Jesu Gleichnis über das Senfkorn enthält eine wichtige Lektion über Gottes Wirken in unserem Leben.
Von Darris McNeely
Vor einigen Jahren schenkte mir jemand ein Senfkorn. Es befindet sich in einer winzigen durchsichtigen Box, die ich an meiner Krawatte oder meinem Kragen befestigen kann. Trage ich sie, werde ich oft gefragt: „Was ist das?“ Wenn ich dem Fragesteller sage, dass es ein Senfkorn ist, habe ich die Gelegenheit, das Gleichnis Jesu vom Senfkorn zu erklären. Wir finden dieses Gleichnis in Matthäus 13, Verse 31-32:
„Ein anderes Gleichnis legte er ihnen vor und sprach: Das Himmelreich gleicht einem Senfkorn, das ein Mensch nahm und auf seinen Acker säte; das ist das kleinste unter allen Samenkörnern; wenn es aber gewachsen ist, so ist es größer als alle Kräuter und wird ein Baum, sodass die Vögel unter dem Himmel kommen und wohnen in seinen Zweigen.“
Das Gleichnis ist recht kurz und passt deshalb zum Thema des Senfkorns, das auch klein ist. Doch die Botschaft, die Jesus mit diesem Gleichnis verkündet, ist überaus tiefgründig. Was können wir daraus lernen?
Ein bescheidener, nur scheinbar nicht Erfolg versprechender Anfang
Das Gleichnis vom Senfkorn folgt auf die Gleichnisse vom Sämann und vom Unkraut unter dem Weizen, das ein Feind auf das Feld säte. Das Gleichnis vom Sämann beschreibt, was passiert, wenn der gute Same gesät wird – das Evangelium vom Reich Gottes. Ein Teil der Saat fällt auf felsigen Boden und keimt nicht, andere Samen keimen und wachsen eine Zeit lang, verwelken aber dann in der Hitze des Tages oder gehen durch die Vielzahl der Dornen ein. Und manche Saat fällt auf guten Boden und bringt viel Frucht hervor.
Das Gleichnis vom Unkraut unter dem Weizen handelt von Satans Widerstand gegen Gott, der „viele Söhne und Töchter in die Herrlichkeit führen“ will (Hebräer 2,10; Zürcher Bibel). Doch Gottes großer Plan mit den Menschen kann nicht verhindert werden, da Gott letztendlich das Unkraut vom Weizen dauerhaft trennen wird.
Mit dem Gleichnis vom Senfkorn geht Jesus auf einen weiteren Aspekt vom Reich Gottes ein. Er lehrt, dass das Reich in diesem Zeitalter zwar sehr klein anfängt, dass seine Kraft aber andauert und dass es wachsen und später unvorstellbar großen Einfluss haben wird.
Eine weitere Lektion über kleine Anfänge
Nachdem die Juden aus der babylonischen Gefangenschaft nach Jerusalem zurückgekehrt waren, weil sie Jerusalem und den Tempel wieder aufbauen wollten, sandte Gott ihnen den Propheten Sacharja, um sie zur Fertigstellung ihres Vorhabens zu bewegen. Der Wiederaufbau des Tempels, um dessentwillen sie Babylon verlassen hatten, war nämlich zum Stillstand gekommen.
Die verhältnismäßig kleine Gruppe der jüdischen Rückkehrer war nur ein Bruchteil ihres Volkes vor dessen Verschleppung nach Babylon. Die Jahre der Gefangenschaft hatten sie demoralisiert und sie zweifelten an ihrem Durchsetzungsvermögen. Sie hatten mit dem Wiederaufbau begonnen, aber Widerstand und Störversuche ihrer Nachbarn führten zur Einstellung der Arbeit am Tempel. Dann sandte Gott die Propheten Sacharja und Haggai, um sie zur Wiederaufnahme der Restauration zu bewegen.
In einer Vision des Tempels sah Sacharja einen Leuchter, eine Schale und zwei Ölbäume. Die Vision enthielt eine Botschaft Gottes an Serubbabel, den Vorsteher der jüdischen Gemeinde in Jerusalem. Gott wollte die Rückkehrer mit der Nachricht ermutigen, dass sie, sofern sie nicht nachließen, ihre Arbeit erfolgreich abschließen würden.
