Für die einen machte sich Erleichterung breit, andere waren eher enttäuscht. Das mit großer Spannung erwartete Jahr 2000 traf ein, ohne daß die Verheißungen vom Millennium-Bug und dem großen Computer-Crash, dem Chaos am Himmel und den Katastrophen auf Erden eintrafen. Die Toten sind in ihren Gräbern geblieben, und kein Komet fiel auf uns herab.
Von Paul Kieffer und Jesmina Allaoua
Wieder einmal sollte 1999 das „Ende der Welt“ kommen. Selbsternannte Propheten in der ganzen Welt warnten uns vor dem bevorstehenden Ende. Nicht wenige glaubten ihren Ankündigungen und folgten ihrem Aufruf zum Rückzug in die Einsamkeit. So warteten sie im entfernten Neuseeland oder im kleinen oberbayrischen Dorf Loiderding gut vorbereitet auf den Weltuntergang, aber nicht ohne uns vorher medienwirksam ihre Bücher und andere Überlebenshilfen verkauft zu haben.
Das Buch des Anti-Atom-Aktivisten Alexander Tollmann „Das Weltenjahr geht zur Neige“ war eines der erfolgreichsten Sachbücher im letzten Jahr. Demnach hätte im August der Dritte Weltkrieg anfangen sollen. Nach Uriella (Fiat Lux), dem selbst ernannten „Sprachrohr Gottes“, hätte Deutschland nebst New York, London und Wien im letzten Jahr „auseinander brechen“ sollen. Sie, wie viele andere, haben 1999 wieder einmal bewiesen, daß mit spekulativen Vorhersagen viel Geld zu machen ist.
Aber nicht nur selbsternannte Propheten und religiöse Fanatiker sind immer wieder davon überzeugt, daß das Ende der Welt kurz bevorstehe. Seit Tausenden von Jahren sind die Menschen von den Voraussagen vom Weltuntergang fasziniert. Nicht allein diejenigen, die die Bibel zu verstehen glaubten, machten sich darüber Sorgen, wohin unsere Welt führen wird. Bestimmen zu können, wann die Welt zu Ende gehen wird, ist seit jeher eine große Leidenschaft vieler Menschen gewesen.
Von allen Büchern der Bibel hat keines die Phantasien der westlichen Welt mehr angeregt als die geheimnisvolle Apokalypse. Die vier apokalyptischen Reiter, das himmlische Buch der sieben Siegel, das Tier mit dem Zeichen 666, die Hure Babylons, der verführerische Antichrist – dies sind nur ein paar der mächtigen und erschreckenden Bilder, die die Offenbarung des Johannes tief in das westliche Bewußtsein eingraviert hat. Eine Umfrage des amerikanischen Nachrichtenmagazins Newsweek ergab, daß 40 Prozent aller amerikanischer Erwachsener daran glauben, daß die Welt eines Tages mit der Schlacht bei Harmagedon enden wird.
Bücher über die Apokalypse werden in Millionen Auflagen verkauft. Der amerikanische Historiker Bernhard McGinn fand heraus, daß „in den letzten 30 Jahren der Erforschung endzeitlicher Prophezeiungen mehr Aufwand gewidmet wurde als in den 300 Jahren davor“.
Für andere umfaßt der Einfluß prophetischer Auslegungen eine viel größere Zeitspanne in unserer Vergangenheit. „Die gesamte westliche Geschichte kann durch das Prisma der Apokalypse von Johannes gelesen werden“, sagt der Mitverfasser einer kürzlich veröffentlichten dreibändigen Enzyklopädie apokalyptischer Forschung. Beispiele für diese Sichtweise gibt es zuhauf:
Im 12. Jahrhundert sahen die Kreuzritter in der Wiedereroberung Jerusalems aus der Hand der Moslems einen Sieg über den Antichristen. Christopher Columbus glaubte, daß seine Reise nach Indien die Rückkehr Christi auf Erden beschleunigen würde. Isaak Newton schrieb ein Buch über biblische Prophezeiung in der Hoffnung beweisen zu können, daß die Welt durch göttliche Vorsehung regiert wird. Wie viele seiner Zeitgenossen war auch der pragmatische Theologe Martin Luther überzeugt, daß der „liebe jüngste Tag“ zu seinen Lebzeiten kurz bevorstünde oder zumindest in spätestens 100 Jahren eintreffen würde. Noch während er das Alte Testament übersetzte, befürchtete Luther, die Wiederkunft Christi könnte sich noch vor dem Abschluß seiner Bibelübersetzung ereignen.
