Christus warnt uns alle vor der Gefahr der geistlichen Schläfrigkeit.
Von der Redaktion
Jesu Christi fünfte Botschaft an die Gemeinden in Offenbarung 2 und 3 richtet sich an Sardes. In früheren Jahrhunderten hatte Sardes zu den führenden Städten Kleinasiens gehört, aber im ersten Jahrhundert der christlichen Ära war diese Stadt offensichtlich im Niedergang. Im Gegensatz zu den Städten, die Jesus in seinen Sendschreiben vor Sardes erwähnte und die alle gediehen und wuchsen (Pergamon war die Hauptstadt Kleinasiens, Ephesus war die größte Stadt in der Region, Thyatira eine bedeutende Produktionsstätte und Smyrna hatte für seinen ausgedehnten Handel einen herrlichen Hafen), war Sardes eine ruhige Stadt, die auf seine einstige Größe zurückblickte.
„Am östlichen Ufer des Pactolus-Fluß ca. 80 km östlich von Smyrna gelegen, stand Sardes auf einem felsigen Ausläufer des Bergs Tmolus und im Tal am Fuß des Bergs. In der Antike waren die Befestigungen von Sardes gut ausgebaut und die Stadt deshalb leicht zu verteidigen. Es wurde die Hauptstadt des alten lydischen Reiches und ging nacheinander an die Perser, Griechen und Römer während ihrer jeweiligen aufeinanderfolgenden Vorherrschaft in der Region über ...
Ohne Zweifel muß das eindrucksvollste Gebäude im alten Sardes sein herrlicher Tempel von Artemis gewesen sein, der im 4. Jahrhundert v. Chr. gebaut wurde. Mit seinen 78 ionischen Säulen, jede 17,7 m hoch, war dieser Tempel 100 m lang und 50 m breit. Einige von diesen Säulen stehen heute immer noch“ (Nelson’s Illustrated Bible Dictionary, 1986, Stichwort „Sardis“).
Ein weiteres Nachschlagewerk fügt hinzu: „Diese wichtige Stadt lag ... an bedeutenden Ost-West-Handelsrouten, die das wohlhabende Reich Lydien durchkreuzten, dessen Hauptstadt es war. Als Produktionsstätte für Textilien und Schmuck wurde die Stadt wohlhabend. Hier sollen die ersten Münzen unter dem üppigen Krösus geprägt worden sein“ (New Unger’s Bible Dictionary, 1988, Stichwort „Sardis“).
„Es war eine der ältesten und wichtigsten Städte Kleinasiens und bis 549 v. Chr. die Hauptstadt des lydischen Reiches. Am nördlichen Hang des Berges Tmolus gelegen, stand seine Akropolis auf einem der Ausläufer des Berges. Am unteren Ende der Stadt diente der Fluß Pactolus als Wassergraben und machte die Stadt praktisch unbesiegbar. Durch das Versagen seiner Wachen war die Akropolis jedoch 549 v. Chr. von einem persischen Soldaten und 218 v. Chr. von einem Kreter bestiegen worden (vgl. dazu Offenbarung 3,2-3) ...
Die alte Stadt war besonders bekannt für ihr Obst, ihre Wolle und den Tempel der Göttin Cybele, deren Anbetung der der Diana von Ephesus ähnelte. Ihr Reichtum resultierte auch zum Teil durch das Gold, das man im Sand des Flusses Pactolus fand. Hier wurden Gold- und Silbermünzen erstmalig geprägt. In der römischen Ära gab es eine schöne Münzreihe aus Sardes, und die Bauern, die heute die umliegenden Felder bestellen, finden sie öfter.
Die Ruinen der Gebäude, die am Fuß der Akropolis standen, sind jetzt von der von oben heruntergespülten Erde fast vollständig zugeschüttet. Der Hügel, auf dem die Akropolis stand, ist 300 m hoch und immer noch von einer dreifachen Mauer umgeben. Die imposanteren Ruinen finden sich auf der Südseite des Hügels. Darunter ist der Tempel der Cybele am interessantesten, obwohl nur noch zwei seiner zahlreichen Steinsäulen stehen“ (International Standard Bible Encyclopaedia, 1996, Stichwort „Sardis“).
