Wir haben nur eine begrenzte Perspektive. Wir müssen lernen, das Unerwartete von Gott zu erwarten, der uns vor harte Herausforderungen stellt – und uns die Mittel gibt, diese zu meistern.

Von Robin Webber

Eine alte Weisheit besagt, dass das Leben das ist, was uns passiert, wenn wir unsere Pläne schmieden. Wir glauben dann, diese Lektion gelernt zu haben – bis zum nächsten Mal, wenn es wieder anders kommt. So sehr wir auch planen und hoffen, das Leben ist keine gerade Linie von Punkt A nach Punkt B. Auf der Straße unseres Lebens befinden sich Kurven und Schlaglöcher, manchmal auch Umwege.

Davon sind viele selbstverschuldet, manche unterliegen dem Einfluss anderer. Ich möchte mich aber in diesem Beitrag auf die Unterbrechungen unserer Pläne konzentrieren, die durch einen gnädigen Gott verursacht werden. Dann führt er uns auf neue Wege, die wir uns nie hätten vorstellen können, um seine Ziele jenseits unserer besten Absichten zu erreichen.

Versetzen wir uns für einige Minuten in die Lage des Josef von Nazareth und begleiten wir ihn durch eine unvorhergesehene Unterbrechung seines Lebens. So können wir besser verstehen, wie wir unsere persönliche Berufung stärken können, wenn wir der Aufforderung Jesu Christi „Folgt mir nach!“ (vgl. Lukas 9,23; Johannes 21,21-22) gehorchen.

Konfrontiert mit einem scheinbaren Dilemma

Wir begleiten Josef, wie er im ersten Kapitel des Matthäusevangeliums vorgestellt wird. Er bereitet sich darauf vor, den Bund der Ehe mit einer gewissen Maria einzugehen. Vorfreude liegt in der Luft!

Nach damaligem jüdischem Brauch wurden Ehen oft schon in der Kindheit von den Eltern und eventuell einem Heiratsvermittler arrangiert. Wenn der junge Mann und die junge Frau volljährig wurden und sich einig waren, dass sie heiraten wollten, waren sie für ein Jahr „verlobt“ und galten technisch gesehen als verheiratet, abgesehen von der körperlichen Intimität, zu der es erst nach der Hochzeitszeremonie kommen durfte. Während der Verlobungszeit konnten der Mann oder die Frau die Beziehung beenden, aber dazu war eine offizielle Scheidung erforderlich.

Nach Matthäus 1, Vers 18 erfährt dieser Josef, der sich auf seine Hochzeit freut und davon ausgeht, dass seine Verlobte ihm treu geblieben ist, eine schockierende Nachricht. Er erfährt, dass sie schwanger ist! „Es fand sich, ehe er sie heimholte [d. h. vor der Hochzeitszeremonie], dass sie schwanger war von dem heiligen Geist“ (Matthäus 1,18).

Wie bitte? Da zerplatzten seine Lebenspläne wie eine Seifenblase. Wir können uns gut den Aufschrei in Josefs Kopf vorstellen, als er Marias Ankündigung hörte: „Was hast du mit wem gemacht?“ Ich möchte hier nicht allzu tief in Josefs Gedanken eindringen, denn die Heilige Schrift schweigt.

Vielleicht können wir aber einige Lücken füllen, indem wir uns auf unsere inneren Gedanken stützen, wenn die besten Pläne – und ja, auch unsere Pläne als Jünger Jesu Christi – scheitern.

Josef kannte natürlich die außergewöhnlichen Geburten bei Sara und Hanna durch den Segen Gottes, aber das geschah nicht ohne die Mitwirkung von Abraham und Elkana! Es war nicht das Werk des Geistes Gottes ohne menschlichen Vater. Josef konnte aber hier die große Bedeutung dessen, was Gott tat, zunächst kaum begreifen.

