Von Mario Seiglie
Als David und seine Truppen den Gipfel des letzten Berges erklommen hatten, da lag sie vor ihnen: die gewaltige Festung Jebus, später „Jerusalem“ genannt.
Der Schmähruf der Jebusiter spiegelte ihr Vertrauen in ihre Verteidigungsanlagen wider (2. Samuel 5,6). Dabei übersahen die Jebusiter eine Schwachstelle, die ihnen zum Verhängnis werden sollte. Am Fuß des Berges, auf dem die Stadt lag, befand sich eine Höhle mit einer natürlichen Wasserquelle. Da die Wasserversorgung lebenswichtig war, hatten die Jebusiter einen Schacht ausgehoben, durch den sie das Wasser hinaufzogen. In diesem Schacht erkannte David einen Eingang in die Stadt, durch den seine Kämpfer nach der Bibel tatsächlich in die Stadt eindrangen (2. Samuel 5,8-9; 1. Chronik 11,6).
Jerusalem fiel den Truppen Davids in die Hände. Bald darauf ließ David die Bundeslade dorthin bringen, und legte damit den Grund für den Tempelbau unter Salomo und für das Zentrum, an dem sich die Israeliten noch viele Jahrhunderte orientieren sollten. So wurde Jerusalem um 1000 v. Chr. zur Hauptstadt Israels und David zu ihrem ersten König. Der Wasserschacht, der David die Einnahme Jerusalems ermöglichte, ist heute noch zu besichtigen.
Trotz dieser Geschichte und der Fülle biblischer Angaben über das Leben und die Heldentaten Davids gibt es Kritiker, die daran zweifeln, daß er tatsächlich gelebt hat. Wie einer von ihnen freimütig bekennt: „Ich bin nicht der einzige Wissenschaftler, der ebensowenig an König David wie an König Artus als historische Gestalt glaubt“ (Philip R. Davies, Biblical Archaeology Review, Juli-August 1994, Seite 55). Archäologische Funde der letzten Zeit haben dennoch bewiesen, daß es tatsächlich einen König Israels mit Namen „David“ gegeben hat.
Im Jahre 1993 hat man das Stück eines Denkmals an der Stelle gefunden, wo früher die altisraelitische Stadt Dan lag. Darauf steht ein Text, der wohl hundert Jahre nach Davids Tod verfaßt wurde. Dieser Text erwähnt David und seine Dynastie namentlich. In einer anderen Ausgabe der Biblical Archaeological Review wird folgendes erklärt: „Avraham Biran und sein Team von Archäologen fanden eine bemerkenswerte Inschrift aus dem neunten Jahrhundert vor Christus, in der sowohl vom ,Haus Davids‘ als auch vom ,König Israels‘ die Rede ist. Das ist die erste außerbiblische antike Quelle, in der uns David begegnet. Es ist bezeichnend, daß nicht einfach ein ,David‘, sondern das ,Haus Davids‘ erwähnt wird“ (Ausgabe März-April 1994, Seite 26).
König David wird außerdem auf einer Steintafel erwähnt, die vermutlich aus der gleichen Zeit stammt. Dieser sogenannte „Moabitische Stein“ bzw. „Stele Mescha“ wurde im Jahre 1868 gefunden. Er wurde leider zerschlagen, und die Rekonstruktion des Textes hat lange gedauert.
Sie gelang dem Wissenschaftler Andre Lemaire im Jahre 1995. Dabei fiel der Ausdruck „Haus Davids“ auf. In Zeile 31 des Moabitischen Steins steht folgendes: „... die Schafe des Landes. Und das Haus [Da]vid[s] wohnte in Horonen“ (Biblical Archaeology Review, Mai-Juni 1994, Seite 33).
In demselben Artikel heißt es weiter: „Die kürzliche Entdeckung eines Stelefragmentes im Tell Dan, das einen Hinweis auf das ,Haus [d. h. die Dynastie] Davids‘ enthält, ist in der Tat eine Sensation und rechtfertigt die Publizität, die sie erfahren hat. Diese aramäische Inschrift, die in das neunte Jahrhundert vor Christus datiert wird, war ursprünglich Teil eines Siegerdenkmals, das in der Stadt Dan errichtet wurde. Der Erbauer des Denkmals war anscheinend ein Feind sowohl des ,Königs Israels‘ als auch des ,Königs des Hauses Davids‘. Aus dieser Inschrift ist ersichtlich, daß Israel und Juda eine wichtige Rolle auf internationaler Ebene spielten. Heutige Forscher, nach deren Ansicht die Bibel nichts Zuverlässiges aus der Zeitgeschichte vor dem babylonischen Exil enthält, dürften von dieser Entdeckung enttäuscht sein ... Knapp zwei Jahre vor der Entdeckung des Fragmentes von Tell Dan kam ich [d.h. Lemaire] zu dem Schluß, daß die Stele Mescha einen Hinweis auf das ,Haus Davids‘ enthält. Dieses Ergebnis wird von den Fragmenten des Tell Dan gestützt“ (ebenda, Seite 31 f.)
Ausgrabungen fördern immer mehr Beweise für die Richtigkeit der Bibel zutage. Bisher ist die Existenz folgender Könige Israels und Judas von der Archäologie bestätigt worden: Omri, Ahab, Jerobeam II, Jehu, Pekach, Hosea, Ahas, Hiskia und Manasse. Jetzt reiht sich David in diese Liste ein, da er nicht mehr als Mythos gilt. Diese Bestätigung der Existenz der Könige Israels ist auch eine Bestätigung der Richtigkeit der Bibel.