In manchen Ländern zerbricht die Hälfte aller Ehen. Es ist offensichtlich, dass manche Ehepaare in Schwierigkeiten stecken. Leider kommt hinzu, dass der Stress des täglichen Lebens zunimmt. Welchem Druck sind viele Ehepaare heute ausgesetzt? Was können Sie tun, um diesen so zu meistern, dass Ihre Ehe überlebt?
Von Paul Kieffer
Meine Mutter heiratete in der Zeit der großen Depression der 1930er Jahre. Diese Zeit in ihrem Leben hat sie stark geprägt. Deshalb schärfte sie mir und meinen Geschwistern immer wieder die Notwendigkeit der Sparsamkeit ein. „Das waren stressige Zeiten für mich und deinen Vater“, erzählte sie mir mehr als einmal.
Wie viele andere damals machten sich meine Eltern Sorgen über ihre Finanzen bzw. darüber, ob mein Vater seinen Arbeitsplatz behalten würde. In der Tat war er dann zwei Jahre lang arbeitslos. Als ihre Ersparnisse aufgebraucht waren, war unsere Familie auf die Hilfe von Verwandten angewiesen. Die Unterstützung wurde als Darlehen gewährt, und meine Mutter erzählte mir stolz, wie sie und mein Vater später jeden geliehenen Cent zurückgezahlt haben.
Finanzielle Sorgen waren nicht das einzige Problem, das sie erlebten. Gerade dann, als meine Eltern finanziell wieder Fuß fassten, verlor meine Mutter ein Kind bei der Geburt. Wie alle Ehepaare hatten meine Eltern auch manchmal unterschiedliche Vorstellungen darüber, wie das Geld ausgegeben werden oder ihre Kinder aufgezogen werden sollten. Doch sie blieben bis zum Tod meines Vaters zusammen, und vor ihrem Tod erzählte mir meine Mutter einmal, sie würde, wenn sie alles noch einmal zu entscheiden hätte, meinem Vater wieder das Jawort geben.
In schwierigen Zeiten zusammenhalten
Ich werde diese Gespräche mit meiner Mutter nie vergessen. Damit vermittelte sie mir unbewusst, dass es in jeder Ehe schwierige Zeiten gibt. Aber auch wenn sie offen über die Herausforderungen redete, die sie in ihrer Ehe erlebte, war es für sie keine Frage, dass sie und mein Vater in guten und schlechten Zeiten zusammenhalten würden.
Wahrscheinlich haben alle Eheleute, die eine Zeit lang verheiratet sind, ihre eigenen Geschichten über schwierige Zeiten, die sie durchgemacht haben. In gewisser Weise ist das nichts Neues. Ehepartner hatten immer mit Schwierigkeiten fertig zu werden, die ihre Beziehung in Mitleidenschaft zogen.
Psychologen nennen diese Schwierigkeiten eheliche Stressoren. Einfach gesagt ist ein ehelicher Stressor jede Art von äußerlichem Einfluss, äußerlichen Umständen oder Ereignissen, die eine Ehe beanspruchen oder bedrohen. Das kann zu Spannungen und Konflikten zwischen den Ehepartnern führen und sogar Verbitterung bewirken, die eine Beziehung dann zerstören kann. Es gibt aber auch subtilere Auswirkungen. Manche eheliche Stressoren führen dazu, dass Mann und Frau sich allmählich fremd werden, obwohl es nur wenige oder gar keine Konflikte zwischen den beiden gibt.
Übliche eheliche Stressoren sind finanzielle Probleme, Arbeitslosigkeit, Intimprobleme, Untreue, unterschiedliche Ansichten über die Kindererziehung, chronische Erkrankungen eines abhängigen Familienmitglieds, der Tod eines Kindes und Auseinandersetzungen mit angeheirateten Verwandten. Diese Aspekte sind schon seit langer Zeit als mögliche Ursachen von Spannungen zwischen Eheleuten bekannt.
Viele Paare haben auch heute sicher mit den gleichen Problemen zu kämpfen. Zusätzlich waren einige neue Bedrohungen der Ehe vor einer oder zwei Generationen nicht vorhanden oder zumindest nicht in dem Ausmaß oder auf die gleiche Weise, wie sie es heute sind. Insgesamt ist das eine lange Liste! Natürlich kann nicht jede mögliche Ursache für ehelichen Stress in einem einzigen Artikel behandelt werden. Es gibt aber bestimmte Probleme, die professionelle Ehetherapeuten bei ihrer täglichen Arbeit immer wieder sehen. Sehen wir uns einmal an, was sie für die größten Belastungen für heutige Ehen halten.
