Von der Redaktion
In den Tagen nach den Anschlägen vom 11. September 2001 fragten einige, ob die nächste große Herausforderung für die abendländische Kultur der militante islamische Fundamentalismus und der damit verbundene Terrorismus seien. Schlagworte wie „Kampf der Kulturen“ bzw. „Kampf der Religionen“ machten die Runde.
Dabei steht die mit Abstand größte Religion des Westens, das Christentum, möglicherweise einer noch größeren Herausforderung gegenüber, die gewaltlos vonstatten geht und die sozusagen „aus den eigenen Reihen“ kommt, d. h., die ihren Ursprung innerhalb dieser Weltreligion hat. In unserem Leitartikel auf Seite 4 weisen wir auf die unterschiedliche Entwicklung im Christentum, sowohl zahlenmäßig als auch inhaltlich, zwischen dem Westen – Europa und Nordamerika – und der übrigen Welt hin. Es ist sogar die Rede von einer bevorstehenden „zweiten Reformation“. Ein neuer christlicher Nord-Süd-Konflikt?
Die möglichen Auswirkungen eines religiösen Nord-Süd-Konflikts dürfen, auch wenn er diesmal ganz ohne Gewalt ausgetragen wird, von Europäern nicht ignoriert werden. Die religiöse Aufteilung Europas im 16. Jahrhundert in einen Norden, in dem die Reformation ihre Anhänger fand, und einen Süden, der weitgehend römisch-katholisch blieb, veränderte den Kontinent entscheidend. Wohin die gegenwärtige Entwicklung führen wird, wird sich in den kommenden Jahren zeigen.
Wir fragen aber, ob die Bezeichnung „zweite Reformation“ wirklich angebracht wäre in bezug auf die möglichen Veränderungen, die dem heutigen Christentum bevorstehen. Uns geht es um die Definition des Wortes Reformation. Will man mit Reformation eine durchgreifende Reformbewegung innerhalb des bestehenden Christentums sehen, so erfüllt die Reformation des 16. Jahrhunderts allemal dieses Kriterium. In diesem Sinne sehen manche Beobachter in der heutigen Entwicklung das Potential einer weiteren Reformation.
Bedeutet das Wort Reformation hingegen „eine weitreichende gesellschaftspolitische Bewegung, die zu den ursprünglichen Quellen des Christentums zurückzukehren sucht“ (Philip Jenkens, „The Next Christianity“, The Atlantic Monthly, Oktober 2002), dann hat die „erste“ Reformation das Ziel verfehlt. Nur wenige Jahrhunderte nach dem Ableben der ersten Christengeneration hatte sich die neue Staatsreligion des Römischen Reiches bereits von vielen Glaubensinhalten und Praktiken der Apostel Jesu und der ersten Christen distanziert und lehrte eine Mischung von biblischen Aussagen und heidnischen Traditionen.
Der Historiker Charles Guignebert kommentierte diese Verwandlung folgendermaßen: „Untersucht man die christliche Kirche zu Beginn des 4. Jahrhunderts, hat man manche Schwierigkeiten, in ihr die Gemeinde der apostolischen Zeit wiederzuerkennen, ja, man wird sie gar nicht wiedererkennen können“ (Charles Guignebert, The Early History of Christianity, Seite 122; Hervorhebung durch uns).
Mit unserer Literatur möchte die Redaktion der Zeitschrift Gute Nachrichten Ihnen helfen, die authentischen Lehren der ersten Christen neu zu entdecken – Lehren, die in den letzten 19 Jahrhunderten zum großen Teil in Vergessenheit geraten sind. Wären Sie bereit, in bezug auf Ihren Erkenntnisstand eine wahre Reformation zu vollziehen?