Warum unterscheidet sich das heutige Christentum so sehr von dem Jesus Christus, der in der Bibel beschrieben wird? Könnte es sein, dass viele seine Lehren grundlegend missverstehen?
Von Dan Taylor
Ein Beobachter, der die Glaubensauffassung und das Verhalten eines Durchschnittschristen heute mit denen von Jesus und seinen Jüngern vergleichen würde, könnte durchaus zu dem Schluss kommen, dass ein Großteil der sogenannten Christenheit in die Irre gegangen ist. Mahatma Gandhi hat seine skeptische Sicht einmal folgendermaßen ausgedrückt: „Ich mag euren Christus, mir gefallen aber eure Christen nicht. Eure Christen unterscheiden sich so sehr von eurem Christus.“
Seien wir ehrlich. Viele andere haben einen ähnlichen Eindruck vom Christentum wie Mahatma Gandhi. Es spielt keine Rolle, ob sie politisch aktiv sind, „politische Korrektheit“ propagieren, die Bibel als das buchstäbliche Wort Gottes bezeichnen oder kaum einem biblischen Inhalt Glauben schenken. Diejenigen, die behaupten zu Jesus Christus zu gehören, werden zunehmend von anderen unter die Lupe genommen. Die Ergebnisse dabei sind nicht immer besonders rühmlich.
Eine schier endlose Folge von Skandalen, an denen der Klerus in den letzten Jahren beteiligt war, hat nicht nur Gläubige erschüttert. In einer zunehmend verweltlichten westlichen Gesellschaft haben diese Enthüllungen auch viele in ihrer Haltung bestärkt, dass das Christentum für sie keine Rolle mehr spielt. Eine skeptische Generation versteht die Botschaft des „Tue nicht, was ich tue, aber tue, was ich sage“ nicht mehr auf besonders positive Weise.
In Wahrheit sind die Probleme des öffentlichen Images des modernen Christentums aber nicht auf dessen Geistlichkeit beschränkt. Viele, die sich zum Christentum bekennen, scheinen dem Beispiel von Jesus Christus einfach nicht gerecht zu werden. Wie konnte es dazu kommen?
Wer war Jesus Christus?
Wer war Jesus Christus überhaupt? Die kürzlich wieder in der populären Kultur, in Büchern und Filmen wie Versuchung durch Erkenntnis: Die gnostischen Evangelien bzw. Dan Browns Bestseller Sakrileg und dem sogenannten Evangelium des Judas neu aufgeflammten Irrlehren des Gnostizismus verwirren eine größtenteils bibelunkundige Öffentlichkeit noch zusätzlich.
Diese Veröffentlichungen haben aber im Grunde nichts Neues zu bieten. Auch der Apostel Johannes musste sich bereits mit frühen gnostischen Einflüssen auseinandersetzen: „Daran“, schreibt Johannes, „erkennt ihr den Geist Gottes: Jeder Geist, der bekennt, Jesus Christus sei im Fleisch gekommen, ist aus Gott“ (1. Johannes 4,2; Einheitsübersetzung).
In der späteren Hälfte des ersten Jahrhunderts musste sich der Apostel Johannes mit dem ätherischen gnostischen Glauben, dass Jesus keinen physischen Körper gehabt hätte, sondern nur als eine Illusion erschienen wäre, befassen. Nach diesem Glauben hätte Jesus auch keine physische Geburt gehabt und wäre auch nicht wirklich gekreuzigt oder auferweckt worden. Johannes’ Rat im Umgang mit dem Gnostizismus oder Irrlehren im Allgemeinen war, nichts mit ihnen oder ihren Vertretern zu tun zu haben (2. Johannes 1,7-10).
Aber der philosophische Nebel des Gnostizismus ist nur Teil des Problems heute bei unserem mangelhaften Verständnis von der Person Jesus Christus und letztendlich auch des Christentums.
