen Millenniums einschlagen soll. Kofi Annan stellte dazu gegenüber der Süddeutschen Zeitung fest: „Ich hatte das Gefühl, daß das Millenniumsjahr mit seiner kraftvollen Symbolik der richtige Moment für die Staats- und Regierungschefs der Welt sein würde, sich zu treffen und Bilanz zu ziehen“ (6. September 2000).
Zum Auftakt des Millenniumsgipfels läutete dreimal die UN-Friedensglocke, die 1954 der UNO von der UN-Assoziation Japans geschenkt und mit den von Kindern aus 60 Ländern gespendeten Pfennig-Münzen gegossen wurde. In seiner Eröffnungsansprache rief Annan aus: „Laßt uns die Friedensglocke laut, klar und treu unserem Gewissen läuten... es soll unsere Entschlossenheit stärken, den nachfolgenden Generationen das zu geben, wofür die Vereinten Nationen vor 55 Jahren gegründet wurden: Freiheit von Not und Angst, und die Mittel, um unsere Zukunft auf diesem Planeten zu sichern.“
In diesem Zusammenhang war die Feststellung Annans bedeutend, daß diejenigen, die sich dem Frieden verschrieben haben und eine Vision für die Zukunft festlegen wollen, verpflichtet sind, die Vergangenheit und Gegenwart heranzuziehen. Damit wies er auf einen wesentlichen Aspekt der Gipfelzielsetzung hin: Bilanz über die bisherige Arbeit der UNO zu ziehen.
Eine „Trümmerorganisation“
Die Geburtsstunde der Vereinten Nationen lag in den letzten Monaten des Zweiten Weltkriegs, des bis dahin schlimmsten Krieges in der Menschheitsgeschichte. Ende April 1945 kamen die Vertreter von 50 Ländern in San Francisco (USA) zusammen, um den Grundstein für eine neue Weltorganisation zu legen, deren Ziel die Gewährleistung der internationalen Sicherheit durch den Weltfrieden war. Über die Notwendigkeit der Schaffung der Organisation waren sich alle Anwesenden, angeführt von den Alliierten, einig. Zum Abschluß dieser „Konferenz der Vereinten Nationen über die Internationale Organisation“ wurde zwei Monate später am 26. Juni die Charta der UNO unterzeichnet, die dann am 24. Oktober 1945 in Kraft trat.
Das Versagen des Völkerbundes, der nach dem Ersten Weltkrieg ins Leben gerufen wurde und den Zweiten Weltkrieg nicht zu verhindern vermochte, wog schwer auf den Beratungen. Die Abscheu des Krieges drückt sich gleich zu Beginn der Präambel der UN-Charta aus: „Wir, die Völker der Vereinten Nationen, sind fest entschlossen, künftige Geschlechter vor der Geißel des Krieges zu bewahren, die zweimal zu unseren Lebzeiten unsagbares Leid über die Menschheit gebracht hat.“
Die UN-Gründer setzten sich das Ziel, „Bedingungen zu schaffen, unter denen Gerechtigkeit und die Achtung vor den Verpflichtungen aus Verträgen und anderen Quellen des Völkerrechts gewahrt werden können, den sozialen Fortschritt und einen besseren Lebensstandard in größerer Freiheit zu fördern ...“.
Zur Erreichung dieses lobenswerten Ziels verpflichteten sich die UN-Gründer u. a. dazu, „daß Waffengewalt nur noch im gemeinsamen Interesse angewendet wird“ (Hervorhebung durch uns). „Wirksame Kollektivmaßnahmen“ sollten getroffen werden, um „Bedrohungen des Friedens zu verhüten und zu beseitigen“.
Nur wenige Wochen nach der Verabschiedung der UN-Charta ging der Zweite Weltkrieg zu Ende, aber erst nachdem die USA die ersten Atombomben gegen Japan eingesetzt hatten. Der Einsatz dieser neuen Waffen und der sich abzeichnende Kalte Krieg zwischen Ost und West ließen die Existenz der neuen Weltorganisation um so notwendiger erscheinen.
Heute, zehn Jahre nach dem Ende des Kalten Krieges, scheint die Gefahr eines Weltkriegs gering zu sein. Deshalb denkt man nicht mehr daran, wie bekannte Persönlichkeiten vor 50 Jahren, noch von den Schrecken des Krieges beeinflußt, vor der rasanten Entwicklung in der Waffenforschung eindringlich gewarnt haben. Man sollte dabei nicht vergessen, daß dieser neue Waffentyp in Hiroschima und Nagasaki bereits eingesetzt worden war!
