Wussten Sie, dass vor einhundert Jahren ein in Großbritannien geschriebener Brief die Voraussetzungen für die heutige Lage im Nahen Osten und die Erfüllung wichtiger biblischer Prophezeiungen schuf?
Von Darris McNeely
„Diese Steine sind Ihr wichtigster Fund in diesem Sommer.“ So sprach der Professor bei einer Ausgrabung in Jerusalem. Die Steine, von denen er sprach, bildeten das Fundament der von König Herodes vorgenommenen Ausbauten am Tempelberg und legten Zeugnis von seiner Herrschaft im ersten Jahrhundert n. Chr. über Judäa ab.
Heute zeugen diese Steine von einer jüdischen Präsenz vor 2000 Jahren im Heiligen Land, das damals zum Römischen Reich gehörte. Obwohl von manchen in Frage gestellt, stand dort auf dem Tempelberg ein jüdischer Tempel. Diese Tatsache ist ein wichtiges Glied in der Kette von Beweisen für die Feststellung, dass eine jüdische Heimat im Heiligen Land historisch belegt ist.
Wir schrieben das Jahr 1971. Ich war Student und half zusammen mit anderen, den Schutt der letzten zwanzig Jahrhunderte vom Fundament des Tempelbergs in Jerusalem zu entfernen. Erst vier Jahre zuvor, im Sechstagekrieg, hatten die Israelis den Tempelberg und Ost-Jerusalem erobert.
Israelische Archäologen hatten es damals eilig, die Berge von Schutt abzuräumen und die Beweise für eine jüdische Präsenz in Jerusalem vor 2000 Jahren freizulegen. Damals war mir die politische Bedeutung dieser unwiderlegbaren geschichtlichen Tatsache nicht bewusst. Heute springt sie mir in die Augen.
Warum ist die Existenz Israels wichtig? Warum ist sie für die ganze Welt von Bedeutung?
Sie ist insofern von Bedeutung, als das heutige Israel ein Zeichen für die Erfüllung göttlicher Verheißungen ist. Diese Verheißungen haben nicht nur mit den Juden, sondern mit allen Menschen zu tun. Die Juden in Israel sind ein Überrest einer größeren Gruppe, die im Besitz der göttlichen Verheißungen an Abraham war.
Dass ein Überrest des Volkes, das Gott zu einem bestimmten Zweck auserwählte, wieder in dem Lande lebt, das Abraham verheißen wurde, könnte man als Bürgschaft dafür verstehen, dass Gott auch die Verheißungen, die er Abraham für Menschen jeder Abstammung machte, erfüllen wird. So wichtig es auch ist, die Entstehung des heutigen Israels zu verstehen, weitaus wichtiger ist es, die Rolle zu verstehen, die Israel im Heilsplan Gottes spielt.
Die Zusage einer jüdischen Heimstätte
Am 2. November 2017 jährte sich zum 100. Mal die Veröffentlichung eines offenen Briefes des britischen Außenministers, Arthur James Balfour, an einen prominenten britischen Juden, Lord Rothschild. Mit diesem Brief, der in die Geschichte als die „Balfour-Deklaration“ einging, verpflichtete sich die Regierung Großbritanniens zur Gründung einer „nationalen Heimstätte für das jüdische Volk“ in dem Land, das damals „Palästina“ hieß und dem Gebiet des biblischen Israels entsprach.
Im Jahre 1917 gehörte Palästina zum Osmanischen Reich, das sich damals in Auflösung befand. Den Führern der westlichen Mächte war klar, dass sie nach dem Ende des noch tobenden Weltkrieges den Nahen Osten unter sich aufteilen würden. Großbritannien erhob Ansprüche auf Palästina und verpflichtete sich, eine jüdische Einwanderung in das Gebiet zu erlauben.
In der Balfour-Deklaration heißt es: „Die Regierung Seiner Majestät befürwortet die Errichtung einer nationalen Heimstätte in Palästina für das jüdische Volk und wird sich nach Kräften bemühen, die Verwirklichung dieses Zieles zu fördern, wobei klar verstanden werden muss, dass nichts getan werden darf, was die bürgerlichen und religiösen Rechte der in Palästina lebenden nichtjüdischen Bevölkerung oder die Rechte und den politischen Status der Juden außerhalb Palästinas einschränkt.“
Die Balfour-Deklaration war jahrelang umstritten. Ihre Rechtmäßigkeit wurde in Frage gestellt und manche britischen Regierungen setzten sich einfach über die in ihr bekundete Absicht hinweg. Kommentatoren, die Verständnis für arabische Ansprüche auf das Gebiet hatten, wehrten sich gegen die Vorstellung, Großbritannien habe das Recht, dieses Land dem jüdischen Volk überhaupt zu versprechen.