Um das Christentum – das wahre Christentum der Bibel – verstehen zu können, müssen wir zuerst seine Grundlage verstehen: Jesus Christus selbst. Für viele – sogar für diejenigen, die sich zu Christus bekennen – war Jesus einfach ein guter Mensch oder ein besonders tiefsinniger jüdischer Lehrer. Andere wiederum sehen ihn als Revolutionär, als einen Nonkonformisten oder als einen Verführer und Betrüger. Jesu Anspruch jedoch, und der seiner Anhänger nach ihm, war geradeheraus: Er war Immanuel – „Gott mit uns“ (Matthäus 1,23), der Christus, der Messias, der Sohn des lebendigen Gottes (Matthäus 16,15-17).
Jesus untermauerte diese Behauptung, indem er mehr als 130 der alttestamentlichen Prophezeiungen über den Messias erfüllte – indem er die Kranken heilte, Tote auferweckte und Sünden vergab. Er hat nicht von sich behauptet, einfach ein weiterer Lehrer oder nur ein guter Mensch zu sein. Mit solchen Taten und seinen Erläuterungen dazu sagte Jesus sinngemäß, dass er Gott ist.
Diejenigen, die seinen Tod gefordert und letztendlich auch zuwege gebracht hatten, verstanden seinen Anspruch mit aller Klarheit, wie wir lesen können: „Die Juden antworteten ihm und sprachen: Um eines guten Werkes willen steinigen wir dich nicht, sondern um der Gotteslästerung willen, denn du bist ein Mensch und machst dich selbst zu Gott“ (Johannes 10,33; alle Hervorhebungen durch uns).
Wie C. S. Lewis schreibt: „Entweder war – und ist – dieser Mann der Sohn Gottes: oder er war einfach nur ein Verrückter oder noch Schlimmeres. Man kann ihn als Narr zum Schweigen bringen, auf ihn als einen Dämonen spucken und ihn töten, oder man kann ihm zu Füßen fallen und ihn Herr und Gott nennen. Aber wir sollten auf keinen Fall mit dem gönnerhaften Unsinn ankommen, dass er ein großer menschlicher Lehrer gewesen ist. Er hat uns das nicht als Möglichkeit offen gelassen. Er hatte es auch nicht vor“ (Mere Christianity, 1980, Seite 52).
Wenn Sie nun kein Christ sind, dann verdient dieser Anspruch zumindest eine sorgfältige Überprüfung, um festzustellen, ob dem wirklich so ist. Wenn Sie jedoch von sich behaupten, ein Christ zu sein, dann müssen Sie als Nachfolger Jesu noch etwas mehr verstehen als nur, wer Jesus zu sein behauptete. Sie müssen verstehen, was er tat und was er seinen Nachfolgern zu tun geboten hat.
Das machtvolle Beispiel Jesu
Gibt es einen Unterschied zwischen dem Jesus, wie er in der Bibel beschrieben wird, und der allgemeinen Vorstellung von Jesus im heutigen Christentum?
Manche christlichen Apologeten behaupten, dass die Schwächen eines Christen darauf beruhen, dass er „errettet“ aber noch nicht vollkommen ist. Andere meinen, dass das Problem mit der Unzulänglichkeit der meisten Christen damit zu tun hat, dass sie „zu Jesus so kommen, wie sie gerade sind“ und dann auch so bleiben. Hier scheint in der Tat etwas zu fehlen. Wie Gandhi erkannte, gibt es einen Unterschied zwischen Jesus Christus und manchen Christen – und der Unterschied ist klar zu erkennen.
Beim letzten Passah, das Jesus mit seinen Jüngern hielt, gab er ein beeindruckendes Beispiel ab. Jesus kniete sich demütig nieder, um seinen Jüngern die Füße zu waschen (Johannes 13,1-10). Und dann bot er ungesäuertes Brot und Wein als Symbole für seinen gebrochenen Leib und sein vergossenes Blut dar – Symbole, die bald danach Wirklichkeit wurden (Matthäus 26,1-30). Damit rüttelte Jesus seine Nachfolger endgültig aus ihrer Behaglichkeit auf, aus ihrer Angepasstheit an diese Gesellschaft und deren Traditionen und Bräuche.
