Von dem Durchschnittseuropäer unbemerkt, ändert sich das Christentum weltweit auf dramatische Weise.
Von Paul Kieffer
Im Mai 2003 überraschte Papst Johannes Paul II. die anläßlich seines 83. Geburtstags im Vatikan mitfeiernden Polen mit der Feststellung: „Mir wird zunehmend bewußt, daß der Tag näher rückt, an dem ich vor Gott erscheinen werde und Rechenschaft über mein ganzes Leben ablegen muß.“ Letztes Jahr beendete der alternde Papst in der Slowakei zum ersten Mal auf seinen mehr als 100 Auslandsreisen eine Begrüßungsrede nach seiner Ankunft vorzeitig – wegen Kurzatmigkeit. Eine geplante Reise in die Mongolei mußte abgesagt werden. Der Gesundheitszustand des an der Parkinsonschen Krankheit leidenden Papstes leistete Spekulationen über mögliche Kandidaten für die Nachfolge des bemerkenswerten Karol Wojtyla Vorschub.
Das 25. Jubiläum seiner Wahl zum Oberhaupt der römischen Kirche im vergangenen Oktober bot vatikanischen Historikern eine Gelegenheit, über die Verdienste von Johannes Paul II. zu sinnieren. Die Entwicklung innerhalb der römisch-katholischen Kirche – und im Christentum überhaupt, in dem der Vatikan symbolisch eine führende Rolle spielt – mag jedoch den interessantesten Aspekt an diesem Papst offenbaren: Bei seiner Wahl 1978 war er der erste nichtitalienische Papst seit mehr als 450 Jahren.
Heute sehen manche Beobachter darin überhaupt ein Ende der italienischen Dominanz bei der Papstwahl. „Die italienischen Kardinäle mögen alles tun, um einen aus ihren Reihen [zum nächsten Papst] wählen zu lassen, aber die Zahlen sprechen gegen sie“, meinte das Nachrichtenmagazin TIME Europe dazu (16. Dezember 2002). Damit ist die Zusammensetzung des Kardinalskollegiums gemeint, das den nächsten Papst wählen wird.
In den 65 Jahren seit der Wahl von Papst Pius XII. hat sich die Gewichtung Italiens bzw. Europas in diesem Wahlgremium zugunsten anderer Regionen deutlich verringert. Stammten 1939 56 Prozent der stimmberechtigten Kardinäle aus Italien, so sind es heute nur noch knapp 18 Prozent. Europa machte damals fast 90 Prozent des Kardinalskollegiums aus, heute beträgt Europas Anteil weniger als 50 Prozent.
Dramatische demographische Verschiebung
Thomas Reese, Chefredakteur der Zeitung Catholic America, bezeichnet den Unterschied in der Zusammensetzung des heutigen Kardinalskollegiums im Vergleich zu 1939 als „enorm“. Die „Internationalisierung“ dieses Gremiums, so Reese, „begann unter Papst Pius XII. und setzte sich unter allen seinen Nachfolgern fort“ (Thomas Hargrove, Scripps Howard News Service, 24. September 2003). Ca. 20 Prozent der wählenden Kardinäle sind heute in Lateinamerika beheimatet. Die Kontinente Afrika, Asien und Nordamerika sind mit ca. jeweils zehn Prozent im Kollegium vertreten. Zum Vergleich: 1939 war kein Kardinal aus Afrika an der Wahl von Papst Pius XII. beteiligt, und Asien und Lateinamerika stellten vor 65 Jahren zusammen weniger als fünf Prozent der Wahlmänner.
Trotz dieser Verschiebung ist der Anteil Europas an dem Kardinalskollegium immer noch viel zu hoch, gemessen an der demographischen Entwicklung innerhalb der Kirche in den letzten Jahren. 1975 lebten mehr als 37 Prozent aller Katholiken weltweit in Europa. Heute sind es ca. 26 Prozent. Europa ist der einzige Kontinent, auf dem die Anzahl der Katholiken in reellen Zahlen rückläufig ist. In den fünf Jahren vor der Jahrtausendwende schrumpfte die Zahl europäischer Katholiken um ca. sechs Millionen.
