Die Vorstellung einer friedlichen Welt hat die menschliche Fantasie seit Jahrhunderten beschäftigt. Es gab schon viele Versuche, eine utopische Gesellschaft zu gründen. Eines Tages kommt doch eine utopische Welt.
Von Darris McNeely
In den 1880er Jahren hat der Autor und Sozialreformer Thomas Hughes in den Wäldern des östlichen Tennessee in Amerika eine experimentelle Kolonie namens Rugby gegründet.
Es war ein Ort, an dem Hughes’ Vorstellungen von einer gleichberechtigten Gesellschaft verwirklicht werden konnten. Es sollte keine Klassenunterschiede wie in England geben. In Rugby konnten Männer und Frauen durch landwirtschaftliche und handwerkliche Projekte ihr Potenzial in einer geplanten Gemeinschaft verwirklichen.
Gebäude wurden errichtet. Ein Gasthof wurde gebaut. Hunderte Anhänger aus England und Amerika zog es zu dem wachsenden Ort. In der Wildnis von Tennessee entstand ein kleines Stück England, aber ohne die Klassenunterschiede. Eine Zeit lang hat eine aufblühende Gemeinde weltweit mit der Idee Aufmerksamkeit erregt, dass eine geplante Gemeinschaft eine kleine utopische Welt schaffen könnte. Rugby wurde sogar das „Neue Jerusalem“ genannt.
Leider konnte Rugby nicht auf Dauer bestehen. Nach einem Jahr brach Typhus aus und forderte das Leben mehrerer Einwohner. Im Laufe der Zeit zogen sich die finanziellen Sponsoren zurück, die Wirtschaft war Veränderungen unterworfen und harte Winter entmutigten die Menschen. Der Gasthof brannte ab und wurde nicht wieder errichtet. Allmählich nahmen das Geld, der Eifer und die Menschenanzahl ab. Es blieben nur wenige übrig, die den Traum weiter aufrechterhielten.
Man kann Rugby noch heute besuchen, wie ich das vor einigen Jahren getan habe, und die historischen Überreste eines weiteren Versuchs besichtigen, eine Gemeinschaft auf sozialen Idealen zu gründen. Rugby ist eine von vielen solcher Gemeinden, die mit dem Ziel gegründet wurden, soziale Veränderungen zu bewirken, die ein Utopia hervorbringen würden, einen Ort der Gerechtigkeit und des Friedens für alle. Das Problem bei all diesen Versuchen ist, dass sie nicht erfolgreich waren. Früher oder später mussten sie sich der Realität der Welt stellen, um zu überleben. Die wahre Welt ist grausam und unbeugsam, was solche Bemühungen anbelangt.
Ganz gleich wie edel diese Bemühungen gewesen sein mögen, das Ganze hat nie funktioniert. Damit ist nicht gesagt, dass solche Bemühungen, Frieden und Gerechtigkeit zu bewirken, geringschätzig beurteilt werden sollten. Aber die nackte Realität der Geschichte zeigt, dass der Mensch nicht in der Lage ist, „das friedliche Reich“ zu schaffen.
Die Verheißung der Propheten
In den Büchern des Alten Testaments können wir Prophezeiungen über eine Zeit lesen, in der Frieden die Straßen von Jerusalem als Teil eines israelitischen Königreichs, das von einem Nachkommen Davids regiert wird, überfluten wird. Diese Bibelstellen haben über Jahrhunderte die Hoffnung der Juden genährt, dass sie eine Wiederherstellung ihres Königreiches erleben würden. Es ist prophezeit, dass sich der Friede von Jerusalem über die ganze Welt ausbreiten würde. Wir sehen zum Beispiel den Kern dieser Verheißung im Buch Jesaja:
„Es wird zur letzten Zeit der Berg, da des Herrn Haus ist, fest stehen, höher als alle Berge und über alle Hügel erhaben, und alle Heiden werden herzulaufen, und viele Völker werden hingehen und sagen: Kommt, lasst uns auf den Berg des Herrn gehen, zum Hause des Gottes Jakobs, dass er uns lehre seine Wege und wir wandeln auf seinen Steigen! Denn von Zion wird Weisung ausgehen und des Herrn Wort von Jerusalem. Und er wird richten unter den Heiden und zurechtweisen viele Völker. Da werden sie ihre Schwerter zu Pflugscharen und ihre Spieße zu Sicheln machen. Denn es wird kein Volk wider das andere das Schwert erheben, und sie werden hinfort nicht mehr lernen, Krieg zu führen“ (Jesaja 2,2-4).