Diese Bräuche hatten nur eine kurze Zeit zuvor dafür gesorgt, dass sich viele von Jesu Lehre abwandten – der Lehre, dass wir bei der Teilnahme am Passah an den Symbolen seines Blutes und Leibes Anteil haben müssen (Johannes 6,47-66). Jesu Jünger waren, einfach gesagt, im Begriff bekehrt zu werden. Ihnen wurde gezeigt, dass die von Menschen entwickelten Lehren und Traditionen, mit denen sie aufgewachsen waren, ungültig waren und durch das ersetzt werden müssen, was Jesus ihnen zeigte.
Viele nehmen Jesus Christus für sich als Herrn und Erlöser in Anspruch. Aber sobald der in der Bibel offenbarte Jesus anfängt, lästig zu werden, weil er sie dazu aufruft, ihre gewohnheitsmäßige Lebensführung zu ändern, weisen viele ihrer religiösen Praxis eine unbedeutende kleine Ecke in ihrer Gesamtexistenz zu, von ihrer täglichen Lebenserfahrung abgesondert. Das ist kein Christentum, sondern eher nur „religiöse Liebhaberei“!
Das, wozu Christus seine Nachfolger aufruft, ist dagegen nichts weniger als eine völlige Verwandlung in ihrem Denken und Handeln. Wie wir in Römer 12, Vers 2 lesen können: „Und stellt euch nicht dieser Welt gleich, sondern ändert euch durch Erneuerung eures Sinnes, damit ihr prüfen könnt, was Gottes Wille ist, nämlich das Gute und Wohlgefällige und Vollkommene.“
Die Verwandlung, von der der Apostel Paulus hier spricht, bedeutet eine echte Veränderung der inneren Haltung und der Handlungsweise. Wenn wir aber nicht in der Angepasstheit an die uns umgebende Gesellschaft verharren sollen, wenn wir die Art und Weise, wie wir bisher gelebt haben, verändern sollen, woran sollen wir uns dann orientieren?
Was hat Jesus getan?
Heute benutzen viele das Motto „Was hätte Jesus getan?“. Man findet es in den USA auf Armbändern, T-Shirts oder Autoaufklebern. Aber viel zu viele kennen die Antwort auf diese Frage gar nicht, weil sie nicht wirklich wissen, was Jesus getan hat. Sie kennen Geschichten über Jesus, aber nicht das Beispiel an Lebensführung, das er gab, damit Christen für die eigene Lebensgestaltung ein Vorbild haben.
Denken Sie doch nur einmal darüber nach: Wenn Sie Teil einer Gruppe oder Organisation werden möchten, dann ergibt sich doch als Erstes für Sie die Frage, was von Ihnen erwartet wird. Was sind die Regeln? Für einen Christen, dessen Ziel es ist, mit Jesus Christus im Reich Gottes zu sein, bestehen klare und beständige Regeln. Als ihn ein junger Mann fragte, was er Gutes tun müsse, um das ewige Leben zu erhalten, antwortete Jesus ihm: „Halte die Gebote“ (Matthäus 19,17).
Jesus hat den Fokus von Gottes Gesetz geschärft und dessen Anforderungen vertieft und so die Ziele für seine Nachfolger noch höher gesteckt. Sein Ruf ist kein Ruf zu einem nachlässigen, freizügigen Christentum, bei dem man sich einmal in der Woche guten Gefühlen hingibt. Stattdessen erwartet Christus Gehorsam gegenüber den gleichen Geboten, die er selbst gehalten hat.
