Von Mario Seiglie
In den letzten beiden Folgen dieser Reihe wurde die Geschichte der Könige Israels nach der Reichsspaltung behandelt. Diese Teilung hatte zur Entstehung des Zehnstämmereichs Israel im Norden und des Zweistämmereichs Juda im Süden geführt. In dieser Folge betrachten wir archäologisches Material über die Könige Judas nach dieser Trennung.
Um 720 v. Chr. eroberten die Assyrer das Königreich Israel und führten dessen Bewohner aus ihrer Heimat weg. Durch ein Wunder gelang es jedoch Israels Südreich Juda, dem assyrischen Überfall zu trotzen und das Nordreich um 130 Jahre zu überleben. Letztlich widerfuhr ihnen ein ähnliches Schicksal, als die Babylonier sie wegführten. Dennoch konnten sie ihre nationale Identität einige Generationen länger als Israel seine nationale Identität bewahren. 70 Jahre nach ihrer Verschleppung nach Babylon zog eine kleine Schar Judäer in ihre Heimat zurück. Ihre Nachkommen blieben dort weitere 600 Jahre, bevor die Römer sie in alle Richtungen vertrieben. Während der nächsten 2000 Jahre verstreuten sich die Juden in alle Welt. Im zwanzigsten Jahrhundert jedoch kamen einige in die Gegend des einstigen Reiches Juda zurück. Sie gründeten einen Staat, den sie „Israel“ nannten, obwohl „Juda“ eher der Geschichte entsprochen hätte.
Was hat uns die Archäologie bisher über dieses wiederauferstandene Volk des südlichen Reiches offenbart? Wir steigen in die faszinierende Geschichte zur Zeit des Königs Ahas, dessen Herrschaft über Juda etwa 200 Jahre nach der Spaltung Israels begann, ein.
Das Tonsiegel des Ahas
„Im siebzehnten Jahr Pekachs, des Sohnes Remaljas, wurde Ahas König, der Sohn Jotams, des Königs von Juda. Zwanzig Jahre war Ahas alt, als er König wurde; und er regierte sechzehn Jahre zu Jerusalem. Und er tat nicht, was dem Herrn, seinem Gott wohlgefiel, wie sein Vater David“ (2. Könige 16,1-2).
Herrscher und hohe Beamte im Nahen und Mittleren Osten der Antike drückten ihren Urkunden Siegel auf, und Archäologen ist es gelungen, solche Tonsiegel zweier Könige Judas – Hiskia und Ahas – zu identifizieren. Die beiden Siegel Hiskias sind nicht besonders gut erhalten, aber das Siegel des Ahas ist in einem ausgezeichneten Zustand. Seine Echtheit konnte im Jahre 1996 bestätigt werden. So wie heute die Gültigkeit von Schecks, Verträgen und anderen Urkunden durch Unterschriften dokumentiert wird, so verwendeten Regierungsstellen im Altertum Siegel. Hierbei handelte es sich meist um aus Halbedelsteinen geschnitzte Stempel, häufig auf einem Siegelring befestigt, die den amtlichen Charakter ihrer Dokumente für jeden bestätigten.
Das damals für Urkunden am häufigsten verwendete Schreibmaterial war Papyrus. „Eine Urkunde aus Papyrus wurde zusammengerollt und mit einem Faden gebunden“, erklärt Tsvi Scheider, Unterbibliothekar am Archäologischen Institut der Hebräischen Universität in Jerusalem. „Ein nasses Stück Ton wurde auf den Knoten gepreßt und mit dem Siegel geprägt ... Nachdem der Ton getrocknet war, kam die Papyrusrolle in ein Archiv (siehe Jeremia 32,10-14)“ (Biblical Archaeology Review, Juli-August 1991, Seite 27).
Im trockenen Ton blieb der Siegelabdruck zurück. Obwohl der Papyrus sich als organischer Stoff im Laufe der Zeit abbaute, sind uns einige Tonsiegel erhalten geblieben. Israel lag am Kreuzweg zwischen drei mächtigen Reichen – Ägypten, Assyrien und Babylonien – und wurde deshalb häufig von deren Kriegen in Mitleidenschaft gezogen. Unter siegreichen Heeren der damaligen Zeit war es Sitte, feindliche Städte einzuäschern und dadurch fast alles zu vernichten. Einige Tonsiegel überstanden die Brände, weil sie in der Hitze des Brennofens hart wie Steingut wurden.
