Von der Redaktion

Im September 2006 sorgte Papst Benedikt XVI. für Spannungen im Verhältnis seiner Kirche zum Islam, als er in einer in Regensburg gehaltenen Rede einen byzantinischen Kaiser mit den Worten zitierte, der Islam sei eine intolerante und gewalttätige Religion. Zum Jahresende griff der Papst das Thema in einer Botschaft erneut auf. Christen fühlten sich mit all denjenigen Muslimen verbunden, so der Papst, die wegen religiöser Überzeugung Gewalt ablehnten.

Die klare Stellungnahme des Papstes gegen die Gewalt als Ausdruck religiöser Überzeugung bestätigt die vorsichtige Stellungnahme der Londoner Times zur Wahl von Josef Kardinal Ratzinger zum Papst. Für die Times war Ratzinger gerade aufgrund seiner deutschen Biografie geeignet als Wächter und Verkünder des Glaubens: „Ratzinger wurde in die Weimarer Republik hineingeboren, die zusammenbrach, weil sie ihren moralischen Relativismus extrem auslebte und schließlich vor den säkularen Ideologien von rechts und links kapitulierte“ (19. April 2005).

Die mahnenden Worte des Papstes verneinen die Rechtfertigung der Gewalt für religiöse Zwecke. In den ersten drei Jahrhunderten n. Chr. war die Idee, dass die Anwendung von Gewalt gerecht sein könne, unter Christen nicht verbreitet. Leider fehlte diese Einsicht in der Zeit des Staatschristentums nach Kaiser Konstantin. Als Kaiser Konstantin im Jahre 325 n. Chr. zur römischen Kirche konvertierte, wurden die religiöse und die staatliche Macht zusehends fester miteinander verbunden. Die weltliche Gewalt und die Staatskirche hatten fortan ein gemeinsames Reich zu verteidigen. Die Sichtweise setzte sich durch, dass Christen zu den Waffen greifen dürfen, um für Kaiser und Kirche zu kämpfen.

Der britische Historiker Paul Johnson, nach eigenen Angaben gläubiger Katholik, beschreibt, wie diese Idee in seine Kirche und später in die protestantischen Kirchen Einzug hielt. Johnson führt die Lehre der gerechtfertigten Gewalt von Christen gegenüber anderen auf Augustinus zurück, Bischof und Theologe des vierten Jahrhunderts n. Chr.

„Aus der Sicht Augustinus’ konnte Krieg geführt werden, unter dem Vorbehalt, dass es durch den Befehl Gottes geschah ... Gewalt konnte nicht nur gerechtfertigt werden: Sie war besonders lobenswert, wenn sie gegen diejenigen gerichtet wurde, die einen anderen Glauben (oder keinen) hatten. Die Kirche des dunklen Zeitalters betrieb nur die Weiterentwicklung der Lehren des Augustinus. Leo IV. sagte, dass jeder, der im Kampf zur Verteidigung der Kirche starb, einen himmlischen Lohn erhalten würde. Johannes VIII. lehrte, dass eine solche Person sogar zum Märtyrer aufsteigen würde“ (Paul Johnson, A History of Christianity, Penguin Books, 1976, Seite 241-242).

Beurteilte Jesus Christus so das sechste Gebot, nicht zu morden? Er erklärte ganz deutlich in Matthäus 5, Verse 43-44: „Ihr habt gehört, dass gesagt ist: Du sollst deinen Nächsten lieben und deinen Feind hassen. Ich aber sage euch: Liebt eure Feinde [nicht, tötet sie] und bittet für die, die euch verfolgen.“ Über die Jahrhunderte hinweg blieben mutige Christen diesem Gebot ihres Herrn treu, trotz Verfolgung und der oft damit verbundenen Todesgefahr.

Die Worte von Benedikt XVI. zur religiös motivierten Gewalt sind zu begrüßen, spiegeln sie doch einen Grundsatz des Urchristentums wider.