Gott beschrieb eines seiner Gebote als ein „Testgebot“. Um welches Gebot handelt es sich? Was wollte er testen? Hat die Menschheit den Test bestanden? Und Sie?
Von Scott Ashley
Macht es einen Unterschied, ob wir die Zehn Gebote halten oder nicht? Die meisten Christen würden sicher mit „ja“ antworten. Doch wie steht es mit dem vierten Gebot, „Gedenke des Sabbattages, dass du ihn heiligest“ (2. Mose 20,8)? Erwartet Gott wirklich von uns, jede Woche einen ganzen Tag zu reservieren, an dem wir nicht arbeiten sollen? Ist es in unserer modernen Welt überhaupt noch realistisch, sich jede Woche einen ganzen Tag freizunehmen? Und ist Gott mit diesem einen Gebot wirklich auch so kleinlich, wie er es bei den anderen neun zu sein scheint?
Wenn wir den Sabbattag heiligen sollen, müssen wir aber erst einmal herausfinden, um welchen Tag es sich überhaupt handelt. Wie die meisten Leute, dachte auch ich wie selbstverständlich, der Sabbat sei der Sonntag. Schließlich war dies der Tag, an dem viele meiner Freunde und Verwandten eher zur Kirche gingen als zur Arbeit.
Doch dann fand ich heraus, dass einige Leute nicht den Sonntag, sondern den Samstag als Ruhetag halten. Welcher ist der wahre Sabbattag? Und spielt es wirklich eine Rolle?
Es scheint offensichtlich, dass die meisten Menschen das vierte Gebot nicht allzu ernst nehmen. Samstags wie sonntags füllen Menschen die Vergnügungsparks, die Kinos und Sportstadien. Nicht wenige nutzen die freie Zeit, um Hausarbeiten zu erledigen, wenn sie damit ihre Nachbarn nicht stören.
Der Sabbat scheint wirklich das am meisten ignorierte Gesetz der Zehn Gebote zu sein. Das Gebot, an welches wir uns besonders erinnern sollten, ist offensichtlich das, welches wir am ehesten vergessen.
Das vierte Gebot
Sehen wir uns das vierte Gebot genauer an, um seine Bedeutung besser zu verstehen: „Gedenke des Sabbattages, dass du ihn heiligest. Sechs Tage sollst du arbeiten und alle deine Werke tun. Aber am siebenten Tage ist der Sabbat des Herrn, deines Gottes. Da sollst du keine Arbeit tun, auch nicht dein Sohn, deine Tochter, dein Knecht, deine Magd, dein Vieh, auch nicht dein Fremdling, der in deiner Stadt lebt. Denn in sechs Tagen hat der Herr Himmel und Erde gemacht und das Meer und alles, was darinnen ist, und ruhte am siebenten Tage. Darum segnete der Herr den Sabbattag und heiligte ihn“ (2. Mose 20,8-11).
Betrachten wir das Sabbatgebot nun einmal Stück für Stück:
• „Gedenke des Sabbattages“: Der Sabbat ist etwas, woran wir uns erinnern sollen. Viele meinen, dass Gott die Menschen an dieser Stelle zum ersten Mal dazu auffordert, den Sabbat zu halten. Doch die Tatsache, dass er uns gebietet, uns an den Sabbat zu erinnern, sollte uns helfen zu verstehen, dass er schon lange existierte, noch bevor die Israeliten die Zehn Gebote am Berg Sinai erhielten.
In Wahrheit hatte Gott den Sabbat den Israeliten schon in 2. Mose, Kapitel 16 verkündet. Doch wie wir sehen werden, gehen seine Ursprünge noch viel weiter zurück. Der Sabbat soll als eine Erinnerung gehalten werden – eine Erinnerung an etwas sehr Wichtiges.
• „dass du ihn heiligest“: Der Sabbat soll geheiligt werden. Heiligen bedeutet, dass etwas ausschließlich für göttlichen Gebrauch bestimmt wird und nicht für unseren eigenen Gebrauch.
• „Aber am siebenten Tage ist der Sabbat“: Der Sabbat ist der siebte Tag der Woche. Er beginnt jeden Freitagabend bei Sonnenuntergang und endet am Sonnenuntergang des darauffolgenden Samstags (vgl. mit 3. Mose 23,32). Viele Menschen gehen am Sonntag in die Kirche – wobei der Sonntag eigentlich der erste Tag der Woche ist, wie wir es auch in vielen Kalendern weltweit und fast allen Nachschlagewerken finden können.
