Interview mit Dr. Michael Behe
Gute Nachrichten: Was hat Sie als Professor für Biochemie dazu bewogen, Darwins Evolutionstheorie in Frage zu stellen?
Michael Behe: Ich hatte an die Evolutionstheorie geglaubt, weil sie mir in der Schule beigebracht worden war. Ich bin heute Biochemiker und studiere hochkomplizierte molekulare Systeme, die die Grundlage der Zelle und des Lebens bilden. Oft habe ich mich gefragt, wie etwas so Kompliziertes sich über den von Darwin postulierten schrittweisen Prozeß entwickeln konnte. Aber ich versuchte, meine Zweifel zu ignorieren.
GN: Was ist dann geschehen?
MB: Ende der 1980er Jahre, als ich außerordentlicher Professor der Biochemie war, las ich das Buch Evolution: A Theory in Crisis des Genetikers Michael Denton. In seinem Buch präsentierte Denton eine Reihe von Argumenten gegen Darwins Theorie, die ich für sehr gute Argumente hielt und die ich nie zuvor gehört hatte. Ich habe mich geärgert, weil man mich dazu gebracht hatte, an Darwins Theorie zu glauben, und das nicht, weil die Beweise so überzeugend wären, sondern nur, weil man einfach diesen Glauben von mir erwartete.
GN: Was haben Sie dann getan?
MB: Nachdem ich Dentons Buch gelesen hatte, bin ich in die Wissenschaftsbibliothek gegangen und habe in den Fachzeitschriften nach Artikeln gesucht, die die komplizierten Zellsysteme durch einen darwinischen Entwicklungsprozeß erklären würden. Ich war erstaunt, feststellen zu müssen, daß es keine Veröffentlichungen gab – oder zumindest keine nennenswerten –, die auch nur den Versuch unternommen hätten, zu erklären, wie ein schrittweiser Prozeß eine solche Komplexität hervorbringen könnte. Ich kam zu dem Schluß, daß neue Ideen vonnöten wären und begann über Alternativen nachzudenken.
GN: Sie erwähnen oft „molekulare Maschinen“. Bestehen in der molekularen Welt alle Strukturen des Lebens aus molekularen Maschinen?
MB: Viele Bestandteile der Zelle sind molekulare Maschinen. Es sind buchstäblich Maschinen, die aus Molekülen zusammengesetzt sind. Sie haben Getriebe, Schrauben und Bolzen. Es gibt kleine molekulare Lastwagen, die sich über Straßen bewegen, es gibt kleine Verkehrszeichen und so weiter. Aber nicht alles in der Zelle ist eine Maschine. Manche Elemente sind Treibstoffe – sie treiben die Maschinen an. Es gibt Dinge wie Ziegeln und Zement, die die Strukturen zusammenhalten. Ich würde diese Bestandteile nicht als Maschinen bezeichnen. Sie sind ein Teil des Gebäudes selbst. Aber das Interessante an der Zelle ist, daß sie tatsächlich eine elegante Maschine ist.
GN: Welches sind einige Ihrer Lieblingsbeispiele für diese Maschinen?
MB: Meine Lieblingsbeispiele sind diejenigen, die uns an die Maschinen aus unserem Alltag erinnern. Mein vielleicht beliebtestes Beispiel ist die bakterielle Geißel, die buchstäblich ein Außenbordmotor ist, den die Bakterien zum Schwimmen benutzen. Es ist genauso, als würde man einen Außenbordmotor an einem Boot befestigen und sich damit durchs Wasser bewegen. Statt Benzin benutzt dieser Motor einen Säurefluß von einer Zellenseite zur anderen.
Es gibt Schrauben und Muttern, die die Teile zusammenhalten, und eine Andockregion, die eigentlich ein universelles Gelenk ist und die Drehbewegungen der Antriebswelle und des Propellers ermöglicht. Es gibt eine Verankerung, die „Stator“ genannt wird und das Ganze an der Zellwand befestigt und es stabil hält, während sich der Propeller dreht.