Es gab immer wieder Zeiten, wo Leute meinten, verstanden zu haben, wie und wann unsere Zeit zu Ende gehen würde. Aber fehlgeschlagene Erwartungen über das Zeitende führten zu einer tiefen Enttäuschung bei vielen ernsthaft religiösen Personen und Gruppen. Zum Schluß mußten sie doch feststellen, daß sie sich geirrt hatten.
Die moderne Theologie vertritt freilich einen ganz anderen Standpunkt bezüglich der biblischen Prophetie. Die meisten der heutigen Bibelgelehrten glauben nicht mehr daran, daß die Prophezeiungen der Offenbarung sich auf die Zukunft beziehen. Statt dessen reduzieren sie die Offenbarung des Johannes auf eine Beschreibung der Verfolgungen der frühtestamentlichen Christengemeinden. Schon im 3. Jahrhundert n. Chr. wurde das Buch der Offenbarung nicht mehr für wert erachtet, zum neutestamentlichen Kanon gerechnet zu werden. Hieronymus und andere Kirchenväter sahen in den Endzeitvisionen des Apostels Johannes eine Ermutigung für religiösen Fanatismus und in seinen Symbolen, die von einigen als antirömisch ausgelegt wurden, eine Ursache für zivilen Ungehorsam. Der Kirchenlehrer Augustinus (354-430 n. Chr.) argumentierte, was schon bald der offizielle Standpunkt der Staatskirche werden sollte: Das Buch der Offenbarung solle nicht wörtlich oder als zukunftsweisend angesehen werden, sondern als eine Allegorie des Kampfes zwischen Gut und Böse, der Kirche und der Welt. Binnen kurzer Zeit wurde diese Neuinterpretation der Johannes-Visionen zum anerkannten Lehrsatz des Christentums. Der Glaube an den bald wiederkehrenden Messias wurde 431 n. Chr. auf dem Konzil zu Ephesus verworfen. Damit distanzierte man sich vollständig und endgültig von der Hoffnung der ersten Christengeneration, wie diese in den Schriften des Neuen Testamentes unmißverständlich festgehalten wurde.
Endzeitpropheten der Neuzeit
Die Apokalypse einer anderen Art ist der Menschheit des neuen Millenniums seit Jahrzehnten vertraut. Seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs und des Eintritts in das Atomzeitalter warnen prophetische Stimmen mit zunehmender Lautstärke vor den Folgen unserer eigenen Fehler. Der britische Autor Eric Hobsbawm zeigt in seinem Buch The Age of Revolution [„Das Zeitalter der Revolution“], daß die Erde nicht unendlich die ungewollten Früchte der dunkleren Aspekte moderner Technik ertragen kann. Er schrieb: „Wir sind an einem Krisenpunkt angelangt. Wissenschaft und Technik haben uns in die Lage versetzt, unsere natürlichen Lebensgrundlagen zu vernichten.“
Der amerikanische Autor David Burnett King fügt in dem Buch The Crisis of our Time [„Die Krise unserer Zeit“] hinzu: „Die Natur einer Krise hat sich verändert. Die bemerkenswerte Eigenschaft heutiger Krisen ist ihre Beständigkeit – es scheint, daß sie auf der Bildfläche erschienen sind, um zu bleiben.“ Für den modernen Menschen taucht das Potential des Weltenendes abwechselnd in diversen Gestalten auf: Vernichtung der lebenserhaltenden Umwelt, Atomkrieg mit radioaktiver Verseuchung, Überbevölkerung, Rohstoffknappheit.
Eine Umfrage eines amerikanischen Meinungsforschungsinstitutes im Oktober 1999 ergab, daß US-Amerikaner zur Jahrtausendwende vor allem Angst vor folgenden Ereignissen hatten: 76 Prozent fürchteten sich davor, daß sich die Erde durch das Ozonloch gefährlich erhitzen wird; 64 Prozent befürchteten einen Großangriff von Terroristen mit chemischen und biologischen Waffen; 63 Prozent erwarteten, daß die Energiequellen der Erde versiegen werden und eine Versorgungskrise ausbricht; 56 Prozent befürchten eine weltweite Hungersnot, ausgelöst durch die Bevölkerungsexplosion, und 56 Prozent der Amerikaner befürchteten, daß das neue Jahrtausend eine neue Epidemie bringen wird, die Aids noch in den Schatten stellen würde.
