Mit diesem Beitrag leiten wir eine Artikelreihe zum Thema Schöpfung und Evolution ein. Wurden Himmel und Erde von Gott geschaffen, oder ist das Weltall und alles, was dazugehört, das Ergebnis blinder Evolutionskräfte, bei denen keine intelligente Steuerung im Spiel war?
Von Mario Seiglie
Er konnte es kaum glauben. Am 25. Oktober 1996 vernahm er, wie viele andere Menschen in der Welt, die sensationelle Meldung: „Papst Johannes Paul II. tritt für die Evolutionstheorie ein.“
Tulio Hernandez, ein 32jähriger Katholik, war erschrocken. In einer Rede vor der Päpstlichen Akademie der Wissenschaften in Rom hatte der Papst die Möglichkeit eingeräumt, daß der Mensch und andere Lebewesen sich sehr wohl durch natürliche Zuchtwahl und vererbbare Fähigkeiten zur Anpassung an die Umwelt entwickelt hätten, wie es die Evolutionstheorie behauptet.
„Der Papst meint, daß wir von den Affen abstammen könnten“, meldete die konservative italienische Zeitung Il Giornale. Zur Entschärfung der Lage erklärte der Papst, daß nur das Physische des Menschen möglicherweise durch einen Evolutionsprozeß entstanden sei. Die Seele aber sei von Gott geschaffen worden und den Evolutionsgesetzen nicht unterworfen. (Diese Vermengung von Evolutions- und Schöpfungslehre firmiert unter dem Namen theistische Evolution und ist dafür verantwortlich, daß viele Menschen die Bibel allenfalls als gutgemeinte Märchensammlung betrachten.)
Was war Tulios Reaktion? „Ich war ganz irritiert“, gesteht er, „denn bisher war ich davon ausgegangen, Adam und Eva hätten wirklich existiert und waren von Gott aus Erde geschaffen worden.“
Und seine Gedanken zu den Lehren der Bibel und zum Leben nach dem Tode? „Dazu habe ich mir noch keine feste Meinung gebildet“, sagt er, „aber ich suche jetzt ernsthaft auch bei anderen Religionen nach Antworten und beschäftige mich unter anderem mit der Reinkarnationslehre [Seelenwanderung, Wiederverkörperung].“
Was war der Anlaß für die überraschende Aussage des Papstes? Wie kam er überhaupt zu diesem weitreichenden Schluß?
Die Schöpfung nach katholischem Verständnis
Das US-Nachrichtenmagazin Time kommentierte die päpstliche Erklärung zur Evolution so: „[Im Jahre 1950] nahm [Papst] Pius XII. eine skeptische Haltung zur Evolutionstheorie ein, zeigte sich aber tolerant gegenüber denen, die sie untersuchten und darüber diskutierten. Johannes Paul II. ist weitergegangen: Seine Erklärung bedeutet die Annahme der Theorie durch die Kirche. Was aber den Ursprung der Seele des Menschen betrifft, so weiß er sich mit Pius vollkommen einig: Die Seele stammt von Gott, auch wenn der Körper des Menschen in der lebenden Materie zu suchen ist, die vor ihm existiert hat.“
Es ist nicht zu erwarten, daß sich die Erklärung des heutigen Papstes auf den Lehrplan katholischer Schulen auswirkt. Denn dort wird die Evolutionstheorie ohnehin schon seit den fünfziger Jahren behandelt. In der Tat ist im zwanzigsten Jahrhundert eine wörtliche Auslegung der Bibel kein herausragendes Merkmal katholischer Wissenschaften. So stellt Peter Stravinskas, Herausgeber der Catholic Encyclopedia (Ausgabe 1991), zur Aussage des Papstes fest:
„Der Papst liegt im Grunde genommen auf der Linie, die schon von Augustinus vorgezeichnet wurde. Augustinus warnte uns nämlich davor, die Schöpfungsgeschichte wörtlich zu nehmen, denn es handle sich dabei lediglich um ein theologisches Gedicht“ (Time, 4. November 1996, Seite 59).