Im Jahre 1922 übertrug der Völkerbund Großbritannien ein Mandat über Palästina. Die entsprechende Resolution enthielt den Text der Balfour-Deklaration und drückte damit die Billigung der britischen Zusagen durch die Völkergemeinschaft aus. Im Jahre 1947 verabschiedete die Vollversammlung der Vereinten Nationen eine Resolution, in der die Teilung Palästinas in einen jüdischen und einen arabischen Staat vorgesehen war. Von 1917 bis 1948 herrschte also auf internationaler Ebene die Vorstellung vor, dass die Juden einen Anspruch auf eine Heimat in Palästina hätten, mit einer gewissen Autonomie.
Am 14. Mai 1948 wurde das heutige Israel als eigenständiger Staat ausgerufen. Es war der erste jüdische Staat in der Gegend seit der Vernichtung Jerusalems durch die Römer im Jahre 70 nach Christus. Arabische Nachbarstaaten griffen Israel sofort an. Seither kommt die Region trotz Friedensverträgen und Ausgleichsbemühungen nicht mehr zur Ruhe.
Die Verheißungen Gottes an Abraham
Heute ist Israel die einzige stabile Demokratie im Nahen Osten. Um zu überleben, muss es ständig auf der Hut sein vor Terroranschlägen, militärischen Angriffen, politischer Feindschaft und mitunter schwankender Unterstützung seitens der Vereinigten Staaten, die als erstes Land den Staat Israel anerkannten.
Wie ich aus der Erfahrung mit den Ausgrabungen in Jerusalem gelernt habe, ist die Rechtmäßigkeit Israels eine ernste Angelegenheit in der heutigen Weltpolitik. Aber die Bedeutung einer jüdischen Präsenz im Heiligen Land geht weit darüber hinaus, denn sie spielt eine wesentliche Rolle im Heilsplan Gottes. Wir wollen innehalten und unseren Blick auf diesen Aspekt der Geschichte Israels werfen.
Im ersten Buch Mose finden wir eine zweiteilige Verheißung, die Gott dem Patriarchen Abraham machte. Zunächst versprach Gott dem Abraham das Land, das heute Israel heißt. Zudem versprach er ihm auch zahlreiche Nachkommen. Das war aber nur ein Aspekt der Verheißung. Weitaus bedeutender war, dass Gott der ganzen Menschheit eine Verheißung machte, die durch einen Nachkommen Abrahams erfüllt werden sollte. Das war die Aussicht ewigen Lebens für alle Menschen, ohne Rücksicht auf ihre ethnische Herkunft. Der weltliche Teil der Verheißung an Abraham spielt im Alten Testament eine große Rolle. Der andere Teil ist der rote Faden, den wir im Neuen Testament finden.
Der weltliche Teil der Zusagen wurde erfüllt, als Mose die zwölf Stämme Israels aus der ägyptischen Knechtschaft führte und Josua sie später in das Gelobte Land führte. Das alte Israel erstarkte unter den Königen David und Salomo, zerbrach aber danach in zwei getrennte Nationen, die Königreiche Israel und Juda.
Beide Königreiche wurden schwächer und gerieten unter die Herrschaft fremder Mächte. Die Assyrer führten die Bevölkerung des Königreiches Israel und die Babylonier die Bevölkerung des Königreiches Juda in die Verbannung, weit weg von ihrer jeweiligen Heimat. Der allmähliche Niedergang Israels und Judas wird in der Bibel festgehalten. Immer wieder wird dort erklärt, dass dieser Niedergang die Folge von Sünde und dem Abfall von Gott war.
Das Königreich Juda, das man als Judenstaat bezeichnen könnte, ging im Jahre 587 vor Christus zu Grunde, als der babylonische König Nebukadnezar Jerusalem plünderte und fast alle Juden in die Gefangenschaft nach Babylon verschleppte (siehe 2. Könige 25,7-11).
Aber das ist nicht das Ende der Geschichte von Israel im Heiligen Land.
Die Rückkehr ins Land
Der Perserkönig Kyros der Große erlaubte die Rückkehr der nach Babylon verschleppten Juden ins Heilige Land. Im Gegensatz zu den Assyrern und Babyloniern ließen die Perser eroberte Völker in ihrer jeweiligen Heimat wohnen.
Im ersten Kapitel des Buches Esra findet man die Erklärung, mit der Kyros den jüdischen Gefangenen erlaubte, nach Jerusalem zurückzukehren, um den Tempel Gottes wiederaufzubauen und in der Stadt zu wohnen. Die Geschichte der Juden, die diese Gelegenheit ergriffen, wird in den Büchern Esra, Nehemia, Haggai, Zefanja und Maleachi erzählt. Die zurückgekehrten Juden festigten ihre Präsenz im Heiligen Land unter schwierigen Umständen und blieben durch die Zeit der Perser und Griechen hindurch und bis in die Römerzeit dort. Es ist eine bemerkenswerte, aber wenig beachtete Geschichte.
