Wenn der Tag schlecht anfängt, muß es kein Vorbote einer schlechten Laune sein.
Von Becky Sweat
Der Wecker reißt dich aus dem Schlaf. Du willst ins Badezimmer, nur um festzustellen, daß deine kleine Schwester schon vor dir hineingerannt ist. Als du endlich ins Bad darfst, bleiben dir nur noch zehn Minuten, um dich für die Schule fertigzumachen, aber es gibt kein heißes Wasser mehr. Beim Frühstück brennt der Toast an, die Milch ist sauer, und es gibt nichts anderes mehr zum Essen als altes Müsli.
Es gießt in Strömen, aber du kannst den Regenschirm nicht finden. So mußt du deine Schultasche als Regenschutz nehmen. An der Bushaltestelle fährt ein Lastwagen vorbei und spritzt dich von oben bis unten voll. Als du endlich in der Schule ankommst, rät dir die erste Person, die dir über den Weg läuft, fröhlich zu sein. Aber dir ist jetzt wirklich nicht nach Lachen zumute.
Kommt dir das bekannt vor? Warst du je ein Opfer schlechter Laune? Wir erleben alle Tage, an denen uns das Lächeln schwer fällt. Trübes Wetter, ein Streit mit einem deiner Freunde, Streß in der Schule, Meinungsverschiedenheiten mit den Eltern, eine schlechte Note in der Klassenarbeit — alle diese Dinge können uns in eine schlechte Stimmung versetzen.
In den meisten Fällen können wir uns von einer negativen Stimmung befreien, wenn wir es wirklich wollen. Aber manchmal tun wir es nicht, meint Dr. Jacqueline Persons, eine Professorin an der Universität von Kalifornien in San Francisco. „In Wirklichkeit genießen wir es sogar, in einer schlechten Stimmung zu sein“, sagt sie. „Manche Leute wollen eine schlechte Laune nicht aufgeben, weil sie der schlechtgelaunten Person eine gewisse Macht oder Kontrolle über eine Situation oder Person geben.“
Nehmen wir einmal an, du und deine beste Freundin hattet einen großen Streit, und sie sagt dir, daß sie nichts mehr mit dir unternehmen möchte. Vielleicht möchtest du es ihr heimzahlen, indem du jedem in der Schule zeigst, wie unglücklich du bist. Vielleicht weigerst du dich, etwas Schönes zu unternehmen, was dich in eine bessere Stimmung versetzen würde, weil du meinst, daß deine Freundin dann zu leicht davonkommen wird, daß du ihr dadurch zu verstehen gibst, daß es in Ordnung sei, dich so schlecht zu behandeln.
Bevor du eine schlechte Laune überwinden kannst, mußt du selbst wirklich eine gute Laune haben wollen. Mit diesem Ziel vor Augen folgen einige Vorschläge, wie man die schlechte Laune in den Griff bekommen kann:
Was du tun kannst
• Regelmäßig Sport treiben. Sportliche Aktivitäten können eine schlechte Laune am besten beenden. Joggen, Schwimmen, Radfahren, Fußball und Aerobic können leicht Spannungen abbauen.
„Eine moderate Sportausübung ist hier der Schlüssel“, rät Dr. Larry Christensen, ein Sportberater und Professor an der Texas A&M Universität. „Es ist nicht gut, bis zur völligen Erschöpfung Sport zu treiben, sondern nur so viel, bis man sich wieder energiegeladen fühlt. Wenn man sich bis zur völligen Erschöpfung verausgabt, erzielt man nur einen Gegeneffekt.“
• Richtig schlafen und essen. Wenn du schlecht gelaunt bist, könnte es auch sein, daß du nicht die richtige Menge Schlaf bekommst. Zu viel Schlaf kann dich träge machen, zu wenig Schlaf reizbar. Die meisten Teenager brauchen acht bis neun Stunden Schlaf pro Nacht, aber einige brauchen mehr, je nachdem, wie aktiv sie sind.