Beeinflußt durch Augustinus prägten die griechischen Philosophen das Weltbild der römischen Kirche. Mitbestimmend war auch das geozentrische Weltbild des Ptolemäus, eines römischen Astronomen des zweiten Jahrhunderts. „Von der Arbeit seiner griechischen Vorgänger“, schreibt die Encyclopedia Britannica, „leitete Ptolemäus seine ausführliche Beschreibung des Universums ab, in der die Erde im Mittelpunkt des Kosmos stand. Das war ein großer Irrtum, der die Astronomie über 1300 Jahre lang beherrschen sollte ... Sein System war ein Versuch, die Ergebnisse griechischer Astronomie zu ordnen ... Bei den Bewegungen von Sonne, Mond und Planeten lehnte sich Ptolemäus an [den griechischen Astronomen] Hipparchos an und formulierte seine geozentrische Theorie, die als ptolemäisches Weltsystem bekannt ist“ (15. Ausgabe, Chicago 1975, Band 15, Stichwort „Ptolemy“, Seite 179).
Die Bibel und das Universum
Es war also nicht die biblische Perspektive, sondern die griechische Sicht der Dinge, die das Weltbild des Abendlandes jahrhundertelang bestimmte.
Die alten Griechen betrachteten die Erde als Dreh- und Angelpunkt des Universums und glaubten, ein Riese, genannt Atlas, habe zuerst das Himmelsgewölbe und später die Erde auf den Schultern getragen. Für die Hindus dagegen ruhte die Erde auf vier riesigen Elefanten. Die Bibel aber hat schon vor langer Zeit die Wahrheit offenbart. In Hiob 26, Vers 7 lesen wir nämlich, daß Gott „die Erde über das Nichts“ hängte, ein erstaunlich modernes Bild, das der heutigen Astronomie durchaus entspricht.
Im Laufe der Jahrhunderte wurden diese griechischen Irrtümer, die von der römischen Kirche übernommen worden waren, entlarvt. „Die frühen Kirchenväter meinten, die Bibel zu verteidigen, wenn sie die Erde als Scheibe hinstellten“, schreibt der britische Physiker Alan Hayward. „Doch in Wirklichkeit verteidigten sie lediglich ihre eigene, falsche Sicht der Bibel. Damit haben sie aber ihrer eigenen Sache, langfristig gesehen, geschadet, denn sie haben den Eindruck erweckt, die christliche Religion stehe zur wissenschaftlichen Erkenntnissuche im Widerspruch“ (Creation and Evolution, [Schöpfung und Evolution] Bethany House, Minneapolis, 1985, Seite 80).
Verschiedene Entdeckungsreisen des 15. Jahrhunderts, darunter die Reise des Kolumbus zur Neuen Welt, führten zur Erkenntnis, daß die Erde keine Scheibe, sondern eine Kugel ist. Am Anfang des 16. Jahrhunderts kam Nikolaus Kopernikus durch mathematische Berechnungen zum Ergebnis, die Erde sei doch nicht der Mittelpunkt des Universums. Kopernikus ging mit der Verbreitung seiner Ideen aber äußerst behutsam vor, denn er scheute eine Auseinandersetzung mit den kirchlichen Autoritäten. Es sollte über hundert Jahre dauern, bis jemand genügend Mut und Beweise aufbrachte, einen Streit mit der Kirche zu riskieren.
Ende des 17. Jahrhunderts, nachdem er das erste Fernrohr entwickelt hatte, machte der italienische Astronom Galileo Galilei Beobachtungen, die ganz klar bewiesen, daß die Erde sich um die Sonne dreht und nicht umgekehrt. Für die Kirche war diese Aussage eine Ketzerei und sie drohte Galilei mit dem Scheiterhaufen, falls er seine Meinung nicht widerrief. Verständlicherweise lenkte der Wissenschaftler ein, doch soll er beim Abschied vom Papst vor sich hin gemurmelt haben: „Und sie [die Erde] bewegt sich doch.“
„Als die römische Kirche Kopernikus und Galileo attackierte“, berichtet der christliche Philosoph Francis Schaeffer, „ging sie davon aus, daß die Lehre dieser Naturforscher zur biblischen Lehre im Widerspruch stand. Darin hat sie sich aber geirrt. Nur den Elementen der aristotelischen Philosophie, welche die Kirche übernommen hatte, widersprachen die Ansichten des Galilei. Er vertrat sogar die These, Kopernikus und die Bibel seien in Einklang zu bringen, und unter anderem deswegen wurde ihm der Prozeß gemacht“ (How Shall We Then Live? [Wie sollten wir dann leben?], Fleming H. Revell Co., Old Tappan, New Jersey, 1976, Seite 131).
Manche glauben, daß die Erfindung der Druckerpresse und die weite Verbreitung der Bibel im 16. Jahrhundert wesentlich zur Entstehung der Naturwissenschaften beigetragen haben. „Die Naturwissenschaften waren nicht gegen die Bibel gerichtet“, stellt Francis Schaeffer fest. „Die Lehre der Bibel war sogar für einen Schub in der wissenschaftlichen Revolution verantwortlich.