Johannes, sein enger Freund und sein Apostel, hat das in 1. Johannes 5, Verse 2-3 eindeutig bestätigt: „Daran erkennen wir, dass wir Gottes Kinder lieben, wenn wir Gott lieben und seine Gebote halten. Denn das ist die Liebe zu Gott, dass wir seine Gebote halten; und seine Gebote sind nicht schwer.“
Tun wir das, was er getan hat?
Ob es nun darum geht, keine anderen Götter neben dem wahren Gott zu haben, kein Bildnis anzubeten, Gottes Namen nicht zu missbrauchen, den Sabbat zu heiligen oder um eines der anderen sechs Gebote: Jesus Christus fordert diejenigen, die ihn ihren Herrn nennen, dazu auf, sich an seinem Vorbild zu orientieren. Das bedeutet, Gottes Anweisungen sowohl dem Buchstaben als auch dem Geist des Gesetzes nach zu befolgen und es zuzulassen, dass Gott sein Gesetz wahrhaft in ihre Herzen schreibt.
Jesus fordert uns dazu auf, frei von der Angepasstheit an diese Gesellschaft und ihre Werte zu werden. Er tut dies, während er gleichzeitig die Menschen seiner eigenen Generation dazu aufrief, den Unterschied zwischen Gottes Geboten und den Traditionen, die von den religiösen Führern der jüdischen Gesellschaft seiner Zeit propagiert wurden, zu verstehen (Matthäus 15,1-9).
Jesus Christus gab seinen Jüngern ein perfektes Beispiel dafür, wie man Gott auf die rechte Weise anbeten soll. Wie gut kennen Sie dieses Beispiel?
Jesus hielt Gottes Sabbat, den siebten Tag der Woche, als Tag der Anbetung (Markus 1,21; Lukas 4,16) und behauptete von sich, Herr über den Sabbat zu sein, nicht über den Sonntag (Markus 2,28). Er hielt die biblischen Feste, die man heute allgemein „jüdisch“ nennt (Lukas 2,41-42; Johannes 7,1-39). Er gründete sogar seine Kirche an einem jener Feste, zu Pfingsten (Apostelgeschichte 2,1-4).
Und nach Jesu Christi letztem Passah, seinem Tod und seiner Auferstehung haben die Apostel weiterhin den Sabbat und die biblischen Feste als Zeit der Anbetung gehalten (Apostelgeschichte 17,2; 20,6; 1. Korinther 5,6-8; 16,8).
Vielleicht waren Sie der Meinung, den Jesus der Bibel zu kennen. Wenn Sie aber mehr über die Feste, die Jesus hielt, wissen wollen, dann können Sie unsere kostenlose Broschüre Gottes Festtage – der Plan Gottes für die Menschen völlig unverbindlich bestellen oder auf unserer Webseite herunterladen.
So seltsam es klingen mag, Jesus würde wahrscheinlich vieles an der Religion, die heute seinen Namen trägt, nicht wiedererkennen. Dazu gehören ihr wöchentlicher Tag der Anbetung sowie die Feiertage, die das heutige Christentum begeht. Jesus hat diese Tage nämlich nie gehalten. Die Frage ist: Warum sollten Sie es dann tun? Wenn Ihre Antwort darauf lediglich ist: „Das ist eben in meiner Kirche so Tradition“, dann würde Jesus Sie dazu auffordern, Ihre Position in dieser Frage zu überdenken (Markus 7,7).
Sehen Sie, traurigerweise ist der fehlende Bestandteil im Leben der meisten Christen Jesus Christus selbst. Sie wissen nicht, wer er wirklich war oder nehmen es nicht ernst, dass er, in der Tat, Gott ist und die Herrschaft über unser Leben beansprucht. Als unser Herr und Meister ruft er uns aus dieser Gesellschaft und ihren Bräuchen heraus – selbst aus religiösen Traditionen, die uns lieb und teuer geworden sind –, falls sie sich als auf Irrtümern beruhend erweisen. Wie Jesus selbst sagte: „Wie eng ist die Pforte und wie schmal der Weg, der zum Leben führt, und wenige sind’s, die ihn finden!“ (Matthäus 7,14).