Finanzielle Probleme und Arbeitslosigkeit
Selbst in guten wirtschaftlichen Zeiten kann Geld eine wesentliche Ursache für ehelichen Unfrieden sein. Paare streiten sich darüber, wie das Geld ausgegeben werden und wie sich jeder am Haushaltsbudget beteiligen soll. Doch bei einer schlechten Wirtschaftslage, wie wir sie zurzeit erleben, stehen viele Ehepaare unter noch mehr finanziellem Druck, der die eheliche Beziehung zusätzlich belastet.
„Oft ist ein Ehepartner ein Sparer und der andere neigt dazu, zu viel auszugeben. Das kann zu sehr vielen Konflikten führen, vor allem in mageren finanziellen Zeiten, wenn Paare geringere finanzielle Rücklagen haben“, sagt Dr. Bradford Wilcox, Direktor des „National Marriage Project“ an der University of Virginia.
Wenn das Haushaltseinkommen am Schwinden ist – vielleicht weil ein Ehepartner arbeitslos ist oder Schuldenzahlungen einen erhöhten Anteil des Budgets aufzehren –, kann das laut Dr. Wilcox „einem Paar das Gefühl einer gemeinsamen Zukunft rauben, weil sie kein Geld haben, das sie für langfristige Ziele, wie eine Reise oder eine Anzahlung auf ein Haus, ansparen können. Stattdessen machen sie sich Sorgen über das jeweils gerade verfügbare Geld und das Abzahlen von Schulden – etwas, was wie eine dunkle Wolke über ihrer Ehe hängt.“
Schrumpfende Immobilienwerte und Rentenansprüche können Paare ebenfalls dazu bringen, die Zukunft düster zu sehen.
Jede Art von Arbeitsplatzverlust oder Gehaltskürzung kann sich verheerend auswirken, aber es ist besonders dann der Fall, wenn der Ehemann betroffen ist. „Auch wenn es bei den modernen Familien viele Veränderungen gab, herrscht immer noch die unausgesprochene Erwartung vor, dass der Mann der hauptsächliche Ernährer ist. Wenn er nicht dazu in der Lage ist, dann ist das ein schwerer Schlag für sein Selbstwertgefühl“, sagt Dr. Wilcox.
Dabei kann der Mann das Gefühl haben, dass seine Rolle als Versorger bedroht ist, bzw. er fühlt sich gekränkt, fügt Dr. Wilcox hinzu. Um dem wirtschaftlichem Druck zu Hause zu entfliehen, kann er sich Drogen, Alkohol oder Affären zuwenden.
Auch die Frau kann nachtragend werden – vor allem dann, wenn sie immer noch jeden Tag arbeitet und zusätzlich den Hauptanteil der Kinderbetreuung und der häuslichen Arbeit zu erledigen hat. „Wenn der Ehemann bei seiner Stellensuche keinen Erfolg hat, kann ihn das entmutigen und dazu führen, dass er die Motivation zur Arbeitssuche verliert. Für die Frau kann das wie ein gebrochenes Versprechen erscheinen, weil er nicht länger versucht, ein Versorger zu sein“, sagt Dr. James Craig, ein Ehe- und Familientherapeut in Indianapolis, Indiana.
Paare können auf unterschiedliche Weise auf finanzielle Stressoren reagieren. Manche geben sich gegenseitig die Schuld, streiten sich und schreien sich dabei an. Andere ziehen sich voller Sorgen von ihrem Partner zurück und sind deprimiert.
„Jedes Verhalten, das einen Abstand zwischen Ihnen und Ihrem Ehepartner bewirkt – z. B. Sie hören auf, miteinander zu reden, Sie ziehen sich zurück, Sie haben keine Interaktion mit ihrem Partner mehr, Sie hören auf, einander Zuneigung zu erweisen, Sie haben keinen sexuellen Kontakt mehr –, wirkt sich schädlich aus“, warnt Dr. Larry Barlow, Koordinator des Zentrums für Familientherapie der Florida State University. „Ab dem Zeitpunkt befinden sich nicht nur Ihre Finanzen in einem schlechten Zustand, sondern auch Ihre Ehe.“
Giftige Geschäftigkeit
Auch unsere hektische Lebensweise belastet Ehen stark. Viele Paare sind viel zu viel mit Arbeit, Kinderbetreuung und Haushaltsaufgaben sowie Freizeitbeschäftigungen und gesellschaftlichen Funktionen beschäftigt. Nachdem sie sich bei all diesen Aktivitäten und Verpflichtungen verausgabt haben, bleibt nicht mehr viel Energie füreinander übrig.