• „der Sabbat des Herrn, deines Gottes“: Der Sabbat kommt von und gehört Gott, und nicht den Juden, wie viele annehmen.
• „Da sollst du keine Arbeit tun“: Ein wesentlicher Aspekt der Heiligung des Sabbats beinhaltet, dass man an diesem Tag nicht arbeitet.
• „auch nicht dein Sohn, deine Tochter“: Der Sabbat soll von allen Mitgliedern des Haushaltes gehalten werden, auch von Angestellten und Gästen. Sogar Tieren ist der Sabbat als Ruhetag gegeben.
• „Denn in sechs Tagen hat der Herr Himmel und Erde gemacht und das Meer und alles, was darinnen ist, und ruhte am siebenten Tage“: Hier sehen wir, woran der Sabbat uns erinnern soll. Er steht in Verbindung mit Gottes Schöpfung in 1. Mose 1 und zeigt ihn als wahren Gott und Schöpfer, als in jeder Hinsicht verschieden von allen falschen Göttern, die der menschlichen Fantasie entsprangen.
Nachdem Gott Adam und Eva am sechsten Tage erschaffen hatte, ruhte er am siebten Tag (1. Mose 1,27 – 2,3). Damals setzte er den Sabbat in der Anwesenheit der ersten beiden menschlichen Wesen in Kraft – lange bevor es die Nation Israel oder das Volk der Juden gab. Gott ruhte an diesem ersten Sabbat und gab uns ein Beispiel, dem wir nachfolgen sollen.
• „Darum segnete der Herr den Sabbattag und heiligte ihn“: Und wieder sehen wir, dass es Gott war, der den Sabbat einsetzte und heiligte. Per Definition ist es Gott alleine, der etwas heiligen und für seinen eigenen Gebrauch bestimmen kann.
Als Menschen können wir nichts heiligen. Wenn wir etwas entweihen, was Gott geheiligt hat, bleibt es in Wirklichkeit geheiligt – ein wichtiger Gedanke bei der Untersuchung, ob der Sabbat für uns bindend ist, und wenn ja, an welchem Tag wir ihn halten sollen.
„Dass ich es prüfe“
In 2. Mose, Kapitel 16 finden wir ein beachtenswertes Ereignis. Einige Wochen bevor Gott den Israeliten die Zehn Gebote am Berg Sinai übergab, klagte das Volk darüber, dass es nicht genug zu essen hatte. Achten wir auf Gottes Worte, als er Mose ankündigte, dass er das Volk auf ihrer Reise von nun an mit Manna versorgen würde.
„Da sprach der Herr zu Mose: Siehe, ich will euch Brot vom Himmel regnen lassen, und das Volk soll hinausgehen und täglich sammeln, was es für den Tag bedarf, dass ich’s prüfe, ob es in meinem Gesetz wandle oder nicht. Am sechsten Tage aber wird’s geschehen, wenn sie zubereiten, was sie einbringen, dass es doppelt so viel sein wird, wie sie sonst täglich sammeln“ (Verse 4-5; alle Hervorhebungen durch uns).
Hier können wir vieles über die Bedeutung des Sabbats lernen. Zuerst sehen wir, dass Gott das Volk prüfen möchte. Was möchte er prüfen? „Ob es in meinem Gesetz wandle oder nicht.“
Gott kündigte schon mehrere Wochen, bevor er die Zehn Gebote am Berg Sinai in Stein schrieb, an, dass er testen würde, ob die Israeliten ihm gehorsam sein würden oder nicht. Seine Worte sagen uns ganz klar, dass sein göttliches Gesetz bereits existierte (siehe auch Vers 28; 1. Mose 26,5). Schon bald würde er es erneut am Berge Sinai verkünden.
Wenn wir in den Versen 15-30 weiterlesen, sehen wir, dass Gott sie an jedem Tage der Woche mit Manna versorgte, doch an jedem außer einem!
Am sechsten Tage der Woche, den wir heute Freitag nennen, sollte jeder Haushalt doppelt soviel Manna sammeln wie gewöhnlich. Denn am Sabbat würde es kein Manna geben und niemand sollte den Sabbat brechen, indem er auszöge, es zu sammeln. Der Sabbat würde nicht einfach irgendein beliebiger Tag sein, sondern er war ein ganz bestimmter Tag der Woche.
