Durch die Ausgießung des heiligen Geistes zu Pfingsten vor fast 2000 Jahren wurde die Kirche Gottes ins Leben gerufen. Welche Aufgabe hat sie nun?
Von Paul Kieffer
In der Apostelgeschichte lesen wir im 2. Kapitel einen Augenzeugenbericht über die Geburtsstunde der Kirche Jesu Christi. Viele Bibelleser kennen die wunderbaren Ereignisse jenen Tages – die Versammlung der Nachfolger Christi an einem Ort, als das Rauschen eines gewaltigen Windes wahrgenommen wurde und sich Feuerzungen auf die Anwesenden setzten. Ein weiteres dramatisches Wunder fand statt, als diese Menschen, vom Geist Gottes jetzt erfüllt, in den Sprachen der in Jerusalem versammelten Juden zu sprechen begannen.
Mit diesem Ereignis war sozusagen die Bühne frei für die Fortsetzung des Wirkens Jesu Christi, die Fortsetzung „von allem, was Jesus angefangen hat, zu tun und auch zu lehren“, wie Lukas darüber in seinem Evangelium berichtet hat (Apostelgeschichte 1,1; Elberfelder Bibel, alle Hervorhebungen durch uns). Der Bericht, den Lukas in der Apostelgeschichte abfaßte, zeigt uns, wie Jesus weiterhin wirkte: durch seine Kirche.
Nicht ohne Grund verwendet der Apostel Paulus den bildlichen Ausdruck „Leib“ für die Kirche Gottes, die Jesus, wie er angekündigt hatte, bauen würde. Diesem Leib – der Kirche – ist durch sein Haupt – Jesus – eine Bestimmung zugeordnet: eine Aufgabe, die auf Erden vollbracht werden sollte.
Haben Sie schon mal über diese biblische Analogie nachgedacht? Sie ist nämlich ganz bewußt gewählt! Wie sieht es beispielsweise bei den Menschen aus, deren Existenz gänzlich der Selbsterhaltung gewidmet ist? Leider gibt es heute Millionen von Menschen, die nur von Tag zu Tag überleben wollen. Sie sind von Hunger oder Krieg bedroht. Traurigerweise ist ihr Lebensinhalt nur dazu bestimmt, für ihre unmittelbare körperliche Existenz zu sorgen: Nahrung, Kleidung, die Bedürfnisse des Augenblicks. Für die Zukunft planen, Ziele setzen usw. ist für diese Menschen unmöglich.
Gott hat uns jedoch zu einem viel größeren Zweck geschaffen! Unser Leib existiert nicht einfach „für sich selbst“ – nur, um sich selbst zu erhalten. Es gibt Übergeordnetes: berufliche, private, gesellschaftliche Zielsetzungen aller Art, und auch das oberste Ziel der christlichen Lebensführung: das Reich Gottes. Unser ganzes Leben besteht aus Zielen, kurzfristigen und längerfristigen, die wir zu erfüllen trachten. Man ißt nicht einfach, um sich „am Leben“ zu erhalten, man lebt für Aufgaben.
Seltsam ist es schon, wie ungezählte Menschen in der westlichen Welt haltlos dahin leben. Sie treiben ohne Ziele durchs Leben und kennen keine übergeordnete Aufgabe, wissen nichts über ihre wahre Bestimmung als Mensch, die über das Hinnehmen eines jeden Tages, wie er gerade kommt, weit hinausgeht.
Und wie es mit solchen orientierungslosen Menschen geht, so steht es auch mit manchen Organisationen – sie arbeiten so vor sich hin, ohne eine begeisternde, mitreißende und herausfordernde Aufgabe zu erfüllen, ohne ein inspirierendes Ziel vor Augen zu haben. Solche Gruppen können nur immer schwächer werden, bis sie schließlich eingehen, weil ihnen eine übergeordnete Zielsetzung fehlt.
Jesus gab seiner Kirche einen großen Auftrag
Mit der Kirche Gottes sieht es anders aus. Ihr gab Jesus Christus eine große Aufgabe, die er nur wenige Tage vor seiner Himmelfahrt bestätigt hatte: „Ihr werdet die Kraft des heiligen Geistes empfangen, der auf euch kommen wird, und werdet meine Zeugen sein in Jerusalem und in ganz Judäa und Samarien und bis an das Ende der Erde“ (Apostelgeschichte 1,8).