Aus der Heiligen Schrift wissen wir jedenfalls, wie Josef reagierte. In Matthäus 1, Vers 19 erfahren wir, dass er fromm war und deshalb Maria nicht öffentlich zur Schau stellen und der Schande oder gar dem Tod durch Steinigung aussetzen wollte (3. Mose 20,10; Johannes 8,3-11). Stattdessen war er bereit, sich in aller Stille von ihr scheiden zu lassen.

Gott bietet eine dritte Option

Vergegenwärtigen wir uns die Tragweite dieser Situation. Josefs Leben stand auf dem Kopf und es schien, als müsste er zwischen zwei Wegen wählen. Er entschied sich für den für Maria gnädigeren Weg.

Doch in diesem kritischen Moment ruft Gott eine „Auszeit“ aus, um eine Metapher aus dem Sport zu gebrauchen und sendet Josef durch einen Engel eine wichtige Nachricht: „Siehe, da erschien ihm der Engel des Herrn im Traum und sprach: Josef, du Sohn Davids, fürchte dich nicht, Maria, deine Frau, zu dir zu nehmen; denn was sie empfangen hat, das ist von dem heiligen Geist. Und sie wird einen Sohn gebären, dem sollst du den Namen Jesus geben“ (Matthäus 1,20-21).

Was ist hier passiert? Josef hatte die Situation abgewogen und sich für einen Weg entschieden, der ihm die beste Lösung zu sein schien. Doch Gott griff mit einer dritten Option ein: Er sollte Maria doch heiraten! Das überstieg offensichtlich Josefs menschliches Mitgefühl.

Gott gab Josef einen weiteren Weg – eine dritte Möglichkeit, die Situation zu bewältigen und ging damit über Josefs Denken hinaus, denn Gott sollte verherrlicht werden. Wenn Gott uns eine „dritte Option“ anbietet, werden wir mit der Kluft zwischen unseren besten Absichten als Menschen und Gottes Vollkommenheit konfrontiert.

Vier Schritte, um Gott ähnlich zu werden

Was können wir aus dem Beispiel Josefs lernen, wenn wir die Aufforderung des Meisters „Folgt mir nach!“ beherzigen wollen?

Schritt 1: Gott zu kennen und einen Bibelvers darüber zu wissen, wie er in das Leben anderer eingegriffen hat, ist wertlos, wenn man sich nicht treu dem direkten Eingreifen Gottes in der eigenen Notsituation öffnet.

Gott sagt uns unverblümt: „Denn meine Gedanken sind nicht eure Gedanken, und eure Wege sind nicht meine Wege, spricht der Herr, sondern so viel der Himmel höher ist als die Erde, so sind auch meine Wege höher als eure Wege und meine Gedanken als eure Gedanken“ (Jesaja 55,8-9). Unsere Herzen müssen bereit sein, unsere menschliche Kurzsichtigkeit zu überwinden. Wir müssen die größere Wirklichkeit Gottes erwarten, die auf die Ewigkeit ausgerichtet ist und dürfen nicht nur auf den Augenblick schauen, wie wir ihn wahrnehmen.

Schritt 2: Wenn wir im Gebet um „unser tägliches Brot“ bitten (Matthäus 6,11), denken wir auch an die geistliche Nahrung, die wir täglich brauchen, damit wir über unsere menschliche Perspektive hinaus sehen und unsere Lebensführung entsprechend gestalten können.

Denken Sie daran, dass es nicht nur darauf ankommt, wann und wie oft Sie beten, sondern auch wie Sie beten und worum Sie bitten. „Bittet, so wird euch gegeben; suchet, so werdet ihr finden; klopfet an, so wird euch aufgetan. Denn wer da bittet, der empfängt; und wer da sucht, der findet; und wer da anklopft, dem wird aufgetan“ (Matthäus 7,7-8; alle Hervorhebungen durch uns; siehe auch Jakobus 1,2-6).