An einer anderen Stelle beschreibt der Prophet eine einprägsame Szene von Frieden und Harmonie. Nicht nur die Juden haben aus diesen Bildern Hoffnung gewonnen, sondern auch zahllose andere haben sich im Lauf der Jahrhunderte nach dem Leben gesehnt, das hier dargestellt wird: „Da werden die Wölfe bei den Lämmern wohnen und die Panther bei den Böcken lagern. Ein kleiner Knabe wird Kälber und junge Löwen und Mastvieh miteinander treiben. Kühe und Bären werden zusammen weiden, dass ihre Jungen beieinander liegen, und Löwen werden Stroh fressen wie die Rinder. Und ein Säugling wird spielen am Loch der Otter, und ein entwöhntes Kind wird seine Hand stecken in die Höhle der Natter. Man wird nirgends Sünde tun noch freveln auf meinem ganzen heiligen Berge“ (Jesaja 11,6-9).
Diese Prophezeiungen sind zur Zeit Jesajas nie in Erfüllung gegangen; sie waren für eine spätere Zeit nach Christi Wiederkehr bestimmt. Jerusalem fiel den Babyloniern um das Jahr 587 v. Chr. in die Hände. Der letzte König wurde zusammen mit dem Großteil seiner Untertanen ins Exil nach Babylon verschleppt. Siebzig Jahre später wurde es einer Gruppe von Juden im Rahmen der Erfüllung einer Prophezeiung Jeremias gestattet, in die Stadt zurückzukehren und mit dem Wiederaufbau zu beginnen.
Für diese und nachfolgende Generationen begannen die Prophezeiungen Jesajas, Hesekiels und anderer Propheten eine neue Bedeutung zu gewinnen. Sie hofften, dass Gott seine Verheißung erfüllen würde – dass eines Tages das Königreich Israel wiedererrichtet werden würde. Im Laufe der Generationen hat diese Hoffnung auf den Messias zugenommen. Mit jeder Generation änderte sich die Vision von diesem Königreich, bis sie kaum noch Gemeinsamkeiten mit der Botschaft der Propheten hatte.
Manchmal griffen Männer zu den Waffen, um das Joch einer Fremdherrschaft abzuschütteln, und das Volk hoffte vergeblich, dass ihr „Messias“ erschienen wäre. Im zweiten Jahrhundert v. Chr. rebellierten die Juden gegen die griechisch-syrische Herrschaft und gewannen vorübergehend ihre Unabhängigkeit. Aber nicht lange danach wurden die Hoffnungen auf eine nationale Restauration durch die Einverleibung des Landes durch das Römische Reich zunichte gemacht. Kein Führer, egal wie kompetent oder großartig, war in der Lage, die Verheißungen der Propheten zur Erfüllung zu bringen.
Der Auftrag Jesu Christi
Als Jesus Christus kam, um das Reich Gottes anzukündigen (Markus 1,14-15), zogen seine Lehren und die von ihm gewirkten Wunder bald eine Anhängerschaft an. Einige der Juden wollten ihn zu ihrem König machen (Johannes 6,15). Aber sein erstes Kommen war nicht die Zeit, zu der Gottes Reich in Israel wieder errichtet werden würde. Den Juden fiel es nicht leicht, das zu verstehen, obwohl Jesus ihnen sagte, dass das langersehnte Königreich, die Zeit der Wiederherstellung, nicht zu diesem Zeitpunkt kommen würde (Lukas 19,11).
Sein Tod zerstörte die Hoffnung vieler. Nur wenige außer seinen direkten Jüngern blieben treu in der Zeit nach seinem Tod. Die gängige Meinung war, dass ein Mann, der den schändlichen Tod durch eine Kreuzigung erlitten hatte, nicht der Messias sein konnte. Erneut wurden die Verheißung und der Traum des Königreiches nicht erfüllt.
Christi erstes Kommen legte aber nur die Grundlage für die Ereignisse, die zur Erfüllung des verheißenen Reiches führen würden. Die Erfüllung der alten Prophezeiungen würde zu einer zukünftigen Zeit erfolgen.
Es fiel den Gläubigen und Ungläubigen zur Zeit von Christi erstem Kommen schwer, diese Sichtweise zu verstehen. Christi Gleichnisse vom Reich Gottes waren dergestalt, dass die Menschen nicht in der Lage waren, ihre volle Bedeutung zu verstehen (Matthäus 13,11) – eine Situation, die bis heute ihre Gültigkeit hat. Das führte zu weiteren unvermeidlichen Missverständnissen, als die Zeit nach der Gründung der Kirche verging und kein Reich in Erscheinung trat.