Sowohl Alfred North Whitehead [1861-1947, englischer Mathematiker und Philosoph] als auch J. Robert Oppenheimer [1904-1967, amerikanischer Atomphysiker] haben die Tatsache hervorgehoben, daß die modernen Naturwissenschaften ihre Entstehung dem christlichen Weltbild verdanken ... Soweit ich weiß, war keiner der beiden Männer Christ ... Weil die ersten Naturwissenschaftler glaubten, die Welt sei von einem vernunftbegabten Schöpfer geschaffen worden, war es für sie nicht verwunderlich, daß der Mensch mit Vernunft Erkenntnisse über die Natur und das Weltall gewinnen konnte“ (Schaeffer, Seite 132-133).
Angesichts der Verbreitung dieser biblisch begründeten Wissenschaft mußten die Kirchenführer einräumen, daß althergebrachte kirchliche Standpunkte irrig waren. So mußten sie die Lehre aufgeben, die Erde sei eine Scheibe und obendrein noch der Mittelpunkt des Universums. Damit litt das Ansehen der Religion zugunsten der jungen Naturwissenschaften. Im Laufe der Zeit wurde die Kluft immer größer zwischen den Naturwissenschaften und der vorherrschenden Religion, die vom mittelalterlich-abendländischen und altgriechischen Denken geprägt war. Bis heute ist kein Ende dieser Tendenz in Sicht.
Die Evolutionstheorie
„Die frühen griechischen Philosophen“, erklärt Hayward, „waren vermutlich die ersten Denker, die mit der Möglichkeit einer Evolution spielten. Mit vielen anderen Ideen aus der griechischen Antike tauchte dieser Begriff im 15. und 16. Jahrhundert im Abendland auf ... Doch ihm stand ein unüberwindbares Hindernis im Wege. Niemand nämlich – noch nicht einmal Lamarck [1744-1824, franz. Naturforscher, formulierte eine der ersten Evolutionstheorien], der sich redlich bemühte – konnte mit einem überzeugenden Evolutionsmechanismus aufwarten. Jede Art schien in sich abgeschlossen. Wie eine Art aus einer anderen entstehen sollte, konnte niemand erklären.
Das änderte sich alles mit Darwin, der die ,natürliche Zuchtwahl‘ ins Feld führte. Er äußerte die Vermutung, daß geringfügige Änderungen – natürliche Variationen, wie sie der Mensch bei der Züchtung neuer Arten von Hunden, Kühen, Äpfeln und Rosen usw. nutzt – sich im Laufe mehrerer Generationen zu weitreichenden Veränderungen summieren könnten. Wenn man sogar eine Zeitspanne von Hundertmillionen Jahren zugrunde legen würde, könnte man die ganze Vielfalt der Arten in der heutigen Welt erklären“ (Creation and Evolution [Schöpfung und Evolution], Bethany House, Minneapolis, 1985, Seite 4-5).
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ließen sich Naturwissenschaftler und Lehrer bei der Suche nach der Wahrheit über den Ursprung und den Sinn des Lebens auf eine falsche Fährte locken, als sie sich die Lehre Darwins zu eigen machten. Die weitverbreitete Annahme, daß man nun eine Erklärung habe für die Existenz des Menschen und der Natur, die mit dem Bericht des ersten Buches Mose nichts zu tun hatte, ließ das Vertrauen in die Bibel allgemein schwinden. Dieses neue Denken hat bis heute für die Menschheit weitreichende Folgen. „Der Darwinismus“, so Hayward, „sieht allmählich wie ein Riesenirrgarten ohne Ausgang aus, in dem der Mensch seit anderthalb Jahrhunderten umherirrt“ (Hayward, Seite 58).
Die Großkirchen ihrerseits waren bisher nicht in der Lage, ihre Lehren zu verteidigen, die ja auf dem Fundament altgriechischer Philosophie beruhen. Ihre Vermengung biblischer Lehre und heidnischer Philosophie hat auch sie in die Irre geführt.