„Wenn man nicht genug Schlaf bekommt, ist man eher pessimistisch und müde, und man hat nicht die Geduld, um mit Problemen fertigzuwerden“, sagt Dr. Christensen. „Wenn man in der Nacht genügend Schlaf bekommen hat, meint man, alles bewältigen zu können, und man ist energiegeladener und optimistischer.“
Die Ernährung spielt auch eine wichtige Rolle. Versuche Süßigkeiten und fetthaltiges Essen zu begrenzen. „Viele Teenager greifen sofort zu Süßigkeiten, wenn sie sich schlecht fühlen, was ihnen einen vorübergehenden Aufschwung geben kann, aber ihr Energiespiegel fällt dann schnell wieder unter den vorherigen Stand“, sagt Dr. Christensen. Eine ausgewogenen Diät ist auf lange Zeit gesehen die beste Ernährung.
Sich anderen öffnen
• Sich aussprechen. Wenn man traurig ist, ist das Schlimmste, was man tun kann, alles für sich zu behalten. Statt dessen sollte man seine Gefühle mit einer Vertrauensperson teilen, einem Menschen, dem man vertraut. Ein Freund kann vielleicht nicht den Rat eines Experten geben, aber vielleicht kommst du von selbst auf eine Lösung, wenn du einfach nur redest. Oft braucht man nur jemanden, der zuhört, während man seine eigenen Gefühle ordnet.
Aber etwas durchzusprechen bedeutet nicht, nur zu jammern. „Wenn man herumgeht und sich über seine Situation bei allen Freunden beklagt und jammert: ,Oh, ist mein Leben nicht fürchterlich?‘, ohne daß man etwas tut, um die Situation zu verbessern, wird man sich durch so ein Gerede nur noch schlechter fühlen“, sagt Dr. Persons.
Wenn man sich jemanden anvertraut, sollte man nicht zu jemandem gehen, der genauso traurig ist wie man selbst. Es ist besser mit jemandem zu sprechen, der sich in einer positiven Stimmung befindet. Wenn du jemanden kennst, der sich in einer ähnlichen Situation befand und sie gut bewältigt hat, versuche, mit dieser Person zu sprechen.
Versetze dich während des Gesprächs in eine Einstellung der Problembewältigung. Frage dich selbst: Gibt es etwas, was ich tun kann, um die Situation zu verbessern? Was kann ich tun, damit so etwas das nächste Mal nicht passiert?
Nehmen wir einmal an, du bekommst deine Biologiearbeit mit einer schlechten Note zurück. Vielleicht solltest du mit deinem Lehrer reden, um Nachhilfeunterricht zu bekommen. Vielleicht muß du auch mehr im Unterricht mitarbeiten, weniger Zeit mit Videospielen verbringen oder etwas mehr am Wochenende lernen.
Die richtige Perspektive behalten
• Nicht aus einer Mücke einen Elefanten machen. Vielleicht ärgerst du dich darüber, beim letzten Fußballspiel ein Tor verpaßt zu haben. Denke nicht zu lange darüber nach. Fehler gehören zum Leben. Statt das Wenn und Aber zu beklagen, sollten wir aus unseren Fehlern lernen und nach vorne schauen.
Schaue nicht so sehr auf das Detail, sondern behalte das große Bild im Auge. Was am Anfang tragisch aussieht, ist oft gar kein Problem, wenn man alle Fakten kennt und die Dinge in die richtige Perspektive stellt. Man sollte sich die Frage stellen: Wie wichtig wird dies in einigen Monaten sein?
Außerdem ist es wichtig, negative Gedanken durch positive zu ersetzen. Statt zu denken: „Ich kann nichts richtig machen“, oder: „Mein Leben ist mies“, sollte man sich sagen: „Ich schaffe es“. Die Fehler gehören der Vergangenheit an und man wird das Leben wieder in den Griff bekommen.