Die demographische Situation in der römisch-katholischen Kirche ist ein Spiegelbild der Entwicklung im gesamten Christentum. In den letzten 50 Jahren verlagerte sich der zahlenmäßige Schwerpunkt der christlichen Religion nach Afrika, Asien und Lateinamerika. Das Christentum in Europa nimmt kontinuierlich ab, während es in anderen Teilen der Erde wächst.
Das wohl augenfälligste Beispiel ist Afrika. Waren zu Beginn des 20. Jahrhunderts schätzungsweise nur zehn Prozent von 107 Millionen Afrikanern Christen, so sind es heute 46 Prozent der ca. 784 Millionen Menschen auf diesem Kontinent. Das sind 360 Millionen Christen! Aller Voraussicht nach wird ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung Afrikas weiter zunehmen, denn die christlichen Länder Afrikas weisen derzeit einige der höchsten Geburtenraten weltweit auf.
Halten die Trends der letzten 50 Jahre an, dann wird bis 2025 die Hälfte aller Christen in Afrika und Lateinamerika wohnen, weitere 17 Prozent in Asien. 2050 werden die USA immer noch das Land mit den meisten Christen sein, aber die Länder auf den nachfolgenden Plätzen werden alle außerhalb des industrialisierten Westens liegen: Brasilien, die Demokratische Republik Kongo, Mexiko, Nigeria und die Philippinen.
Das sich abzeichnende Nord-Süd-Gefälle des Christentums beschränkt sich jedoch nicht allein auf die unterschiedliche demographische Entwicklung. Es gibt auch einen anderen wesentlichen Unterschied.
Das theologische Nord-Süd-Gefälle
Das schnell wachsende Christentum außerhalb Europas und Nordamerikas ist konservativer als sein nördliches Gegenstück. Als gutes Beispiel dienen die hispanischen Katholiken in den USA, die in ihrer konservativen Liturgie und eifrigen Marienverehrung einen auffälligen Kontrast zu Katholiken angloamerikanischer oder europäischer Herkunft bieten.
Die Säkularisierung ethischer und gesellschaftspolitischer Themen, die in Europa und Nordamerika früher vor dem Hintergrund moralisch-religiöser Werte behandelt worden wären, bleibt nicht ohne Auswirkungen auf christliche Konfessionen und Glaubensgemeinschaften. Ein von Moralvorstellungen „befreites“ Scheidungsrecht, die Liberalisierung der Abtreibung, die Anerkennung homosexueller Lebensgemeinschaften usw. hinterlassen Spuren.
„Für die Mehrheit [der Deutschen]“, so der Stern in seiner Ausgabe vom 19. Dezember 2001, „haben die zehn biblischen Imperative [die Zehn Gebote] ihre Bedeutung als moralische Verkehrsregelung lange verloren. Mit der Industrialisierung vor anderthalb Jahrhunderten und dem Umbau der Gesellschaft in eine kapitalistische Ordnung hat deren Arbeits- und Leistungsorientierung die Rolle des Sinnstifters und der Werte-Prägung übernommen. Nicht mehr Bewährung vor Gott und Belohnung im Jenseits zählten hinfort, sondern Verdienst und Vergütung auf Erden“ (Seite 57-58).
Als Christen sich auf die Feier des 2000. Jubiläums der Geburt Jesu vorbereiteten, beklagten die römisch-katholischen Bischöfe Europas im Oktober 1999 zum Schluß einer dreiwöchigen Synode „die Gleichgültigkeit so vieler Europäer der Religion gegenüber“. In „der Säkularisierung, die einen großen Anteil der Christen vergiftet“, sahen die Bischöfe „ein gefährliches Signal. Es gibt ein großes Risiko der Entchristianisierung des Kontinents“ (The Christian Science Monitor, „Churches on wane in Europe“, 25. Oktober 1999).
In einer zunehmend liberalen Gesellschaft tragen die Kirchen selbst durch Kompromißbereitschaft nicht nur mit ihren eigenen Traditionen, sondern auch mit klaren biblischen Vorgaben zu den verschwommenen Moralvorstellungen ihrer Gläubigen bei. Als Beispiele seien die Duldung gleichgeschlechtlicher Lebensgemeinschaften, auch unter Geistlichen, und die Einsetzung von Frauen als Gemeindevorsteher genannt.