„Nur zweimal in ihrer Geschichte wurde die Festung Sardes eingenommen, obwohl sie oft angegriffen wurde. Als Cyrus im 6. Jahrhundert v. Chr. angriff, beobachtete ein aufmerksamer persischer Soldat, wie ein Verteidiger auf dem kurvenreichen südlichen Pfad hinabstieg, um seinen fallengelassenen Helm zu holen. Vom Verteidiger unbemerkt folgten ihm die Perser wieder zum Gipfel hinauf und nahmen so mit ihrem überraschenden Zug die ganze Stadt ein. Ca. 200 Jahre später gab es einen ähnlichen Vorfall, als Antiochus Sardes angriff ... Sardes behielt seinen Wohlstand in den ersten zwei Jahrhunderten der christlichen Ära, seine politische Brillanz als Hauptstadt Kleinasiens für Persien war jedoch schon vergangen“ (Expositor’s Bible Commentary of the New Testament).
Die Geschichte von Sardes birgt eine wichtige Lektion: Einst wohlhabend, liegt die Stadt heute verödet. Sie überdauerte nicht. Ihre Bürger hatten nicht die Weitsicht, für ihre Zukunft zu sorgen. Am Ende des ersten Jahrhunderts nach Christi Geburt war diese Stadt ein trauriger Kontrast zwischen ihrer einstigen Größe und ihrem späteren Zerfall.
Christi Warnung
Die Geschichte von Sardes ist ein vollkommenes Beispiel der zeitlosen Botschaft Jesu an sein Volk: „Schlaft nicht ein! Bleibt geistlich wachsam!“ Obwohl die Verteidiger von Sardes große Erfolge feiern konnten, führten ihr Versagen, wachsam zu bleiben, zweimal zur militärischen Niederlage. Sie wurden bei Überraschungsangriffen überwältigt. Jesus hob die Ähnlichkeit zwischen der Geschichte der Stadt und dem geistlichen Zustand der dortigen Gemeinde hervor: „Du hast den Namen, daß du lebst, und bist tot“ (Offenbarung 3,1).
Jesus ermahnte sie – und auch uns heute –, festzuhalten und ihre geistliche Schläfrigkeit zu bereuen (Vers 3). Er legte ihnen nahe, aufzuwachen: „Wenn du aber nicht wachen wirst, werde ich kommen wie ein Dieb, und du wirst nicht wissen, zu welcher Stunde ich über dich kommen werde“ (Vers 3).
Die Bedeutung von „wachen“
Das griechische Wort gregoreo, in Versen 2-3 mit „wach“ bzw. „wachen“ übersetzt, „wird im Sinne von ,wach bleiben‘ bzw. ,geistlicher Wachsamkeit‘ benutzt“ (Vine’s Expository Dictionary of Biblical Words, 1985, Stichwort „watch“). Dieses Wort verbindet daher das körperliche Wachsein mit geistlichem Unterscheidungsvermögen. Gemeint ist ein geistlicher Zustand des Vorbereitetseins und der Wachsamkeit.
Diejenigen, die sich nicht um diese geistliche Haltung bemühen, werden durch die Rückkehr Jesu überrascht. Genauso wie ein Dieb das Gut seiner nichtsahnender Opfer stehlen kann, wird Jesu zweites Kommen alle Christen überraschen, die nicht geistlich wachsam bleiben (Vers 3).
In mehreren Gleichnissen hatte Jesus dieses Thema behandelt. Nachdem er einige der Zeichen, die seiner Rückkehr vorausgehen werden, schilderte (Matthäus 24,3-31), verglich er diese mit einem Feigenbaum, an dem man die Jahreszeit erkennen kann: „An dem Feigenbaum lernt ein Gleichnis: wenn seine Zweige jetzt saftig werden und Blätter treiben, so wißt ihr, daß der Sommer nahe ist. Ebenso auch: wenn ihr das alles seht, so wißt, daß er nahe vor der Tür ist“ (Matthäus 24,32-33; alle Hervorhebungen durch uns).
Jesus erklärte ferner, daß seine Rückkehr die Menschen überraschen wird, genauso wie die Flut zu Noahs Lebzeiten jene Generation überraschte (Verse 36-41). Deshalb gibt er uns folgenden Rat: „Darum wachet; denn ihr wißt nicht, an welchem Tag euer Herr kommt. Das sollt ihr aber wissen: Wenn ein Hausvater wüßte, zu welcher Stunde in der Nacht der Dieb kommt, so würde er ja wachen und nicht in sein Haus einbrechen lassen. Darum seid auch ihr bereit! Denn der Menschensohn kommt zu einer Stunde, da ihr’s nicht meint“ (Verse 42-44).
