Eine weitreichende Verschiebung der Machtverhältnisse im weltweiten Finanzsystem steht bevor. Dabei werden die USA ihren Status als finanzielle Supermacht zugunsten Europas und Asiens einbüßen.
Von Paul Kieffer
Vor nur fünf Jahren wären solche Sätze, von einem Mitglied der deutschen Bundesregierung als Teil einer Grundsatzrede im Deutschen Bundestag gegeben, unvorstellbar gewesen. Ende September nahm Bundesfinanzminister Peer Steinbrück zur weltweiten Finanzkrise Stellung. Für ihn sind die USA „der Ursprungsort und der eindeutige Schwerpunkt der Krise“. Obwohl die mittel- und langfristigen Folgen der Krise nach Meinung Steinbrücks noch nicht abzusehen seien, prophezeite der Chef des Finanzressorts, dass die USA „ihren Status als Supermacht des Weltfinanzsystems verlieren“ werden.
Das Urteil über die USA als Auslöser der Turbulenzen auf den Finanzmärkten bedurfte keiner besonderen Einsichten. Das dritte Quartal des Jahres 2008 – und im Besonderen der Monat September – wird wohl als eines der denkwürdigsten Kapitel in die Geschichte des modernen Finanzwesens eingehen. Innerhalb von nur 30 Tagen wurde die Welt Zeuge mehrerer besorgniserregender Entwicklungen in Amerika:
• Das amerikanische Finanzministerium verstaatlichte die großen Hypothekenbanken Fannie Mae und Freddie Mac.
• Die Investmentbank Lehman Brothers meldete Insolvenz an und wurde mit Einlagen von 600 Milliarden US-Dollar zur größten Pleite in der amerikanischen Geschichte. Von der Insolvenz sind auch deutsche Institutionen betroffen, beispielsweise die Postbank, diverse Krankenkassen und die deutsche Rentenversicherung, die alle Geld bei Lehman Brothers angelegt hatten.
• Die Investmenthäuser Goldman Sachs und Morgan Stanley beantragten die Genehmigung als kommerzielle Banken, um sich die Teilnahme am Sicherungsfonds für Einlagen zu ermöglichen. Damit werden sie sich erstmals freiwillig der Aufsicht der US-Notenbank unterstellen.
• Im Eilverfahren genehmigten beide Häuser des US-Kongresses einen Rettungsplan für das angeschlagene Finanzsystem in Höhe von 700 Milliarden US-Dollar.
Die US-Finanzkrise hat sich „weltweit wie ein giftiger Ölteppich ausgebreitet“, so Finanzminister Steinbrück. Zwischenzeitlich haben die EU und mehrere westliche Länder eigene Hilfsmaßnahmen eingeleitet. Der vom deutschen Bundestag beschlossene Rettungsfonds ist, in seinem Volumen proportional gesehen, sogar noch größer als das US-Rettungspaket.
Eine Folge der weltweiten Finanzkrise ist bereits abzusehen: „Die Welt wird nicht wieder so werden wie vor dieser Krise“, prophezeite Peer Steinbrück. Die Europäische Union und Asien drängen auf eine Neuordnung des Finanzsystems und darauf, dem Internationalen Währungsfonds Kompetenzen zur Überwachung und Reglementierung der Finanzmärkte zu übertragen. US-Präsident Bush meinte dagegen, die Finanzmärkte sollten frei und offen bleiben und sich selbst reglementieren.
Aber genau das hat bei der jetzigen Krise nicht funktioniert, wie der ehemalige US-Notenbankchef Alan Greenspan Ende Oktober bei einer Anhörung vor dem US-Kongress zugeben musste. Greenspan gilt seit 40 Jahren als leidenschaftlicher Verfechter offener Kapitalmärkte. „Mit meiner Annahme, dass das Eigeninteresse von Organisationen – besonders Banken und anderen Finanzhäusern – ausreiche, um ihre Aktionäre und eigenen Beteiligungen an den Firmen zu schützen, machte ich einen Fehler“, räumte Greenspan ein.