Unter den liberalen Vordenkern in Nordamerika wird die Meinung vertreten, daß die Probleme der römisch-katholischen Kirche teilweise im Zölibat, der Intoleranz gegenüber der Homosexualität und der Ablehnung der Ordination von Frauen zum Priesteramt zu ergründen sind. Für manche gelten diese Traditionen als Ausdruck eines primitiven Glaubens, die in einer fortschrittlichen Gesellschaft überholt sind. Die Änderungen, die sich einige zur Lösung der Probleme der Kirche in Nordamerika oder Europa vorstellen könnten, wären für Christen in anderen Regionen der Erde verwerflich.
Ein Beispiel für das Nord-Süd-Gefälle in der Bibelauslegung war der Besuch des anglikanischen Erzbischofs für Südostasien, Moses Tay, in Kanada. Zu Beginn der 1990er Jahre reiste Tay von seinem Amtssitz in Singapur aus nach Vancouver. Dort sah er Totempfähle, eine beliebte Touristenattraktion im Westen Kanadas. Für Tay waren sie hingegen Götzen, die in Verbindung mit bösen Geistern standen. Daraus zog er den Schluß, daß die Totempfähle einer Behandlung mit Gebet und Dämonenaustreibung bedurften. Hinsichtlich der Geschichte der Totempfähle hatte Tay recht. „Totem“, ein indianisches Wort mit der Bedeutung „Schutzgeist“ bzw. „Verwandtschaft“, spiegelt die Vorstellung mancher Ureinwohner Kanadas einer mystischen Verwandtschaft und Schicksalsgemeinschaft zwischen Menschen und Naturobjekten wider.
Der anglikanischen Kirche vor Ort war Tays Kommentar peinlich, war sie doch um den Ausbau guter Beziehungen zu den Indianergemeinden bemüht. Darüber hinaus waren manche kanadischen Anglikaner der Meinung, daß Exorzismus ohnehin absurder Aberglaube ist. Wie viele andere liberale Christen Nordamerikas und Europas sind diese Kanadier längst darüber hinweg, „heidnische“ Religionen automatisch als von Dämonen inspiriert abzuqualifizieren.
Für Christen außerhalb des industrialisierten Westens hat die wörtliche Auslegung der Heiligen Schrift hingegen oft einen praktischen Bezug zum täglichen Leben. Jesus verband das Predigen des Evangeliums mit körperlichem Wohlergehen bzw. Wunderheilungen: „Blinde sehen und Lahme gehen, Aussätzige werden rein und Taube hören, Tote stehen auf, und Armen wird das Evangelium gepredigt“ (Matthäus 11,5). Für Regionen in Afrika beispielsweise, in denen Hexerei immer noch praktiziert wird und die hygienischen Bedingungen Krankheiten begünstigen, die im Westen so gut wie besiegt sind, finden dieser Vers und ähnliche Jesusworte großen Anklang. Im Gegenzug stößt der „primitive“ Glaube solcher Christen im Westen oft auf Unverständnis. Der liberale katholische Kommentator James Carroll bemängelt, daß „das Weltchristentum zunehmend unter den Einfluß eines anti-intellektuellen Fundamentalismus gerät“ (The Boston Globe, 4. Juni 2002).
Welche Seite des Nord-Süd-Gefälles im Christentum des 21. Jahrhunderts wird den zukünftigen Kurs dieser Weltreligion bestimmen? Werden es die schnell wachsenden Regionen des Südens mit ihrer konservativen Haltung zur Bibel sein? Oder wird es der säkularisierte, liberale Westen sein?
Droht dem Westen der Verlust seiner Führungsrolle?
Die wachsende zahlenmäßige Überlegenheit konservativer Christen in Afrika, Asien und Lateinamerika gegenüber den Gläubigen in Europa und Nordamerika birgt das Potential einer bevorstehenden Krise im Christentum. Wie kann der Westen – besonders Europa, die Geburtsstätte des institutionalisierten kirchlichen Christentums – seine traditionelle Führungsrolle wahren?
Ist der schwelende Konflikt in der zweitgrößten christlichen Konfession, der anglikanischen Kirche, beispielhaft für die Zukunft der römisch-katholischen Kirche und das Christentum insgesamt? Die anglikanische Kirche ist nämlich ein Mikrokosmos des Nord-Süd-Gefälles, von dem in diesem Artikel die Rede ist. Im Norden tendieren Anglikaner in bezug auf Homosexualität und die Ordination von Frauen als Geistliche zur liberalen Sichtweise. Im Süden bevorzugen Anglikaner im allgemeinen den biblischen Standpunkt in diesen Fragen.