Dr. Ann Shorb hat dies oft bei Paaren gesehen, die sie in ihrer Beratungspraxis in Hanover, Pennsylvania, aufsuchen. Sie rät ihnen dann immer, mehr Zeit miteinander zu verbringen, aber „bei so vielen ist es einfach nicht möglich ,Ehepaarzeit‘ in ihrem überfüllten Terminkalender unterzubringen“, stellt sie fest. „Fast jedes Paar, mit dem ich spreche, lebt unter endlosem Druck und endlosen Anforderungen, die dazu führen, dass die Ehepartner zu viele Verpflichtungen haben und dadurch überbeansprucht sind.“
Das Leben war natürlich nicht immer so hektisch. Mitte des 20. Jahrhunderts herrschte noch überall in Europa eine deutliche geschlechtsspezifische Rollenteilung vor. Alle häuslichen Verpflichtungen konnten während der Woche erledigt werden. Aber heute haben weniger als 50 Prozent aller Familien in Deutschland einen nichtberufstätigen Ehepartner.
Laut einem Bericht der Rechtsfakultät der Georgetown University aus dem Jahr 2009 arbeiteten amerikanische Ehepaare im Durchschnitt insgesamt 63 Stunden in der Woche, 1970 waren das nur 52,5 Stunden. Wenn beide Eltern so viele Stunden außer Haus arbeiten, gibt es für viele keine andere Möglichkeit, als ihre Besorgungen und häuslichen Aufgaben entweder unter der Woche abends oder am Wochenende zu erledigen.
Gemeinsame Zeit miteinander zu verbringen wird für Paare noch schwieriger, wenn die Ehepartner unterschiedliche Arbeitszeiten haben. Ein Ehepartner arbeitet z. B. tagsüber, während der andere nachts arbeitet. Ihre gemeinsame freie Zeit besteht vielleicht jeden Tag nur aus einer kurzen Zeitspanne. Der Ausbau der Dienstleistungsbranche bedeutet auch einen erhöhten Bedarf an Arbeitskräften, die rund um die Uhr zur Verfügung stehen. Dadurch hat die Anzahl der Menschen, die ungewöhnliche Arbeitszeiten oder Nachtschichten haben, im letzten Jahrzehnt zugenommen.
Dr. Harriet Presser, Professorin der Soziologischen Fakultät an der University of Maryland, hat diesen Trend eingehend untersucht. Ihren Studien zufolge hat eines von vier amerikanischen Ehepaaren mit doppeltem Einkommen einen Partner, der in einer Spätschicht, Wechselschicht oder Sonderschicht arbeitet.
Typischerweise erfordern solche Jobs zumindest gelegentliche Wochenendarbeit. „Solche Arbeitspläne unterminieren die Stabilität von Ehen, erhöhen das Ausmaß an notwendiger Hausarbeit, reduzieren den Familienzusammenhalt und erfordern aufwendige Vorkehrungen für die Kinderbetreuung“, sagt sie. Paare, bei denen ein Ehepartner in einer Spätschicht arbeitet, berichten über deutlich weniger gemeinsame Qualitätszeit und größere eheliche Unzufriedenheit als Paare, bei denen die Partner zu festen Zeiten tagsüber arbeiten. Bei den letztgenannten Paaren ist eine Trennung oder Scheidung unwahrscheinlicher.
Zusätzlich zu den komplizierten eigenen Arbeitsplänen gibt es auch die vielen außerschulischen Aktivitäten der Kinder. „Die Wochenenden waren früher die Zeit, in der Familien sich einfach die Zeit zum gemeinsamen Nichtstun und Ausspannen nahmen“, sagt der Professor und Direktor des „Marriage and Family Therapy Program“ der University of Minnesota, William Doherty. „Heute sind die Eltern das ganze Wochenende über damit beschäftigt, ihre Kinder zu all den verschiedenen Sportaktivitäten zu transportieren, an denen diese teilnehmen.“
Es hört noch nicht einmal unbedingt hier auf. Einige Menschen zwängen noch persönliche Hobbys und Freizeitaktivitäten in ihren übervollen Terminkalender – lange Jagdwochenenden, Fußballspiele unter Männern, ein Frauenabend mit den Freundinnen usw. In seinem 2003 erschienenen Buch Take Back Your Marriage schreibt Professor Doherty: „Wenn die meisten Eltern nicht bereits mit Aktivitäten der Kinder zeitlich überlastet wären, dann wären die Aktivitäten der Erwachsenen kein so großes Problem. Wenn wir aber einmal ehrlich sind, ist klar, dass bei all dem Herumchauffieren der Kinder und der persönlichen Teilnahme an zwei oder drei Erwachsenenaktivitäten eines in Ihrem Leben an letzter Stelle stehen wird: Ihre Ehe.
