Die Erlösung wird zu Recht mit dem Sühneopfer Jesu Christi verknüpft. Welche Bedeutung hat die Erlösung in Verbindung mit Jesu Opfer?
Von John Ross Schroeder
Menschen besitzen von frühestem Kindesalter an den Wunsch, sich von Schuld zu befreien, wenn ihnen bewußt wird, daß sie etwas falsch gemacht haben. Es gibt kaum etwas Wichtigeres als ein reines Gewissen. Wenn eine Person vor Gott die Sünden zugibt, die sie begangen hat, ist es immer ein wichtiger Augenblick.
Israels König David sagte: „Denn als ich es wollte verschweigen, verschmachteten meine Gebeine durch mein tägliches Klagen. Denn deine Hand lag Tag und Nacht schwer auf mir ... Darum bekannte ich dir meine Sünde, und meine Schuld verhehlte ich nicht. Ich sprach: Ich will dem Herrn meine Übertretungen bekennen. Da vergabst du mir die Schuld meiner Sünde“ (Psalm 32,3-5; alle Hervorhebungen durch uns).
Was aus diesem aufrichtigen Geständnis resultieren sollte, ist Gott sehr wichtig. David sagte Gott in einem weiteren Bußpsalm, nachdem er zwei Kapitalsünden begangen hatte: „Schaffe in mir, Gott, ein reines Herz, und gib mir einen neuen, beständigen Geist“ (Psalm 51,12).
Ein weiterer Aspekt von Reue – dem festen Entschluß zur Abkehr von der Sünde – muß das Schuldgeständnis begleiten. Wenn das geschieht, ist uns Gottes Vergebung absolut sicher. Warum ist das so? Warum verpflichtet Gott sich dann, alle Übertretungen seines großen geistlichen Gesetzes, ganz gleich wie schwerwiegend, vollständig zu vergeben?
Alle Christen wissen, daß das Opfer Jesu Christi die Antwort auf diese Frage ist. Jesus sagte selbst: „Denn also hat Gott [der Vater] die Welt geliebt, daß er seinen eingeborenen Sohn gab, damit alle, die an ihn glauben, nicht [ewiglich] verloren werden, sondern das ewige Leben haben“ (Johannes 3,16).
Das Opfer Christi verstehen
Um uns dabei zu helfen, die verschiedenen Aspekte des Opfers Jesu Christi besser zu verstehen, finden wir in der Bibel verschiedene praktische Metaphern. Es handelt sich hierbei um Konzepte, die allen Christen gut bekannt sein sollen. So werden in der Schrift z. B. Geschichten aus dem Justizwesen verwendet, um den rechtlichen Begriff „Rechtfertigung“ zu verdeutlichen. Um das Opfer Christi in bezug auf das Konzept der „Erlösung“ zu verstehen, müssen wir jedoch zum Marktplatz gehen.
Erlösung bedeutet, was das vergossene Blut Christi angeht, im wesentlichen die Errettung vom Tod durch die Zahlung eines sehr hohen „Lösegeldes“. Dieses Sinnbild finden wir auf dem Marktplatz. Dort hat „Lösen“ die Bedeutung von „zurückzahlen“ bzw. „auslösen“, wie beispielsweise bei der Übernahme eines Grundstücks.
Bereits im Alten Testament, das uns „zur Seligkeit durch den Glauben an Christus Jesus“ unterweisen kann (2. Timotheus 3,16), kommt die Erlösung vor – Israels Errettung aus Ägypten. Sie spielte sich auf nationaler Ebene ab. Es gibt aber auch persönliche Beispiele von Gottes Erlösung.
Der Patriarch Jakobus bezeugt diese Tatsache. Bei der Segnung seines Sohnes Josef sprach er von dem „Gott, vor dem meine Väter Abraham und Isaak gewandelt sind, der Gott, der mein Hirte gewesen ist mein Leben lang bis auf diesen Tag, der Engel [Bote], der mich erlöst hat von allem Übel“ (1. Mose 48,15-16). Höchstwahrscheinlich war dieser „Engel“ (das hebräische Wort bedeutet „Bote“) niemand anderer als das ewig existierende „Wort“, das im Johannesevangelium, Kapitel 1, Verse 1 bis 3 und Vers 14 erwähnt wird – der spätere Jesus Christus.
Im Neuen Testament erfahren wir, daß Abraham, Isaak und Jakob im zukünftigen Reich Gottes sein werden (Matthäus 8,11). Deshalb mußten sie schon vor dem irdischen Erscheinen Jesu erlöst worden sein. „Nach dieser Seligkeit haben gesucht und geforscht die Propheten, die von der Gnade geweissagt haben, die für euch bestimmt ist, und haben geforscht, auf welche und was für eine Zeit der Geist Christi deutete, der in ihnen war und zuvor bezeugt hat die Leiden, die über Christus kommen sollten, und die Herrlichkeit danach“ (1. Petrus 1,10-11).
