Ist das Neue Testament eine Fälschung in Bezug auf die Auferstehung Jesu? Ein Hollywood-Regisseur behauptet, den Sarg Jesu gefunden zu haben.
Auf einer Pressekonferenz am 26. Februar 2007 verkündeten der Filmregisseur James Cameron und der Dokumentarfilmer Simcha Jacobovici, das Familiengrab Jesu gefunden zu haben. Ihre Ankündigung sorgte weltweit für Schlagzeilen.
Ihre Geschichte erregte große Aufmerksamkeit, da sie meinen, Jesus könne nicht auferstanden sein, wie das Neue Testament berichtet. Sie behaupteten, sein Ossarium – einen kleinen Knochenkasten, der seine Gebeine enthält –, gefunden zu haben!
Im Familiengrab sollen sich auch die Ossarien von Maria Magdalena, die Jesu Ehefrau gewesen sein soll, und ihrem Sohn namens Juda befinden. Obendrein sei auch noch die Mutter von Jesus dort begraben!
Zumindest ist das die Kernaussage dieser Pressekonferenz.
Nun, der Fund ist eigentlich nicht neu. Das Grab wurde bereits 1980 in Talpiot (nahe Jerusalem) entdeckt. 1996 strahlte die BBC eine Dokumentation aus, in der von ähnlichen Vermutungen die Rede war wie in dem jetzt von Oscar-Gewinner Cameron produzierten und unter Regie von Simcha Jacobovici aufgenommenen Film „Das verlorene Grab Jesu“.
Der Archäologe Amos Kloner, der damals als erster die Fundstelle untersuchte, hält die Geschichte für wissenschaftlich nicht haltbar. „Sie wollen damit nur Geld machen“, erklärt er. Die fehlenden Fakten hinderten Cameron und Jacobovici nicht daran, ihre „gute Geschichte“ gleich am Tag nach der Pressekonferenz als Buch zu veröffentlichen und einen 90-minütigen Dokumentarfilm auf „The Discovery Channel“ zeigen zu lassen. (Diese Dokumentarsendung wird am 6. April von ProSieben ausgestrahlt.)
Es gibt die ernsthafte Archäologie, und es gibt auch die Sensationslust. Selten passen beide zusammen!
Welche Probleme gibt es mit den von Cameron und Jacobovici aufgestellten Behauptungen?
• Die Namen auf den Ossarien sind ungewiss. Es wurden zehn Ossarien in der Grabstätte gefunden. Auf sechs Ossarien wurden die Inschriften von Namen gefunden, die man als „Jesus, Sohn des Josef“, „Juda, Sohn des Jesus“, „Matthäus“, „Josef“ und zweimal als „Maria“ (einmal in Aramäisch und einmal in Latein) interpretierte. Einige dieser Namen sind jedoch sehr umstritten. Die Inschrift „Jesus, Sohn des Joseph“ ist kaum mehr als eine Serie von Kratzern im Kalkstein des Knochenkastens – und könnte, laut dem von „Associated Press“ befragten Bibelforscher Stephen Pfann von der „University of the Holy Land“ in Jerusalem, statt „Jesus“ auch „Hanun“ bedeuten. Einige Experten sind auch der Meinung, dass das „Maria“-Ossarium zwei Namen aufzeigt – ein Hinweis, dass der Kalksteinkasten die Gebeine von zwei Personen enthält.
• Die Beziehung der Personen untereinander ist ein Ratespiel. In jüdischen Gräbern wurden zu dieser Zeit häufig mehrere Generationen zusammen bestattet. Außer den gelegentlichen „Sohn des“-Inschriften wurden Familienbeziehungen nur sehr selten auf den Ossarien bekanntgegeben. Selbst wenn wir also in diesem Fall davon ausgehen würden, dass die Namen der Inschriften richtig interpretiert wurden, hätte jede dieser „Marias“ die Ehefrau, Mutter, Schwester oder Tochter von „Jesus“, „Juda“, „Josef“ oder „Matthäus“ sein können – bzw. von jedem der Leute in den anderen unbenannten Kästen. Ebenso könnten „Matthäus“ und „Josef“ Brüder oder Söhne von „Jesus“ oder „Juda“ bzw. einem der unbenannten Personen in den übrigen Särgen ohne Inschrift sein.
• Unter den Juden des ersten Jahrhunderts waren diese Namen sehr verbreitet. Bis auf den lateinischen Namen „Maria“ (wenn es wirklich der korrekte Name ist) handelt es sich bei allen Inschriften um gewöhnliche jüdische Namen. Es ist also nichts Ungewöhnliches, diese Namen zusammen in einem Grab zu finden. Von den jüdischen Namen, die man aus dieser Zeit gefunden hat, stehen Josef, Juda, Jesus und Matthäus an zweit-, viert-, sechst- und neunthäufigster Stelle unter den männlichen Namen. Maria war der häufigste weibliche Name. (Das Neue Testament erwähnt fünf verschiedene Joseph und sechs verschiedene Maria!) Verschiedene Ossarien mit den Inschriften „Jesus, Sohn des Joseph“ sind gefunden worden. Diese Namenskombination ist also nichts Ungewöhnliches.
• Warum wurden einige Namen gefunden und einige nicht? Die Namen von Jesu Halbbrüdern werden in Matthäus 13, Vers 55 erwähnt: „Jakobus und Josef und Simon und Judas“. Ein „Josef“ wurde bei den Kalksteinkästen gefunden, aber wo sind die anderen Brüder? Und was hatte ein „Matthäus“ in dem Familiengrab von Jesus zu suchen?
Natürlich stehen die Behauptungen von Cameron und seinem Kollegen auch im großen Widerspruch zur Bibel und Geschichte:
• Es gibt keinen einzigen Beweis dafür, dass Jesu je geheiratet hat oder Kinder hatte.
• Jesus hinterließ keinen materiellen Körper. Der biblische Bericht erklärt eindeutig, dass Jesus von den Toten auferstanden ist und sein Körper sich in Geist verwandelte. Er hinterließ keine Knochen oder andere Überreste, die später in einem Familiengrab hätten beerdigt werden können (Matthäus 28,11-15)!
• Die ersten Christen wären nicht für einen Erlöser gestorben, von dem sie wussten, dass er tot war und im Grab verweste! Hätten die Apostel ihr Leben für einen Betrüger gegeben, der versprochen hatte, er würde wieder auferstehen, dann aber doch im Grab verweste? Hätte der Apostel Petrus zu Tausenden gesagt: „Den hat Gott auferweckt von den Toten; dessen sind wir Zeugen“ (Apostelgeschichte 3,15), wohlwissend, dass derselbe Jesus tot und einige Kilometer entfernt beerdigt war? Diese Idee ist absurd!
Empfohlene Lektüre
Die Behauptung, man habe das Grab Jesu gefunden, lenkt von einer anderen Frage ab, die für Christen von entscheidender Bedeutung ist. Wie lange war Jesus in seinem Grab, bevor er von den Toten auferweckt wurde? Millionen von Christen meinen, Jesu sei am Freitag gestorben und am Sonntag auferstanden. Diese Tradition widerspricht jedoch Jesu eigenen Worten. Informieren Sie sich über die wahre Kontroverse um den Tod Jesu in unserem Beitrag Ist Jesus wirklich Ihr Messias?.
– "Unsere Meinung" vom 6. März 2007