Mit diesen Worten wiederholte Jesus den großen Auftrag, den er kurz nach seiner Auferstehung seinen Jüngern gegeben hatte. Dieser Auftrag wird von manchen der „Missionsbefehl“ genannt, und wir finden ihn in Matthäus 28, Verse 18-20 und in Markus 16, Verse 15-16. Eine Zusammenstellung dieser Abschnitte sieht folgendermaßen aus (der zitierte Text aus Markus steht in Kursivschrift):
„Mir ist gegeben alle Gewalt im Himmel und auf Erden. Darum gehet hin in alle Welt und predigt das Evangelium aller Kreatur und machet zu Jüngern alle Völker: Taufet sie ... und lehret sie halten alles, was ich euch befohlen habe. Wer da glaubt und getauft wird, der wird selig werden; wer aber nicht glaubt, der wird verdammt werden. Und siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende.“
Wie bei den vielen Menschen in unserer Gesellschaft, die ziellos in den Tag hinein leben, ist manchen Christen der Einsatz für diese große Aufgabe bedauerlicherweise vollkommen gleichgültig. Sie denken lieber inwendig, ichbezogen – auf sich selbst und ihre persönlichen Probleme gerichtet statt mit Blick auf die drängenden Menschheitsprobleme und die große Hoffnung des Reiches Gottes.
Diejenigen, die Gott berufen hat, sind aber zu einer bestimmten Aufgabe berufen. Diese Aufgabe geht weit über unseren Alltag und unser leibliches Wohlergehen hinaus. Und indem diese Aufgabe in unserem Leben vordergründig ist, kann sie uns, sozusagen „nebenbei“, auf dem Weg halten, der ins Reich Gottes führt.
Für die heute Berufenen ist das Erlangen des ewigen Lebens kein Selbstzweck, sondern Teil der großen transzendentalen Bestimmung, die über das individuelle Heil weit hinausgeht. Überlegen wir: Würde Gott seine Gläubigen nur deshalb berufen, damit jeder einzelne persönlich das ewige Leben erlangt, warum beruft er sie dann jetzt schon?
Wozu werden die Erstlinge schon heute zur Kirche Gottes berufen? Offenbar unterliegt der kollektiven Berufung jener, die wirklich bereut haben und zu Gliedern der wahren Kirche Gottes geworden sind, ein globaler Sinn, der in engem Zusammenhang steht mit den chaotischen Zuständen, wie sie heute auf der Welt herrschen. Welcher Zusammenhang besteht nun zwischen dem Elend auf der Welt und dem Auftrag, das wahre Evangelium Christi zu verkünden? Ist Gott das viele Leid gleichgültig? Oder ist er wahrhaft der Gott aller Menschen?
Jesus, ein Mann „voller Schmerzen“
Jesus Christus von Nazareth lebte uns ein Beispiel tiefer, leidenschaftlicher Anteilnahme an den Nöten einer leidenden Welt vor. Er zeigte, daß Gottvater – der barmherzige Gott – in der Tat der Gott aller Menschen ist.
Als Jesus das geistige und körperliche Elend seiner Landsleute sah, „jammerte“ es ihn (Matthäus 9,36; Markus 1,41). Es drängte ihn zu helfen, einzugreifen, die Menschheit von den Folgen ihrer eigenen Torheit zu befreien. Seine Botschaft, die gute Nachricht vom Reich Gottes (Markus 1,14-15), war an die Welt und für die Welt bestimmt. Jesus sagte voraus, daß diese Botschaft in der Zeit unmittelbar vor seiner Wiederkehr zur Warnung und zum Zeugnis „für alle Völker“ – nicht nur für die Kirche oder die Juden – gepredigt werden sollte (Matthäus 24,14).
Der Apostel Paulus predigte dasselbe Evangelium. Den abergläubischen Athenern verkündete er den wahren Gott: „Gott, der die Welt gemacht hat und alles, was darin ist, er, der Herr des Himmels und der Erde, wohnt nicht in Tempeln, die mit Händen gemacht sind. Auch läßt er sich nicht von Menschenhänden dienen, wie einer, der etwas nötig hätte, da er doch selber jedermann Leben und Odem und alles gibt. Und er hat aus einem Menschen das ganze Menschengeschlecht gemacht, damit sie auf dem ganzen Erdboden wohnen, und er hat festgesetzt, wie lange sie bestehen und in welchen Grenzen sie wohnen sollen“ (Apostelgeschichte 17,24-26).