Wenn ich ein Bild von dieser Struktur zeige, dann fragen mich die Zuhörer, ob das eine von der NASA entwickelte Maschine sei oder aus einem Magazin für Ingenieure stamme. Wenn ich ihnen dann sage, daß es ein biologisches Gebilde ist, das man in der Zelle findet, dann leuchtet ihnen schnell ein, daß diese Bestandteile nicht so aussehen, als wären sie durch zufällige darwinische Prozesse entstanden – vielmehr so, als entstammten sie einem bewußten Design.
GN: Nennen Sie uns ein anderes Beispiel.
MB: Das Netzwerk, über das Nachschub von einer Zellenseite zur anderen bewegt wird. Da müssen Dinge getragen und auf kleine molekulare Lastwagen geladen werden. Diese müssen wissen, welche Richtung sie einzuschlagen haben, ihr Ziel und den Zeitpunkt ihrer Ankunft kennen oder was sie zu laden haben, ähnlich wie bei [dem Paketdienst] UPS. Es gibt da buchstäbliche Lastwagen und Straßen und Verkehrszeichen und viele andere Dinge, die notwendig sind, damit das Ganze funktioniert.
GN: Sind Darwins Ideen „bad science“?
MB: Es kommt darauf an, was Sie unter „bad science“ – fehlerhafter Wissenschaft – verstehen. Gute Ideen und vielversprechende Ideen sind auch dann gute Wissenschaft, wenn sie sich am Ende als falsch herausstellen. Ich glaube, daß Darwins Idee eine gute Idee war. Es sah zu dem Zeitpunkt, als er sie vorschlug, so aus, als ob sie eine Chance hätte. Aber sogar als er sie 1859 vorschlug, gab es damit Probleme, die er auch eingestand.
Damals ging man davon aus, daß die Grundlagen des Lebens einfach seien. Man hielt die Zellen für einfache kleine Gebilde wie einen Gallertklumpen oder Protoplasma. Wenn Darwin mehr über diese einfacheren Grundlagen des Lebens lernen würde [so dachte er], würde er vielleicht erkennen können, wie diese Einfachheit zu der Komplexität, die wir in den Organismen sehen – wie etwa Beine, Augen oder Ohren – führte.
Es war eine gute Idee, aber sie stellte sich am Ende als falsch heraus. Wir lernten, daß die Zelle kein einfacher Gallertklumpen ist. Sie hat einen ausgeklügelten Mechanismus als Grundlage, den der Mensch bisher nicht kopieren konnte. Und vieles davon ist das, was ich als nicht reduzierbar komplex bezeichne. Wenn Sie also einen Teil von der Maschine entfernen, dann wird die Maschine nicht mehr funktionieren, genauso wie Sie einige Zündkerzen aus einem Auto entfernen können und es dann nicht mehr funktioniert. In der Zelle hören die Dinge ebenso zu funktionieren auf.
Diese Dinge wurden in keinem Fachartikel im Sinne von Darwins Theorie erklärt, und es gibt gute Gründe dafür, davon auszugehen, daß sie im Prinzip auch durch die Theorie Darwins nicht erklärt werden können.
Darwins Idee hat also, im Rückblick gesehen, einen weitaus begrenzteren Anwendungsbereich. Die Evolution nach Darwin kann tatsächlich erklären, wie ein Organismus durch eine kleine Veränderung Vorteile erlangen kann, sie kann die natürliche Selektion erklären. Zum Beispiel, wie ein Eisbär von einem normalen Braunbär abstammen kann. Oder die Resistenz von Insekten gegen Pestizide. Und so weiter. Diese Theorie kann also kleine Veränderungen erklären, aber es sind die großen Dinge des Lebens, bei der sie mit ihren Erklärungsversuchen in Schwierigkeiten gerät.
GN: Was meinen Sie, wenn Sie sagen, etwas sei nicht reduzierbar komplex, und wie paßt das zu Darwins Evolutionstheorie?
MB: Es klingt wie ein hochgestochener Begriff, aber es ist im Grunde eine einfache Idee. Es bedeutet, daß Sie eine Maschine oder eine bestimmte Organisation oder ein System mit einer Reihe unterschiedlicher Komponenten vorliegen haben, die miteinander agieren und aufeinander einwirken. Als Resultat führen sie eine Aktion durch, die die Einzelteile selbst nicht ausüben könnten. Wenn Sie da einen der Bestandteile aus dem System entfernen, dann bricht die Funktion des Systems zusammen, denn es braucht alle Bestandteile, damit es funktioniert.
