Von Darris McNeely
Nach dem Scheitern der Camp David-Verhandlungsrunde im vergangenen Sommer konnte man die gewalttätigen Unruhen, die Mitte September in dem Palästinensischen Autonomiegebiet ausbrachen und immer noch andauern, nicht voraussehen. In den langwierigen Friedensgesprächen, bei denen der amerikanische Präsident Bill Clinton als Vermittler wirkte, hatte es nämlich schon mal Hindernisse gegeben, für deren Überwindung mehr Zeit – und eben weitere Gespräche – notwendig gewesen waren.
Diesmal sollte es aber anders sein. In den Gesprächen war man nämlich an ein Hindernis geraten, für dessen Beseitigung die sprichwörtliche Weisheit Salomos wahrscheinlich nicht gereicht hatte: die Hoheit über die Stadt Jerusalem. Ein Artikel in der New York Times faßte die Problematik des gordischen Knotens Jerusalem folgendermaßen zusammen:
„Über Jerusalem reden israelische und palästinensische Führer in der Öffentlichkeit nur selten ohne Schwarz-Weiß-Szenarien. Einerseits ist es die ,ewige, ungeteilte Hauptstadt‘ Israels, andererseits die zukünftige Hauptstadt des palästinensischen Staates – anscheinend unvereinbare Konzepte, die viele intelligente Politiker zu der Empfehlung veranlaßt haben, daß man die Angelegenheit bei den gegenwärtigen, angeblich endgültigen Friedensverhandlungen ungelöst lassen sollte“ (21. Mai 2000).
Der umstrittenste Stadtteil ist der Tempelberg, Standort zweier islamischer Moschees sowie der Westmauer des Tempelgeländes, das vor fast 2000 Jahren von den Römern zerstört wurde. Unmittelbarer Anlaß für eine Zuspitzung der Unruhen unter den Palästinensern war der Besuch des israelischen Politikers Ariel Scharon Ende September auf dem Tempelberg.
Geschichte eines Zankapfels
Streit über Jerusalem ist nichts Neues. In den vergangenen 3000 Jahren erlebte die Stadt mehrmals Belagerung, Zerstörung und Wiederaufbau. Die Weltreligionen Christentum und Islam stritten sich mehrmals um Jerusalem, ein Widerspruch in sich für eine Stadt, deren Name „Gründung des Friedens“ bedeutet. Der britische Autor Aldous Huxley nannte Jerusalem einst – leider nicht zu Unrecht – „das große Schlachthaus der Religionen“.
Der britische Historiker Paul Johnson stellt zur strategischen Bedeutung dieses Gebiets fest: „Ein Blick auf eine Weltkarte macht verständlich, warum die Geschichte des Heiligen Landes derart verwickelt ist. Das Land mag klein sein, aber das Schicksal hat es am Knotenpunkt der Antike plaziert ... Oft wider Willen, oft hilflos fand es sich mitten auf der Bühne der Weltgeschichte, wo es von den wechselnden Dramen mal erhöht, mal erniedrigt wurde“ (Civilisations of the Holy Land, Weidenfeld & Nicolson, London, 1979, Seite 7).
Von 1948 bis 1967 war Jerusalem eine geteilte Stadt. Dazu der Autor Amos Oz: „In den Jahren zwischen 1948 und 1967 war Jerusalem durch Graben und Stacheldraht getrennt. Die Grenze zwischen dem von Jordanien kontrollierten Ost-Jerusalem und dem unter israelischer Hoheit stehenden West-Jerusalem verlief wie ein Irrweg durch zerbombte Häuser und Geisterstraßen; große Narben des Niemandslandes verunstalteten die Stadtmitte“ (Jerusalem: City of Mirrors, 1990, Seite 39).
Die Eroberung des Ostteils der Stadt 1967 durch israelische Elitesoldaten bedeutete die Wiedervereinigung der geteilten Stadt. Seither haben die Israelis den großen Religionen Zugang zu allen heiligen Stätten in Jerusalem gewährleistet.
Internationale Garantien für den Frieden in Jerusalem?
Die seit Ende September andauernde Gewalt zwischen Israelis und Palästinensern unterstreicht nur einmal mehr die dringende Notwendigkeit einer umfassenden Friedensvereinbarung. Wer soll den gordischen Knoten Jerusalem durchtrennen?
Aufgrund der Bedeutung Jerusalems für drei Weltreligionen überrascht es nicht, wenn sich ein Vertreter einer dieser Religionen zu Wort meldet. So rief Papst Johannes Paulus II. am 23. Juli 2000 von seiner Sommerresidenz in Castel Gandolfo aus die Konfliktparteien im Nahen Osten auf, „die Wichtigkeit der geistlichen Dimension der Stadt Jerusalem nicht zu übersehen“.