Der große Gott „will nicht, daß jemand verloren werde, sondern daß jedermann zur Buße finde [umkehre]“ (2. Petrus 3,9). Gott sandte seinen Sohn Jesus nicht mit einer selbstsüchtig-individualistischen „Laß mich bloß zufrieden, ich bin jetzt gerettet“-Heilsbotschaft, sondern mit einer universellen Botschaft, die für alle Menschen bestimmt ist: Es soll „ganz Israel gerettet werden“, schreibt Paulus in Römer 11, Vers 26. Alle, die „Christus angezogen“ haben, können zu Abrahams Kindern und damit auch zu Israel gerechnet werden: „Hier ist nicht Jude noch Grieche, hier ist nicht Sklave noch Freier, hier ist nicht Mann noch Frau; denn ihr seid allesamt einer in Christus Jesus. Gehört ihr aber Christus an, so seid ihr ja Abrahams Kinder und nach der Verheißung Erben“ (Galater 3,28-29).
Gottes Botschaft ist eine internationale Botschaft an alle Völker und Nationen. Es geht um das Reich Gottes und um die Rettung des gesamten Menschengeschlechts!
In den bewegenden Worten Davids in Psalm 67 kommt das zum Ausdruck: „Gott sei uns gnädig und segne uns, er lasse uns sein Antlitz leuchten, daß man auf Erden erkenne seinen Weg, unter allen Heiden sein Heil ... Die Völker freuen sich und jauchzen, daß du die Menschen recht richtest und regierst die Völker auf Erden ... Es segne uns Gott, und alle Welt fürchte ihn!“ (Verse 2-3, 5, 8).
Jesu Evangelium ist eine Botschaft bleibenden Friedens, gerechter Herrschaft, blühender Gesundheit und letztlich des Heils für alle Völker und Rassen auf unserer Erde. Es verkündet den Weg zu Weltfrieden und Eintracht, den Weg zur Beendigung allen Hungers, aller Kriege, allen Terrors. Es ist eine Botschaft, die in einer Zeit großer Mutlosigkeit Hoffnung gibt.
Ist Ihr Glaube pharisäerhaft?
Trotz der internationalen Bedeutung des Evangeliums ist die Glaubensausübung mancher wie das Verhalten der Pharisäer: nach innen gewendet, abgekapselt, ichbezogen. Diese Menschen mögen nicht so selbstgerecht sein wie die jüdische Sekte der Antike, sondern gehen aus Herdentrieb in ihre vertraute Kirche. Dort gefällt ihnen die Musik , der Gottesdienst oder die Behaglichkeit der gewohnten Routine. Ihre Religion ist Teil eines behaglichen Lebensstils geworden, in etwa wie der bequeme Sessel vor dem Fernseher nach Feierabend.
Der Gedanke, daß sie als Glied am Leibe Christi eine persönliche Verantwortung für die Verbreitung der frohen Botschaft haben, ist ihnen, wenn auch nicht völlig fremd, lästig. „Über Religion redet man ja nicht“, meinen sie. Dieses „christliche“ Verhalten der Selbstzufriedenen hat zur Folge, daß Leute, ansonsten gute Nachbarn oder Kollegen, einander auf religiösem Gebiet überhaupt nicht kennen.
Wer seine Aufmerksamkeit hauptsächlich der eigenen Errettung widmet, hat die große, gemeinsame Aufgabe der heute Berufenen aus dem Blick verloren. Er hat vergessen – oder hat es nie richtig erfaßt –, daß das wahre Evangelium Jesu damit zu tun hat, auch so vielen anderen Menschen die Heilsbotschaft zu bringen.
Jesus verglich das Evangelium vom Reich Gottes mit einem „verborgenen Schatz im Acker“ und einer „kostbaren Perle“ (Matthäus 13,44-46). Dieses Evangelium verkündet eine Zukunft, die letztendlich alle Menschen betreffen wird: Gottes Herrschaftsordnung auf Erden, die Jesus bei seiner Wiederkehr einführen wird.