Ein Beispiel ist die Mausefalle. Gewöhnlich besteht sie aus einem Holzbrett, einer Feder, einem Hammer, einem Arm und einem Schließmechanismus. Wenn Sie eines dieser Teile entfernen, dann funktioniert die Mausefalle nicht und man fängt keine Mäuse.
Es ist sehr schwer vorstellbar, wie man so etwas wie eine Mausefalle mit einem schrittweisen Prozeß in Einklang bringen könnte, wo jeder Schritt eine Aufgabe erfüllt und gleichzeitig das System verbessert. Und das ist die Art und Weise, wie die Evolution nach Darwin funktioniert. Sie erfordert ein System, das bereits funktioniert und eine natürliche Selektion, die versucht, dieses System langsam in ein besseres System zu verwandeln.
Wenn man bei der Mausefalle mit dem Holzbrett beginnt, dann würde dieses keine Mäuse fangen. Die natürliche Selektion hätte also keinen Grund, es beizubehalten. Selbst wenn Sie eine weitere Komponente hinzufügten, würde das Ganze immer noch keine Mäuse fangen. Das Wichtige bei der nicht reduzierbaren Komplexität ist, daß es in der Zelle viele Systeme gibt, die vergleichbare Eigenschaften haben. Nehmen Sie einen Bestandteil weg, und das Ganze ist defekt, es funktioniert nicht mehr.
Das ist also ein großes Problem für die darwinische Evolution, denn man kann solche Dinge nicht schrittweise zusammensetzen. Es scheint ganz so, als ob man dafür Intelligenz oder irgendeine von außen wirkende intelligente Kraft brauchte, um diese Dinge zusammenzusetzen.
GN: Was sind die wichtigsten Ideen bei der „Intelligentes Design“-Bewegung?
MB: Die grundlegende Idee ist, daß man bei der Betrachtung der Eigenschaften natürlicher Systeme einen intelligenten Akteur erkennen kann, der bei der Entstehung dieser Systeme mitwirkte. Nehmen wir den Mount Rushmore in den USA, an dessen Bergwand die Gesichter von vier amerikanischen Präsidenten in den Fels gehauen wurden. Wenn Sie aus einem anderen Land kämen und noch nie von Mount Rushmore gehört hätten, und Sie würden da auf der Straße entlang fahren und plötzlich diese Gesichter im Fels sehen, dann wüßten Sie, daß diese nicht ein Produkt von Erosion, Einwirkung des Windes oder irgendeiner anderen nichtintelligenten Ursprungsquelle sind.
Die gleiche Idee trifft auf jeden Bereich in der Natur zu. Nehmen wir zum Beispiel an, Sie wären Astronom und würden die Radiowellen untersuchen, die das Universum erfüllen. Die meisten von ihnen sind Störgeräusche, aber Sie haben Ihre Antenne genau ausgerichtet und plötzlich hören Sie Radiowellen, die eine Botschaft übermitteln – etwa „Grüße von Alpha Centauri“. Da wäre es dann ziemlich dumm, diese Botschaft zufälligen physikalischen Kräften zuzuschreiben. Sie würden sie auf intelligente Außerirdische zurückführen. Wenn Sie nun Biologe sind und Sie glauben, die Zelle sei ein Klümpchen Protoplasma, Sie untersuchen sie aber weiter und finden dabei heraus, daß die Zelle, statt einfach zu sein, mit diesen eleganten Maschinen angefüllt ist – Maschinen mit größerer Perfektion als wir selbst sie herstellen könnten – dann sollte uns das etwas sagen.
Die „Intelligentes Design“-Hypothese sagt, wir dürfen daraus schließen, daß auch dort ein Verstand am Werk war – daß Materie und Energie und natürliche Selektion nicht ausreichen, um zu erklären, wie die Zelle ihre Zusammensetzung erhalten hat.
