Wie soll die Trauerrede anlässlich der Beerdigung eines Atheisten gestaltet werden? Ein Prediger musste diese Frage beantworten, als er aufgefordert wurde, die Trauerfeier für einen Atheisten zu leiten – seinen eigenen Vater, der Zeit seines Lebens den Gott der Bibel ablehnte.
Von Melvin Rhodes
Vor einigen Jahren habe ich unerwarteterweise die ersten Tage des neuen Jahres in England verbracht, in meiner Heimatstadt Grimsby. Ich hätte mir gewünscht, die Reise unter freundlicheren Umständen machen zu können. An einem frühen Sonntagmorgen bekam ich die Nachricht, dass mein Vater plötzlich und unerwartet verstorben war – wenn man überhaupt sagen kann, dass der Tod von jemandem, der ein Alter von 75 Jahren erreicht hat, unerwartet ist.
Einige Monate zuvor hatte ich meine Eltern auf einer Busreise durch Europa begleitet. Mein Vater schien gesund und fit zu sein. Ich ging davon aus, dass er noch einige Jahre leben würde. Aber es sollte nicht sein. Er wachte eines Tages mit Schmerzen in seinem Bein auf, die sich bis zum Bauch hin ausweiteten. Er legte sich hin und verstarb innerhalb weniger Minuten.
Mein Vater war so viele Jahre nicht mehr beim Hausarzt gewesen, dass der Arzt ihm zunächst keinen Totenschein ausstellen und erst eine Obduktion durchführen wollte. Als er aber die medizinische Geschichte von meinem Vater nachschlug, änderte er seine Meinung. Mein Vater hatte 1986 zwei Herzinfarkte gehabt. Alle Anzeichen wiesen darauf hin, dass er einem Herzinfarkt erlegen war.
Mein Vater war kein religiöser Mensch. Er war sogar gegen jegliche Form von Religion, besonders gegen die christliche. Sein ganzes Leben lang war er ein überzeugter atheistischer Kommunist gewesen, der sich auf die Worte von Karl Marx berief, dem Begründer des modernen Kommunismus, der die Religion als „das Opium fürs Volk“ abgetan hatte.
Eine unerwartete Beerdigung planen und vorbereiten
Meine Verwandten rechneten eigentlich nicht damit, dass ich an der Beerdigung teilnehmen würde, weil ich von meinem Zuhause in Michigan, USA, anreisen musste. Außerdem hatte ich gerade erst ein paar Monate zuvor einige Zeit mit meinen Eltern verbracht. Ich entschloss mich aber trotzdem an der Beerdigung teilzunehmen.
Mit der Zustimmung meiner Mutter wollte ich die Trauerrede zur Beerdigung meines Vaters halten. Der Gedanke, dass jemand, der meinen Vater überhaupt nicht kannte, davon reden würde, dass mein Vater nun im Himmel sei, wo mein Vater doch nie an diesen Ort als Belohnung für gute Menschen geglaubt hatte, war mir unerträglich.
Als ich in Grimsby ankam, rief ich den Bestattungsunternehmer an, um den Beerdigungsablauf mit ihm abzustimmen. Meine Mutter hatte sich für die Verbrennung meines Vaters entschieden, in England eine häufige Form der Bestattung. Allerdings erlauben die Krematorien in England meistens nicht mehr als eine knappe halbe Stunde für die Trauerfeier, anders als bei Sargbestattungen in einer Friedhofskapelle, bei denen mehr Zeit eingeräumt wird.
In einem Krematorium findet deshalb oft eine Trauerfeier alle 30 Minuten statt. Die Geschwindigkeit, mit der Familienangehörige von ihren Lieben Abschied nehmen müssen, bedeutet, man hat nur sehr wenig Zeit, um sich noch einmal auf das Leben dieser Person zu besinnen oder sogar über die Bedeutung des Todes nachzudenken und auch darüber, was uns Menschen nach dem Tod erwartet.
