Wir haben wahrscheinlich alle Situationen erlebt, in denen wir uns hilflos vorkamen. Doch das Leben ging weiter. Anders sieht es bei der Hilflosigkeit aus, der wir ohne Gottes Hilfe nicht entkommen können.
Von Robin Webber
Standen Sie schon einmal auf der Autobahn im Stau und ein wichtiger Termin drohte zu platzen? Die Minuten vergingen, aber Sie konnten nicht vor und nicht zurück. Sie konnten nichts an Ihrer Situation ändern. Sie waren hilflos.
Ist es Ihnen passiert – wie einmal mir –, dass Sie Freunde zum Essen eingeladen haben und, als Sie zahlen wollten, mit großer Verlegenheit feststellen mussten, dass Sie Ihr Portemonnaie vergessen hatten? In dem Augenblick konnten Sie nichts an Ihrer Situation ändern. Sie waren hilflos.
Wir haben wahrscheinlich alle solche Situationen erlebt – die Wahrnehmung einer momentanen lähmenden Hilflosigkeit, an der wir nichts ändern können. Was immer die unangenehme Situation war, wir haben sie überlebt, das Leben ging weiter.
Es gibt aber eine unvergleichlich größere Hilflosigkeit im menschlichen Leben, die wir ohne eine besondere Erkenntnis nicht „überleben“ werden. Diese Erkenntnis ist lebensentscheidend für alle, die Jesu Christi Aufforderung „Folgt mir nach!“ beherzigen wollen.
Die Antwort auf Jesu große Frage
Die Frage, die Jesus jedem seiner Jünger stellt, ist auf ihre Art auch eine Herausforderung: „Wer sagt denn ihr, dass ich sei?“ (Matthäus 16,15). Diese Frage wurde damals und wird heute von der überwiegenden Mehrheit der Menschen ignoriert. Und auch unter denen, die sich zu Jesus bekennen, gibt es heute manche, die sie falsch beantworten.
Wie lautet Ihre Antwort auf Jesu Frage? Schließlich geht es hinsichtlich unserer persönlichen Beziehung zu unserem himmlischen Vater und seinem Sohn nur um unsere eigene Antwort, nicht um die anderer Leute. Die Bedeutung der richtigen Antwort erkennen wir durch die Kreuzigung dreier Männer, die ein gemeinsames Schicksal vor knapp 2000 Jahren auf einem Hügel außerhalb Jerusalems zusammengeführt hatte. Die grausame Hinrichtung dieser Männer auf diesem Hügel, der Golgatha genannt wurde (Johannes 19,17), war für sie Ausdruck der ultimativen Hilflosigkeit, die, auf andere Art herbeigeführt, uns allen bevorsteht: der Tod.
Die ultimative Hilflosigkeit
Der Mann in der Mitte der Dreiergruppe, der in diesen Stunden des Leidens die höhnischen Vorwürfe der religiösen Führer seines Volks anhören musste, war Jesus von Nazareth, der mit den beiden Verbrechern gekreuzigt wurde. Durch die Heilige Schrift erfahren wir von einem Wortwechsel unter diesen drei Gekreuzigten, aus dem die richtige Antwort auf die oben zitierte Frage Jesu hervorgeht.
„Aber einer der Übeltäter, die am Kreuz hingen, lästerte ihn und sprach: Bist du nicht der Christus? Hilf dir selbst und uns! Da wies ihn der andere zurecht und sprach: Und du fürchtest dich auch nicht vor Gott, der du doch in gleicher Verdammnis bist? Wir sind es zwar mit Recht, denn wir empfangen, was unsre Taten verdienen; dieser aber hat nichts Unrechtes getan. Und er sprach: Jesus, gedenke an mich, wenn du in dein Reich kommst! Und Jesus sprach zu ihm: Wahrlich, ich sage dir heute: Mit mir wirst du im Paradies sein“ (Lukas 23,39-43; vgl. dazu das Konkordante Neue Testament).
Jesus hörte die gegensätzlichen Botschaften der beiden Mitgekreuzigten. In der einen drückte sich der Wunsch nach Selbsterhaltung aus, mit einem Unterton der höhnischen Skepsis – dem Beispiel der religiösen Führer folgend. Die andere war gekennzeichnet durch Wahrheit und ein klares Verständnis der Funktion Christi. Was für ein Kontrast!