Was Greenspan falsch einschätzte, war die Maßlosigkeit der menschlichen Natur, sobald sich eine Gelegenheit zur Selbstbereicherung bietet. Abgesehen davon zeichnet sich schon seit Jahren der bevorstehende Niedergang der USA als Finanzplatz durch Amerikas verantwortungsloses finanzielles Gebaren ab.
Geopolitische Machtverschiebung
Es ist verständlich, wenn der „kleine“ Anleger bei den Finanzturbulenzen der letzten Wochen sein Augenmerk auf seine Einlagen richtet. Die teils chaotischen Verhältnisse an den internationalen Finanzmärkten sind jedoch mehr als nur eine Finanzkrise. Sie signalisieren eine bevorstehende unwiderrufliche Verschiebung globaler Machtverhältnisse. Sie läuten das Ende des Zeitalters der globalen Dominanz Amerikas ein, die mit seinem Sieg im Zweiten Weltkrieg begonnen hatte.
Das Ansehen der USA – durch den Irakkrieg bereits stark gebeutelt – erleidet jetzt einen nicht wiedergutzumachenden Schaden. Der Eingriff in das amerikanische Wirtschaftssystem und die Verstaatlichung wichtiger Finanzinstitute straft das Vertrauen in eine unkontrollierte Marktwirtschaft Lügen. Eigentlich wird eine Regierungsphilosophie als unpraktikabel entlarvt, ähnlich dem Versagen des sowjetischen Modells.
Wie Schulmeister in Wirtschaftsfragen traten die Amerikaner oft auf. In Washington hat eine Administration nach der anderen verschiedensten Ländern die Notwendigkeit gesunder Staatsfinanzen eingeschärft. Durch den übermächtigen Einfluss der USA auf den Internationalen Währungsfonds mussten Argentinien, Indonesien und Thailand Rezessionen hinnehmen, als der IWF sie zur Kürzung ihrer Staatsausgaben bewegte.
Leider befolgten die Amerikaner ihren eigenen Rat nicht. Steuersenkungen in den USA und die wachsenden Militärausgaben wurden durch eine beispiellose Staatsverschuldung finanziert. Ende September 2008 betrug die Staatsverschuldung der US-Bundesregierung erstmalig mehr als zehn Billionen US-Dollar. Rechnet man die noch ungesicherte Finanzierung der Verpflichtungen für Sozialprogramme hinzu, steht der amerikanische Staat mit fast 60 Billionen US-Dollar in der Kreide.
Früher wurden Sorgen um die zunehmende Verschuldung Amerikas mit dem Argument entkräftet, dass die Gläubiger größtenteils Amerikaner waren. Heute wird das Haushaltsdefizit der amerikanischen Regierung zu 25 Prozent durch den Erwerb der Staatsanleihen von Ausländern finanziert. Dieser Anteil hat sich in nur 20 Jahren knapp verdoppelt, Tendenz weiter steigend. Warum? Die Sparquote der Amerikaner ist auf einem historischen Tiefstand und zurzeit sogar negativ: Der durchschnittliche Konsument in den USA spart nichts, sondern gibt jährlich mehr aus, als er einnimmt.
Das US-Rettungspaket wird unausweichlich zu einer Zunahme der Staatsverschuldung führen, die wiederum zu einem erheblichen Teil von Ausländern finanziert werden muss. Dazu gehört die Volksrepublik China, die Amerikas jahrelange Belehrungen über die Unzulänglichkeiten der chinesischen Wirtschaft größtenteils ignoriert hat. Mit der Folge, dass heute die chinesischen Banken nicht vor dem Aus stehen.
Werden China und andere Länder wie Russland und die Ölstaaten am Persischen Golf, die in den letzten Jahren amerikanische Staatsanleihen in großem Umfang kauften, weiterhin den US-Dollar als Weltleitwährung stützen? Oder wird die gegenwärtige Finanzkrise eine Gelegenheit bieten, das ökonomische Machtverhältnis zu ihren Gunsten zu verändern? Auf jeden Fall können die Amerikaner die Entwicklung nicht mehr selbstherrlich steuern. Das Ruder ist ihnen aus den Händen geglitten, und sie können eine Lösung nur gemeinsam mit anderen Ländern bzw. Mächten finden.