Dr. George Kistiakowsky, der Direktor der Sprengstoffabteilung beim damaligen „Manhatten-Projekt“ der USA zur Entwicklung der Atombombe, äußerte seine Besorgnis wie folgt: „Angesichts der augenblicklichen geopolitischen Tendenzen und der Qualität der Politiker, mit denen die Menschheit belastet ist, wäre es ein Wunder, wenn nicht vor dem Ende dieses Jahrhunderts atomare Sprengköpfe explodieren würden, und ein nur kleineres Wunder wäre es, wenn das nicht zum nuklearen Holocaust führen würde.“ Der Oberbefehlshaber der Alliierten in Europa, General Dwight D. Eisenhower, vertrat die gleiche Ansicht: „Die Wissenschaften scheinen bereit, uns als ihr letztes Geschenk die Macht zu verleihen, das menschliche Leben auf diesem Planeten auszurotten.“
Nun, das angesprochene Jahrhundert ging zu Ende, und der von vielen befürchtete atomare Holocaust blieb aus. Daß es nicht dazu kam, ist weniger den Bemühungen der UNO als dem lange Zeit bestehenden atomaren „Gleichgewicht des Schreckens“ zuzuschreiben, das zwischen den beiden Supermächten existierte. Wer einen Einsatz von Kernwaffen zu riskieren bereit wäre, mußte mit einem vernichtenden Gegenschlag rechnen. Es lag also im eigenen Interesse der Kernwaffen besitzenden Länder, keine Atomwaffen einzusetzen.
Sind wir heute „besser“ als die Menschen vergangener Zeiten?
Damit sind wir bei einem wesentlichen Schwachpunkt der UNO angelangt. Im ersten Artikel der UN-Charta wird das Selbstbestimmungsrecht der Völker bestätigt; die kollektive Mitwirkung bei der weltweiten Friedenssicherung hängt von der Bereitschaft jedes einzelnen Mitgliedsstaates ab, die Interessen der Staatengemeinschaft vor vermeintliche eigene Interessen zu stellen. Ohne die lobenswerte Zielsetzung der UNO schmälern zu wollen, die bei ihrer Gründung als „letzte Hoffnung auf den Frieden“ bezeichnet wurde, stellen wir fest, daß die UNO nur dann ihre Ziele erreichen kann, wenn die Völker der Nachkriegszeit im Gegensatz zu den Völkern vergangener Zeiten von Natur aus besser in der Lage wären, die eigenen Interessen hintenanzustellen, um dem Gemeinwohl der Menschheit zu dienen.
Die ersten 50 Jahre der UNO zeigen freilich, daß dies keineswegs der Fall ist. Nur ein paar Jahre nach der Verabschiedung der UN-Charta war der Kalte Krieg im vollen Gange. Wenn es dem Eigeninteresse zu dienen schien, setzten sich die Supermächte USA und Sowjetunion, wie z. B. in Vietnam oder in Afghanistan, über die Gewaltverzichtserklärung der UN-Charta hinweg. Da sie ständige Mitglieder des UN-Sicherheitsrates waren, konnten sie mit ihrem Vetorecht jede Resolution verhindern, die ihre Vorgehensweise verurteilte oder deren Einstellung sie verlangte.
Die beiden großen Militäreinsätze der UNO in Korea und Kuwait kamen durch ungewöhnliche Umstände zustande. Die Resolution des Sicherheitsrates, mit der das militärische Eingreifen der UNO als Antwort auf das Eindringen nordkoreanischer Truppen in Südkorea genehmigt wurde, konnte nur aus dem Grund ohne Veto verabschiedet werden, weil der sowjetische UN-Botschafter im Juni 1950 der Sitzung fernblieb und deshalb keine Stimme abgab. Nach der Verabschiedung der Resolution konnten die westlichen Sicherheitsratsmitglieder sämtliche Vorlagen der Sowjetunion gegen den Koreaeinsatz mit ihrem Veto vereiteln.
Als die UNO 1990 grünes Licht für die Militäraktion gegen Saddam Hussein gab, befand sich die Sowjetunion im Auflösungsprozeß. Außerdem wollte niemand den Eindruck der Unterstützung für diesen „Staatenfeind Nr. 1“ erwecken; sein Überfall auf Kuwait wurde weltweit mit großer Empörung verurteilt.