Wie der Prophet Jesaja viel früher angekündigt hatte (Jesaja 44,24-28), veranlasste Gott durch Kyros die Wiederkehr der Juden ins Gelobte Land, denn sein Heilsplan sah eine Präsenz seines Volkes in dem Land vor, das er Abraham verheißen hatte.
Im Alten Testament finden sich zahlreiche Prophezeiungen, die mit dem ersten Kommen Jesu zu tun haben. Unter anderem sollte Jesus vom König David, einem Juden, abstammen und in einem Ort namens Bethlehem geboren werden. Bethlehem lag in dem Stammesgebiet Judas im Gelobten Land, dem Land, das Gott Abraham versprochen hatte. Die Rückkehr der Juden aus Babylon nach Jerusalem war nötig, um die Erfüllung messianischer Prophezeiungen zu ermöglichen und eine Stätte für die Geburt seines Sohnes und die Gründung seiner Kirche vorzubereiten.
Das alles geht aus dem Neuen Testament hervor. Dass Nachkommen Abrahams im Lande lebten, ist eindeutig und wird noch durch die Funde der Archäologen untermauert. Aber diese Tatsache wird mancherorts aus politischen Gründen in Frage gestellt – besonders von palästinensischer Seite.
Der durch Esra erneuerte Tempeldienst dauerte bis ins Jahr 70 nach Christus. Dann zerstörten die Römer Jerusalem im Ersten Jüdischen Krieg (66-70 n. Chr.). Nach dem Zweiten Jüdischen Krieg (132-135 n. Chr.) vertrieben sie die Juden in alle Welt. Das änderte sich erst 1948 mit der Gründung des jüdischen Staates.
Was bedeutet das für uns heute?
Der Staat Israel spielt daher eine wichtige Rolle im Heilsplan Gottes. Die Balfour-Deklaration war ein wesentlicher Meilenstein auf dem Weg zum modernen jüdischen Staat.
In der Bibel finden wir Prophezeiungen, die sich auf die Zeit unmittelbar vor der Wiederkehr Christi beziehen und klar machen, dass es dann wieder eine bedeutende jüdische Präsenz in Jerusalem bzw. im Heiligen Land geben muss. Woran erkennen wir das?
Eine herausragende Prophezeiung machte Jesus selbst, als er mit seinen Jüngern auf dem Ölberg saß. In Matthäusevangelium wird uns davon berichtet. Als Jesu Jünger ihn nach Vorzeichen für sein Kommen und dem Ende des Zeitalters fragten (Matthäus 24,3), führte Christus eine Kette von Ereignissen auf.
In Matthäus 24, Verse 15 und 16 sagt er: „Wenn ihr nun sehen werdet das Gräuelbild der Verwüstung stehen an der heiligen Stätte, wovon gesagt ist durch den Propheten Daniel . . . alsdann fliehe auf die Berge, wer in Judäa ist.“ Seine Jünger werden gewusst haben, was er meinte. Es war ein Hinweis auf die Zeit um 168 und 167 vor Christus, als der syrische König Antiochus Epiphanes den Tempel zu Jerusalem mit der Opferung von Schweineblut am heiligen Altar entweihte. Dieser Antiochus unterband das tägliche Opfer am Tempel und versuchte, jeden Glauben an Gott aus dem jüdischen Volk zu tilgen. Es ist ihm zwar nicht gelungen, aber er brachte damit die Juden in schwere Bedrängnis.
Was Christus meinte, war, dass es in der Endzeit etwas Ähnliches geben wird. Voraussetzung dafür ist, dass in Jerusalem wieder auf einem geweihten Altar Opfer nach den Vorschriften des Alten Testaments dargebracht werden. Das wiederum setzt voraus, dass es im Lande Menschen gibt, die nach den levitischen Ritualvorschriften handeln, und ohne einen beträchtlichen jüdischen Einfluss im Heiligen Land ist das undenkbar.
In seiner Prophezeiung erwähnte Jesus den Propheten Daniel. Im neunten Kapitel des Buches Daniel finden wir die sogenannte Prophezeiung der siebzig Wochen, die sich ausführlich mit der heiligen Stadt und dem ersten und zweiten Kommen Christi beschäftigt. Sie ist nicht einfach zu deuten, aber sie enthält unmissverständliche Hinweise auf „Schlachtopfer und Speisopfer“ und ein „Gräuelbild, das Verwüstung anrichtet“.