Bei den einige tausend Jahre später stattfindenden Ausgrabungen von Städten entdeckten Archäologen die Überreste königlicher Archive. Hin und wieder stießen sie sogar auf Lagerräume voller Tonsiegel, die genau die Aufbewahrungsorte amtlicher Urkunden markieren.
Zum Siegel des Ahas schreibt Robert Deutsch: „Das Siegel, das in diesem besonders gut erhaltenen Stück rot-braunen Tons bewahrt ist, gehörte König Ahas von Juda, der von 732 bis 716 [v. Chr.] herrschte ... Dieses Stück Ton diente dazu, eine Urkunde aus Papyrus zu versiegeln, denn die Rückseite trägt immer noch den Abdruck der Papyrusfasern ... Am linken Rand der Vorderseite ist ein Fingerabdruck zu sehen, der von König Ahas selbst stammen könnte! ... Das Siegel enthält nicht nur den Namen des Königs selbst, sondern auch seines Vaters, König Jehotam [Jotam]. Ferner wird Ahas ausdrücklich als ,König Judas‘ ausgewiesen ... Die aus drei Zeilen bestehende hebräische Inschrift bedeutet: ,Eigentum des Ahas, (Sohn des) Jehotam, König von Juda‘ ... Das Ahas-Siegel wurde bereits von führenden Wissenschaftlern untersucht ... Über seine Echtheit sind sich alle einig“ (Biblical Archaeology Review, Mai-Juni 1998, Seite 54, 56).
Somit hat die Archäologie die einstige Existenz eines weiteren in der Bibel erwähnten Königs bestätigt.
Sanherib erobert Lachisch
Kurz nach dem Untergang des nördlichen Reiches Israel richtete der assyrische König – inzwischen handelte es sich um Sanherib – seinen Blick auf das südliche Reich Juda. Um 700 v. Chr., als Hiskia, Sohn und Nachfolger von Ahas, König von Juda war, kam es dann zum Angriff.
Der Vorstoß der Assyrer und Hiskias Reaktion darauf werden in der Bibel wie folgt zusammengefaßt: „Im vierzehnten Jahr des Königs Hiskia zog herauf Sanherib, der König von Assyrien, gegen alle festen Städte Judas und nahm sie ein. Da sandte Hiskia ... zum König von Assyrien nach Lachisch und ließ ihm sagen: Ich hab Unrecht getan, zieh weg von mir. Was du mir auferlegst, will ich tragen. Da legte der König von Assyrien Hiskia, dem König von Juda, dreihundert Zentner Silber auf und dreißig Zentner Gold“ (2. Könige 18,13-14). Trotz der Zusage Hiskias, Sanherib für die Verschonung Jerusalems reichlich zu belohnen, entschied sich der assyrische König zum Angriff auf die Stadt.
Das, was jetzt geschah, ist nicht nur in der Bibel, sondern auch in assyrischen Aufzeichnungen festgehalten, die verblüffende Parallelen zum Bibelbericht aufweisen.
1845 entdeckte der britische Archäologe Henry Austen Layard die altorientalische Stadt Ninive und den Palast Sanheribs. Dort fand er auf den Wänden eine Reihe steinerner Bilder, in denen die Invasion Judas durch Sanherib anschaulich dargestellt wird.
Der Fund wird von Mosche Pearlman beschrieben: „Aus der Sicht der Bibelwissenschaftler waren die Kleinode unter den Entdeckungen in diesem Palast dreizehn Steinplatten, die Sanherib auf einem Thron an einem Berghang vor einer belagerten Stadt mitten in einer offensichtlich judäischen Landschaft zeigen. Die Reliefs, die man heute im Britischen Museum in London besichtigen kann, sind deutlich als dreizehnteilige Bilddokumentation vom Feldzug der Assyrer in diesem israelitischen Südreich zu erkennen ... Auf einer Platte, die dem abgebildeten König gegenüberliegt, steht in Keilschrift zu lesen: ,Sanherib, König des Universums, König von Assyrien, saß auf einem Thron und ließ die aus der Stadt Lachisch gewonnene Beute an sich vorbeiführen‘ “ (Digging Up the Bible, 1980, Seite 96).
Die Erzählung der Bibel ist sozusagen in den Bildern festgehalten, die auf dieser Wand von der Unterwerfung der Stadt Lachisch berichten. Die Bibel aber liefert noch ergänzende Informationen, indem sie uns Einblick in einen Brief gewährt, den ein verzweifelter Hiskia an Sanherib schickte. Der judäische König bittet um Vergebung und erklärt sich bereit, jeden Preis für die Verschonung Jerusalems zu zahlen.