Anläßlich der Lambeth-Konferenz anglikanischer Bischöfe im Sommer 1998 in Canterbury, England, wurde eine Resolution gegen den Widerstand der liberalen Würdenträger verabschiedet, in der die biblisch begründete Unvereinbarkeit einer homosexuellen Lebensweise mit der Ausübung eines geistlichen Amtes bekräftigt wurde. Bei den diversen Abstimmungen erwiesen sich die Bischöfe aus Afrika und Asien als konservativer, monolithischer Block.
Bis zur Mitte dieses Jahrhunderts schätzt man die Zahl der Anglikaner weltweit auf 150 Millionen. Davon wird dann nur noch eine kleine Minderheit weiße Europäer oder Nordamerikaner sein. Schon jetzt gibt es in Nigeria mehr aktive Anglikaner als in irgendeinem anderen Land, einschließlich Großbritannien. Die Reaktion aus Nigeria auf die Entscheidung der Episkopalkirche, des amerikanischen Zweigs des Anglikanismus, Anfang November einen bekennenden Homosexuellen zum Bischof zu weihen, ist deshalb besonders interessant.
„Ich bin den wenigen Amerikanern dankbar, die eine Beteiligung an diesem Übel ablehnen. Mit ihnen werden wir gemeinsam anbeten“, meinte der nigerianische Erzbischof Peter Akinola. „Wir in Afrika“, so Akinola weiter, „ziehen immer den kürzeren. Wir haben menschliche, politische, wirtschaftliche und jetzt religiöse Sklaverei erlebt. Wir sind vorbereitet, nach dem Wort Gottes und nicht nach eurem Wort zu leben: Der Mann soll nicht mit Männern und die Frau nicht mit Frauen schlafen“ (Associated Press-Agenturmeldung vom 29. November 2003).
Der nigerianische Primus drohte, alle Konferenzen zu boykottieren, an denen Vertreter der Episkopalkirche teilnehmen. Er und andere Kirchenführer im „anglikanischen Süden“ erwägen sogar die Gründung eines eigenen anglikanischen Dachverbands. „Solange sie meinen, die Homosexualität sei in Ordnung, kann es so wie bisher nicht weitergehen“, meinte Akinola in einem Interview (ebenda).
Missionierung aus dem Süden?
Reformorientierte Katholiken in der nördlichen Hemisphäre wären gut beraten, die Reaktion konservativer Anglikaner in Nordamerika auf die 1998er Lambeth-Konferenz zu überlegen. Seit 2000 pilgerten einige unzufriedene Episkopalisten nach Singapur, um die anglikanische Kathedrale von Moses Tay zu besuchen. Sie empfingen dort von asiatischen und afrikanischen Prälaten, auch von dem ruandischen Erzbischof Emmanuel Kolini, die anglikanische Bischofsweihe.
Nach anglikanischer Tradition darf ein Erzbischof in seinem Amtsbezirk nach Belieben ordinieren. In diesem Fall sind die neuen konservativen amerikanischen Bischöfe, obwohl sie in verschiedenen Bundesstaaten der USA wohnen und tätig sind, Amtsträger der anglikanischen Provinz Ruanda. Mit anderen Worten: Sie sind als missionarische Bischöfe in den USA tätig, mit dem Auftrag, dort konservative anglikanische Gemeinden zu betreuen.
Sie und ihre konservativ gesinnten Kollegen sind offiziell Teil der anglikanischen Mission in den USA, die beabsichtigt, „die Episkopalkirche zu ihrer biblischen Grundlage zurückzuführen“. Als ihre Ziele nennt die Mission die Wiedereinführung traditioneller Lehren und die Bekämpfung von Ketzerei und der offenen Apostasie der Kirchenführung.
Der ruandische Erzbischof Kolini hat seine Dienste auch unzufriedenen Anglikanern in Vancouver, Kanada, angeboten. Dort war vor fast zwei Jahren eine offene Rebellion ausgebrochen, als von liberaler Seite angeregt wurde, gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaften den offiziellen Segen der Kirche zu erteilen. Sind solche Beispiele ein Hinweis auf die Zukunft des Christentums?