Für einige Menschen, die die Bibel kennen, sind die ständigen Berichte von Kriegen, Gewalt, Aufständen, Hungersnot, Seuchen, Erdbeben und Naturkatastrophen in den Schlagzeilen sichere Anzeichen dafür, daß wir – wieder einmal – kurz vor dem „Ende der Welt“ stehen. Nach so vielen falschen Vorhersagen dieser Art zu allen Zeiten und vor dem Hintergrund der Realitätsverneinung, die manche religiöse Wahnsinnige vor dem Alltag fliehen läßt, ist es nur allzu verständlich, wenn solche Prognosen kein Gehör mehr finden.
Einen Unterschied zu früheren Epochen gibt es allerdings: Manche der heutigen „Anzeichen“ sind eine potentielle Bedrohung globalen Ausmaßes und lassen sich nicht wie früher regional eingrenzen. Galoppieren die apokalyptischen Reiter, die u. a. Krieg, Hungersnot, Seuchen und Naturkatastrophen versinnbildlichen, doch wirklich auf unsere Welt zu?
Alte Prophezeiungen mit neuer Aktualität
Jeder, der sich mit Geschichte auseinandersetzt, weiß, daß es in der Vergangenheit einige schreckliche Epochen gegeben hat. In ihrem Buch The Distant Mirror [„Der ferne Spiegel“] beschreibt die Historikerin Barbara Tuchman das turbulente 14. Jahrhundert mit seiner Plage des Schwarzen Todes. Unser eigenes 20. Jahrhundert wird als das blutigste in der Geschichte bezeichnet. Untergangspropheten vergangener Zeiten sahen in solchen Ereignissen „sichere“ Zeichen für das „Ende der Welt“. Solche Prognosen waren jedoch zeitlich falsch, weil sie die wichtigste Voraussetzung nach der Bibel für das Eintreten dieser Zeit außer acht ließen.
Die Schriften der alttestamentlichen Propheten und der neutestamentlichen Apostel enthalten viele Prophezeiungen, die konkret vor einer Zeit weltweiter Wirren auf Erden warnen, die ihresgleichen in der Menschheitsgeschichte sucht. Auch in den Worten Jesu Christi wird diese Endzeitkrise erwähnt. Die Rede, in der Jesus das Unheil ankündigte, wurde später die Ölbergprophezeiung genannt, da er sie kurz vor seinem Tode auf dem Ölberg vor den Toren Jerusalems hielt. Jesus selbst sprach von einer Zeit, die so schrecklich sein würde, daß kein Mensch überleben würde, „wenn diese Tage nicht verkürzt würden“ (Matthäus 24,22). Sprach er von unserer Zeit?
Auf diese Frage kann man sicherlich in einem Sinne mit absoluter Sicherheit antworten: Eine Zeit vor unserer Zeit, d. h. vor dem atomaren Zeitalter, kann Jesus nicht gemeint haben. Durch Kernwaffen und biologische bzw. chemische Kampfstoffe – die viel billiger herzustellen sind als Kernwaffen – ist es möglich, alles Leben auf der Erde auszulöschen. Daß die diesbezügliche „Erfüllbarkeit“ biblischer Voraussagen erst in unserer Generation möglich wurde, entlarvt alle Ankündigungen vergangener Epochen, nach denen die von den Propheten der Bibel beschriebene Endzeit eingetreten sei, als verfrüht bzw. voreilig.
Zu den Zeichen, die Jesu Aussagen zufolge der endgültigen Endzeitkrise vorausgehen werden, sollen auch Erdbeben gehören. Angesichts der vielen Erdbeben in den vergangenen Jahren kommt man nicht umhin zu fragen, ob Erdbeben in letzter Zeit nicht immer häufiger auftreten. Nach Recherchen des „National Earthquake Information Center“ der USA gab es im 20. Jahrhundert mehr als 20 Erdbeben, die je 10 000 oder mehr Menschen getötet haben, einschließlich einiger Monstererdbeben, denen mehr als 100 000 Menschen zum Opfer fielen.