Während der vierzig Jahre tat Gott immer wieder Wunder, um zu bestätigen, welcher Tag genau der Sabbattag ist. Während dieser vierzig Jahre (Vers 35) – insgesamt mehrere tausend Mal – hat Gott das Volk Israel an jedem Tag mit Manna versorgt, an jedem Tag außer einem.
Jedes Mal, wenn sie mehr Manna sammelten, als sie an einem Tag verbrauchen konnten, „wurde es voller Würmer und stinkend“ (Vers 20). Nur an den Tagen, an denen sie auch genug für den darauffolgenden Sabbat sammeln sollten, blieb das Manna frisch.
War es also wichtig, dass sie den Sabbat am richtigen Tag hielten? Absolut, denn wenn sie es nicht getan hätten, hätten sie an einem Tag Hunger leiden müssen. So bestärkte Gott durch das Wunder des Mannas die Bedeutung des Sabbats tausende Male während der vierzig Jahre in der Wüste.
Eine Prüfung des Glaubens
Indem Gott das Volk sechs Tage in der Woche mit Manna versorgte, nicht jedoch am siebten Tag, prüfte Gott sein Volk. Doch wie genau prüfte er es? Wie in Vers 4 von 2. Mose 16 geschrieben steht, prüfte Gott, „ob es in meinem Gesetz wandle oder nicht“.
Würden sie Gottes Weg wählen oder ihren eigenen? Einige fielen schon direkt am Anfang der Prüfung durch (Verse 27-29).
Gott wollte sehen, ob die Israeliten wirklich an ihn glaubten. Akzeptierten sie, dass er wirklich meinte, was er sagte? Würden sie ihn beim Wort nehmen? Würden sie lernen, darauf zu vertrauen, dass er sich um ihre Bedürfnisse kümmern würde?
Würden sie daran glauben, dass Gott durch seine Gebote, die er ihnen gab, wirklich nur ihr Bestes wollte? Wieder und wieder erklärte er ihnen, dass seine Gesetze ihnen Segen und viele Vorteile bringen würden, wenn sie sich nur daran hielten!
Beispielsweise sagte Gott, direkt nachdem er ihnen die Zehn Gebote gab: „Ach dass sie ein solches Herz hätten, mich zu fürchten und zu halten alle meine Gebote ihr Leben lang, auf dass es ihnen und ihren Kindern wohlginge ewiglich“ (5. Mose 5,29; siehe auch 4,5-8; 7,12-15; 28,1-14). Gott wollte, dass die Israeliten ein verständiges und gehorsames Herz hätten, sodass sie erkennen würden, dass sein Gesetz ein Ausdruck seines heiligen, gerechten und liebenden Charakters ist (1. Johannes 4,8. 6).
Er wollte, dass sie erkennen, dass sein Gesetz einen Weg der Liebe offenbart (3. Mose 19,18; Römer 13,9-10; Galater 5,14; 2. Johannes 6) und dass sie, wenn sie diesen Weg gehen, einen Charakter wie den seinen entwickeln würden. Der Sabbat gilt als „ein Zeichen zwischen mir und euch von Geschlecht zu Geschlecht, damit ihr erkennt, dass ich der Herr bin, der euch heiligt“ (2. Mose 31,13). Er sollte ein Zeichen sein – ein Zeichen, an dem jeder erkennen kann, dass man zu Gottes Volk gehört.
Die Prüfung nicht bestanden
Traurigerweise haben die Israeliten den Test nicht bestanden. Rückblickend auf Israels Geschichte klagte Gott hunderte Jahre später:
„Und als ich sie aus Ägyptenland geführt und in die Wüste gebracht hatte, gab ich ihnen meine Gebote und lehrte sie meine Gesetze, durch die der Mensch lebt, der sie hält. Ich gab ihnen auch meine Sabbate zum Zeichen zwischen mir und ihnen, damit sie erkannten, dass ich der Herr bin, der sie heiligt.
Aber das Haus Israel war mir ungehorsam auch in der Wüste, und sie lebten nicht nach meinen Geboten und verachteten meine Gesetze . . . und sie entheiligten meine Sabbate sehr“ (Hesekiel 20,10-13).
Die erste Generation, die aus Ägypten auszog, starb in der Wüste. Gott jedoch blieb treu. Trotz all ihrer Fehler führte er ihre Nachkommen in das Land, das er ihnen versprochen hatte und machte sie dort zu einer Nation. Dennoch erwiesen sie sich im Endeffekt als treulos.