Bei näherer Befassung mit den assyrischen Bildern fallen grauenhafte Einzelheiten der Eroberung der Stadt Lachisch ins Auge: „Der assyrische Monarch sitzt in prächtigen Gewändern auf einem Thron und beobachtet, wie seine Truppen eine befestigte und verbissen verteidigte Stadt angreifen“, schreibt Pearlman. „Seine Rammböcke werden auf Rampen gegen die Stadtmauer hinaufgeschoben, während Bogenschützen, Steinschleuderer und Speerwerfer die Verteidiger auf Abstand halten. Auf einem Bild ist dargestellt wie Gefangene von assyrischen Soldaten gepfählt, auf einem anderen, wie sie gehäutet werden. Eine lange Kolonne Gefangener und mit Beute beladener Karren wird unter Bewachung aus der Stadt herausgeführt“ (Seite 96).
Im zwanzigsten Jahrhundert haben Archäologen Lachisch ausgegraben und die Genauigkeit der biblischen und assyrischen Darstellung seiner Eroberung bestätigt. „Die Großartigkeit der Entdeckung Layards wurde achtzig Jahre später noch gesteigert, als genau die Schicht der Stadt Lachisch, die dieser Eroberung entsprach, ausgegraben wurde. Zu den Funden zählten assyrische Pfeilspitzen und Schleudern, und anhand der Überreste der Stadt konnte der Verlauf ihrer Befestigungsanlagen rekonstruiert werden. Die Übereinstimmung mit den Bildern aus dem Palast Sanheribs war fast vollständig. Somit ist Lachisch ein hervorragendes Beispiel dafür, wie archäologische Ausgrabungen mit alten Zeugnissen in Wort und Bild zusammenwirken können und den Hintergrund einer biblischen Geschichte mit Leben erfüllen“ (Seite 97).
Die außerordentlich detaillierten Funde aus Assyrien und die Ausgrabungen in Lachisch bestätigen sich gegenseitig und untermauern die Aussagen der Bibel.
Das Prisma Sanheribs
Die archäologischen Beweise, die uns die assyrische Invasion liefert, sind damit jedoch noch nicht zu Ende. Eine weitere Freilegung wirft Licht auf Sanheribs Belagerung Jerusalems. 1919 kaufte das Institut für Orientalistik an der Universität Chicago einen 27 cm langen Tonzylinder, der als Sanherib- bzw. Taylor-Prisma bekannt ist. Auf diesem Kunsterzeugnis werden acht Feldzüge Sanheribs beschrieben. Im dritten Teil wird von Sanheribs Invasion Judas und seiner anschließenden Belagerung Jerusalems berichtet.
„Was Hiskia den Juden [den König Judas] betrifft, so wollte er sich meinem Joch nicht beugen. Ich belagerte sechsundvierzig seiner befestigten Städte und ummauerten Burgen sowie unzählige kleine Dörfer in ihrer Umgebung. Mit gegen die Mauern fahrenden Rammböcken und Angriffen durch Fußsoldaten, nahm ich sie alle ein ... [Hiskia] selbst machte ich wie einen Vogel in einem Käfig zum Gefangenen in seiner königlichen Residenz Jerusalem“ (James Pritchard, The Ancient Near East, Band 1, 1958, Seite 199-201).
Sanherib beginnt seine Beschreibung der Belagerung mit prahlerischen Worten. Die Ausdrucksweise erweckt beim Leser den Eindruck, er habe mit den sechsundvierzig anderen Festungen auch Jerusalem eingenommen. Doch während der Erzählung ändert sich das. Statt sich mit einer Eroberung der Königsstadt zu brüsten, folgen lediglich Angaben über Hiskias Tributzahlungen: „Hiskia selbst, den der furchterregende Glanz meiner Herrlichkeit überwältigt hatte, ... schickte mir später nach Ninive, der Stadt meiner Herrschaft, Goldtalente, ... Silbertalente, ... allerlei Kostbarkeiten und sogar seine (eigenen) Töchter ... Um den Tribut zu übergeben und mir als Sklave zu huldigen, schickte er seine Abgesandten“ (ebenda).
Was geschah wirklich? Wo in den assyrischen Aufzeichnungen Angaben fehlen, wird die Geschichte durch die Bibel ergänzt: „Und in dieser Nacht fuhr aus der Engel des Herrn und schlug im Lager von Assyrien hundertfünfundachtzigtausend Mann. Und als man sich früh am Morgen aufmachte, siehe, da lag alles voller Leichen. So brach Sanherib, der König von Assyrien, auf und zog ab ... und blieb zu Ninive“ (2. Könige 19,35-36).