In den letzten 100 Jahren starben mehr als eine Million Menschen durch Erdbeben, Tendenz steigend. Einige mögen Erdbeben als Anzeichen mit dem Einwand ablehnen, diese habe es immer gegeben. Das stimmt. Allerdings sind die heutigen Auswirkungen von Erdbeben in unserer immer dichter besiedelten Welt größer. Außerdem darf man die Warnungen von Wissenschaftlern über Vulkanausbrüche als Begleiterscheinung von Erdbeben nicht ignorieren. Der britische Forscher Bill McGuire glaubt das Potential eines Supervulkanausbruchs unter dem Yellowstone-Nationalpark in den USA entdeckt zu haben, den er „mit dem brüchigen Deckel eines gigantischen Schnellkochtopfs“ verglich. Ein Bericht des britischen BBC-Fernsehens über das Yellowstone-Potential eines „Vulkanwinters“ mit weltweiten Auswirkungen ließ die Geological Society des Vereinigten Königreichs das Parlament warnen, es sei notwendig, Notfallpläne für das Eintreffen des Szenarios vorzubereiten (Der Spiegel, 8/2000, Seite 258-260).
Jesu Voraussage von „Erdbeben hier und dort“ ist ganz bestimmt eine zutreffende Beschreibung des 20. Jahrhunderts.
„Ende der Welt“ oder Wendepunkt?
Oft waren Ankündigungen vergangener Epochen über das Weltende eine Entstellung des biblischen Inhalts. In der Bibel ist nämlich keineswegs die Rede vom Weltuntergang und dem Aussterben der Menschheit. Im Matthäusevangelium wurde Jesus von seinen Jüngern gefragt, wann „das Ende der Welt“ kommen sollte (Matthäus 24,3). Im griechischen Urtext steht das Wort aion mit der Bedeutung „Zeitalter“ bzw. „Ära“. Es geht also nicht darum, daß der Mensch oder unsere Welt aufhören zu existieren.
Andererseits stimmt es, daß die Bibel ganz klar Gottes Eingreifen in das Weltgeschehen und katastrophale Ereignisse vor diesem Eingreifen voraussagt. Warum wird diese endzeitliche Gefahr die ganze Welt heimsuchen und Gottes Eingreifen notwendig machen? Der Gott der Bibel ist nicht der Verursacher zerrütteter Familien, kaputter Ehen, ethnischen Hasses, korrupter Regierungen, Umweltverschmutzung und der aus all diesen Dingen entstehenden Leiden.
Seit Anbeginn der Menschheit verwarf der Mensch die Erkenntnis, die durch den Baum des Lebens in 1. Mose 2 versinnbildlicht wird. Die meisten Menschen verkennen, daß unsere Leiden das Resultat unserer eigenen Entscheidungen sind. (Lesen Sie mehr zu diesem Thema in dem Artikel „Hat das heutige Christentum versagt?“ auf Seite 14.)
Den wahren Inhalt der biblischen Prophezeiung versteht man nur, wenn man alles liest, was die Schrift über die Zukunft der Menschheit und dieser Welt zu sagen hat. Die gute Nachricht ist, daß die Menschheit das Leben auf dieser Erde nicht völlig zerstören wird! Die Regierungen dieser Erde werden in einer umfassenden Reform aller menschlichen Institutionen zum Reich Gottes und Jesu Christ umgewandelt werden (Offenbarung 11,15).
Gottes Plan ist darauf ausgerichtet, nicht nur Israel oder einer kleinen Elite eine schöne Zukunft zu bescheren, sondern die ganze Welt in einen Ort des Friedens, der Gerechtigkeit und der Gleichheit für alle Menschen umzuwandeln. Gottes Reich auf Erden ist die gute Nachricht, die über die Schrecken der Endzeit hinausgeht, die die Bibel klar voraussagt. Die Rückkehr Christi wird dem Krieg ein für alle Mal ein Ende setzen. Nach der Bibel gibt es also kein „Ende der Welt“ – keinen Weltuntergang, sondern einen großartigen Wendepunkt in der Menschheitsgeschichte!
Diese Nachricht dürfte für manchen Leser der Zeitschrift Gute Nachrichten völlig neu sein. Überzeugen Sie sich jedoch selbst, statt dem Einfluß des Konzils zu Ephesus aus dem Jahre 431 n. Chr. – wenn auch unbewußt – zu folgen. Unsere kostenlose Broschüre Das Reich Gottes – eine gute Nachricht zeigt Ihnen die wahre Botschaft der ersten Christengeneration über diese herrliche Zukunft.