Die Beteiligung der Mitgliedsstaaten an UN-Friedensmissionen unterliegt oft dem Prinzip des Eigeninteresses. Der Einsatz der USA in Korea und Kuwait diente eigenen politischen bzw. wirtschaftlichen Zielen. Das Ausbleiben eines gewaltsamen UN-Einsatzes in Bosnien-Herzegowina, um den abscheulichen „ethnischen Säuberungen“ ein jähes Ende zu setzen, wurde von einigen Beobachtern zynisch mit der Feststellung kommentiert, dort gäbe es kein Erdöl zu verteidigen.
Zur Vorbereitung des Gipfels veröffentlichte Generalsekretär Annan Anfang April 2000 seinen Bericht mit dem Titel „Wir, die Völker: Die Rolle der Vereinten Nationen im 21. Jahrhundert“. Zur Frage der Friedenssicherung stellte Annan fest, es gebe noch immer viel zu viele Nuklearwaffen, und der Handel mit konventionellen Waffen trage zur Verlängerung und Verhärtung von Konflikten bei, die ohnehin brutal geführt werden. Der Bericht zieht eine traurige Bilanz über die letzten 55 Jahre, in denen es mehr als 100 bewaffnete Konflikte an mehr als 70 Kriegsschauplätzen weltweit gab; dabei starben ca. 27 Millionen Menschen, von denen schätzungsweise 85 Prozent zur Zivilbevölkerung gehörten.
Wer nach 55 Jahren UNO Bilanz ziehen will, muß also nüchtern feststellen: Der UNO ist es nicht gelungen, die Menschheit „vor der Geißel des Krieges zu bewahren“ (zitiert aus der Präambel der UN-Charta).
Bessere Lebensbedingungen
Der Millenniumsgipfel der Vereinten Nationen setzte sich nicht nur mit der Friedenssicherung auseinander, sondern untersuchte auch die Lebensbedingungen der heutigen Menschheit. Vor 55 Jahren drückten nämlich die Gründer der UNO ihre Absicht aus, „einen besseren Lebensstandard“ bzw. „den wirtschaftlichen und sozialen Fortschritt aller Völker zu fördern“ (UN-Charta).
Der Bericht Annans zur Vorbereitung des Gipfels weist darauf hin, daß es immer noch Milliarden Menschen gibt, deren Leben nicht frei von Furcht und Not ist, trotz der beachtlichen technologischen Fortschritte, die in den vergangenen 50 Jahren aber hauptsächlich in den Industrieländern gemacht wurden. Für die Gesundheitsbelange von 90 Prozent der Weltbevölkerung werden z. B. jährlich nur zehn Prozent der Forschungsausgaben aufgewendet. Millionen Menschen in den Entwicklungsländern bleiben deshalb anfällig für chronische Leiden oder frühen Tod aufgrund von Krankheiten, die einfach zu verhüten wären, wie z. B. Lungenentzündung, Tuberkulose, Malaria oder etwas so scheinbar Unbedeutendes wie Durchfall. Das Ausmaß der Immunschwächekrankheit AIDS in Afrika droht, bis zum Ende dieses Jahrzehnts 40 Millionen Kinder ihrer Eltern zu berauben.
Die von Annan vorgelegte Bilanz auf diesem Gebiet kommentierte der Bonner General-Anzeiger folgendermaßen: „Grund zum Feiern hat die Weltorganisation gewiß nicht. Und sie sucht ihn in Wahrheit auch gar nicht. In New York wird erstmals offen die Erfolglosigkeit der Vereinten Nationen diskutiert. 1,3 Milliarden Menschen hungern. Aids droht zu einer Geißel der Menschheit zu werden“ (7.September 2000). In seiner Begrüßungsrede sagte Annan, keine Mutter auf der Welt könne verstehen, warum ihr Kind an Unterernährung oder einer verhütbaren Krankheit sterben sollte.
Aber der vielleicht alarmierendste Teil des Berichts befaßt sich mit der Umwelt. Neben der Freiheit von Not und Furcht, schreibt Annan, bedarf die Welt heute ganz dringend einer dritten Freiheit, die von den Gründern der Vereinten Nationen nicht vorausgeahnt werden konnte: „Die Freiheit künftiger Generationen, ihr Überleben auf diesem Planeten zu sichern ... Noch ist es uns nicht gelungen, dies zu gewährleisten“ (Annan, „Wir, die Völker“). Er führt im einzelnen die vielfachen Gefahren durch Klimawandel, Wasserknappheit, Bodenerosion und Zerstörung der Wälder, Fischfanggründe und Artenvielfalt auf und fordert eine „neue Ethik der Ressourcenverwaltung“.