Es hängt davon ab, was geplant ist und wem gegenüber wir uns mit unserem Zeiteinsatz verantwortlich fühlen. Wir fühlen uns verantwortlich für unsere Kinder und die Verpflichtungen, die wir ihnen gegenüber und für sie eingegangen sind. Wir fühlen uns dem Buchclub verpflichtet, dem wir eine monatliche Teilnahme versprochen haben, sowie dem religiösen Erziehungsausschuss oder dem Spendenausschuss der Eltern-Lehrer-Vereinigung, dem wir beigetreten sind. Aber die meisten von uns fühlen sich nicht verantwortlich dafür, persönliche Zeit allein mit unserem Ehepartner zu verbringen. Wir planen das nie ein“ (Seite 66).
Volle Terminkalender führen nicht automatisch zu Eheproblemen, aber sie stellen eine Herausforderung dar, die angegangen werden muss. „Ehepartner fühlen sich möglicherweise voneinander abgekoppelt, weil sie nicht viel Zeit miteinander verbringen und ihr Leben im Grunde getrennt führen“, sagt Kelly Roberts, Dozent für klinische Psychologie an der Oklahoma State University.
Roberts fügt hinzu: „Der superbeschäftigte Lebensstil kann auch dazu führen, dass Mann und Frau sich ausgelaugt und gestresst fühlen, was sie im Umgang miteinander gereizter macht.“ Das trifft besonders dann zu, wenn Paare sich selbst vernachlässigen, indem sie nicht für guten Schlaf und gute Ernährung sorgen.
Moderne Ablenkungen
Heute funkt zusätzlich moderne Technologie bei mancher ehelichen Beziehung dazwischen. Was früher einmal die gemeinsame Zeit des Ehepaars war, wird jetzt von Computern, iPods, Videospielen und zahllosen anderen elektronischen Ablenkungen beansprucht. Auf der einfachsten Ebene kann zu viel Zeit, die vor dem Bildschirm verbracht wird, zu wenig Zeit für die eheliche Beziehung übrig lassen, die gemeinsame Nähe unterminieren und auf subtile Art und Weise Barrieren zwischen Mann und Frau errichten.
„Es fehlt den Paaren heute an ungeteilter Aufmerksamkeit, und das liegt zum großen Teil an all diesen elektronischen Ablenkungen“, sagt Barbara Koppe, eine klinische Sozialarbeiterin in St. Louis, Missouri, deren Spezialgebiet Ehe- und Familientherapie ist. „Die Leute sind praktisch jede wache Minute des Tages in ihre elektronischen Geräte eingestöpselt.“ Das ist oft ein Thema, wenn Paare sie zur Beratung aufsuchen: „Viele Leute beklagen sich, dass ihr Ehepartner dem BlackBerry mehr Aufmerksamkeit widmet als ihnen.“
Es sind aber nicht nur die neuen Technologien, die die Ehepartner voneinander fernhalten. Auch das Fernsehen, das es seit ein paar Generationen gibt, ist da weiterhin ein Problem. Koppe fragt Paare routinemäßig, wie viel sie fernsehen. Mehr als die Hälfte von ihnen sagt, dass der Fernseher von der Zeit, wenn sie abends nach Hause kommen, bis zu der Zeit, wo sie schlafen gehen, läuft.