Gebete auf den Knien ohne gebeugtes Herz steigen nicht höher als zur Decke über Ihnen. Beugen Sie stattdessen Ihr Herz und sagen Sie Gott, dass Sie ohne seine Hilfe allein auf sich selbst angewiesen sind, wenn es darum geht, Ihren Weg zu finden und Entscheidungen zu treffen. Sie brauchen mehr als gute Antworten, Lösungen oder Pläne. Sie brauchen seine heilige Vollkommenheit!

Schritt 3: Bereiten Sie sich dann darauf vor, dass Gott Ihre Gebete auf eine bestimmte Art und Weise und zu einem bestimmten Zeitpunkt erhören wird – vielleicht ganz anders, als Sie es sich vorgestellt haben.

Josef wurde von einem Engel besucht, aber derjenige, den Josef Jesus nennen sollte, verkündete später: „Ich will euch nicht als Waisen zurücklassen; ich komme zu euch“ (Johannes 14,18). Das sagte Jesus zu seinen Jüngern damals und auch zu uns heute.

Wie tut er das? Durch den heiligen Geist kommt er zu uns und führt uns in die richtige Richtung: „Ihr aber seid nicht vom Fleisch, sondern vom Geist bestimmt, da ja der Geist Gottes in euch wohnt. Wer aber den Geist Christi nicht hat, der gehört nicht zu ihm ... Denn die sich vom Geist Gottes leiten lassen, sind Kinder Gottes“ (Römer 8,9. 14; Einheitsübersetzung). In Offenbarung 3, Vers 20 gibt Jesus seiner Gemeinde einen Hinweis, wie wir unsere Herzen vorbereiten können: „Siehe, ich stehe vor der Tür und klopfe an. Wenn einer meine Stimme hört und die Tür öffnet, bei dem werde ich eintreten und Mahl mit ihm halten und er mit mir“ (ebenda).

Vielleicht ist es an der Zeit zuzugeben, dass wir nicht alle Antworten haben. Wir stecken fest und brauchen Gottes „dritte Option“. Christus könnte gerade jetzt durch diesen Beitrag an Ihre Tür klopfen!

Schritt 4: Wenn Sie die Tür für den Geist unseres himmlischen Vaters und seines Sohnes Jesus Christus öffnen, seien Sie bereit, ihre Führung anzunehmen und auf ihre Anweisungen zu reagieren.

Jesus forderte seine Jünger immer auf, das zu tun, was sie tun können, aber dann tun er und der Vater durch uns das, was nur sie tun können (siehe Johannes 15,4-8). In Sprüche 16, Vers 9 heißt es: „Des Menschen Herz plant seinen Weg, doch der Herr lenkt seinen Schritt“ (ebenda).

Von den Anweisungen oder Aufgaben, die Josef und Maria gegeben wurden, nennen wir zum Schluss dieses Beitrags diese drei. Gott sagte zu beiden: „Fürchtet euch nicht!“ (Matthäus 1,20; Lukas 1,30). Er sagte ihnen, sie sollten heiraten und das Kind im Leib Marias, den Sohn Gottes, zur Welt bringen und aufziehen. Und er sagte ihnen, dass sie den Sohn Jesus nennen sollten, was „der Ewige ist die Erlösung“ bedeutet. Sowohl Josef als auch Maria befolgten jede dieser Anweisungen von oben, da jeder Schritt auf dem anderen aufbaute, um Gott zu verherrlichen, denn sein Plan ging über ihre menschlichen Pläne weit hinaus.

Bis zu unserem nächsten Treffen in dieser Artikelreihe lade ich Sie herzlich ein, diese vier Schritte zu tun und zur Gewohnheit zu machen. Gehen wir im Glauben über unsere eigenen Strategien hinaus und erwarten wir Gottes Eingreifen im Sinne einer „dritten Option“. Es ist ein wichtiger Aspekt unserer Reaktion auf die Aufforderung unseres Meisters: „Folgt mir nach!“