Warnung vor Verführung
Zu Beginn des dritten Jahrtausends nach der Geburt Jesu scheint sich die christliche Religion einem Scheideweg zu nähern. Widersprüchliche Auslegungen der Bibel schaffen Verwirrung und begünstigen Zwietracht und Spaltungen. Wer hat bei gegensätzlichen Standpunkten recht?
Als Jesu Jünger ihn nach dem Zeitpunkt seiner verheißenen Wiederkehr fragten, nannte er mehrere Warnzeichen, auf die wir achten sollen. Wissen Sie, was das erste dieser Zeichen war? Religiöse Verführung im großen Stil, ausgelöst von religiösen Lehrern, die Jesus nachzufolgen behaupten, in Wirklichkeit aber seine Lehren nicht befolgen, sondern die Masse mit einem gefälschten Christentum verführen! „Es werden viele kommen unter meinem Namen und sagen: Ich bin der Christus, und sie werden viele verführen“ (Matthäus 24,5; Hervorhebung durch uns).
Diese Verführung gab es schon zur Zeit der ersten Apostel, wie der Apostel Paulus bestätigt: „Denn solche sind falsche Apostel, betrügerische Arbeiter und verstellen sich als Apostel Christi. Und das ist auch kein Wunder; denn er selbst, der Satan, verstellt sich als Engel des Lichts“ (2. Korinther 11,13-14).
Die Bibel warnt aber besonders vor einem bestimmten religiösen Führer der Endzeit: dem „Menschen der Bosheit“: „Er ist der Widersacher, der sich erhebt über alles, was Gott oder Gottesdienst heißt, so daß er sich in den Tempel Gottes setzt und vorgibt, er sei Gott“ (2. Thessalonicher 2,3-4). Dieser böse Mensch „wird in der Macht des Satans auftreten mit großer Kraft und lügenhaften Zeichen und Wundern“ (Vers 9). Leider werden weltweit Millionen von Menschen seinen Lügen glauben.
In der symbolischen Sprache des biblischen Buchs der Offenbarung wird auch ein endzeitliches „Tier“ beschrieben, das „zwei Hörner [hatte] wie ein Lamm und redete wie ein Drache“ (Offenbarung 13,11). Dieses Tier gibt vor, Jesus Christus – das wahre Lamm Gottes (Vers 8) – zu vertreten, aber in Wirklichkeit ist es in Fragen der Religion Satans Sprachrohr. In Offenbarung 17 wird dieses Tier auch als Hure dargestellt, die einen verrufenen Namen hat: „Das große Babylon, die Mutter der Hurerei und aller Greuel auf Erden“ (Vers 5).
Auf geschickte Art bewahrt die Hure Babylon die heidnischen Geheimnisse – die Grundsätze der alten Religion Babylons – in ihren Traditionen und Doktrinen. In der Zeit unmittelbar vor der prophezeiten Wiederkehr Jesu Christi wird sie diese alten religiösen Bräuche weltweit wieder beliebt machen. Wer ist diese geistliche Hure? „Und die Frau, die du gesehen hast, ist die große Stadt, die die Herrschaft hat über die Könige auf Erden“ (Vers 18). Die alte Stadt Babylon herrschte über umfangreiche Imperien und unterwarf viele Nationen und Könige ihrer Kultur.
Die Prophezeiung offenbart, daß eine moderne Stadt die gleiche Rolle in der Endzeit übernehmen wird. Diese Stadt wird großen Einfluß auf Religion, Politik und Kultur dieser Welt ausüben. Bis diese Hure – „Babylon, die Große“ – von Christus zerstört wird, werden alle Nationen von ihrem Einfluß berührt worden sein: „Denn von dem Zorneswein ihrer Hurerei haben alle Völker getrunken“ (Offenbarung 18,3).
Bei den Veränderungen, die dem Christentum im 21. Jahrhundert bevorstehen, ist Jesu Warnung vor Verführung aktueller denn je. Unsere kostenlose Broschüre Biblische Prophezeiung: Ein Blick in Ihre Zukunft vermittelt Ihnen einen Überblick der Ereignisse, die die Bibel für die Zukunft voraussagt.