Der Apostel Petrus sprach diesen Umstand gegen Ende seines Lebens in seinen Briefen an. Er teilte Mitgliedern der Kirche mit, dass er und sie sterben würden, ohne jemals das Reich gesehen zu haben (2. Petrus 1,14-15). Aber Petrus’ Hoffnung schwand damit nicht, denn er hatte persönlich die Herrlichkeit des Königs dieses Reiches gesehen (Vers 16; Matthäus 17,1-2). Die Worte Petrus’ weisen uns auf die Zukunft hin, auf den Tag des Herrn und die Zeit eines neuen Himmels und einer neuen Erde (2. Petrus 3,10-13).
Jesu Christi Herrschaft auf Erden
Die Visionen des Apostels Johannes von der Endzeit ergänzten die Visionen der Propheten. Johannes prophezeite Jesu tausendjährige Herrschaft auf Erden (Offenbarung 20,4). Der Begriff Millennium bezieht sich auf diese kommende Zeit des Friedens und der Gerechtigkeit unter der Herrschaft Christi. Alle anderen Formen menschlicher Regierungen werden dann abgelöst (Offenbarung 11,15).
Jesu Herrschaft auf Erden wird in der Bibel schrittweise offenbart und vermittelt uns klar Gottes Absicht, unseren Planeten wiederherzustellen – eine Zeit, in der Jesu Herrschaft und Regierung weltumfassend sein werden. Diverse Bibelstellen ergänzen das Bild von dem, was kommen wird.
Sie zeigen uns, dass der Mensch nicht mehr länger kriegerische Verhaltensweisen erlernen oder praktizieren wird. Den Nationen wird eine Kultur beigebracht werden, die auf den ewigen Gesetzen Gottes fußt – dem Weg der Liebe anderen Menschen gegenüber. Das Ergebnis wird eine Abfolge von Generationen sein, die Gleichheit und Gerechtigkeit ausüben. Die ökonomischen Grundsätze werden nachhaltige Märkte schaffen, die nicht weiterhin zyklischen Höhen und Tiefen, wie wir sie heute erleben, zum Opfer fallen werden.
Die Bibel offenbart Festtage, die Jesu wahren Nachfolgern diese Zukunftsvision einprägen. Sie können mehr über diese Feste in unserer Broschüre Gottes Festtage – Der Plan Gottes für die Menschen erfahren. Gottes Feste sind auf Christus ausgerichtet und weisen auf die Zeit hin, wenn er als König aller Könige und Herr aller Herren auf Erden regieren wird.
Nicht durch Macht . . .
Gottes Reich wird nicht durch die Macht oder Stärke irgendeines Menschen kommen. Das ist die unvermeidliche Schlussfolgerung, die wir aus der Bibel und der Geschichte ziehen müssen. Die besten Bemühungen der menschlichen Gesellschaft haben darin versagt, etwas zu schaffen, was dem prophezeiten Reich auch nur nahekommt, und werden immer darin versagen.
Die menschliche Natur ist unfähig, ein langfristig gerechtes System zu errichten. Nur ein göttliches Eingreifen kann die Vision zur Erfüllung bringen, die die Bibel von Gottes Reich vermittelt. Gott bestätigt dies in einfacher, aber machtvoller Sprache: „So lautet das Wort des Herrn an Serubbabel: Nicht durch Macht, nicht durch Kraft, allein durch meinen Geist! – spricht der Herr der Heere“ (Sacharja 4,6; Einheitsübersetzung).
Der Autor Norman Podhoretz schrieb ein Buch mit dem Titel Three Prophets: Who They Were and What They Are. Eine seiner Schlussfolgerungen über die Visionen der Propheten war sehr tiefgründig. Er stellte die Spekulation an, dass Jesajas Visionen über Schwerter, die zu Pflugscharen gemacht werden, zu dem einflussreichsten gehört, was in der westlichen Literatur verfasst wurde, und „turbulente moralisch und politisch ehrgeizige Bestrebungen“ nach sich gezogen hat.
„Was die Vision von einer perfekten Welt anbelangt“, fuhr er fort, „meine ich Folgendes: Wenn jemand an Gott glaubt, dann kann er – ja in der Tat muss er – akzeptieren, dass es in seiner Macht liegt, eine solche wundersame Transformation am Ende der Zeit herbeizuführen. Wenn man aber an Gott glaubt, dann muss man auch ebenso akzeptieren, dass es nur in seiner Macht liegt, diese Wunder zu bewirken, und nicht in der Macht von Sterblichen, wie wir es sind“ (2002, Seite 324).
Wir brauchen nicht auf Menschen zu warten, wenn es darum geht, das „friedliche Reich“ zu schaffen. Gottes direktes Eingreifen in menschliche Angelegenheiten wird das langersehnte Paradies bringen. Jesus wies uns an, dafür zu beten: „Dein Reich komme!“