GN: Ist die Information in DNA Materie, Energie oder etwas anderes?
MB: Das ist eine ausgezeichnete Frage. Das führt uns in die 1960er Jahre zurück, als ein physikalischer Chemiker ausdrücklich darauf hinwies, daß Information weder Materie noch Energie, sondern etwas anderes ist. Er nahm ein beschriebenes Papier als Beispiel. Er sagte, daß die Chemie des Papiers und der Tinte wohlbekannt ist, aber man kann die Botschaft auf dem Papier nicht durch die Eigenschaften der Tinte oder des Papiers erklären.
Auf vergleichbare Weise fanden wir Information in der DNA. Die Information liegt nicht in den chemischen oder physikalischen Eigenschaften der DNA. Sie liegt in der Art und Weise, wie die DNA-Stücke, die wir Nukleotiden nennen, in einer Reihe angeordnet sind. Genauso wie eine Buchstabenfolge in einem Wort, einem Satz oder einem Absatz, vermitteln diese sinnvolle Information, die der Zelle mitteilt, wie sie sich selbst aufbauen soll.
In der „Intelligentes Design“-Theorie ist Information also, da wir es als gegeben annehmen, daß es so etwas wie Intelligenz gibt, weder Materie noch Energie. Wir sagen, ja es gibt noch etwas anderes in der DNA, und das ist die Intelligenz-Komponente.
GN: Wie sehen Sie die Lage im Jahr 2025 für die „Intelligentes Design“-Bewegung und die Evolution Darwins?
MB: Was wir heute als die Komplexität des Genoms [Erbguts] in der Zelle ansehen, wird sich im Jahre 2025 im Vergleich zu der Komplexität, die wir in den nächsten 20 Jahren entdecken werden, wie ein Kinderspiel ausnehmen. Bei unserer Erforschung der Zelle finden wir bei jedem Schritt, daß sie perfekter, eleganter und komplizierter ist, als wir jemals gedacht hätten, und dieser Trend setzt sich fort.
Die Dinge, über die ich heute schreibe, die intelligentes Design zeigen, werden also wie ein Kinderspiel aussehen im Vergleich zu dem, was wir entdecken werden. Ich glaube, das Argument für intelligentes Design wird noch stärker sein. Das wissenschaftliche Argument erkennt man leicht, aber manche Leute haben sich dem Materialismus verpflichtet. Damit intelligentes Design in der Wissenschaft vorankommen kann, muß sich das ändern.
Ein Weg, wie sich die Dinge ändern könnten, ist der, daß Studenten, die für die Ideen des intelligenten Designs aufgeschlossener sind, wissenschaftliche Laufbahnen einschlagen und ihre Ansichten veröffentlichen. Wenn dann eine kritische Masse an Menschen sagt, daß sie für die Idee des intelligenten Designs aufgeschlossen ist, glaube ich, daß der Darwinismus in der Tat zusammenbrechen wird.
Zur Zeit wird er nur durch sozialen Druck unter den Wissenschaftlern, die eine gewisse Weltsicht haben, aufrechterhalten. Aber wenn eine maßgebliche Gruppe von Wissenschaftlern von dieser Sicht abweicht, dann wird der Darwinismus gezwungen sein, sich zu beweisen – und ich glaube nicht, daß er das kann.
GN: Dr. Behe, wir danken Ihnen für dieses Gespräch.
Wer ist Michael Behe?
Dr. Michael Behe, Autor des Bestsellers Darwin’s Black Box: The Biochemical Challenge to Evolution, ist Professor für Biochemie an der Lehigh University in Bethlehem, Pennsylvania (USA). Nach seinem Bachelor-Abschluß (Hauptfach Chemie) an der Drexel University 1974 studierte er Biochemie an der University of Pennsylvania, wo er 1978 promovierte. Von 1982-85 lehrte er Chemie am Queens College in New York City.
Seit 1985 lehrt er an der Lehigh University. Zusätzlich zu seinem Bestseller hat Dr. Behe auch mehr als 40 Fachartikel verfaßt. Er lebt mit seiner Frau und seinen neun Kindern in der Nähe von Bethlehem.