Die demographische Verschiebung als Nord-Süd-Gefälle
Man könnte beeindruckt sein, wenn man die Zahl der Christen in Europa hört: ca. 550 Millionen. Das Christentum ist mit Abstand immer noch die Hauptreligion Europas, wenn auch die Zugehörigkeit zur christlichen Religion für manche nur eine Frage des Bekenntnisses und nicht eine Sache der praktischen Glaubensausübung ist. In den traditionell katholischen Ländern wie Irland und Italien besucht knapp die Hälfte der Erwachsenen mindestens einmal im Monat einen Gottesdienst, während in Ländern wie Belgien, Deutschland und Frankreich weniger als zehn Prozent regelmäßig zum Gottesdienst gehen. Es gibt keine Großstadt im Nordwesten Europas, in der auch nur die Hälfte der neugeborenen Kinder getauft wird.
Eine Analyse der Statistiken zeigt, daß das Christentum in Europa den Rückzug bereits angetreten hat. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts waren 95 Prozent der Europäer Christen. 100 Jahre später waren es nur noch ca. 75 Prozent; Tendenz weiter fallend. Europa ist der einzige Kontinent, auf dem die Entwicklung des Christentums rückläufig ist. Der Konsens unter Kennern ist, daß sich das Tempo in den letzten Jahrzehnten beschleunigt hat. „Das Leben in den Pfarrkirchen ist grundsätzlich tot“, räumte ein Vertreter des Vatikans gegenüber der Zeitschrift TIME Europe ein („Oh Father, Where Art Thou?“, 16. Juni 2003).
Seit 1980 ist die Anzahl der Bevölkerung, die sich zu einer Mitgliedschaft in einer christlichen Konfession bekennt, um 20 Prozent in Belgien, um 18 Prozent in den Niederlanden und um 16 Prozent in Frankreich gefallen. Die römisch-katholische Kirche, die größte Konfession des Kontinents, bleibt von dieser Entwicklung nicht unbetroffen. Europa ist derzeit der einzige Kontinent, auf dem sich die Anzahl der Katholiken reduziert.
Das Wachstum des Christentums weltweit ist allein auf die Entwicklung in den Gebieten außerhalb Europas und Nordamerikas zurückzuführen. Während die Zahl der Christen in Europa rückläufig und in Nordamerika zur Zeit gleichbleibend ist, boomt das Christentum in Afrika, Asien und Lateinamerika.
Den 810 Millionen Christen in Europa und Nordamerika stehen insgesamt ca. 1,153 Milliarden Christen in diesen südlichen Regionen gegenüber. Davon entfallen 480 Millionen auf Lateinamerika, 360 Millionen auf Afrika und 313 Millionen auf Asien. Diese Statistik gibt ein leicht verzerrtes Bild wider, da die Zahl der Christen in Europa bzw. Nordamerika ohne Einwanderung aus den südlichen Regionen geringer ausfallen würde.
Die demographische Verschiebung im Christentum als Nord-Süd-Gefälle läßt sich am deutlichsten durch Statistiken für die größte Konfession des Christentums aufzeigen, die römisch-katholische Kirche. Europa stellt 26 Prozent der Katholiken weltweit, und in Amerika – nach der Zählweise des Vatikans sind das Nord- und Südamerika zusammen – leben derzeit 50 Prozent aller Katholiken. Davon entfallen ca. 75 Millionen auf Kanada und die USA, und die anderen 475 Millionen in Amerika leben südlich der amerikanisch-mexikanischen Grenze. In dieser Region steht Brasilien an der Spitze aller Länder weltweit mit den meisten Katholiken: 133 Millionen. In Brasilien und den spanischsprechenden Ländern Amerikas leben 70 Prozent mehr Katholiken als in ganz Europa!
Vor 50 Jahren war Afrika mit ca. 16 Millionen Katholiken vertreten; heute sind es 120 Millionen, und die Zahl für das Jahr 2025 wird auf 225 Millionen geschätzt. Die World Christian Encyclopedia prognostiziert, daß bis 2025 fast drei Viertel aller Katholiken in Afrika, Asien und Lateinamerika leben werden. Bereits 1998 fanden 78 Prozent der weltweit verzeichneten 18 Millionen katholischen Taufen in diesen drei Regionen statt. Die jährliche Zahl der Taufen allein in den Philippinen übersteigt bereits die Zahl der Taufen in Frankreich, Italien, Polen und Spanien zusammengerechnet.