Alle, die diese Botschaft heute hören und sich ihr fügen, werden Anteil an dieser zukünftigen Weltregierung haben (Offenbarung 5,10; 20,4). Jesus zur Seite stehend werden sie dazu beitragen, daß viele Söhne und Töchter „zur Herrlichkeit geführt“ werden (Hebräer 2,10). Das wahre Evangelium ist also eine gebende, erlösende, befreiende statt eine nach innen gerichtete Botschaft.
Ein Wahrzeichen des Messias
In der heutigen Gesellschaft wäre Johannes der Täufer ein „seltsamer Vogel“ gewesen. Er lebte in der Wüste, aß Heuschrecken und wilden Honig und war derart enthaltsam, daß seine Mitmenschen ihn sogar für besessen hielten (Matthäus 11,18). Als Johannes „im Gefängnis von den Werken Christi hörte“ (Vers 2), sandte er zwei seiner Jünger zu Jesus hin, damit sie sich über ihn erkundigten. Die Johannes-Jünger fragten: „Bist du es, der da kommen soll, oder sollen wir auf einen andern warten?“ (Vers 3).
Jesus antwortete ihnen: „Geht hin und sagt Johannes wieder, was ihr hört und seht: Blinde sehen und Lahme gehen, Aussätzige werden rein und Taube hören, Tote stehen auf, und Armen wird das Evangelium gepredigt; und selig ist, wer sich nicht an mir ärgert“ (Verse 4-5).
In seiner Antwort nannte Jesus diverse Früchte seines Wirkens, nach dem Prinzip, daß man den Baum an seinen Früchten erkennen kann (Matthäus 7,16-20). Er wies auf die Wunderheilungen hin, die als kraftvolles Zeugnis seines messianischen Auftretens dienten. Als ein gleich wichtiges Merkmal seines Wirkens nannte Jesus zum Schluß das Predigen des Evangeliums! Mit den „Armen“ sind nicht allein oder gar vordergründig notleidende, sondern geistlich arme Menschen gemeint (vgl. dazu Offenbarung 3,17).
Das Predigen dieses Evangeliums war von Anfang an auch ein Wahrzeichen der Jünger Jesu. In Matthäus 10, Verse 5-7 lesen wir dazu: „Diese Zwölf [die Apostel] sandte Jesus aus, gebot ihnen und sprach: Geht nicht den Weg zu den Heiden und zieht in keine Stadt der Samariter, sondern geht hin zu den verlorenen Schafen aus dem Hause Israel. Geht aber und predigt und sprecht: Das Himmelreich ist nahe herbeigekommen.“ Das waren genau dieselben Worte, mit denen Jesus selbst zu predigen begonnen hatte (Markus 1,15).
Auf dieser ersten Reise sollten sich die zwölf Apostel auf die Städte und Dörfer Judas konzentrieren. Am Abend vor seinem Tod sagte Jesus, daß seine wahren Jünger einen Auftrag „in der Welt“ haben: „Wie du mich gesandt hast in die Welt, so sende ich sie auch in die Welt“ (Johannes 17,18). Wie kam Jesus in die Welt? Er kam als „das Wort“, logos, der Sprecher Gottes (Johannes 1,1-3. 14), der eine Botschaft an die Menschen überbrachte. Der Verkündigungsauftrag der Kirche richtet sich an die Welt, in die sie gesandt wird.
In seinem Gebet hatte Jesus nicht nur die Jünger jener Zeit im Sinn. Er dachte auch an die nachfolgenden Generationen: „Ich bitte aber nicht allein für sie, sondern auch für die, die durch ihr Wort an mich glauben werden“ (Johannes 17,20). Jesus sagte klar voraus, daß Menschen aufgrund des gepredigten Wortes an ihn glauben würden.
Auf die Verkündigung des Wortes hin entstand also eine Gruppe von Gläubigen, die zur Kirche wurde. So gesehen war die Kirche ein „Nebenprodukt“ des Predigens vom Reich Gottes. Fazit: Wäre nicht das Evangelium der Welt gepredigt worden, gäbe es gar keine Kirche!