Der fehlende vitale Bestandteil
Wenn wir uns das Christentum ansehen, das heute von so vielen abgelehnt wird, was fehlt dann? Nach allem, was wir gesehen haben, ist der fehlende Bestandteil das Beispiel Jesu Christi selbst.
Sehen Sie, wir brauchen Jesu Gesinnung, um als Christen leben zu können und das Beispiel, das er uns gegeben hat, nachahmen zu können (Philipper 2,5; 1. Johannes 2,6). Und das Beispiel Jesu zeigt deutlich, dass wir uns, auch wenn wir uns Christen nennen mögen, nur etwas vormachen, wenn wir Gottes Gebote in ihrer breitgefassten, geistlichen Bedeutung nicht befolgen und nicht dem gleichen Pfad folgen, den der Jesus der Bibel uns vorangegangen ist.
In einer schonungslosen Kritik an denjenigen, die Gottes Gesetz nicht halten, hat Jesus seinen Zuhörern bei seiner berühmten Bergpredigt gesagt: „Nicht jeder, der zu mir sagt: Herr! Herr!, wird in das Himmelreich kommen, sondern nur, wer den Willen meines Vaters im Himmel erfüllt. Viele werden an jenem Tag zu mir sagen: Herr, Herr, sind wir nicht in deinem Namen als Propheten aufgetreten und haben wir nicht mit deinem Namen Dämonen ausgetrieben und mit deinem Namen viele Wunder vollbracht? Dann werde ich ihnen antworten: Ich kenne euch nicht. Weg von mir, ihr Übertreter des Gesetzes!“ (Matthäus 7,21-23; Einheitsübersetzung).
Während diejenigen, die behaupten, Christen zu sein, zu dieser Jahreszeit der Geburt unseres Erlösers gedenken, sollten wir nicht vergessen, wer Jesus wirklich war und welches Beispiel er uns gegeben hat. Jesu Leben und seine Anweisungen zeigen, was er von denjenigen erwartet, die seinen Namen tragen möchten:
„Denn wahrlich, ich sage euch: Bis Himmel und Erde vergehen, wird nicht vergehen der kleinste Buchstabe noch ein Tüpfelchen vom Gesetz, bis es alles geschieht. Wer nun eines von diesen kleinsten Geboten auflöst und lehrt die Leute so, der wird der Kleinste heißen im Himmelreich; wer es aber tut und lehrt, der wird groß heißen im Himmelreich. Denn ich sage euch: Wenn eure Gerechtigkeit nicht besser ist als die der Schriftgelehrten und Pharisäer, so werdet ihr nicht in das Himmelreich kommen“ (Matthäus 5,18-20).
Wenn wir als Christen tatsächlich dem Beispiel Jesus Christus folgen, wenn auch wir von Herzen der geistlichen Bedeutung der Gesetze Gottes gehorsam sind, dann werden andere, die dies sehen, einen Unterschied erkennen können. Vielleicht wird eines Tages sogar Mahatma Gandhi, zu einer anderen Zeit und an einem anderen Ort, sagen können: „Mir gefallen euer Christus und eure Christen. Eure Christen sind eurem Christus sehr ähnlich.“
Hat Jesus das Gesetz abgeschafft?
Hat Jesus die Gebote Gottes abgeschafft? Manche Christen berufen sich auf die Bergpredigt, um ihrer Behauptung Nachdruck zu verleihen, Jesus habe die Gebote für uns erfüllt und uns damit von der Verpflichtung des Gehorsams befreit. In Wahrheit bestätigt Jesus in seiner Bergpredigt das Gesetz Gottes und dessen geistliche Absicht.