„Er ist sogar an, wenn sie zu Abend essen“, sagt sie. „Ich frage sie dann: ,Wann reden Sie miteinander?‘ Und die Antwort ist, dass sie es nicht tun. All diese Ablenkungen machen es also viel schwerer, ein Gespräch miteinander zu führen und die Kommunikation überhaupt aufrechtzuerhalten.“
Das soll nicht heißen, dass Ehepartner einander absichtlich ignorieren. Einige Leute sind einfach der Gewohnheit verfallen, sich ständig mit ihren Computern oder elektronischen Spielereien zu beschäftigen. Andere fühlen sich nach der Arbeit so erschöpft, dass sie nur noch vor dem Fernseher versacken wollen. Und bei dem heutigen Berufsstress haben manche tatsächlich E-Mails, die sie abends lesen oder versenden müssen.
Dr. Shorb findet es interessant, dass wir auf der einen Seite „heute mehr Kommunikationsmöglichkeiten als jemals zuvor haben, doch sind Paare sich in Wahrheit fremder als jemals zuvor“. Ihrer Meinung nach liegt das nicht nur daran, dass Paare so viel Zeit online verbringen, sondern auch daran, dass „sie in den meisten Fällen durch SMS-Nachrichten miteinander kommunizieren, statt miteinander zu telefonieren oder persönlich zu sprechen“.
Dieser elektronische Austausch kleiner Informationshäppchen wirke sicher nicht als Baustein für eine solide Beziehung, meint sie.
Untreue online
Das Internet raubt Ehepaaren nicht nur ihre gemeinsame Zeit. Das Internet ist auch eine Quelle der Pornografie, erotischer Fantasien und außerehelicher Beziehungen bzw. Cyberaffären, die letztendlich eine Ehe zerstören können.
Laut einem Bericht der „American Association for Marriage and Family Therapy“ gehen zwischen 20 und 33 Prozent der Internetnutzer in den USA aus sexuellen Motiven online. Sie wollen sich pornografische Bilder ansehen oder sich an irgendeiner Art von Online-Sexbeziehung beteiligen. Ein Großteil dieser Nutzer sind verheiratete Männer.
„Das Internet hat den Menschen viel mehr Möglichkeiten gegeben, ihr Ehegelübde zu brechen“, sagt Dr. Craig. „Sie müssen nicht mehr einen anrüchigen Sexclub besuchen. Sie müssen nicht mehr zur Tankstelle fahren, um sich ein Schmuddelheft zu kaufen. Es besteht kein Anlass mehr für geheime Abstecher in ein finsteres Motel. Sie müssen nur den Computer einschalten, um so viel Cybersex zu haben, wie sie wollen. Und das alles geschieht in der Privatsphäre ihres eigenen Heims.“
Er und andere Ehetherapeuten glauben, dass das Internet bald zu der gebräuchlichsten Form von Untreue werden wird, wenn es das nicht schon ist. Das liegt daran, dass es so leicht zugänglich ist und die Leute es anonym nutzen können. In manchen Fällen verabreden sich „Cyberehebrecher“ zu einem Treffen im wahren Leben und beginnen eine tatsächliche Affäre. Aber selbst wenn die Onlinebeziehung nie über „Cybersex“ hinausgeht, stellt das, sowie das Betrachten von Pornografie, sicherlich eine Form der Untreue dar und ist eine Bedrohung für eine glückliche Ehe.
„Wir beraten eine Menge von Online-Sexsüchtigen in unserer Praxis“, betont Dr. Shorb. „Die eheliche Untreue per Internet findet statt und zerstört eine Ehe nach der anderen.“ Warum? Es verletzt das Vertrauen und die Intimität in der Beziehung zwischen Mann und Frau, was oft zum Ende der Ehe führt. Der Ehepartner des Sexsüchtigen kann tiefe emotionale Wunden empfinden, dazu auch das Gefühl, verraten und zerstört worden zu sein.
Pornografie weckt insbesondere im Pornosüchtigen eine verzerrte Sicht von Sexualität, was Verlangen nach riskanterem, perverserem oder sogar kriminellem Sexualverhalten wecken kann. „Das ist ein Problem, das überwunden werden kann“, sagt Shorb, „aber dazu bedarf es auf jeden Fall der Inanspruchnahme geschulter Therapeuten.“
Sich scheiden zu lassen ist heute salonfähig
Ehepaare mögen heute ernsthaften Ehestress erleben, doch es ist wichtig zu wissen, dass Eheleute schon immer Schwierigkeiten hatten.