„Das ist das Wort des Herrn an Serubbabel: Es soll nicht durch Heer oder Kraft, sondern durch meinen Geist geschehen, spricht der Herr Zebaoth. Wer bist du, du großer Berg, der du doch vor Serubbabel zur Ebene werden musst? Er wird hervorholen den Schlussstein, sodass man rufen wird: Glück zu! Glück zu! . . . Die Hände Serubbabels haben dies Haus gegründet, seine Hände sollen’s auch vollenden“ (Sacharja 4,6-9; alle Hervorhebungen durch uns).
Gott wirkt in seinen menschlichen Werkzeugen durch die Kraft seines heiligen Geistes. Die zurückgekehrten jüdischen Verbannten hatten damals nur wenig Kraft. Widerstand und Kritik ihrer Nachbarn hatten sie entmutigt. Gott sagte ihnen sinngemäß: „Ihr habt damit angefangen und ihr werdet es auch zu Ende bringen! Ich bin bei euch, aber ihr müsst euren Teil tun und weitermachen.“
Sacharja fuhr in seiner Prophezeiung fort: „Denn wer immer den Tag des geringsten Anfangs verachtet hat, wird doch mit Freuden sehen den Schlussstein in Serubbabels Hand. Jene sieben sind des Herrn Augen, die alle Lande durchziehen“ (Sacharja 4,10). Die Bedeutung der Botschaft Gottes ist eindeutig: Macht euch keine Sorgen wegen eurer zahlenmäßigen Unterlegenheit und eurer unbedeutenden Stellung.
Die kleine jüdische Gemeinde in Jerusalem war auf die Gnade des großen persischen Reiches und seines Königs Kyrus angewiesen. Doch Gott war es, der Kyrus dazu bewegt hatte, den Juden die Rückkehr nach Jerusalem zu erlauben. Gott war größer als der persische König. Es gab keinen Grund, sich vor ihm oder irgendeiner anderen Quelle des potenziellen Widerstands zu fürchten. Die Juden in Jerusalem waren zwar wenig an der Zahl, doch Gott war bei ihnen!
Sie gehörten zum Überrest des Volkes Israel, mit dem Gott einen Bund geschlossen hatte. Gott hatte Israel zu einem besonderen Zweck auserwählt. Obwohl die Israeliten gesündigt und ihren Bund mit Gott nicht gehalten hatten, änderte sich damit nichts an Gottes großem Vorhaben mit diesem Volk. Deshalb sollten die Juden aus ihrer Gefangenschaft in Babylon nach Jerusalem zurückkehren und dort etabliert werden, denn Prophezeiungen über die Geburt, das Leben und den Tod Jesu Christi mussten erfüllt werden. Mit der kleinen Gruppe der jüdischen Rückkehrer war Gott dabei, seinen Plan auszuführen, und nichts sollte ihn daran hindern!
Das Senfkorn in Ihrem Leben pflanzen
Darin birgt sich auch eine Lektion für uns. Als Jesus lehrte, dass das Reich Gottes wie ein Senfkorn ist, das groß werden wird, wies er damit auf die Kraft Gottes hin, mit der er durch menschliche Werkzeuge wirkt. Manchmal wirkt er auf scheinbar unbedeutende Weise, aber dennoch immer zu seiner Herrlichkeit!
In diesem Sinn schrieb der Apostel Paulus: „Wir haben aber diesen Schatz in irdenen Gefäßen, damit die überschwängliche Kraft von Gott sei und nicht von uns. Wir sind von allen Seiten bedrängt, aber wir ängstigen uns nicht. Uns ist bange, aber wir verzagen nicht“ (2. Korinther 4,7-8).
Durch die Kraft des heiligen Geistes schenkt Gott den Berufenen Glauben und Gerechtigkeit. Durch diese Kraft weckte er Jesus von den Toten auf. Dieselbe Kraft kann auch in uns wirken, um Frucht für das Reich Gottes hervorzubringen. Doch wie beim Senfkorn ist die Wirkung des heiligen Geistes in uns am Anfang erst klein.
Es gibt viele Menschen, die sich in der Nachfolge Jesu wähnen, aber in Wirklichkeit fehlt ihnen die wahre Kraft Gottes. Sie müssen sie erst von Gott erhalten. Wie sieht es bei Ihnen aus? Wollen Sie nach einem jeden Wort Gottes leben und sich dabei den Herausforderungen stellen, die dieser Lebensführung entgegenwirken? Der Geist Gottes verleiht uns den erforderlichen Mut und die Zuversicht, um das zu schaffen! Er ist „das Unterpfand unseres Erbes“ – das ewige Leben, das Leben im ewigen Reich Gottes (Epheser 1,13-14; Römer 8,11).