Auch das Überleben der Kirche steht in enger Verbindung zum Verkündigungsauftrag. Paulus sagt über den Kreislauf des Evangeliums, der mit dem Predigen beginnt: „Wie sollen sie aber den anrufen, an den sie nicht glauben? Wie sollen sie aber an den glauben, von dem sie nichts gehört haben? Wie sollen sie aber hören ohne Prediger?“ (Römer 10,14).
Nachdem das Evangelium gepredigt worden ist und dadurch Menschen zur Kirche berufen wurden, machen es diese Berufenen wiederum durch ihr Gebet, ihren persönlichen Einsatz als Lichter in der Welt, ihre gemeinschaftliche Mitarbeit und ihre finanzielle Unterstützung möglich, daß das wahre das wahre Evangelium noch noch mehr Menschen verkündet werden kann. Der Fortbestand der Kirche hängt im wesentlichen mit ihrem Einsatz für das Predigen der frohen Botschaft zusammen.
Aufgrund ihrer Enttäuschung kehrten manche Anhänger der Bewegung „Kirche Gottes“ in den letzten zehn bis fünfzehn Jahren dem Predigen des Evangeliums den Rücken zu. Sie ziehen es vor, sich in kleinen Gruppen mit anderen Enttäuschten zu treffen, ohne eine Bindung zu irgendeiner Gruppe oder Organisation einzugehen. Ihre Nichtbeteiligung am Predigen des Evangeliums begründen sie mit der Behauptung, das Evangelium sei bereits gepredigt worden – anscheinend restlos.
Sie meinen, es genüge heute, ein gutes Beispiel zu geben – dadurch würde Gott neue Menschen berufen können. Diese Sichtweise ist schlichtweg falsch und läßt sich relativ leicht widerlegen. Kein Christ hat jemals ein besseres Beispiel einer gerechten Lebensführung vorgelegt als Jesus Christus in den ersten 30 Jahren seines Lebens. Wie viele Jünger bekehrten sich zu Jesus in diesen 30 Jahren allein aufgrund seiner vollkommen gerechten Lebensweise? Kein einziger! Erst als Jesus anfing, das Evangelium vom Reich Gottes zu predigen, gewann er „Anhänger“.
Nun, die Enttäuschung solcher Menschen mag durchaus verständlich sein, ihr daraus resultierendes Verhalten hingegen leugnet Jesus, der die Verkündigung des Wortes bis zum Ende dieses Zeitalters anordnete (Matthäus 28,20; 24,14). Darüber hinaus setzen sich diese Gläubigen möglicherweise dem Vorwurf der Heuchelei aus. Wieso das?
Ihre Gemeinschaft in Hauskreisen mit anderen Gläubigen der „Kirche Gottes“-Bewegung ist nur deshalb möglich, weil ihnen allen einmal in der Vergangenheit das wahre Evangelium gepredigt worden ist! Ohne dieses gemeinsame Erlebnis wären diese Menschen nicht gleichgesinnt und hätten nie zueinander gefunden. Da sie sich nicht am „Kreislauf des Evangeliums“ beteiligen, ist ihre Gemeinschaft zum Aussterben verurteilt.
In Jesu Fußstapfen treten
Jesus, der die Botschaft nur in Galiläa, Judäa und der unmittelbar angrenzenden Umgebung predigte, schuf mit seinem Beispiel einen „Präzedenzfall“ für alle nachfolgenden Generationen. In den dreieinhalb Jahren seines Wirkens lehrte er und schulte seine Jünger, teils durch Unterweisung in der Heiligen Schrift, teils durch das praktische Vorbild seiner gerechten Lebensführung.
Wie wir gelesen haben, sandte er sie aus und gebot ihnen, die Botschaft zu predigen. Nach seiner Auferstehung von den Toten bekräftige Jesus die Gültigkeit dieses Auftrags an seine Jünger, und über sie an alle, die aufgrund ihres Wortes an ihn glauben werden. So gesehen richtet sich der Auftrag, das Evangelium zu predigen, als gemeinschaftliche Aufgabe an alle Christen aller Zeiten.