Mein Bruder und seine Frau baten darum, das Lied „Der Herr ist mein Hirte“ bei der Beerdigung zu singen. Meine Nichte Judith wollte ein selbst verfasstes Gedicht über ihren Großvater vorlesen. Meine Mutter bat darum, dass das Lied „The King of Love My Shepherd Is“ vor meiner Rede gesungen werden sollte. Und all dies musste in unsere dreißig Minuten passen.
Bis auf einen meiner Brüder gab es keine festen religiösen Überzeugungen in meinem engsten und auch weitläufigen Familienkreis. Keiner hatte je eine Bibel gelesen. Ich habe vier Brüder. Sie wissen alle, dass ich Prediger bin, und sie kennen einige meiner Glaubensgrundsätze.
Mein Vater hatte recht bezüglich des „Himmels“
Ich entschloss mich dazu, ehrlich und offen über meinen Vater zu reden, so wie er es immer haben wollte. Er war nie verlegen darüber gewesen, dass er keiner Religion angehörte. Im Gegenteil, er war stolz darauf. Also begann ich meine Ansprache, indem ich sagte, dass er keinen religiösen Glauben besessen hatte und die Idee, in den Himmel zu fahren, immer spöttisch abgetan hatte.
Ich fuhr dann fort, aufzuzeigen, dass er mit seiner Überzeugung bezüglich des Himmels völlig richtig lag. Wir fahren nach unserem Tod nämlich weder in den Himmel noch in die Hölle. Die meisten Religionen, christliche Konfessionen eingeschlossen, lehren hingegen, dass gute Menschen nach dem Tode an einem paradiesischen Ort weiterleben.
Für Christen soll der Himmel dieses Paradies sein, ein Ort unübertrefflichen Glücks, das man ewig genießen wird. Trotzdem scheint sich keiner so richtig auf den Tod zu freuen, um in den Himmel gelangen zu können. Den Tod, der nach der üblichen christlichen Vorstellung dem Eintritt ins Paradies vorausgehen muss, wollen die meisten so lange wie nur möglich hinauszögern. Die allgemeine Angst vor dem Tod lässt sich mit einem Fahrkartenschalter für eine Fahrt ins Paradies vergleichen, vor welchem sich jedoch kein Mensch anstellen möchte.
Vielleicht ist ein Grund für den ausbleibenden Ansturm auf den Tod, um ins Paradies zu gelangen, das Fehlen einer überzeugenden Erklärung für die Tätigkeit der endlich im Himmel „Angekommenen“. Wenn wir die Ewigkeit dort verbringen sollen, sollten uns die christlichen Konfessionen schon sagen können, womit wir unsere Zeit verbringen werden, oder?
Der britische Historiker Paul Johnson stellt zum Himmel fest: „Dem Himmel . . . fehlt ein wirklicher Anreiz. Ihm fehlt wirklich jegliche Definition. Er ist das große Loch in der Theologie“ (The Quest for God, 1996, Seite 173). Es gibt einen triftigen Grund für das biblische Vakuum zum Thema Himmel als von Gott vorgesehene Bestimmung für unser Leben: Die Bibel lehrt nicht, dass die Gerechten den Himmel als Belohnung erben werden. In meiner Ansprache betonte ich diese Tatsache.
Auch die „Hölle“ ist keine Lehre der Bibel
Nicht nur der Himmel als theologisches Konzept ist suspekt: Auch die Hölle ist mit Problemen behaftet. Viele bekennende Christen sind überzeugt, dass die Bösen in einem Höllenfeuer ewige Pein erleiden werden. Sie behaupten, diese Zukunftsperspektive sei eine Lehre der Bibel. Wie sieht aber die Zukunft der Menschen wie mein Vater aus, die Gott nicht kannten?
In der heutigen Welt bekennt sich nur eine Minderheit aller Menschen zum Christentum. Von den anderen Menschen haben viele keine Gelegenheit, die wahre Lehre Christi kennenzulernen. In ähnlicher Weise hatten Millionen von Menschen in vergangenen Zeitaltern keine Gelegenheit, Jesus zu kennen, weil sie zu früh – vor seiner Geburt – lebten. Wir stellen dazu eine einfache Frage: Ist es wirklich ein gnädiger Gott, der Menschen solche Schmerzen und Qual Millionen und Millionen von Jahren erleben lässt?