Ohne diesen Geist wird keiner in das Reich Gottes eingehen. Er muss Teil unseres Lebens sein und – obwohl seine Wirkung wie beim Senfkorn erst klein ist – wachsen und Gott wohlgefällige Frucht hervorbringen.
Wie keimt das Senfkorn vom Reich Gottes in uns?
Wie beginnt das Senfkorn in uns zu wirken? Es beginnt damit, dass Gott uns auf die Aspekte unserer Lebensführung aufmerksam macht, die mit seinem Willen nicht im Einklang sind. Gott verspricht uns dabei die Kraft, um uns von der Sünde abzuwenden und ihm in allen Belangen des Lebens zu gehorchen. Wir finden einen Aufruf dazu in der Predigt, die der Apostel Petrus am ersten Pfingstfest in der Kirchengeschichte gehalten hat: „Kehrt um, und jeder von euch lasse sich taufen auf den Namen Jesu Christi zur Vergebung eurer Sünden, und ihr werdet die Gabe des heiligen Geistes empfangen“ (Apostelgeschichte 2,38; Zürcher Bibel).
Reue ist ein Wort, das man in unserer Gesellschaft nicht sehr oft hört. Was bedeutet das Wort „Reue“ im biblischen Sinn? Es bedeutet die vollständige Abkehr von einer Lebensführung, die letztendlich nur zu Problemen, Herzensleid und kaputten Beziehungen führt. Derjenige, der bereut, macht mit einer destruktiven Verhaltensweise Schluss, die nicht nur dem eigenen Leben Schaden zufügt, sondern auch andere verletzt – Familienangehörige, Freunde und Bekannte.
Reue im biblischen Sinn bedeutet, dass man sich den Spiegel des perfekten Gesetzes Gottes vorhält, um sicher zu sein, dass man nicht nur Hörer, sondern auch Täter des Wortes Gottes ist (Jakobus 1,22-25). Es bedeutet eine ehrliche Bestandsaufnahme der eigenen Lebensführung im Vergleich zum Maßstab der Gerechtigkeit, den Gott uns durch sein Gesetz gibt – selbst wenn man sich zu Jesus Christus bekennt und meint, ihm nachzufolgen.
Hilft Ihnen das zu erkennen, dass Ihnen möglicherweise etwas fehlt? Wenn Ihnen Ihr Leben als bekennender Christ hohl vorkommt und Sie Ihr Christsein manchmal in Frage stellen, können Sie sich am Gleichnis vom Senfkorn ein Beispiel nehmen. Das Reich Gottes ist wie ein Senfkorn. Es fängt äußerst klein an, verfügt aber in diesem Zustand über eine Kraft, die das Potenzial zu großem Wachstum beinhaltet. Wir dürfen die Kraft vom Geist Gottes niemals gering schätzen!
Christus musste seine eigenen Jünger einmal wegen ihrer Unkenntnis der Kraft Gottes gegenüber der dunklen Welt der Dämonen tadeln. Zuvor war den Jüngern die Austreibung eines Dämons nicht gelungen, und sie fragten ihn nach dem Grund ihres Versagens: „Warum konnten wir ihn nicht austreiben? Er aber sprach zu ihnen: Wegen eures Kleinglaubens. Denn wahrlich, ich sage euch: Wenn ihr Glauben habt wie ein Senfkorn, so könnt ihr sagen zu diesem Berge: Heb dich dorthin!, so wird er sich heben; und euch wird nichts unmöglich sein. Aber diese Art fährt nur aus durch Beten und Fasten“ (Matthäus 17,19-21).
Der Apostel Paulus wusste, welche Kraft uns durch den heiligen Geist zur Verfügung steht. Deshalb konnte er den erfolgreichen „Abschluss“ unseres Weges mit Gott voraussehen: „Ich bin darin guter Zuversicht, dass der in euch angefangen hat das gute Werk, der wird’s auch vollenden bis an den Tag Christi Jesu“ (Philipper 1,6). Seien wir wie Paulus und unterschätzen wir niemals die Kraft Gottes. Wie Sacharja können wir sagen: „Es soll durch Gottes Geist geschehen. Seine Hände haben das Werk in uns begonnen, seine Hände sollen es auch vollenden!“
Wie ein Senfkorn sind die Nachfolger Christi heute nur „eine kleine Herde“ (Lukas 12,32). Doch wie das Senfkorn keimt und wächst werden sie in der Welt von morgen zusammen mit Christus dazu beitragen, „dass seine Herrschaft groß werde und des Friedens kein Ende“ (Jesaja 9,6).