Wie der Bericht des Neuen Testamentes zeigt, führten die Jünger diesen Auftrag aus. Unter großem persönlichen Einsatz predigten sie das Evangelium im Römischen Reich. Paulus, der einige Jahre später als die ersten Apostel berufen wurde, trug das Verkündigungswerk unter den Heiden weiter. Bei der Erfüllung dieses Auftrags war er von großem Sendungsbewußtsein erfüllt, verknüpft mit einer persönlichen Bescheidenheit: „Denn daß ich das Evangelium predige, dessen darf ich mich nicht rühmen; denn ich muß es tun. Und wehe mir, wenn ich das Evangelium nicht predigte!“ (1. Korinther 9,16).
Den Hauptgrund für seine Berufung sah Paulus in dem Predigen des Wortes: „Paulus, ein Knecht Christi Jesu, berufen zum Apostel, ausgesondert, zu predigen das Evangelium Gottes“ (Römer 1,1). Nicht einmal zwei Jahre Hausarrest, als er auf seine Gerichtsverhandlung vor dem römischen Kaiser wartete, hielt ihn davon ab, das Evangelium vom Reich Gottes zu predigen (Apostelgeschichte 28,30-31).
In Jesu Fußstapfen nachzufolgen bedeutet auch Verfolgung um des Wortes willen (Johannes 15,20).
In den ersten 30 Jahren seines Lebens wurde Jesus nicht wegen seiner vollkommenen Lebensführung verfolgt. Erst als er zu predigen begann, setzte die Verfolgung ein. So verhält es sich auch im Leben seiner Nachfolger: Mit dem Predigen des Evangeliums kommt auch die Möglichkeit der Verfolgung.
Der wahre Nachfolger Jesu kann sich auf den Widerspruch seiner Mitmenschen einstellen: „Denn dazu seid ihr berufen, da auch Christus gelitten hat für euch und euch ein Vorbild hinterlassen, daß ihr sollt nachfolgen seinen Fußtapfen“ (1. Petrus 2,21).
Bis auf Johannes sind anscheinend alle der ersten Apostel als Märtyrer gestorben. In seinem zweiten Brief an die Gemeinde zu Korinth (Kapitel 11) listete Paulus die Dinge auf, die er wegen seines Einsatzes für das Evangelium ertragen mußte: Schläge, Gefängnis, Schiffbruch, Gefahren aller Art, Hunger und Durst, Steinigung, Frost und Blöße. Alle diese Dinge hielten ihn und die anderen Apostel jedoch nicht davon ab, das Evangelium vom Reich Gottes zu verkünden.
Das Evangelium, das Jesus predigte, ist eine Herausforderung an diejenigen, die es vernehmen. Sie sind aufgerufen, ihre Denk- und Handlungsweise von Grund auf zu ändern. Es wundert daher nicht, daß das Predigen des Evangeliums Verfolgung geradezu provoziert. Trotzdem hat die Kirche Jesu, die zu Pfingsten des Jahres 31 n. Chr. gegründet wurde, die Aufgabe, die Botschaft furchtlos und freimütig zu predigen.
Jesu Jünger handelten in diesem Sinne. Sie erfüllten die Aufgabe unter großen persönlichen Opfern, bis hin zum Märtyrertod. In seinem Bemühen, das Evangelium zu predigen, war Paulus besonders selbstlos. Um seiner jüdischen Brüder willen wäre er bereit gewesen, auf seine eigene Rettung zu verzichten, um ihnen das Eingehen ins Reich Gottes zu ermöglichen. Ihm ging es immer darum, anderen die Tür zu diesem Reich – zu ewigem Leben – zu öffnen, statt sich in die Erkenntnis „zurückzuziehen“, daß Gott ihn berufen hatte und daß damit seine Zukunft gesichert sei.
Ewiges Leben – das Heil – und das Predigen des Evangeliums sind unzertrennlich miteinander verknüpft! Ohne Evangelium kein Heil: einen anderen Weg, der daran vorbeiführt, gibt es nicht. Die heute Berufenen haben, zusammen mit dem Haupt der Kirche, Jesus Christus, die Aufgabe, die Menschen zur wichtigsten Entscheidung überhaupt aufzurufen: „Ich habe euch Leben und Tod, Segen und Fluch vorgelegt, damit du das Leben erwählst und am Leben bleibst, du und deine Nachkommen“ (5. Mose 30,19).