Das Gleichnis von den zehn Jungfrauen betont ebenfalls die Wichtigkeit der Wachsamkeit (Matthäus 25,1-13). Fünf von ihnen waren klug, und fünf waren töricht. Alle gingen hinaus, um dem Bräutigam bei seiner Ankunft entgegenzugehen, aber nur fünf hatten die notwendigen Vorbereitungen getroffen und genügend Öl für ihre Lampen mitgenommen. Als sich die Ankunft des Bräutigams verzögerte, „wurden sie alle schläfrig und schliefen ein“ (Vers 5).
Als sich der Bräutigam ankündigte, mußten die törichten Jungfrauen Öl für ihre Lampen besorgen. Nur die weisen hatten sich vorbereitet und durften an dem Hochzeitsmahl teilnehmen. Jesus faßt die Lektion dieses Gleichnisses für uns wie folgt zusammen: „Darum wachet! Denn ihr wißt weder Tag noch Stunde“ (Vers 13).
Wie das Gleichnis der zehn Jungfrauen zeigt auch die Botschaft an Sardes die Wichtigkeit der geistlichen Vorbereitung. Schlafen wir geistlich ein, lassen wir nach oder verlieren wir den Eifer für Gottes Lebensweg, müssen wir bereuen und wieder geistlich wach werden.
Christi Ermahnung an die Gemeinde zu Sardes unterstreicht diese Lektion. Einige Christen in Sardes waren lethargisch geworden, ohne ein geistliches Augenmerk in ihrem Leben. Jesus rief sie zur Wachsamkeit auf, damit sie für seine Rückkehr vorbereitet sein konnten (Vers 2).
Für Wachsamkeit belohnt
In seiner Botschaft an Sardes erwähnte Jesus auch die Belohnung, die den Wachsamen zusteht: „Aber du hast einige in Sardes, die ihre Kleider nicht besudelt haben; die werden mit mir einhergehen in weißen Kleidern, denn sie sind’s wert. Wer überwindet, der soll mit weißen Kleidern angetan werden, und ich werde seinen Namen nicht austilgen aus dem Buch des Lebens, und ich will seinen Namen bekennen vor meinem Vater und vor seinen Engeln“ (Offenbarung 3,4-5).
Christi Worte lehnen sich an die allgemeine Lage in Sardes an. Dazu nochmals der Expositor’s Kommentar: „Obwohl die Mehrheit ihren treuen Gehorsam gegenüber Jesus aufgegeben hatten, blieben einige in Sardes treu. Der Bezug zu der Produktion von Wolle in Sardes verstärkt das Bild schmutziger und besudelter Kleidung. In Sardes wurden die Namen derer, die besudelte Kleider trugen, von den öffentlichen Listen der Einwohner mit Bürgerrecht gestrichen.
Darüber hinaus war es in der dortigen Götzenanbetung untersagt, die Tempel der Götter mit schmutziger Kleidung zu betreten [siehe dazu Barclay, Seven Churches, Seite 77]. Die Besudelung scheint ein Sinnbild zu sein für die Teilnahme am heidnischen Leben und damit die Verunreinigung der eigenen Beziehung zu Christus.“
Um als Bürger der Stadt Sardes geführt zu werden, mußten die Einwohner saubere Kleidung tragen. Reine Kleider (symbolisch für Gerechtigkeit, siehe Offenbarung 19, Vers 8) sind eine Voraussetzung für alle, deren Namen im Buch des Lebens stehen.
Auch Paulus verglich die christliche Lebensweise symbolisch mit Kleidung, die wir dann anziehen, wenn wir uns für Gott und seinen Weg entscheiden. Wir sollen nach dem trachten, „was droben ist“ (Kolosser 3,2), und den neuen Menschen anziehen (Vers 10) mit seinen Eigenschaften. Dazu lesen wir in Vers 12: „So zieht nun an als die Auserwählten Gottes, als die Heiligen und Geliebten, herzliches Erbarmen, Freundlichkeit, Demut, Sanftmut, Geduld ...“
Jesu Christi Worte an die Gemeinde zu Sardes gelten in allen Zeiten für das Volk Gottes. Zum Schluß seiner Botschaft sagt Jesus: „Wer Ohren hat, der höre, was der Geist den Gemeinden sagt!“ (Offenbarung 3,6).