Der zweite Verbrecher stellte sich ehrlich der Strafe, die er für sein Verbrechen als verdient ansah. Er erkannte auch, dass der Mann neben ihm nichts getan hatte, was seine Kreuzigung rechtfertigen würde. Er wusste – auch wenn er die Details nicht kannte –, dass Jesus als König herrschen würde. Er hatte wohl gehört, wie Jesus nur kurze Zeit zuvor sagte: „Vater, vergib ihnen; denn sie wissen nicht, was sie tun“ (Lukas 23,34).
Der gerechte König Israels hatte kein Todesurteil verdient, doch nun erlitt er dasselbe Schicksal wie zwei Verbrecher. Warum musste seine Unschuld auf dieselbe Stufe wie die Schuld der beiden anderen gestellt werden? Weil der Geist Gottes den Propheten Jesaja 700 Jahre zuvor zu folgender Prophezeiung inspiriert hatte: „Er ging in den Tod und ließ sich unter die Verbrecher zählen“ (Jesaja 53,12; Gute Nachricht Bibel).
Das große Erwachen
Im Leben des Verbrechers, der Christus verteidigte, hatte es ein Erwachen gegeben. Er erkannte, dass Christus seinen Tod am Kreuz nicht „verdient“ hatte, er hingegen schon. Er erkannte aber auch, dass es für Christus etwas nach diesem Leben geben wird, woran er vielleicht teilhaben könnte – dem Reich Gottes!
Seine aufrichtige Einschätzung dieses Mannes, dem römische Soldaten eine äußerst schmerzhafte Dornenkrone aufgesetzt hatten, wurde in The Greatest Drama Ever Staged, dem 1938 verfassten Buch der amerikanischen Autorin Dorothy Sayers treffend beschrieben: „Es gab etwas Schönes in Jesu täglicher Lebensführung, die uns hässlich erscheinen ließ“, was manche aus Neid nicht ertragen konnten. „Die Obrigkeit meinte, dass die etablierte Ordnung ohne ihn [Jesus] sicherer wäre, und deshalb beseitigten sie Gott um des Friedens und der Ruhe willen.“
Können Sie sich vorstellen, dass die Worte dieses Verbrechers Jesus, als er unbeschreibliche Qualen erleiden musste, ermutigt haben? Wir können hier auch an Simon von Kyrene denken, der Jesus beim Tragen des Kreuzes auf dem Weg nach Golgatha half (Lukas 23,26). Jesus hatte wenige Tage vor seinem Tod wegen des Unverständnisses seiner Landsleute geweint, und nun erlebte er jemanden nur kurze Zeit vor seinem Tod, der seine Botschaft anscheinend verstanden hatte!
Der Dieb sprach eine große Wahrheit aus: Jesus war unschuldig und wird eines Tages herrschen! Und im Gegenzug schaute Jesus über die Schuld und Sünden dieses Mannes hinaus in die Zukunft. Er erkannte ein Herz, mit dem er später arbeiten kann. Er versicherte ihm, dass es ein Wiedersehen geben wird, indem er sinngemäß sagte: „Wir sehen uns im nächsten Leben wieder, denn du wirst in einer paradiesischen Welt von den Toten auferstehen.“
Gott und den wahren Jesus kennen
Warum ist dieser Wortwechsel auf Golgotha für alle wichtig, die Jesu Aufforderung „Folgt mir nach!“ nachkommen wollen? Es geht um das, was der Verbrecher erkannt hatte! Der Apostel Paulus drückte es wie folgt aus: „Ihn [Jesus] möchte ich erkennen und die Kraft seiner Auferstehung und die Gemeinschaft seiner Leiden und so seinem Tode gleichgestaltet werden, damit ich gelange zur Auferstehung von den Toten“ (Philipper 3,10-11; alle Hervorhebungen durch uns). Kennen Sie Ihren himmlischen Vater und den wahren Jesus?
Erkennen Sie, dass Jesus nicht gegen seinen Willen nach Jerusalem gebracht wurde, sondern bereitwillig dorthin ging, um für Sie und mich zu sterben (Matthäus 16,21; Johannes 10,17-18)?