In seinem Bericht listete der Generalsekretär nicht nur Mißstände auf, er legte auch einen Aktionsplan vor, nach dem die Vorteile der Globalisierung zur besseren Verteilung des Wohlstandes allen Menschen weltweit zugute kommen sollen. Kofi Annan ist der Auffassung, daß die Globalisierung eine außerordentlich starke Kraft darstellt, die für Staaten und Menschen sowohl Chancen als auch Herausforderungen mit sich bringt: „Wenn wir die Verheißungen der Globalisierung verwirklichen und dabei ihre negativen Auswirkungen in den Griff bekommen wollen, dann müssen wir lernen, besser zu regieren und besser miteinander zu regieren.“
Kofi Annan ist nicht die einzige Persönlichkeit von Weltrang, die für die Linderung der Leiden in der Dritten Welt plädiert. Anfang November schockierte der Computermilliardär Bill Gates seine Zuhörer bei einer Tagung in Seattle (USA), als er seine Zweifel über den Einsatz des Computers als Hilfe für die Dritte Welt zum ersten Mal öffentlich zugab. Er meinte, „die ärmsten zwei Milliarden Menschen auf Erden brauchen keine Laptops, sondern eine ausreichende medizinische Versorgung ... Mütter [in der Dritten Welt] würden den Computer fragen: ,Meine Kinder verhungern, was kannst du dagegen tun?‘ Sie werden nicht einfach da sitzen bleiben und im Internet surfen.“
Es ist eine Sache, Probleme zu erkennen, aber eine ganz andere, sie zu lösen. Am Ende des Millenniumsgipfels unterzeichneten die Teilnehmer eine Erklärung zur Stärkung der UN-Friedenseinsätze, zum Kampf gegen Analphabetentum, Hunger und Krankheit. Es wurden u. a. folgende Ziele verabschiedet:
• Armut: Bis zum Jahr 2015 soll der Anteil der ärmsten Menschen in der Weltbevölkerung, deren Einkommen unter einem US-Dollar pro Tag liegt (gegenwärtig 22 Prozent), halbiert werden.
• Wasser: Bis zum Jahr 2015 soll der Anteil der Menschen, die keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser haben (gegenwärtig 20 Prozent), halbiert werden.
• AIDS: Bis zum Jahr 2015 soll die weitere Ausbreitung von Aids gestoppt und der Trend umgekehrt werden.
Für seinen Umriß zur Gipfelinitiative, den er in seinem Bericht zum Millenniumstreffen festgehalten hat, verdient Annan umfassende Unterstützung. Er listet nicht nur nüchtern Mißstände auf, sondern gibt auch konkrete Ziele zu deren Behebung vor, beispielsweise im Kampf gegen den Hunger. Aber der UN-Generalsekretär ist erfahren genug, um zu wissen, daß das Schicksal seiner Initiative nicht durch wohlfeile Festreden am Sitz der Vereinten Nationen entschieden wird. Dazu Annan selbst:
„Ich weiß, daß eine Erklärung für sich genommen nur von geringem Wert ist. Aber eine Erklärung, die feste Zusicherungen und präzise Zielvorgaben enthält und die von den Staats- und Regierungschefs aller Nationen feierlich angenommen wurde, kann für die Menschen der Welt als Maßstab zur Beurteilung der Leistungen der sie Regierenden sehr wertvoll sein. Ich hoffe, daß diese Erklärung nicht einfach nur als eine Feststellung von Grundsätzen aufgefaßt wird, sondern als Aktionsplan.“
Annan äußerte in seinem Bericht die feste Überzeugung, daß es nicht ausreichen würde, sich damit zu begnügen, den Fortschritt der vergangenen 50 Jahre zu wiederholen. „Die Völker der Welt sagen uns, daß unsere bisherigen Erfolge angesichts der Größe der vor uns stehenden Herausforderungen nicht ausreichen. Wir müssen mehr tun, wir müssen es besser machen!“
Was sind die Erfolgsaussichten?
Vor dem Hintergrund mißlungener Einsätze und unerfüllter Absichten der UNO ist es verständlich, wenn die Reaktion auf das Treffen verhalten oder skeptisch war: „Wenn morgen mehr als 150 Staatsmänner aus der ganzen Welt zum Jahrtausendgipfel der Vereinten Nationen zusammentreffen, ist die Erwartungshaltung wie immer hoch ... Und wie so oft dürfte mit diplomatischer Eloquenz überdeckt werden, daß die UNO gerade im Bereich der friedenserhaltenden Mission in fast schon beängstigender Wirkungslosigkeit erstarrt ist oder erst dann tätig wird, wenn menschliches Leiden kaum noch steigerbar ist. Immer wieder haben sich UN-Kommissionen an Verbesserungskonzepten versucht, denen dann ein kurzes Leben beschieden war. Das liegt zum einen an der Organisationsstruktur der UNO und zum anderen daran, daß für neue Konzepte so gut wie nie eine breite politische Rückendeckung vorhanden gewesen ist, weil nationale Eigeninteressen oftmals dominierten“ (Nürnberger Nachrichten, 5. September 2000).