Die Geschichte meiner Eltern, die ich am Anfang des Artikels erwähnt habe, ist ein Beispiel dafür. Sie erlebten viele der gleichen Stressoren, mit denen Paare heute zu kämpfen haben – finanzielle Engpässe, lange Arbeitstage, Druck von Seiten der angeheirateten Verwandtschaft und Herausforderungen bei der Kindererziehung, den Tod eines neugeborenen Kindes eingeschlossen. Viele Paare aus jenen Jahren hatten ähnliche Geschichten voller Herausforderungen. Aber sie ließen nicht zu, dass solche „Stolpersteine“ des Lebens ihre Ehe zerstörten.
Damals war die Scheidungsrate relativ niedrig. Eine Scheidung galt als Versagen, und Politiker, die sich scheiden ließen, fügten ihrer politischen Laufbahn einen manchmal nicht mehr zu überwindenden Karriereknick zu. Das traf auf die gesamte erste Hälfte des 20. Jahrhunderts zu.
Eine Scheidung wurde früher als etwas Schändliches empfunden, als etwas, was „anständige Leute“ nicht machten, merkt Dr. Shorb an. Sie war auch sehr kompliziert und teuer. Bei dem damals gültigen Schuldprinzip mussten Scheidungswillige einen Grund für eine Scheidung „nachweisen“. Viele konnten sich all die Anwalts- und Gerichtskosten nicht leisten. Zudem hatten die meisten Frauen keine Arbeitsstelle und wären nicht in der Lage gewesen, ihren Lebensunterhalt alleine zu bestreiten.
Nach dem Zweiten Weltkrieg begann die Scheidungsrate anzusteigen. Sie stieg stetig, bis sie ca. 50 Prozent erreichte und auf dieser Höhe relativ konstant geblieben ist. Was diese Zunahme an Ehescheidungen am meisten verursacht hat, ist laut Dr. Craig ein ethischer Wandel in der Gesellschaft. Heute ist die Ehe nicht mehr der Bund fürs Leben, sondern nur für den jeweiligen Lebensabschnitt. Solches Denken hätte man früher als unmoralisch bezeichnet!
Es stimmt, dass wir heute viel äußeren Druck haben, der es Paaren schwer macht, miteinander verbunden zu bleiben. Die Menschen sind wahrscheinlich zu beschäftigt und die Haushaltseinkommen sind für manche knapp geworden. Aber diese Aspekte sind letztendlich nicht der Grund für eheliches Scheitern. Wenn dem so wäre, dann wäre jede Ehe nur so stabil wie die sie umgebenden sozialen Trends und Umstände.
Eigennutz vor Gemeinnutz
„Die größte Bedrohung für die heutigen Ehen sind nicht externe Stressoren, sondern das, was im Innern abläuft“, sagt Dr. Craig. Zu oft haben die Leute in unserer modernen Gesellschaft kein Problem damit, das Ganze einfach hinter sich zu lassen, wenn die Ehe „zu schwierig“ ist oder wird und nicht genau das ist, was den eigenen Bedürfnissen entspricht.
„Heutzutage bleiben viele Menschen nur solange in einer Beziehung, wie sie mehr daraus gewinnen, als sie darin investieren müssen“, fügt Dr. Craig hinzu. „Die Menschen sind mehr darauf fokussiert, als Einzelne glücklich zu sein, als darauf, das zu tun, was für sie als Paar richtig ist. Sie fühlen sich ihren Ehegelübden weit weniger verpflichtet, als das in früheren Generationen der Fall war.
Wir leben in einer sehr ichbezogenen Welt. Unsere Werbung fördert das. Uns wird gesagt: ,Du verdienst deine Chance heute‘ oder ,Es dreht sich alles um mich.‘ Wir haben vergessen, was es bedeutet, anderen zu dienen. Darum geht es letztendlich in der Ehe: ,Wie kann ich deinen Bedürfnissen gerecht werden?‘ statt sich auf ,Was springt dabei für mich heraus?‘ zu konzentrieren.“
Wenn dieser moderne Ansatz gegenüber der Ehe mit den unvermeidlichen Problemen des Lebens zusammentrifft, dann hält der „Leim“ der Beziehung dem oft nicht stand.