König David von Israel erfuhr während seiner turbulenten Amtszeit als Herrscher der zwölf Stämme Israels die persönliche Errettung bei vielen Schwierigkeiten und Problemen. In einem seiner zahlreichen inbrünstigen Gebete bat er seinen Schöpfer: „Nahe dich zu meiner Seele und erlöse sie“ (Psalm 69,19).
In einem anderen Psalm schrieb er: „Lobe den Herrn, meine Seele, und vergiß nicht, was er dir Gutes getan hat: der dir alle deine Sünde vergibt und heilet alle deine Gebrechen, der dein Leben vom Verderben erlöst“ (Psalm 103,2-4).
David freute sich auf das Opfer Jesu Christi und wurde von Gott inspiriert, in seinen Psalmen von den Ereignissen zu berichten, die ungefähr tausend Jahre später bei Jesu Kreuzigung eintraten. Die Segnungen, die David erwähnte, sind alle mit dem Opfer Jesu Christi verknüpft.
Gekauft und bezahlt
Im Alten Testament wurde, wie schon erwähnt, der Begriff Lösen bei Geschäften verwendet. Man konnte z. B. ein Feld zurückfordern, das vielleicht durch den Konkurs eines Bruders an Gläubiger verloren worden war. Es konnte „eingelöst“ bzw. zurückgekauft werden (siehe Ruth 4,4. 6 bzw. 3. Mose 25,23-25).
In gleicher Weise löste uns Jesus Christus von den Auswirkungen unserer Sünden aus. Er kaufte uns zurück, indem er ein sehr hohes Lösegeld bezahlte. Wir alle wurden, geistlich gesehen, von Satan dem Teufel (dem Erzfeind Gottes und der Menschheit) sozusagen entführt. Aber das Blut Christi reicht als Lösegeld für alle Menschen vollkommen aus. Einige neutestamentliche Schriftstellen erklären diese wichtige Grundwahrheit.
Der Apostel Paulus betonte: „Oder wißt ihr nicht, daß ... ihr nicht euch selbst gehört? Denn ihr seid teuer erkauft“ (1. Korinther 6,19-20). Der Apostel Petrus erklärt, wie hoch dieser Kaufpreis ist: „Denn ihr wißt, daß ihr nicht mit vergänglichem Silber oder Gold erlöst seid von eurem nichtigen Wandel nach der Väter Weise, sondern mit dem teuren Blut Christi als eines unschuldigen und unbefleckten Lammes“ (1. Petrus 1,18-19).
Jesus war ganz und gar sündenlos! Er starb für unsere Sünden und hat sie alle auf sich genommen. „So ist auch Christus einmal geopfert worden, die Sünden vieler wegzunehmen“ (Hebräer 9,28). Unser Messias erklärte, „daß er ... sein Leben ... als Lösegeld für viele“ gab (Markus 10,45). Und Paulus fügt hinzu: „In ihm haben wir die Erlösung, die Vergebung der Sünden“ (Kolosser 1,14; Elberfelder Bibel).
„Ewige Erlösung“ erhalten
Der Hebräerbrief weist uns darauf hin, daß Christus „durch sein eigenes Blut ein für allemal in das Heiligtum eingegangen [ist] und hat eine ewige Erlösung erworben“ (Hebräer 9,12). Diese Schriftstelle zeigt uns, daß die Erlösung durch Jesus Christus eine ewige Erlösung ist. Sie hat eine andauernde Wirkung bis in die Zukunft hinein – ins ewige Leben in der Familie Gottes und seinem zukünftigen Reich.
In einem Sinne hat die Erlösung mit der Vergangenheit zu tun, denn unsere vergangenen Sünden sind durch das Blut Christi vergeben. Die Erlösung hat aber auch mit der Zukunft zu tun, denn letztendlich wird sogar die Passahfeier „erfüllt sein ... im Reich Gottes“ (Lukas 22,16; Elberfelder Bibel).
In dem letzten Buch der Bibel, der Offenbarung, beschreibt der Apostel Johannes 24 Älteste (mächtige Engel, die im Himmel wohnen), die ein Lied über die Heilstaten Jesu singen: „Denn du bist geschlachtet und hast mit deinem Blut Menschen für Gott erkauft aus allen Stämmen und Sprachen und Völkern und Nationen und hast sie unserm Gott zu Königen und Priestern gemacht, und sie werden herrschen auf Erden“ (Offenbarung 5,9-10).
Die Heilige Schrift knüpft unsere Erlösung von der Sünde durch Christi Blut an unsere zukünftige Rolle als Mitregierende, die Jesus bei seiner kommenden tausendjährigen Regierung helfen werden (Offenbarung 20,1-4).