Ein Schlüsselereignis in der Prophetie
Wenn wir Daniels Prophezeiung mit Vorhersagen Christi vergleichen, können wir den Schluss ziehen, dass sie sich auf einen Zeitraum bezieht, der sich vom sechsten Jahrhundert vor Christus bis in die Endzeit, die Zeit der Wiederkehr Christi, erstreckt. Wie schon gesagt, wenn es wieder regelmäßige Opfer geben soll, dann muss es im Heiligen Land eine starke jüdische Präsenz geben.
Dies ist auch die Voraussetzung für die Erfüllung anderer Prophezeiungen über Jerusalem. Die Ausrufung des Staates Israels im Jahre 1948 ist daher ein Schlüsselereignis nicht nur der weltlichen, sondern auch der prophetischen Geschichte. Sie ist ein Meilenstein auf dem Weg, auf dem Gott die Nachkommen Abrahams, Isaaks und Jakobs führt – das sind die zwölf Stämme Israels. Diese Weltwanderung dient dem Heilsplan Gottes, nach dem allen Menschen das Heil durch den verheißenen Nachkommen Abrahams, Jesus Christus, zugänglich gemacht wird (vgl. dazu 1. Mose 22,18 und Galater 3,16).
Das Heil, das heißt das ewige Leben in der Familie Gottes, wird zwar Menschen jeder Abstammung angeboten, doch wirkt Gott durch den Nachkommen eines einzelnen Menschen, um es zu ermöglichen. Jesus Christus wurde als Nachkomme Abrahams geboren. Sein Todesopfer und seine Auferstehung ermöglichen uns die Sündenvergebung und den Eingang ins ewige Leben.
Durch die Balfour-Deklaration ist Israel mit Großbritannien, aber auch mit den Vereinigten Staaten verbunden. Die Beziehungen zwischen den drei Ländern wurzeln tiefer, als man der modernen Geschichte entnehmen kann. Die drei Länder sind nämlich durch die Verheißungen verbunden, die der Schöpfergott Abraham, dem Vater der Gläubigen, machte. Diese Verheißungen, die sowohl die biologischen Nachkommen Abrahams als auch Menschen jeder Herkunft betreffen, sind zuverlässig und gerecht. Mehr Informationen dazu finden Sie in unserer kostenlosen Broschüre Amerika und Großbritannien: Was sagt die Bibel über ihre Zukunft?.
Haben Sie den Eindruck, dass die Beziehungen zwischen Israel, Großbritannien und den Vereinigten Staaten besonderer Art sind? Wenn es Israel gut geht, geht es Amerika gut und umgekehrt, meinen manche Menschen. Kann es sein, dass Gott Israel und Amerika besonders unter seinen Schutz gestellt hat? Der amerikanische Gelehrte Walter Russell Mead stellte diese Frage für die Zeitschrift The American Interest in einem Beitrag vom 25. Mai 2011 mit dem Titel „Der Träumer [Barack Obama] liegt am Boden“. Er meinte, dass die Beziehungen zwischen Israel und den Vereinigten Staaten sehr wohl etwas Besonderes sind:
„Der Fortbestand Israels bedeutet, dass der Gott der Bibel immer noch das Wohlergehen der Menschheit im Auge hat. Für viele amerikanische Christen, auch solche, die beileibe keine Fundamentalisten sind, liefert die Existenz eines neuen, demokratischen jüdischen Staates im Heiligen Land nach zweitausend Jahren der Unterdrückung und Vertreibung einen Beweis dafür, dass die Religion der Bibel zuverlässig ist.“
In der Tat ist die „Religion der Bibel“ zuverlässig – und vor allen Dingen auch wahr. Wenn wir sie mit Ereignissen in der modernen Welt vergleichen, gelangen wir zu einem tieferen Verständnis. Die Balfour-Deklaration von 1917 war ein Meilenstein auf dem Weg zur Gründung der modernen Nation Israel. Heute, einhundert Jahre später, ist es angebracht, daran erinnert zu werden. Nur wenige Menschen verstehen die Bedeutung jener Deklaration unter den Gesichtspunkten, die wir in diesem Artikel behandelt haben.
Vor fünfzig Jahren schaute der amerikanische Schriftsteller Eric Hoffer, der sich durch seine Kommentare zur Moral- und Gesellschaftsphilosophie einen Namen gemacht hatte, ein Jahr nach dem Sechstagekrieg durch den Nebel der Verwirrung und brachte die Bedeutung Israels auf den Punkt: „Wenn Israel untergehen sollte, wird der ganze Westen ebenfalls untergehen“ („Israel’s Peculiar Position“, Los Angeles Times, 26. Mai 1968).
Israel hat zwar viele Feinde, doch es wird nicht untergehen. Denn aus der Bibel wissen wir, dass eine jüdische Präsenz im Heiligen Land im Vorfeld der Wiederkehr Christi notwendig ist.