Die online-Untreue ist der Inbegriff dieser Mentalität: „Ich habe meine Bedürfnisse und niemand sonst erfüllt sie, also nehme ich mich einfach meines Selbst an und tue, was mir gelegen kommt.“
Für viele ist die Religion keine moralische Autorität. Deshalb spielt alles, was die Bibel zum Wesen der Ehe zu sagen hat, für sie keine Rolle mehr. „Es gibt in unserer Gesellschaft nichts Absolutes mehr – kein klares Richtig und Falsch“, sagt Koppe. „Die Leute machen mehr oder weniger, was sie wollen.“
Dieser weltliche Ansatz des „bloß keine Verpflichtung, ich stehe an erster Stelle“ gegenüber der Ehe hat in den späten 1960er und frühen 1970er Jahren Fuß gefasst. Es war die Zeit der „freien Liebe“, des Rauschgiftkonsums und einer allgemeinen antiautoritären Einstellung. Bald danach folgte die Abschaffung des Schuldprinzips im Scheidungsrecht. So war es einem Ehepartner gestattet, eine Ehe aus jedem beliebigen Grund – oder auch ohne irgendeinen Grund – aufzulösen.
„Heute ist es so einfach, sich scheiden zu lassen“, sagt Koppe. „In den meisten Fällen haben die Paare einfach aufgehört, einander zu lieben. Sie unternehmen nichts, um die Probleme zu lösen. Heute arbeiten viele Eheleute nicht mehr an ihrer Ehe, wie das früher der Fall war. Sie wollen keinerlei Schwierigkeiten ertragen.“
In der Bibel finden wir eine andere Sicht der Dinge. Der Apostel Paulus schrieb in Römer 7, Vers 2: „Eine Frau ist an ihren Mann gebunden durch das Gesetz, solange der Mann lebt“ (Hervorhebung durch uns). Es gibt also kein Zugeständnis dafür, „dass die Ehe nicht mehr länger befriedigend ist“.
In 1. Korinther 7, Verse 10-24 spricht Paulus das Problem der Scheidung an, die zu jener Zeit in Städten wie Korinth bekannt war. Vers 10 sagt, dass „die Frau sich nicht von ihrem Mann scheiden soll“. Vers 11 fügt hinzu, dass „der Mann seine Frau nicht verstoßen soll“. Um es in moderner Sprache auszudrücken: Konfrontiert die Schwierigkeiten und legt eure Differenzen bei!
Zuletzt heißt es in Maleachi 2, Vers 16: „Denn ich hasse Scheidung, spricht der HERR, der Gott Israels“ (Elberfelder Bibel). Deutlicher kann man es nicht sagen.
Dem Sturm gemeinsam trotzen
Letztendlich ist eine bedingungslose Verpflichtung dem Partner gegenüber der Schlüssel dafür, all diesen ehelichen Stressoren Widerstand leisten zu können. Nur wenn Mann und Frau in völliger Hingabe zueinander leben, werden sie in der Lage sein, die Herausforderungen des Lebens zu meistern, denen sie zweifellos begegnen werden. Dazu gehört, dass man die Bedürfnisse des anderen mehr berücksichtigt als die eigenen, den Partner in Schwierigkeiten nicht aufgibt und als Team Probleme gemeinsam löst. Diese Art von Hingabe ist der wichtigste Schritt, den Sie je tun können, um jeden herannahenden Sturm in Ihrer Ehe zu überstehen. In diesem Sinne weisen wir auf die nachfolgenden Strategien hin.
Gehen Sie Herausforderungen mit offener Kommunikation an. Wenn es um Dinge geht, die Sie wirklich belasten, dann sollten Sie und Ihr Ehepartner sich die Zeit nehmen, sich zusammenzusetzen und auf entspannte Art und Weise miteinander zu reden. Seien Sie bereit, sich die gegenseitigen Bedenken, Befürchtungen und Hoffnungen mitzuteilen, ohne einander zu kritisieren oder zu verurteilen. Besprechen Sie Lösungsvorschläge für das gemeinsame Meistern der Situation.
„Damit ein Paar als Team zusammenarbeiten kann, müssen die Partner wissen, was der andere jeweils denkt“, sagt Dr. Pauline Boss, Professorin für Familiensozialwissenschaften an der University of Minnesota. Wenn Sie und Ihr Partner aufhören miteinander zu reden, werden die ehelichen Probleme eskalieren.