Beim Zusammenziehen der Armeen bei Harmagedon „zum Kampf am großen Tag Gottes“ (Offenbarung 16,14) gibt uns Jesus abermals diese ernsthafte Ermahnung: „Siehe, ich komme wie ein Dieb. Selig ist, der da wacht und seine Kleider bewahrt.“ (Vers 15).
Wie bleibt man geistlich wach?
Jesus Christus warnte, daß diejenigen unter seinen Nachfolgern von seinem Kommen überrascht werden, die bei der ihnen zugeteilten Aufgabe nachlassen: „Wer ist nun der treue und kluge Knecht, den der Herr über seine Leute gesetzt hat, damit er ihnen zur rechten Zeit zu essen gebe? Selig ist der Knecht, den sein Herr, wenn er kommt, das tun sieht. Wahrlich, ich sage euch: Er wird ihn über alle seine Güter setzen. Wenn aber jener als ein böser Knecht in seinem Herzen sagt: Mein Herr kommt noch lange nicht, und fängt an, seine Mitknechte zu schlagen, ißt und trinkt mit den Betrunkenen: dann wird der Herr dieses Knechts kommen an einem Tage, an dem er's nicht erwartet, und zu einer Stunde, die er nicht kennt“ (Matthäus 24,45-50).
Diverse Abschnitte im Neuen Testament ergänzen Jesu Aufruf zur geistlichen Wachsamkeit und enthalten zusätzliche Tips, wie Christen wachsam sein können.
Bei seinem letzten Zusammentreffen mit den Ältesten der Gemeinde zu Ephesus sagte Paulus: „Denn das weiß ich, daß nach meinem Abschied reißende Wölfe zu euch kommen, die die Herde nicht verschonen werden. Auch aus eurer Mitte werden Männer aufstehen, die Verkehrtes lehren, um die Jünger an sich zu ziehen. Darum seid wachsam und denkt daran, daß ich drei Jahre lang Tag und Nacht nicht abgelassen habe, einen jeden unter Tränen zu ermahnen“ (Apostelgeschichte 20,29-31).
In diesem Fall rief Paulus zur Wachsamkeit in Fragen der Lehre auf. Um treu wachen zu können, müssen wir unsere Bibeln kennen, damit wir Aussagen erkennen können, die der Bibel widersprechen. Regelmäßiges Bibelstudium ist ein wichtiger Teil der Wachsamkeit, die Jesus von seinen Nachfolgern erwartet.
In 1. Korinther 16, Vers 13 verbindet Paulus das Wachen mit Glauben, Mut und Stärke: „Wachet, steht im Glauben, seid mutig und seid stark!“ Er ermutigte die Korinther, ihr Leben in Übereinstimmung mit der großen Hoffnung ihrer Berufung zu führen. Das bedeutet, daß unsere Lebensführung unsere geistliche Überzeugung widerspiegeln soll.
Zum Wachen gehört auch Beharrlichkeit. In mehreren Versen wird das griechische Wort gregoreo so übersetzt wie beispielsweise in Kolosser 4, Vers 2: „Seid beharrlich im Gebet und wacht in ihm mit Danksagung!“ Aufrichtiges Gebet mit Dankbarkeit hilft uns, geistlich wachsam zu bleiben.
Nach 1. Petrus 5, Vers 8 sollen wir wachsam sein, „denn euer Widersacher, der Teufel, geht umher wie ein brüllender Löwe und sucht, wen er verschlinge“. Sind wir unbeständig in unserer Wachsamkeit, so wird Satan uns verführen.
Geistliche Wachsamkeit wird auch mit Nüchternheit verglichen. In diesem Sinne schrieb Paulus an die Christen in Thessalonich: „So laßt uns nun nicht schlafen wie die andern, sondern laßt uns wachen und nüchtern sein. Denn die schlafen, die schlafen des Nachts, und die betrunken sind, die sind des Nachts betrunken. Wir aber, die wir Kinder des Tages sind, wollen nüchtern sein, angetan mit dem Panzer des Glaubens und der Liebe und mit dem Helm der Hoffnung auf das Heil. Denn Gott hat uns nicht bestimmt zum Zorn, sondern dazu, das Heil zu erlangen durch unsern Herrn Jesus Christus“ (1. Thessalonicher 5,6-9).
Es ist also klar, daß Wachsamkeit die Verfolgung des Weltgeschehens im Hinblick auf die Prophezeiungen der Bibel sowie die Führung eines gottwohlgefälligen Lebens bedeutet.