„Die einzige Stadt, die seinen Eroberungsbemühungen erfolgreich trotzte“, schreibt Pearlman, „war Jerusalem, die Hauptstadt Judas, wo Hiskias Widerstandswillen durch den Zuspruch des Propheten Jesaja stark gekräftigt wurde [siehe Jesaja 36-37]. Man kann davon ausgehen, daß Sanherib liebend gern den Fall Jerusalems in der Mitte seiner Wanddekorationen abgebildet hätte. Im Mittelpunkt steht aber die Schlacht um Lachisch. Daraus dürfen wir wohl schließen, daß Lachisch Schauplatz der erbittertsten Kämpfe war und seine Eroberung angesichts hartnäckiger Verteidigung den größten Sieg Sanheribs in Juda darstellte“ (Pearlman, Seite 97). Mit anderen Worten: Sanherib eroberte Jerusalem nicht.
Das assyrische Zeugnis beschreibt zwar die Belagerung Jerusalems, aber keine Eroberung der Stadt. Wenn die Kriegsmaschinerie der Assyrer, die bereits mächtige Reiche verschlungen hatte, Jerusalem nicht überwältigen konnte, mußte etwas Außergewöhnliches eingetreten sein.
Eine mögliche Erklärung
Die Niederlage Sanheribs wird nicht nur durch die Bibel überliefert. Auch beim griechischen Historiker Herodot finden wir eine Schilderung seiner Demütigung. Für Herodot war eine Plage, die im assyrischen Lager Unheil anrichtete, Ursache der erstaunlichen Wende: „Ein Schwarm von Feldmäusen ergoß sich des Nachts über ihre Gegner ... [und] nagte ihre Köcher, Bogen und die Griffe an ihren Schilden durch. Am Tag darauf flohen [die Assyrer] ohne ihre Waffen und viele von ihnen kamen um“ (Geschichte, Buch 2,141).
Obwohl die Geschichte von den Mäusen märchenhaft wirkt, könnte sie einen Kern Wahrheit enthalten. Auch Josephus, ein jüdischer Historiker des ersten nachchristlichen Jahrhunderts, liefert uns eine Beschreibung der Niederlage Sanheribs, in der ebenfalls eine Mausplage als entscheidender Faktor angegeben wird. Er zitiert den früheren Geschichtsschreiber Berosus mit den Worten: „Als Sanherib von seinem Krieg gegen Ägypten nach Jerusalem zurückkehrte, fand er seine Truppen ... von [einer Plage] bedroht, denn Gott hatte sie mit einer Krankheit heimgesucht, und in der ersten Nacht der Belagerung wurden einhundertfünfundachtzigtausend Mann, zusammen mit ihren Hauptleuten und Generälen, dahingerafft“ (Jüdische Altertümer, Buch X, Kapitel I, Nummer 5).
Manche Kommentatoren vermuten, daß die Mäuse, von denen Herodot berichtet, Träger einer Krankheit gewesen sein könnten. Das erscheint nicht unmöglich, denn der Schwarze Tod im Mittelalter wurde unter anderem auch von Mäusen übertragen. Die Bibel teilt uns lediglich mit, die Assyrer seien von der Hand Gottes geschlagen worden, und geht dabei nicht näher auf die Ursache ein.
Selbst die biblische Beschreibung des Todes Sanheribs wird durch Funde aus dem alten assyrischen Archiv bestätigt: „Und als er [Sanherib] anbetete im Haus seines Gottes Nisroch, erschlugen ihn mit dem Schwert seine Söhne Adrammelech und Sarezer, und sie entkamen ins Land Ararat. Und sein Sohn Asar-Haddon wurde König an seiner Statt“ (2. Könige 19,37).
Diese Darstellung stimmt genau mit der assyrischen überein. Dazu das Bibellexikon The International Standard Bible Encyclopedia: „Nach den Akten Asar-Haddons [s. o.] hatte ihn sein Vater vor seinen Brüdern zu seinem Nachfolger bestimmt. ,Um das Königtum zu erlangen, erschlugen sie ihren Vater Sanherib‘ “, was Asarhaddon zwang, von einem Feldzug nach Hause zu eilen, um den Thron für sich zu beanspruchen (1988, Band 4, Seite 396, „Sanherib“). Eine babylonische Aufzeichnung liefert uns somit auch die Geschichte dieses Mordes.
Hierdurch wird ein weiteres Detail der biblischen Darstellung bestätigt.