Zeigen Sie Ihre Zuneigung. Legen Sie Wert darauf, einander „Ich liebe dich“ zu sagen und sagen Sie es oft. „Wenn Sie sich inmitten von etwas Schrecklichem befinden, dann ist das die schlechteste Zeit davon auszugehen, dass Ihr Gefährte weiß, was Sie fühlen“, sagt Dr. Boss. „Gerade in den schweren Zeiten braucht Ihr Partner besonders die Bestätigung Ihrer Liebe.“
Üben Sie positives Denken und Dankbarkeit. Uns wird in 1. Thessalonicher 5, Vers 18 gesagt: „Seid dankbar in allen Dingen.“ Es gibt immer etwas, für das man dankbar sein kann. Trotz der Herausforderungen zu Beginn ihrer Ehe behielt meine Mutter eine positive Lebensausrichtung. Wir sollten das auch haben. Anstatt sich auf die Schwächen Ihres Ehepartners zu konzentrieren, lernen Sie seine guten Eigenschaften zu schätzen. Es ist angenehm, einen dankbaren Partner um sich zu haben. Nicht nur das: Wenn Sie eine positive Sicht beibehalten, ist die Wahrscheinlichkeit größer, dass Ihr Ehepartner das auch tun wird.
Planen Sie gemeinsame Zeit miteinander ein. Machen Sie mehrmals pro Woche Zeit in Ihrem Terminkalender frei, um Zeit allein mit Ihrem Partner zu verbringen. Machen Sie einen gemeinsamen Spaziergang. Genießen Sie zusammen eine Tasse Kaffee im Café oder eine Mahlzeit im Restaurant. Stehen Sie ab und zu eine Stunde früher auf, damit Sie und Ihr Partner ein geruhsames Frühstück im Bett einnehmen können.
„Sie sollten sich gelegentlich eine Atempause gönnen“, sagt Dr. Boss. „Sie müssen miteinander fern vom Stress, mit dem Sie es täglich zu tun haben, reden. Sammeln Sie Ihre Gedanken und sagen Sie Ihrem Partner, ,Ja, ich bin müde‘ oder ,Ich brauche eine Umarmung‘. Wenn Paare unter sehr viel Stress stehen, gibt es oft sehr vieles, was sie einander sagen möchten, sie haben aber nie die Zeit dafür, es zu tun.“
Wenn Sie meinen, keine gemeinsame Zeit in Ihrem Terminkalender einplanen zu können, dann sollten Sie Ihre zeitlichen Verpflichtungen überdenken und neu einstufen, damit Sie diese Zeit füreinander haben.
Beten Sie gemeinsam. Bitten Sie Gott um die notwendige Einsicht, damit Sie erkennen, wie Sie den Stress in Ihrem Leben bewältigen können. Tragen Sie ihm Ihre Bedürfnisse vor. Philipper 4, Vers 19 sagt uns: „Gott wird all eurem Mangel abhelfen nach seinem Reichtum in Herrlichkeit in Christus Jesus.“ Bitten Sie ihn um die Stärkung Ihrer Ehe. Vertrauen Sie gemeinsam auf Gottes Fürsorge.
Suchen Sie Rat. In Sprüche 13, Vers 20 betont die Bibel, dass es wichtig ist, Rat von weisen Menschen einzuholen: „Wer mit den Weisen umgeht, der wird weise.“ Falls Sie und Ihr Partner mit irgendeinem der in diesem Artikel angesprochenen Probleme zu kämpfen haben, dann sollten Sie bereit sein, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen.
Je nachdem, was das Problem ist, kann diese Hilfe von Ihrem Pastor, einem Ehe- und Familientherapeuten oder einem Finanzberater kommen. „Es ist am besten, wenn Sie Rat suchen, sobald Sie anfangen, Probleme zu haben, statt so lange zu warten, bis diese zu Bruchstellen werden“, meint Roberts.
Sehen Sie Herausforderungen als Gelegenheiten, Ihre Ehe zu stärken. Die „Stolpersteine“, denen Sie und Ihr Ehepartner begegnen, können Sie sogar einander näher bringen. „Wenn Sie das alles auf konstruktive Weise handhaben – Sie kommunizieren miteinander, Sie erweisen einander Wertschätzung, Sie stellen die Bedürfnisse des anderen vor Ihre eigenen –, dann gehen Sie aus dem Ganzen gestärkt und enger verbunden hervor“, sagt Dr. Barlow. „Sie haben dann auch die Zuversicht, das nächste aufkommende Problem bewältigen zu können.“ Solche Erfahrungen fördern die Entschlossenheit zum Durchhalten.
Wir leben sicherlich in einer stressigen Welt. Das Leben ist voller Herausforderungen. Wichtig ist, dass Sie und Ihr Ehepartner einander in den schweren Zeiten unterstützen, statt zuzulassen, dass die Schwierigkeiten des Lebens Sie zermürben und Ihrer Ehe einen ernsthaften Schaden zufügen!