Gottes Strafe kam unausweichlich über sie. Das Volk wurde verheerend geschlagen und in Gefangenschaft geführt. Warum? „Weil sie meine Gesetze verachtet und nicht nach meinen Geboten gelebt und meine Sabbate entheiligt hatten; denn sie folgten den Götzen ihres Herzens nach“ (Vers 16).
Legt Gott Wert auf den Sabbat? Er wies ausdrücklich darauf hin, dass einer der Hauptgründe für den Niedergang und die Gefangenschaft Israels ihre schamlose Entweihung des Sabbats war (Hesekiel 22,26; Jeremia 17,21-22. 27).
Der missverstandene Zweck des Sabbats
Viele Israeliten haben niemals den wahren Zweck des Sabbats verstanden. Sie erkannten nicht, dass Gott sich in Wirklichkeit eine aufrichtige und liebevolle Beziehung mit den Menschen wünscht.
In Jesaja 59 sagt Gott uns, dass es unsere Sünden sind, die uns von ihm trennen (Vers 2). Doch er sagt uns ebenfalls, wie wir uns wieder mit ihm versöhnen können – indem wir uns demütig und von Herzen an ihn wenden (Jesaja 58,1-12). Schließlich offenbart er uns noch einen weiteren wichtigen Aspekt der Beziehung zwischen Gott und den Menschen:
„Wenn du deinen Fuß am Sabbat zurückhältst und nicht deinen Geschäften nachgehst an meinem heiligen Tage und den Sabbat Lust nennst und den heiligen Tag des Herrn geehrt; wenn du ihn dadurch ehrst, dass du nicht deine Gänge machst und nicht deine Geschäfte treibst und kein leeres Geschwätz redest, dann wirst du deine Lust haben am Herrn“ (Verse 13-14).
Warum ist der Sabbat für Gott so wichtig? Er möchte, dass wir eine gute und liebevolle Beziehung mit ihm aufbauen! Dazu müssen wir ihm etwas von dem Wertvollsten geben, das wir haben – von unserer Zeit. Nur wenn wir Zeit mit ihm verbringen, können wir auch von ihm lernen: durch sein Wort, die Bibel, und durch die Lehrer in seiner Kirche. Er möchte, dass der Sabbat eine Zeit der Freude, eine Zeit mit Gott ist.
Eine Versammlung mit Gott
Beachten wir einen weiteren Aspekt des wöchentlichen Sabbats und der Feste Gottes: „Sage den Israeliten und sprich zu ihnen: Dies sind die Feste des Herrn, die ihr ausrufen sollt als heilige Versammlungen“ (3. Mose 23,2). Um wessen Feste handelt es sich hier? Es sind die Feste des Herrn, es sind Gottes Feste und seine Versammlungen – und wir dürfen daran teilnehmen!
Das Wort Versammlungen ist eine Übersetzung des hebräischen Wortes miqra, was so viel wie ein Aufruf zu einem Treffen bedeutet. Mit anderen Worten sagt Gott hier, dass seine Sabbate göttliche Termine sind, von ihm festgelegt.
Diese Termine sind uns gegeben, um unsere Beziehung mit ihm und anderen Gläubigen zu pflegen (Hebräer 10,24-25). Gott ist es, der die Termine festlegt, und nicht wir. Ungefähr so wie der Arzt sagt, wann er Zeit für uns hat, und nicht umgekehrt.
Dies führt uns zu einer interessanten Frage: Wenn wir nicht zu der von ihm festgesetzten Zeit vor Gott kommen, weil wir gar nicht oder vielleicht an einem ganz anderen Tag vor ihn kommen, halten wir dann noch den göttlichen Termin ein?
Wenn jemand mit Ihnen eine Verabredung für den kommenden Mittwoch hat, doch dann beschließt, stattdessen einfach am Donnerstag zu erscheinen, meinen Sie, er hätte sich an den Termin gehalten? Natürlich nicht! Warum also sollten wir denken, Gott würde es akzeptieren, wenn wir uns frei dafür entscheiden würden, an welchem Tag wir uns versammeln wollen?