Jesus Christus selbst sprach kurz vor seinem Tod auf dem Ölberg über dieses zukünftige Ereignis. „Und alsdann werden sie sehen den Menschensohn kommen in einer Wolke mit großer Kraft und Herrlichkeit. Wenn aber dieses anfängt zu geschehen, dann seht auf und erhebt eure Häupter, weil sich eure Erlösung naht“ (Lukas 21,27-28). Auch der Apostel Paulus erwähnte diese zukünftige Zeit: „Und betrübt nicht den heiligen Geist Gottes, mit dem ihr versiegelt seid für den Tag der Erlösung“ (Epheser 4,30).
Dies geschieht beim zweiten Kommen Christi, wenn die Erstlinge Gottes, die ihm über die Jahrhunderte treu gedient haben, zum ewigen Leben auferstehen werden. Paulus war in der Lage, seine bevorstehende Hinrichtung mit Fassung zu ertragen, weil er sich auf diesen „Tag der Erlösung“ freute: „Denn ich werde schon geopfert, und die Zeit meines Hinscheidens ist gekommen. Ich habe den guten Kampf gekämpft, ich habe den Lauf vollendet, ich habe Glauben gehalten; hinfort liegt für mich bereit die Krone der Gerechtigkeit, die mir der Herr, der gerechte Richter, an jenem Tag geben wird, nicht aber mir allein, sondern auch allen, die seine Erscheinung lieb haben“ (2. Timotheus 4,6-8).
Für Paulus war diese zukünftige endgültige Erlösung eine konsequente Fortsetzung der Erlösung, die er in seinem Leben bereits erfahren hatte: „Bei meinem ersten Verhör stand mir niemand bei, sondern sie verließen mich alle. Es sei ihnen nicht zugerechnet. Der Herr aber stand mir bei und stärkte mich, damit durch mich die Botschaft ausgebreitet würde und alle Heiden sie hörten, so wurde ich erlöst aus dem Rachen des Löwen. Der Herr aber wird mich erlösen von allem Übel und mich retten in sein himmlisches Reich“ (2. Timotheus 4,16-18).
Paulus erkannte bereits zu seiner Zeit, wie sehr die Gesellschaft sich von Gott entfernt hatte. Er wußte, daß die ganze Welt die Erlösung durch Gott braucht: „Denn wir wissen, daß die ganze Schöpfung bis zu diesem Augenblick mit uns seufzt und sich ängstet. Nicht allein aber sie, sondern auch wir selbst, die wir den [heiligen] Geist als Erstlingsgabe haben, seufzen in uns selbst und sehnen uns nach der Kindschaft, der Erlösung unseres Leibes“ (Römer 8,22-23).
Die endgültige Erlösung von Fleisch und Blut
Mit der „Erlösung unseres Leibes“ weist Paulus auf die endgültige Erlösung hin, die treuen Christen bevorsteht: die Erlösung von Fleisch und Blut. Unsere Erlösung beginnt mit dem Aufheben der Todesstrafe, die wir mit unseren Sünden „verdient“ hatten (Römer 6,23).
Solange wir bei unserer neuen inneren Haltung der Bejahung der Wege Gottes und seines Gesetzes bleiben, sind wir erlöst – auch wenn wir straucheln und sündigen: „Ich elender Mensch! Wer wird mich erlösen von diesem todverfallenen Leibe? Dank sei Gott durch Jesus Christus, unsern Herrn! So diene ich nun mit dem Gemüt dem Gesetz Gottes, aber mit dem Fleisch dem Gesetz der Sünde. So gibt es nun keine Verdammnis für die, die in Christus Jesus sind“ (Römer 7,24-25; 8,1).
Die Erlösung von dem „todverfallenen Leib“ geschieht bei der Auferstehung, wenn wir den endgültigen Sieg über die Sünde erringen: „Denn dies Verwesliche muß anziehen die Unverweslichkeit, und dies Sterbliche muß anziehen die Unsterblichkeit. Wenn aber dies Verwesliche anziehen wird die Unverweslichkeit und dies Sterbliche anziehen wird die Unsterblichkeit, dann wird erfüllt werden das Wort, das geschrieben steht: Der Tod ist verschlungen vom Sieg. Tod, wo ist dein Sieg? Tod, wo ist dein Stachel? Der Stachel des Todes aber ist die Sünde ... Gott aber sei Dank, der uns den Sieg gibt durch unsern Herrn Jesus Christus!“ (1. Korinther 15,53-57).
Letztendlich bedeutet die Erlösung ewiges Leben im Reich Gottes. Wir sollten die Worte von König David nie vergessen: „Wohl dem, dem die Übertretungen vergeben sind, dem die Sünde bedeckt ist!“ (Psalm 32,1).