Die Akzeptanz der Evolutionstheorie
Eine Erklärung für die allgemeine Annahme der Theorie Darwins ist in den gesellschaftspolitischen Bedingungen seiner Zeit zu suchen. Das neunzehnte Jahrhundert war eine Zeit des Umbruchs, die auch das kirchliche Leben erfaßte. Die Naturwissenschaften erfreuten sich großer Beliebtheit, als immer mehr beeindruckende Entdeckungen und Erfindungen gemeldet wurden. Darwin selbst genoß höchstes Ansehen als engagierter Naturforscher, und die Länge und Langatmigkeit seines Buches sorgten dafür, daß viele schwerwiegende Schwachstellen in seiner Beweisführung übersehen wurden. Er selbst nannte sein Buch „ein einziges, langes Argument“. Das war der Hintergrund, vor dem die darwinistische Theorie Fuß faßte.
Zur gleichen Zeit fühlte sich die römische Kirche wegen ihrer Fehler in naturwissenschaftlichen Fragen und wegen heftiger Angriffe gegen ihre Lehren geschwächt. Sie ging also dazu über, die Erklärungen der Naturwissenschaftler zu akzeptieren und die übernatürlichen Offenbarungen Gottes abzulehnen.
Diese Entwicklung verstärkte sich noch im zwanzigsten Jahrhundert, bis protestantische und katholische Christen gleichermaßen an die theistische Evolution glaubten. Damit ist gemeint, daß Gott gelegentlich in einen überwiegend evolutionären Prozeß eingreift, indem er z. B. die erste Zelle schafft und beobachtet, wie die Dinge ihren Lauf nehmen. Oder indem er in einem späteren Stadium der Geschichte dem ersten durch Evolution entstandenen Menschen eine Seele einhaucht.
Für die Anhänger dieser Variante der Evolutionstheorie „ist die darwinistische Evolution einfach die Methode, mit der Gott, der unauffällig im Hintergrund bleibt, alle Lebewesen schuf ... Die meisten Vertreter der theistischen Evolutionstheorie haben eine recht lockere Haltung zur Bibel und betrachten die ersten Kapitel im ersten Buch Mose als Sammlung hebräischer Mythen“ (Hayward, Seite 8).
Sollte die theistische Evolutionstheorie stimmen, wäre es mit der Zuverlässigkeit der Bibel vorbei. Hat sich also Jesus Christus geirrt, als er behauptete, Gott habe Adam und Eva unmittelbar geschaffen? Es leuchtet wohl ein, daß die Folgen für den christlichen Glauben vernichtend wären! (Siehe den nachfolgenden Beitrag „Das Neue Testament: Ein klares Zeugnis“ auf Seite 6).
Darwin selbst liefert uns ein Beispiel für die schädlichen Auswirkungen seiner Theorie auf religiöse Überzeugungen. Als junger Mann war er Theologiestudent, der die Bibel hoch achtete, doch sobald er seine Theorie formuliert hatte, verlor er seinen Glauben an das Alte Testament. Später konnte auch er nicht mehr an die Wunder im Neuen Testament glauben. Wer nicht an den Wahrheitsgehalt der Bibel glaubt, braucht freilich auch ihre moralischen Wertmaßstäbe nicht so ernst zu nehmen.
Darwinismus und Moral
Wenn es keinen Gott gäbe, wäre die Gestaltung des Lebens allein nach eigenem Gutdünken für viele Menschen einfacher. Sir Julian Huxley [1887-1975, britischer Biologe und Autor] sprach für viele, als er erklärte, warum er die Evolutionstheorie mit solcher Begeisterung aufnahm: „Ich vermute, daß wir deswegen Die Entstehung der Arten mit Begeisterung begrüßten, weil die Unterstellung der Existenz eines Gottes unsere sexuelle Freiheit eingeschränkt hätte“ (zitiert nach Henry Morris, The Troubled Waters of Evolution, San Diego, Creation-Life Publishers, 1974, Seite 58). Zu einem späteren Zeitpunkt fügte Huxley hinzu: „Die innere Entkrampfung, die sich einstellt, wenn man nicht mehr an die Existenz eines höheren Wesens glaubt, ist gewaltig“ (Essays of a Humanist, London, Penguin Books, 1966, Seite 223).
In künftigen Folgen wollen wir der Frage nachgehen, ob der biblische Schöpfungsbericht mit der Annahme in Einklang zu bringen ist, daß die Erde mehr als ein paar tausend Jahre alt ist. Auch die angeblichen Beweise für die Evolutionstheorie wollen wir auf ihre Stichhaltigkeit hin prüfen.
Das Neue Testament: Ein klares Zeugnis
Zahlreiche Stellen im Neuen Testament zeigen uns, daß Jesus und die Apostel den Schöpfungsbericht im ersten Buch Mose voll und ganz für wahr hielten. So sprach Christus von „der Schöpfung, die Gott geschaffen hat“ (Markus 13,19).