Darüber hinaus hat es andere Aspekte dieser Lehre gegeben, die manche Nichtchristen abstoßend finden. Dazu gehört die Vorstellung, dass die Erretteten das Leiden der Gequälten werden verfolgen können. Es ist kein Wunder, dass die Doktrin über die Hölle manche Menschen von dem Glauben an Gott abgebracht hat.
Dazu gehörte übrigens Charles Darwin, dem im Allgemeinen die Evolutionstheorie zugeschrieben wird. Darwin vertraute sich diesbezüglich seiner privaten Autobiografie an: „Der Unglaube überkam mich schleichend, war aber zum Schluss vollständig . . . Ich kann mir kaum vorstellen, wie jemand sich das Christentum als etwas Wahres wünschen kann; denn . . . der Text scheint zu zeigen, dass die Ungläubigen . . . ewig bestraft werden. Und das ist eine zu verdammende Doktrin“ (Paul Martin, The Healing Mind: The Vital Links Between Brain and Behaviour, Immunity and Disease, 1997, Seite 327).
Es gibt Hoffnung für die Toten
Einem sachlich denkenden Menschen wie meinem Vater erscheint das Christentum als eine Religion von ewig träumerischen, optimistischen Anhängern, die aber ständig den Kampf um die Herzen und den Verstand der Menschen verlieren.
Der Apostel Paulus stellte jedoch mit Gewissheit in Römer 11, Verse 25-26 fest, dass ganz Israel gerettet würde. Er sprach von Israels vorläufiger Blindheit, der seine Errettung folgen würde. Die Botschaft des Neuen Bundes sagt eine Zeit voraus, wenn man nicht länger zu seinem Nachbarn sagen wird: „Erkenne den Herrn“, denn das Wissen über den Herrn würde die Erde füllen, wie Wasser die Meere füllt (Hebräer 8,10-11). Dies ist freilich in keinem Jahrhundert seit dem Tode Jesu Christi geschehen.
In der Vision vom Totenfeld voller Totengebeine beschrieb der Prophet Hesekiel eine Zeit, in der alle Toten Israels zu physischem Leben auferstehen und Gottes heiligen Geist in sich haben würden, den Geist, der die Bekehrung und die Errettung möglich macht (Hesekiel 37,11-14). Es gab bisher in der Geschichte weder eine fleischliche Auferstehung von „ganz Israel“, noch hat die christliche Theologie einen Weg aufgezeigt, die alten Israeliten, die den Geist Gottes nie hatten, wieder leben zu lassen und ihnen eine Heilsgelegenheit zu geben.
Ich fragte die Trauergemeinde: „Werden wir Vater nicht wiedersehen?“ Dann zitierte ich aus 1. Korinther 15, Verse 19-23: „Hoffen wir allein in diesem Leben auf Christus, so sind wir die elendesten unter allen Menschen. Nun aber ist Christus auferstanden von den Toten als Erstling unter denen, die entschlafen sind . . . Denn wie sie in Adam alle sterben, so werden sie in Christus alle lebendig gemacht werden. Ein jeder aber in seiner Ordnung: als Erstling Christus; danach, wenn er kommen wird, die, die Christus angehören.“
Die begeisternde Wahrheit der Bibel ist, dass kein Mensch verloren sein muss, weil er den Namen Jesus Christus nie gehört hat oder weil er Lehren abtat, die im Namen Christi verbreitet wurden, die aber in Wirklichkeit nicht biblisch sind. Die wirkliche Botschaft der Bibel zeigt, dass die Menschheit ihre Bestimmung wird erfüllen können, auf eine Weise, wie die meisten Christen es bisher nicht gehört haben. Alle Menschen – auch Atheisten wie mein Vater, der die wahre Lehre Jesu Christi nie kennenlernte – werden ihre Heilsgelegenheit erhalten. Was für eine herrliche Zukunft! Als der Apostel Paulus die Thessalonicher in einer Zeit großer Verfolgung trösten wollte, wies er sie auf die herrliche Hoffnung der Auferstehung hin.
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