Weil Gott, der Vater, und Jesus Christus in ihnen wohnen, können Christen mit Eifer im Glauben zuversichtlich voranschreiten und dabei fragen: Was ist der Wille Gottes für mein Leben?
Von Robin Webber
In meinen letzten zwei Beiträgen in dieser Artikelreihe haben wir viele Bibelstellen gelesen, die uns die Verheißung Jesu aus Johannes 14, Vers 18 erläutern: „Ich will euch nicht als Waisen zurücklassen; ich komme zu euch.“
Dabei haben wir gesehen, dass der heilige Geist, den wir bei der Taufe erhalten (Apostelgeschichte 2,38), mehr als nur ein leistungsfähiges Werkzeug ist. Er vermittelt uns auch die göttliche Natur, die Wesensart unseres Schöpfers im Denken und Handeln (Römer 8,9-11; 2. Petrus 1,4). Gott gibt diesen Geist denen, „die ihm gehorchen“ (Apostelgeschichte 5,32) – denen, die sich dem Willen Gottes vorbehaltlos unterordnen.
Bezug nehmend auf diese göttliche Natur, fragte der Apostel Paulus: „Wisst ihr nicht, dass ihr Gottes Tempel seid und der Geist Gottes in euch wohnt?“ (1. Korinther 3,16). Gott möchte, dass wir als Behausung dienen, damit er in uns wohnen kann!
Und wozu soll der in uns wohnende Geist Gottes dienen? Dazu stellt Paulus in Römer 8, Verse 5-9 fest: „Denn die da fleischlich sind, die sind fleischlich gesinnt; die aber geistlich sind, die sind geistlich gesinnt. Aber fleischlich gesinnt sein ist der Tod, und geistlich gesinnt sein ist Leben und Friede. Denn fleischlich gesinnt sein ist Feindschaft gegen Gott, weil das Fleisch dem Gesetz Gottes nicht untertan ist; denn es vermag’s auch nicht. Die aber fleischlich sind, können Gott nicht gefallen. Ihr aber seid nicht fleischlich, sondern geistlich, wenn denn Gottes Geist in euch wohnt.“
Gottes Lebensweise als seine Priester vorleben
In meinem letzten Artikel ging es um die Frage, was uns zu tun übrig bleibt, da unser himmlischer Vater und sein Sohn in uns leben und wir die Errettung nicht durch eigene Bemühungen „verdienen“ können (Epheser 2,8). Bedeutet das, dass wir gar keine Leistung zu erbringen haben? Sollen wir untätig sein und uns lediglich über die Gnade Gottes freuen?
Nein, so soll es nicht sein! In seinem Kommentar zu 2. Petrus, Kapitel 2 schrieb der schottische Autor William Barclay:
„Die Wahrheit, die Christen erkennen sollen, ist, dass sich wahres Glück sowohl auf Gottes Gabe als auch auf unsere Bemühungen gründet. Die Errettung können wir zwar nicht verdienen, dennoch müssen wir in unserer Lebensführung unsere ganze Energie auf die christliche Zielsetzung richten . . . Glaube entbindet uns nicht von Werken, und die Großzügigkeit Gottes befreit uns nicht von dem Bemühen um die göttliche Lebensweise“ (The New Daily Study Bible: The Letters of James and Peter, 2003, Seite 346).
Das heißt, der Glaube an Gottes fortwährende Gnade ohne begleitende Werke (Gehorsam gegenüber Gott als Ausdruck der Dankbarkeit) ist tot. Das sagt uns der Apostel Jakobus:
„So ist auch der Glaube, wenn er nicht Werke hat, tot in sich selber. Aber es könnte jemand sagen: Du hast Glauben und ich habe Werke. Zeige mir deinen Glauben ohne die Werke, so will ich dir meinen Glauben zeigen aus meinen Werken“ (Jakobus 2,17-18).
Christi Aufruf „Folgt mir nach!“ ist demnach mehrdimensional. Man ist nicht wirklich ein wahrer Jünger Jesu, wenn man sich nur mit der Theorie befasst, wie Bibelverse und Geschichten über Jesus auswendig zu lernen. Ein wahrer Jünger Jesu ist man nur dann, wenn man das Gelernte in die Praxis umsetzt. Jesu Jünger sind eine „königliche Priesterschaft, das heilige Volk, das Volk des Eigentums, dass ihr verkündigen sollt die Wohltaten dessen, der euch berufen hat“ (1. Petrus 2,9).