Positiv zu denken bedeutet nicht, die Realität zu ignorieren, betont Dr. Christensen. „Es bedeutet zu erkennen, was passiert ist, und zuzugeben, daß es weh getan hat, und daß man sich wünscht, der Fehler wäre nie passiert. Man sieht aber ein, daß man jetzt in die Zukunft schauen und nach einer Lösung suchen muß, um die Situation zu beheben. Man muß seinen Teil dazu beitragen, daß es nicht wieder vorkommt.“
Es hilft auch, in einer ungünstigen Situation den Humor zu behalten. Wenn man einer mißlichen Lage einmal die lustige Seite abgewonnen hat, fühlt man sich gleich besser.
Das Verhalten beeinflußt Gefühle
• Richtig handeln. Es hört sich vielleicht zu schön an, um wahr zu sein, aber sich glücklich zu verhalten, kann einen wirklich glücklich machen, selbst wenn man es nicht ist. Untersuchungen haben herausgefunden, daß die Gefühle, wenn man sein Verhalten ändert, sich nach und nach in die gleiche Richtung verändern. Tausche also dein Stirnrunzeln gegen ein Lächeln ein.
„Einige Leute sagen mir manchmal: ,Ich fühle mich nicht danach, auf eine Party zu gehen, wo ich keinen Spaß haben werde.‘ Aber wenn sie es schaffen, ihren Körper durch die Tür zu bekommen und auf die Party zu gehen, haben sie dann meistens doch viel Spaß und fühlen sich bedeutend besser“, erzählt Dr. Persons.
Es hilft sehr, sich eine fröhliche Umgebung zu verschaffen, die Vorhänge aufzuziehen und den Sonnenschein in das Zimmer zu lassen, aufmunternde Musik zu hören, einen lustigen Film zu sehen oder ein witziges Buch zu lesen. Steh auf, geh hinaus, tue etwas Konstruktives. Treffe dich mit Leuten, die gute Laune haben. Wenn sie lachen und eine tolle Zeit haben, wird es auch auf dich abfärben.
Nicole, 15, sagt, daß sie ihre Großmutter anruft oder eine ältere Nachbarin besucht, wenn sie traurig ist. „Meine Nachbarin und meine Großmutter leben allein, und ich weiß, daß sie sich einsam fühlen können“, erklärt Nicole. „Ich rede dann eine Weile mit ihnen und konzentriere mich dann lieber darauf, wie sie sich fühlen, statt auf meine eigenen Probleme. Sie sagen mir immer, wie froh sie sind, mich zu sehen. Ich versuche, sie aufzuheitern, aber gleichzeitig fühle ich mich auch viel besser.“
• In schweren Fällen den Rat einer professionellen Hilfe suchen. Wenn eine depressive Stimmung wochenlang anhält und die Leistung in der Schule oder den Umgang mit anderen gefährdet, dann ist es ratsam, professionelle Hilfe zu suchen.
Die meisten Leute können innerhalb weniger Stunden oder innerhalb eines Tages aus ihrer schlechten Stimmung herauskommen, aber einige bleiben deprimiert, auch wenn ihnen etwas Gutes widerfährt, sagt Dr. Christensen. „Sie meinen, da sie sich nun in dieser schlechten Stimmung befinden, gibt es auch nichts, was sie dagegen tun können. Man muß sich selbst fragen, ob es einen Grund dafür gibt, sich so schlecht zu fühlen. Wenn kein Grund vorhanden ist und man weiterhin deprimiert bleibt, braucht man Hilfe.“
Obwohl jeder einmal von Zeit zu Zeit niedergedrückt ist, dürfen schlechte Launen nicht zur Norm werden. Das nächste Mal, wenn dich eine schlechte Laune überfällt, sei bereit, sie anzugehen und sie zu kontrollieren, bevor sie dich kontrolliert.