Der Sabbat ist eine besondere Zeit, die unser Schöpfer mit Ihnen erleben möchte. Der Sabbat ist eine wunderbare Gelegenheit, um in der Bibel zu lesen, zu beten, Zeit mit der Gemeinde und der Familie zu verbringen – doch vor allem ist es die Gelegenheit, ganz persönlich Zeit mit Gott zu verbringen.
Ein „Testgebot“ für Sie?
Erkennen Sie nun, dass der größte Teil der Menschheit den Test des Sabbatgebotes nicht bestanden hat?
Gehören Sie zu den vielen, denen gesagt wurde, der Sabbat sei vom siebten Tag der Woche, dem Samstag, auf den ersten Tag der Woche, den Sonntag, verlegt worden? Oder vielleicht hat man Ihnen gesagt, es sei überhaupt nicht länger wichtig, einen Tag heilig zu halten.
Wie sehen Sie das am häufigsten ignorierte Gebot im Lichte der klaren Anweisungen Gottes? Die Tatsache ist, dass wir nirgends in der Bibel auch nur einen Hinweis darauf finden, dass Gott den Tag, den er schon bei der Schöpfung als Ruhetag heiligte, abschaffte oder änderte. Die meisten religiösen Gruppen haben kein Problem mit den anderen neun Geboten, doch nur wenige sind bereit, sich auch dem vierten unterzuordnen.
Wenn Gott den Sabbat bereits bei der Schöpfung ins Leben gerufen hat, wenn er ihn zu einem Teil der Zehn Gebote gemacht hat, wenn Jesus, seine Apostel und die ersten Christen ihn gehalten haben, ist es dann nicht logisch, wenn Gott möchte, dass auch Sie ihn halten? Werden Sie den Test bestehen? Sind Sie bereit einen Teil Ihrer Zeit zu opfern, um genau die Beziehung mit Gott zu pflegen, die er sich mit Ihnen wünscht?
Wie zählt man die Zehn Gebote?
Manchem Leser wird die Einteilung der Zehn Gebote, wie in dem vorliegenden Beitrag dargelegt, ungewohnt vorkommen. Tatsächlich ist die übliche Einteilung der Zehn Gebote unter den großen christlichen Konfessionen anders: Das Sabbatgebot gilt als drittes Gebot, und das Gebot gegen das Begehren erscheint als 9. bzw. 10. Gebot. Wir halten diese Einteilung für falsch bzw. irreführend und lehnen sie daher ab.
Mit der Hilfe eines einschlägigen Bibellexikons ist es möglich, die Entstehung der heute allgemein üblichen Einteilung der Zehn Gebote zu erklären: „Die einzelnen Gebote sind in der Heiligen Schrift nicht gezählt, aus dem Text ergibt sich aber ungezwungen folgende Einteilung [wie mit dem vierten Gebot in diesem Beitrag dargelegt] . . . In der Kirchengeschichte gibt es jedoch über die Zählung wie über die Aufteilung der Zehn Gebote auf die zwei Tafeln verschiedene Auffassungen . . . Augustin hat . . . Verse 2-6 [2. Mose 20] zusammengezogen, musste nun aber das letzte Gebot in ein 9. und 10. aufteilen, um die Zehnzahl zu bewahren. Hierin sind ihm die römisch-katholische und die lutherische Kirche gefolgt. Diese Einteilung hatte jedoch zur Folge, dass der Unterschied zwischen Götzenverehrung und Bilderdienst verwischt wurde. Man nahm das Bilderverbot nicht mehr ernst und ließ es im Katechismus schließlich ganz fort“ (zitiert aus Lexikon zur Bibel, herausgegeben von Fritz Rienecker, R. Brockhaus Verlag, Wuppertal, 1983, Spalte 439-440).
Die richtige Zählung der Zehn Gebote unterscheidet klar zwischen der Anbetung falscher Götter (1. Gebot) und der Benutzung von Götzenbildern (2. Gebot). Letztere sind, im Gegensatz zu den Vorstellungen vieler bekennender Christen, keine zulässige „Gebetshilfe“ bei der Anbetung des wahren Gottes. Darüber hinaus führt Paulus das Gebot gegen das Begehren nicht als zwei getrennte Gebote, sondern als einzelnes Gebot auf: „Du sollst nicht begehren“ (Römer 13,9). Es gibt also nur ein Gebot – das 10. Gebot – gegen das Begehren.
Die von Augustin stammende Einteilung der Zehn Gebote stimmt nicht mit der Bibel überein und sollte daher abgelehnt werden.