Jesus drückte sich in der Bergpredigt unmissverständlich aus: „Ihr sollt nicht meinen, dass ich gekommen bin, das Gesetz oder die Propheten aufzulösen; ich bin nicht gekommen aufzulösen, sondern zu erfüllen“ (Matthäus 5,17). Das griechische Wort pleroo, das als „erfüllen“ übersetzt wird, bedeutet „vollmachen“, „vollfüllen“, „bis ins Detail vollständig machen“, „vollkommen machen“ oder „bis zum Ende durchführen“ (Thayer’s Greek Lexicon, Stichwort „Fulfill“; Strong’s, Nr. 4137).
Weit davon entfernt, das Gesetz abzuschaffen – wie einige behaupten –, sagte Jesus, dass er gekommen war, um das Gesetz zu erfüllen – um es zu vervollständigen bzw. zu vervollkommnen. Das tat er, indem er die geistliche Absicht des Gesetzes erläuterte. In den nachfolgenden Versen von Kapitel 5 des Matthäusevangeliums veranschaulicht Jesus diese Absicht durch mehrere Fallbeispiele. Dabei stellte er das traditionelle Verständnis der Juden der wahren Bedeutung des Gesetzes mit den einleitenden Worten gegenüber: „Ihr habt gehört, dass zu den Alten gesagt ist . . . Ich aber sage euch.“
Jesus schärfte seinen Zuhörern ein, dass sie nicht nur niemanden ermorden sollten, sondern auch das Leben eines jeden Menschen schätzen und bemüht sein sollten, ihre Differenzen mit ihren Mitmenschen friedlich beizulegen (Matthäus 5,21-26). In einem anderen Fallbeispiel machte Jesus klar, dass Ehebruch nicht nur die Handlung selbst, sondern auch das Durchspielen von Ehebruch in Gedanken ist (Matthäus 5,27-32). Somit schaffte Jesus das Gesetz keineswegs ab, sondern erweiterte es in bedeutender Weise.
Was lehrte Jesus in Bezug auf Sünde?
Manche Christen haben es gern, sich nette Geschichten über Jesus anzuhören und sich über die Gnade Gottes und die Sündenvergebung durch Jesus zu freuen, ohne die Notwendigkeit des Gehorsams gegenüber dem Gesetz Gottes und die Konsequenzen der Sünde zur Kenntnis zu nehmen.
Weit davon entfernt, ihren Herrn und Meister zu ehren, verniedlichen solche Christen das Sühneopfer Jesu Christi. Ihr Verhalten zeugt von mangelndem Verständnis der Sünde und deren Auswirkungen.
Was genau ist Sünde? Nach der Bibel ist Sünde die Übertretung des Gesetzes (1. Johannes 3,4).
Jesus lehrte, dass Handlungen, die zu Sünden führen, nicht unter einem falschen Deckmantel der bedingungslosen Gnade toleriert werden, sondern unbedingt abzustellen sind. In Johannes 8 finden wir die Geschichte einer Frau, die beim Ehebruch ertappt wurde. Die religiösen Führer der Juden wollten Jesus eine Falle stellen, indem sie ihn fragten, was mit der Frau geschehen sollte.
Jesus sagte seinen Fragestellern, dass derjenige unter ihnen, der ohne Sünde sei, den ersten Stein werfen sollte. Als die Ankläger alle, einer nach dem andern, abzogen, sagte Jesus: „Wo sind sie, Frau? Hat dich niemand verdammt? Sie antwortete: Niemand, Herr. Und Jesus sprach: So verdamme ich dich auch nicht; geh hin und sündige hinfort nicht mehr“ (Johannes 8,10-11; Hervorhebung durch uns).
Jesus wies sie an, mit der Sünde aufzuhören. Würde Jesus heute seinen wahren Nachfolgern nicht genau dasselbe sagen? Wie sieht es bei uns aus? Stehen wir wirklich in der Nachfolge Jesu Christi?