Christus stellte einmal die Frage: „Habt ihr nicht gelesen: Der im Anfang den Menschen geschaffen hat, schuf sie als Mann und Frau?“ (Matthäus 19,4; siehe auch Markus 10,6). Für viele ist überraschend, daß die Bibel Christus als Schöpfer offenbart! Frühen Christen erklärte der Apostel Paulus, daß Gott alles durch Jesus Christus schuf (Kolosser 1,16). Aus Hebräer 1, Vers 2 erfahren wir, daß Gott „in diesen letzten Tagen zu uns geredet hat durch den Sohn, ... durch den er auch die Welt gemacht hat“.
Den Athenern sagte Paulus, daß Gott „aus einem Menschen das ganze Menschengeschlecht gemacht“ hat (Apostelgeschichte 17,26). Das heißt, alle Menschen sind Nachkommen von Adam und Eva. Paulus glaubte alles, was im Gesetz stand und in den Kapiteln der Propheten (Apostelgeschichte 24,14). Dazu gehört auch der Schöpfungsbericht.
Schließlich zeigen uns die Einzelheiten und auch der allgemeine Tenor des letzten Petrusbriefes, daß der Apostel Petrus an die Schöpfung glaubte (siehe besonders 2. Petrus 3,4-7).
Die Schöpfung nach den Griechen
Den alten Griechen mangelte es nicht an Schöpfungsmythen, und in mancher Hinsicht lehnten sie sich an die Babylonier an. Unsere Kenntnisse vom religiösen System der Griechen verdanken wir den Dichtern Homer und Hesiod. Nach ihren Darstellungen lebten die Götter in einem königlichen Hofstaat, der von Intrigen und Lüsten geprägt war.
Für Hesiod war das Universum aus dem Chaos entstanden, das heißt aus der Tiefe des Weltraums, der die erste Göttin, Gaia (Erde), hervorgebracht hatte. Gaia ihrerseits schuf den Uranus (Himmel), der ihr Ehemann wurde, und gemeinsam zeugten sie zahlreiche niedere Götter. Es kam zu einer Trennung zwischen Himmel und Erde, als Kronus, ein Sohn, der aus der Verbindung der beiden hervorgegangen war, seinen Vater Uranus in einem Anfall von Eifersucht überfiel. Der wütende Kronus zeugte mit seiner Frau Rhea den Zeus, der oberste Gottheit wurde. Die Griechen glaubten ferner, die Erde sei eine von einem riesigen Meer umgebene Scheibe.
Leider stammen die einzigen uns erhaltenen schriftlichen Zeugnisse der ersten Jahrhunderte des Christentums von Männern, deren Denken völlig griechisch war. Das sind Justin der Märtyrer (110 bis 165 n. Chr.), Klemens (160-220 n. Chr.), Origines (185-254 n. Chr.) und Augustinus (354-430 n. Chr.), die alle vor ihrer Bekehrung Anhänger von Platon (427-347 v. Chr.) und Aristoteles (384-322 v. Chr.) gewesen waren. Durch diese Männer drangen Aspekte griechischer Mythologie (zum Beispiel der Glaube, die Erde sei eine Scheibe) und Philosophie in die römische Kirche ein und beeinflußten deren Theologie in entscheidender Weise.
„Das Problem mit den Heidenchristen“, schreibt der Kirchenhistoriker Samuel Bacchiocchi, „war nicht nur ihre mangelnde Vertrautheit mit der Heiligen Schrift, sondern auch ihre Faszination mit den Spekulationen griechischer Philosophie, die ihr Verständnis biblischer Wahrheiten trübte.“ Nach Bacchiocchi „wichen die Heidenchristen gern in philosophische Spekulationen ab, die zur Trennung des Christentums von seinen historischen Wurzeln führten“ (God’s Festivals in Scripture and History, Biblical Perspectives, Berrien Springs, Michigan, 1995, Seite 102-103).
Vor allem Origines und Augustinus gingen dazu über, das erste Buch Mose weitgehend als Sinnbild auszulegen. Für sie waren die Figuren, die in diesem Buch vorkommen, nur symbolische Darstellungen menschlicher Verhaltensweisen. Allmählich wurde ihre Auslegung zur Norm für das katholische Verständnis von großen Teilen des ersten Buches der Bibel. Es ist offensichtlich, daß spätere Päpste von den frühen Kirchenvätern beeinflußt wurden.