Die nationale Schuldenfalle
Steht der Kollaps der amerikanischen Wirtschaft unmittelbar bevor? Nein, die USA werden vorerst die größte Volkswirtschaft der Welt bleiben. Doch das Schicksal von Weltreichen hängt oft von dem Zusammenspiel zwischen Krieg und Staatsverschuldung ab. Das britische Weltreich litt unter der finanziellen Last seiner Kolonialkriege des 19. Jahrhunderts und Ersten Weltkriegs zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Das sowjetische Militärabenteuer in Afghanistan und der Versuch, dem technisch nicht ausgereiften, aber medienwirksamen „Krieg der Sterne“ des US-Präsidenten Reagan entgegenzuwirken, belasteten die sowjetische Wirtschaft schwer und trugen gemeinsam mit anderen Faktoren letztendlich zum Kollaps der Sowjetunion bei.
Das Zusammenwirken von Krieg und Schulden wird die USA nicht verschonen. Seit dem Engagement Amerikas im Irak vor fünf Jahren hat die Staatsverschuldung Amerikas jährlich um ca. 500 Milliarden US-Dollar zugenommen. Auch ohne die gegenwärtige Krise hätte diese Entwicklung Amerikas Vormachtstellung als Finanzplatz gefährdet. Zurzeit stellt die öffentliche Staatsverschuldung in den USA ca. 37 Prozent des jährlichen Bruttoinlandsprodukts dar. Kommen die Schulden hinzu, die die Regierung sich selbst schuldet, erhöht sich der Prozentsatz auf 65 Prozent. Das ist doppelt so hoch wie zum Ende des Zweiten Weltkriegs, den die USA als den bisher teuersten Krieg ihrer Geschichte größtenteils durch den Verkauf von Staatsanleihen an die eigenen Bürger finanziert hatten. Zum Vergleich steht der Prozentsatz für die Volksrepublik China zurzeit bei nur ca. 19 Prozent.
Rechnet man die gegenwärtigen Trends unter Berücksichtigung der gesetzlich vorgeschriebenen Mehrausgaben bei den staatlichen Versicherungen auf das Jahr 2040 hoch, steigt das Verhältnis der Gesamtverschuldung der USA zum Bruttoinlandsprodukt auf über 200 Prozent. „Wer wird uns dann noch Geld leihen?“ fragt der amerikanische Finanzexperte David Walker.
Laut Sprüche 22, Vers 7 ist der Schuldner von seinen Gläubigern abhängig: „Der Reiche hat die Armen in seiner Hand; denn wer sich Geld leiht, ist abhängig von seinem Gläubiger“ („Hoffnung für alle“-Übersetzung; Hervorhebung durch uns). Mit ihren wachsenden Haushaltsdefiziten und der zunehmenden privaten Verschuldung ihrer Bürger wird dieses biblische Prinzip die USA früher oder später treffen.
Wussten Sie, dass die Prophezeiungen der Bibel für die Zeit kurz vor Jesu Christi Rückkehr eine Verschiebung der globalen Machtverhältnisse andeuten? Der Aufstieg neuer Regionalmächte in Europa und Asien lässt sich aus den Vorhersagen der Bibel ableiten. Darüber hinaus sagen sie im Gegenzug den Niedergang der vom Mutterland Großbritannien abstammenden englischsprachigen Nationen voraus – die USA eingeschlossen.
Ohne ein fundiertes Verständnis der biblischen Prophetie werden die meisten Menschen von dieser Zukunft völlig überrascht werden. Deshalb empfehlen wir Ihnen unsere kostenlose Broschüre Amerika und Großbritannien: Was sagt die Bibel über ihre Zukunft?, die wir Ihnen auf Anfrage gern zusenden.
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