Erkennen Sie, dass bei Gott „alle Dinge möglich“ sind (Matthäus 19,26)? Es ist nie zu spät im Leben, Gott um Beistand und Kraft zu bitten. Es ist nie zu spät, ihn aufrichtig zu suchen. Simon ist dafür ein Beispiel, ebenso der Verbrecher am Kreuz neben Jesus.
Erkennen Sie die Wichtigkeit von König Davids Geständnis für Ihr eigenes Leben? „An dir allein habe ich gesündigt und übel vor dir getan“ (Psalm 51,6). Wenn nicht, sind wir Lügner! „Wenn wir sagen, wir haben keine Sünde, so betrügen wir uns selbst, und die Wahrheit ist nicht in uns“ (1. Johannes 1,8; vgl. dazu Römer 3,23).
Erkennen Sie, dass der Schein der Frömmigkeit das Heil nicht garantiert (vgl. dazu Matthäus 7,21-23; 6,1-4)? Scheinbar fromme Führer verhöhnten den gekreuzigten Christus! Der Schein ist nicht ausschlaggebend, sondern die Tiefe unserer persönlichen Beziehung zu unserem himmlischen Vater, die der Mensch nicht wahrnehmen kann.
Erkennen Sie, dass Christus eher Anteil an unserem Leben hat, wenn wir durchs tiefe Tal des Verlusts und dann der Ermutigung gehen, als zu den Zeiten, wenn wir anscheinend auf dem Gipfel des persönlichen Erfolgs stehen? Jesus sagte: „Der Menschensohn ist gekommen, zu suchen und selig zu machen, was verloren ist“ (Lukas 19,10).
Erkennen Sie am Beispiel des Verbrechers am Kreuz, dass Gott immer weiß, wer wir sind und was die Umstände in unserem Leben sind (Matthäus 10,30)? Christus wusste genau, welcher Wandel in der inneren Haltung dieses Mannes stattgefunden hatte.
Erkennen Sie, dass unser himmlischer Vater und sein Sohn Jesus Christus uns so sehen, wie wir eines Tages sein werden? Gott ist derjenige, „welcher die Toten lebendig macht und das noch nicht Vorhandene benennt, als wäre es schon vorhanden“ (Römer 4,17; Menge-Bibel). Vor seinem Ableben am Kreuz versprach Jesus dem Verbrecher am Kreuz, dass er ihn auf der Erde wiedersehen wird, die dann in ein Paradies verwandelt worden sein wird. „Ich habe von Anfang an verkündigt, was hernach kommen soll, und vorzeiten, was noch nicht geschehen ist. Ich sage: Was ich beschlossen habe, geschieht, und alles, was ich mir vorgenommen habe, das tue ich“ (Jesaja 46,10).
Erkennen Sie, dass Jesus Christus als der Sohn Gottes genau das war, was die Juden ihm vorhielten und – wie manche Christen heute – nicht wahrhaben wollten? Die Juden wollten Jesus töten, weil er sagte, „Gott sei sein Vater, und machte sich selbst Gott gleich“ (Johannes 5,18). „Du bist ein Mensch und machst dich selbst zu Gott“, warfen die Juden Jesus vor (Johannes 10,33), was heutige Christen auch tun, die nicht wahrhaben wollen, dass Jesus als der Sohn Gottes auch Gott war.
Doch die Schrift kann nicht gebrochen werden (Johannes 10,35), die uns offenbart, dass Jesus in Menschengestalt Immanuel war: „Gott mit uns“ (Matthäus 1,23). Der Apostel Petrus wusste genau, was er sagte, als er auf die eingangs zitierte Frage Jesu antwortete: „Du bist Christus, des lebendigen Gottes Sohn!“ (Matthäus 16,16).
Konfrontiert mit der ultimativen Hilflosigkeit, die uns allen bevorsteht – dem Tod –, wusste auch der Schächer am Kreuz: „Wie der Vater die Toten auferweckt und macht sie lebendig, so macht auch der Sohn [Immanuel] lebendig, welche er will“ (Johannes 5,21).
Unsere Antwort auf die Frage, wer Jesus wirklich war – und ist –, entscheidet, ob er auch uns sagen würde: „Du wirst mit mir im Paradies sein.“