In Offenbarung 5, Vers 10 erfahren wir, welche Aufgabe diese „ königliche Priesterschaft“ in Zukunft haben wird: Nach der Wiederkehr Jesu wird sie als „Könige und Priester“ Teil seiner Regierungsmannschaft sein, die eine völlig neue Weltordnung einführen wird. Die biblische Realität ist, dass Christen heute von ihrem großen himmlischen Hohepriester für diese zukünftige Aufgabe ausgebildet werden (Hebräer 3,1). Was tut ein Priester? Er lehrt das Wort Gottes und leitet die Menschen in der wahren Anbetung Gottes an.
Ein lebendiges Opfer als tägliche Verpflichtung
Zur Anbetung Gottes im Alten Bund gehörten auch Opfer, die die levitischen Priester darbrachten. Wie sollen Christen heute auf Gottes Gnade reagieren? Als Gottes „königliche Priesterschaft“ sind wir aufgerufen, uns selbst täglich als Opfer darzubringen.
„Weil ihr Gottes reiche Barmherzigkeit erfahren habt, fordere ich euch auf, liebe Brüder und Schwestern, euch mit eurem ganzen Leben Gott zur Verfügung zu stellen. Seid ein lebendiges Opfer, das Gott dargebracht wird und ihm gefällt. Ihm auf diese Weise zu dienen ist der wahre Gottesdienst und die angemessene Antwort auf seine Liebe“ (Römer 12,1; „Hoffnung für alle“-Übersetzung, Hervorhebung durch uns).
Für manche wäre der Tod als Märtyrer das größte Opfer, das man für Gott bringen könnte. Andererseits ist es auch eine große Herausforderung, täglich für Jesus Christus zu leben und „alles Denken in den Gehorsam gegen Christus“ gefangen zu nehmen (2. Korinther 10,5). Mit Paulus können wir sagen: „Ich sterbe täglich“ (1. Korinther 15,31), indem wir leben, „wie er [Jesus] gelebt hat“ (1. Johannes 2,6) – Gedanke für Gedanken, Tat für Tat.
Wie schaffen wir es, uns als lebendiges Opfer für Gott darzubringen? Machen wir uns bewusst, dass es nicht um einmalige oder mehrfache Handlungen geht, sondern um einen lebenslangen, kontinuierlichen Prozess! In diesem Prozess sind wir nicht allein, denn wir haben Jesu Verheißung: „Ich komme zu euch.“
Mühe mit Eifer
Es ist der Apostel Petrus, der uns sagt, dass wir Anteil an der göttlichen Natur bekommen haben (2. Petrus 1,4). Im gleichen Zusammenhang nennt er aber auch Eigenschaften einer göttlichen Lebensführung, die uns helfen, täglich ein lebendiges Opfer für Gott zu sein.
Ob sich diese Eigenschaften in unserem Leben zeigen, liegt zum Teil an uns, denn in 2. Petrus 1, Vers 5 ermahnt uns Petrus, an ihnen „alle Mühe“ zu wenden. Das in diesem Vers verwendete griechische Wort impliziert auch Eifer für eine Aufgabe. Mühe und Eifer sind wichtig für Opferbereitschaft. Manche Leute leben ziellos und treffen das Ziel der Ziellosigkeit problemlos, denn sie erreichen nie etwas.
Denken wir nochmals an William Barclays Kommentar: „Wir müssen unsere ganze Energie in unserer Lebensführung auf die christliche Zielsetzung richten.“ Die Errettung ist ohne Zweifel Gottes Gabe, die aber auch das Ziel unserer Lebensführung bzw. unseres täglichen Bewusstseins sein muss. Sonst besteht die Gefahr, dass wir vom Ziel abgelenkt werden.