Die Siloa-Inschrift Hiskias
Ein Zusatz der Belagerung Jerusalems durch Sanherib ist ebenfalls beachtenswert. Strategie der Assyrer war es, einen Ring um die belagerte Stadt zu ziehen, um die Bewohner von Nahrungs- und Wasserquellen abzuschneiden, damit Hunger und Durst sie zur Aufgabe zwangen. Wenn das erreicht war, sollte die Stadt gestürmt werden. Als Sanherib noch voll damit beschäftigt war, die anderen Städte Judas auszuplündern, unternahm Hiskia ein dringendes Bauvorhaben, um die Wasserversorgung Jerusalems vor der Ankunft der Assyrer zu sichern:
„Und als Hiskia sah, daß Sanherib kam und willens war, gegen Jerusalem zu kämpfen, beriet er sich mit seinen Obersten und Kriegshelden, ob man die Wasserquellen verdecken sollte, die draußen vor der Stadt waren; und sie stimmten ihm zu“ (2. Chronik 32,2-3). „Das ist der Hiskia, der die obere Wasserquelle des Gihon verschloß und sie hinunterleitete westwärts zur Stadt Davids“ (Vers 30).
Der von Hiskia erbaute Tunnel geriet jahrhundertelang in Vergessenheit. Im Jahre 1880 spielten zwei arabische Jungen am Teich Siloa in Jerusalem und einer von ihnen fiel hinein. Er schwamm zur anderen Seite und fand sich unter einem Felsüberhang. Trotz der Dunkelheit fand er dort einen schmalen Gang. Seine Entdeckung wurde weiter untersucht. Es handelte sich um den Tunnel Hiskias mit einer hebräischen Inschrift auf der die Arbeiter des biblischen Königs ihre großartige Bauleistung dokumentiert hatten.
Übersetzt lautet die Inschrift: „Zu Ende ist die Durchbohrung. Und dies war die Geschichte der Durchbohrung: Als noch die Arbeiter die Hacke erhoben einer zum andern hin, und als noch drei Ellen durchbohrt werden mußten, hörte man, wie einer dem andern zurief, daß ein Loch im Felsen entstanden sei nach rechts und nach links. Und am Tage der Durchbohrung schlugen die Tunnelarbeiter einer dem andern entgegen, Hacke gegen Hacke. Da strömten die Wasser aus der Quelle in den Teich an zwölfhundert Ellen, und hundert Ellen war die Höhe des Felsens über dem Haupt der Tunnelarbeiter“ (Werner Keller, Und die Bibel hat doch recht, Rowohl Taschenbuch Verlag, 1998, Seite 285-286).
Die sogenannte „Siloa-Inschrift“, wie sie heute heißt, ist heute im Archäologischen Museum in Istanbul zu sehen.
Die Bibel ist kein Märchenbuch
Die Archäologie mag zwar eine ungenaue Wissenschaft mit vielen unbeantworteten Fragen sein, doch sie leistet weiterhin gute Beiträge zur unabhängigen Bestätigung der biblischen Berichterstattung. Wir haben uns in dieser Serie mit einer Vielzahl von Zeugnissen der Archäologie befaßt, die uns zu wichtigen Schlußfolgerungen führen:
• Den Standpunkt der Kritiker, nach denen die Bibel nicht mehr als eine Sammlung von Mythen, Fabeln und sonstiger Dichtung ist, stellen diese Zeugnisse in Frage. Biblische Darstellungen werden immer wieder von außerbiblischen Aufzeichnungen, wie z. B. denen aus Assyrien, bestätigt.
• Entgegen den Behauptungen vieler Kritiker ist es doch nicht möglich, daß biblische Schilderungen erst Jahrhunderte nach den beschriebenen Ereignissen abgefaßt wurden, denn diese enthalten zu viele Details, die nur auf zeitgenössische Autoren schließen.
• Ganz anders als weltliche Berichte, in denen die Taten der Helden aufgebauscht werden, ist die Bibel offensichtlich glaubwürdiger. Sie beschreibt nicht nur die Stärken, sondern auch die Schwächen ihrer führenden Persönlichkeiten. Ihre Darstellung ist also sachlich und objektiv, ganz im Gegensatz zu den Aufzeichnungen, deren Autoren offensichtlich von nationalen und persönlichen Interessen geleitetet wurden.
• Schließlich ist die geschichtliche Genauigkeit der biblischen Aufzeichnungen beeindruckend, denn sie werden immer wieder von unabhängigen Quellen bestätigt.
In der nächsten Folge werden wir uns mit archäologischen Funden in der Zeit des Reiches Juda nach Hiskia beschäftigen.