Wird man die lobenswerten Ziele des Generalsekretärs umsetzen können? Die Geschichte lehrt uns, daß dies sehr unwahrscheinlich ist. Es liegt nicht am Unvermögen des Menschen, die Probleme zu erkennen oder Ziele für deren Behebung zu formulieren. Statt dessen mangelt es an der Fähigkeit, die menschliche Natur im Interesse des Gemeinwohls zu bändigen. Vor fast 2000 Jahren drückte der Apostel Paulus es treffend aus: „Wollen habe ich wohl, aber das Gute vollbringen kann ich nicht“ (Römer 7,18; Hervorhebung durch uns).
Die bereits erwähnten nationalen Interessen bedeuten im konkreten Fall, daß nicht alle Staaten, deren Vertreter wohlklingende Reden beim Gipfel hielten, diplomatische Beziehungen zueinander unterhalten! Wie können Staaten jedoch zusammenarbeiten, die auf diplomatischer Ebene nicht einmal miteinander reden?
Nur wenige Tage nach dem Ende des UN-Gipfels brachen die noch anhaltenden Unruhen im Nahen Osten aus, denen bis jetzt mehr als 200 Menschen zum Opfer gefallen sind. Einer der unmittelbaren Auslöser für die Unruhen war ein Tumult in Jerusalem über den Zugang zum Tempelberg. Die Problematik würde nur verschlimmert, sollte Yassir Arafat – wie manche vermuten – einseitig die Unabhängigkeit Palästinas mit Ost-Jerusalem als Hauptstadt ausrufen. Die Kontroverse über den Zugang zum Tempelberg ist Anlaß, unseren Standpunkt in dieser Frage zu wiederholen: Ohne eine für beide Seiten akzeptable Regelung des Zugangs zu diesem Gelände wird es keinen dauerhaften Frieden zwischen Israelis und Palästinensern geben (Gute Nachrichten, Mai-Juni 1997).
Kann man von der Religion eine Lösung erwarten? Im nachhinein wirken Kofi Annans Worte bei dem größten Friedensgipfel der führenden religiösen Führer aller Zeiten, die Ende August in New York zusammenkamen, fast prophetisch: „Die Religion war oft mit Nationalismus gepaart und schürte gewaltsame Konflikte und die Zwietracht unter diversen Gruppen.“ Im Kern gehe es, so Annan, um universelle Werte: gnädig und tolerant sein, Nächstenliebe üben. Das Problem habe nicht mit dem Glauben selbst, sondern mit den Gläubigen zu tun. Der Widerhall der Worte des Paulus ist da unüberhörbar: „Das Gute vollbringen kann ich nicht.“
Aufrufe der letzten Wochen im Nahen Osten, es müsse Dschihad („heiliger Krieg“) gegen Israel geführt werden, zeigen uns, wie wenig der Mensch seit den Kreuzzügen und der Spanischen Inquisition gelernt hat. Aber Hoffnung gibt es wirklich! Der Präsident der Maldiven, Maumoon Abdul Gayoom, drückte es beim Millenniumsgipfel – wohl unbewußt— am Treffendsten aus: „Das Millennium bietet sich als Gelegenheit für einen Neuanfang an. Die Kluft zwischen Erwartung und Leistung muß beseitigt werden.“
In klaren Worten sagt die Bibel die Rückkehr Jesu Christi und seine tausendjährige Herrschaft auf Erden voraus – ein „Millennium“. In dieser Welt von morgen wird jeder Eigenbesitz genießen (Micha 4,4); die Kluft zwischen Arm und Reich wird verschwinden. Außerdem wird das Unvermögen des Menschen, seine lobenswerten Ziele bei dem Streben nach Frieden umzusetzen, durch eine grundlegende Veränderung seines Herzens beseitigt (Hesekiel 36,26). Die Zukunftsvision klingt utopisch, aber sie ist echt und stellt die wirkliche Hoffnung für unsere leidende Welt dar. Lesen Sie mehr darüber in unserer kostenlosen Broschüre Das Reich Gottes – eine gute Nachricht. Auf Anfrage senden wir sie Ihnen gerne zu.