Die Sichtweise des polnischen Pianisten und Komponisten Jan Paderewski kann hier als Beispiel dienen. Er wurde einmal von einem anderen Pianisten gefragt, ob er kurzfristig ein Klavierkonzert übernehmen könnte. Die Antwort des berühmten Musikers war: „Ich bin immer bereit. Ich übe seit 40 Jahren acht Stunden täglich.“ Der andere Pianist meinte dann: „Wäre ich nur mit Ihrem Eifer auf die Welt gekommen!“ Paderewski erwiderte: „Wir kommen alle damit auf die Welt. Ich habe halt entschieden, meinen Eifer einzusetzen.“
Vergessen wir nicht, dass Gott diejenigen, denen er seinen Geist geschenkt hat, „gesegnet hat mit allem geistlichen Segen im Himmel durch Christus“ (Epheser 1,3). Der Geist, den Gott uns schenkt, ist derselbe Geist, der in Jesus Christus wirkte und ihn sagen ließ: „Doch nicht mein, sondern dein Wille geschehe!“ (Lukas 22,42).
Nach der Bekehrung durch Gott steht uns dieser Geist zur Verfügung. Setzen wir ihn ein? Die Nachfolge Jesu Christi erfordert Mühe mit Eifer in täglicher Praxis. Tagtäglich ordnen wir unsere Prioritäten so, dass Gott in unserem Leben an oberster Stelle steht.
Glaube, Tugend und tägliche Opferbereitschaft
Wenn wir Petrus’ Ermahnung in 2. Petrus 1, Vers 5 beherzigen und „alle Mühe daran wenden“, werden wir „in unserem Glauben Tugend“ erweisen. Wir wissen, dass Glaube weit über das hinausgeht, was wir mit unseren fünf Sinnen wahrnehmen können: „Es ist aber der Glaube eine feste Zuversicht auf das, was man hofft, und ein Nichtzweifeln an dem, was man nicht sieht“ (Hebräer 11,19).
Wahrer christlicher Glaube hängt nicht von den Glaubenssätzen einer Konfession ab, sondern wird in der persönlichen Erfahrung jedes Christen lebendig. Paulus drückte es folgendermaßen aus: „Ich weiß, an wen ich glaube, und bin gewiss, er kann mir bewahren, was mir anvertraut ist, bis an jenen Tag“ (2. Timotheus 1,12). Dieser Glaube hilft uns, den Kurs beizubehalten, den wir mit Gott eingeschlagen haben, denn wir wissen, dass Gott uns nie verlassen oder versäumen wird (Hebräer 13,5).
Petrus verbindet Tugend mit Glaube in 2. Petrus 1, Vers 5. Das griechische Wort arete impliziert eine moralische Vortrefflichkeit, die von unserem Umfeld wahrgenommen wird. Es heißt, dass ein Bild mehr als tausend Worte sagt. In diesem Sinn denken wir an Jesu Ermahnung, wonach wir ein Licht in dieser Welt sein sollen – wir sollen unser Licht nicht unter einen Scheffel stellen, sondern wir sollen gesehen werden.
„Ihr seid das Licht der Welt. Es kann die Stadt, die auf einem Berge liegt, nicht verborgen sein. Man zündet auch nicht ein Licht an und setzt es unter einen Scheffel, sondern auf einen Leuchter; so leuchtet es allen, die im Hause sind. So lasst euer Licht leuchten vor den Leuten, damit sie eure guten Werke sehen und euren Vater im Himmel preisen“ (Matthäus 5,14-16).
Damit meinte Jesus nicht, dass wir uns um unseretwillen hervortun sollen, sondern dass wir in aufopfernder Demut Jesus als das Licht der Welt (Johannes 8,12) in uns wirken lassen. Unser Umfeld soll ihn sehen, auch wenn man noch nicht erkennt, dass es Jesus ist, der in uns zum Vorschein kommt.
Opferbereitschaft ist nicht billig, sie kostet etwas – uns selbst! Jesus Christus opferte alles. Was spiegelt sich in unserem Leben wider? Ist es das helle Licht derselben täglichen Opferbereitschaft, wie Jesus sie vorlebte? Oder ist es lediglich die flimmernde Kerze einer momentanen vorübergehenden Begeisterung, die schnell erlischt?
Die tägliche Opferbereitschaft erreichen wir nicht sofort. Sie ist kein momentanes Ereignis, sondern ein progressives Erlebnis, das all unsere verbleibenden Tage in diesem Leben umfasst. Schreiten wir daher im Glauben und mit Eifer mit Gott voran, und wenden wir „alle Mühe“ daran, Jesu Aufforderung „Folgt mir nach!“ umzusetzen.