Der Papst fügte hinzu: „Der Heilige Stuhl vertritt nach wie vor den Standpunkt, daß nur ein besonderer, durch internationale Garantien gesicherter Status die heiligsten Stätten in der Heiligen Stadt wirksam bewahren und Glaubens- und Anbetungsfreiheit für alle Gläubigen, die in der dortigen Region und überall auf der Welt Jerusalem als Scheideweg des Friedens und der Koexistenz sehen, gewährleisten kann“ (L’Osservatore Romano, 26. Juli 2000).
Beim Ausbruch der Unruhen im September wiederholte der Papst seinen Wunsch nach internationalen Friedensbemühungen um den Nahen Osten: „Die Geschichte und der gegenwärtige Stand der Beziehungen unter den Religionen im Heiligen Land sind derart, daß ohne Unterstützung durch die internationale Gemeinschaft kein gerechter und dauerhafter Frieden vorauszusehen ist.“
Wird der Vatikan seine Dienste als Vermittler für den Frieden in Jerusalem anbieten, um den Konflikt zwischen den Nachkommen Abrahams beizulegen? Zusätzlich zu den Kommentaren des Papstes haben einflußreiche israelische und palästinensische Persönlichkeiten seit Beginn der Unruhen auch die Beteiligung der Europäischen Union und der Vereinten Nationen an der Friedenssuche bzw. -sicherung im Nahen Osten gefordert.
Wer hätte vor 75 oder 50 Jahren gedacht, daß Jerusalem eine weit über seine Größe hinausgehende geopolitische Bedeutung haben wird? In den ersten Jahrzehnten des vergangenen Jahrhunderts war Palästina unbedeutend. In den beiden Weltkriegen blieb die Region um Jerusalem von den Kampfhandlungen weitgehend verschont und hatte kaum strategische Bedeutung. Wie sich das in den letzten 50 Jahren geändert hat!
Am interessantesten dabei ist, daß der laut gewordene Ruf nach einer internationalen Friedensmission für Jerusalem die Lösung widerspiegelt, die vor fast 2000 Jahren in der Bibel vorausgesagt wurde: die Übertragung der Hoheit über Jerusalem an eine nichtjüdische bzw. religiöse Macht.
Ruhe vor dem Sturm?
In den kommenden Jahren wird der Tempelberg zunehmend im Mittelpunkt der Spannungen um Jerusalem stehen. Man denke dabei nur an die Tumulte im September, die Ariel Scharons Besuch auf dem Tempelberg auslöste, und an seine kürzliche Ankündigung, den Tempelberg für Juden zugänglich zu machen!
Der Begründer der christlichen Religion, Jesus Christus, beschrieb eine Zeit vor seiner buchstäblichen Rückkehr zur Erde, wenn Jerusalem als Teil einer größeren Auseinandersetzung umkämpft sein wird (Matthäus 24; Lukas 21). Leider sind seine Worte heute den meisten Christen unbekannt.
In seiner Ölbergprophezeiung warnt Jesus vor einer kommenden Zeit beispielloser Unruhe und Bedrängnis. Er ermahnt seine Nachfolger, aus Judäa zu fliehen, wenn sie „das Greuelbild der Verwüstung“ sehen, das der Prophet Daniel voraussagte (Matthäus 24,15-16). Mit dem „Greuelbild“ bezog sich Jesus auf Daniel 11, Vers 31 und Daniel 12, Vers 11. Gott offenbarte Daniel eine kommende „Zeit so großer Trübsal ..., wie sie nie gewesen ist, seitdem es Menschen gibt, bis zu jener Zeit“ (Daniel 12,1).
In Vers 11 erfährt Daniel, daß das Greuelbild der Verwüstung in Verbindung mit der Abschaffung des täglichen Opfers in Jerusalem steht. So unglaublich es auch klingen mag: Opferriten werden in der Zukunft in Jerusalem wieder eingeführt!
Die Zeitschrift Gute Nachrichten ist überzeugt, daß Jesu Worte vor 2000 Jahren die Antwort auf die Frage nach dem Grund für die zunehmende Bedeutung Palästinas und Jerusalems für den Weltfrieden sind. Deshalb widmen wir diesem Gebiet besondere Aufmerksamkeit in unserer Berichterstattung.
Unsere kostenlose Broschüre Biblische Prophezeiung: Ein Blick in Ihre Zukunft? vermittelt Ihnen einen Überblick zu den Ereignissen, die die Bibel für die Zukunft Jerusalems, des Nahen Ostens und der ganzen Welt voraussagt.