Es gibt unterschiedliche Meinungen über Jesus vor seiner Geburt. Manche Christen sagen, dass Jesus vor seiner Geburt als Mensch gar nicht existierte. Was sagt die Bibel?

Von Scott Ashley

Die Vereinte Kirche Gottes lehrt, dass derjenige, der den Menschen im Alten Testament im Namen von Gott, dem Vater, als Gott begegnete, das göttliche Wesen war, das später zur Welt in Menschengestalt als Jesus Christus kam. Was ist die biblische Begründung für diesen Standpunkt?

Zunächst einmal sagt uns die Bibel immer wieder, dass niemand jemals Gott, den Vater, gesehen hat. Ein Beispiel dafür finden wir in Johannes 1, Verse 18-19: „Niemand hat Gott je gesehen; der Eingeborene, der Gott ist und in des Vaters Schoß ist, der hat ihn uns verkündigt.“

Johannes hatte gerade erklärt, dass er selbst Augenzeuge des „Wortes“ gewesen war, das in Menschengestalt als Jesus Christus auf Erden erschienen war. Der Gott, den noch niemand gesehen hatte, kann also nicht dieses „Wort“, sondern muss Gott, der Vater, gewesen sein.

Wenn nun Gott, der Vater, den Israeliten in alttestmentlichen Zeiten als Gott bekannt gewesen wäre, welchen Grund hätte Jesus gehabt, ihn denn bekannt zu machen? Das würde doch keinen Sinn ergeben! Wenn Gott, der Vater, schon bekannt gewesen wäre, hätte es Jesus nicht nötig gehabt, ihn zu offenbaren.

Dass niemand jemals Gott gesehen hat, wiederholt Johannes in einem seiner Briefe: „Niemand hat Gott jemals gesehen“ (1. Johannes 4,12). Auch von Jesus Christus selbst haben wir zwei eindeutige Aussagen, die auf dieser Linie liegen: „Der Vater, der mich gesandt hat, hat von mir Zeugnis gegeben. Ihr habt niemals seine Stimme gehört noch seine Gestalt gesehen“ (Johannes 5,37; alle Hervorhebungen durch uns). Später fügte Jesus hinzu: „Nicht als ob jemand den Vater gesehen hätte außer dem, der von Gott gekommen ist; der hat den Vater gesehen“ (Johannes 6,46).

In dieser letzten Stelle sagt Jesus offen, dass niemand Gott, den Vater, gesehen hat außer demjenigen, der von Gott gekommen ist, womit er sich selbst meint. Nur er hat Gott, den Vater, gesehen. Das hat kein Mensch getan.

Menschen, die Gott gesehen haben

Aus dem Alten Testament geht hervor, dass mehrere Menschen Gott gesehen haben. Darunter sind:

• Abraham (1. Mose 12,7: 15,1; 18,1);

• Isaak (1. Mose 26,2. 24);

• Jakob (1. Mose 28,13; 32,30; 35, 9-10);

• Mose (2. Mose 3,6; 33,11. 21-23);

• Mose, Aaron und die 70 Ältesten Israels (2. Mose 24,9-11);

• Josua (Josua 6,2);

• Gideon (Richter 6,14).

In fast allen dieser Fälle geht es um Begegnungen von Angesicht zu Angesicht. Eine Begegnung zwischen Abraham und Gott und eine andere zwischen Gott und Jakob werden zwar als Visionen bezeichnet, aber andere nicht. So aß Abraham eine Mahlzeit und Jakob kämpfte mit Gott.

Der „Gott“, der diesen Menschen erschien und auch mit ihnen sprach, wird „Gott“ (Elohim), „der Herr“ (JHWH), „der Gott Israels“, „der Gott eurer Väter“, „der Gott Abrahams, der Gott Isaaks und der Gott Jakobs“, „der allmächtige Gott“ (El Schaddai), „das Wort des Herrn“, „der Engel des Herrn“, „Ich bin, der ich bin“, und „Ich bin“ genannt.

Wie vereinbaren wir „Niemand hat Gott jemals gesehen“ mit den zahlreichen persönlichen Begegnungen zwischen Menschen und Gott?

Wir haben vorhin gesehen, dass der Apostel Johannes und Jesus Christus selbst mehr als einmal feststellen, dass kein Mensch jemals Gott, den Vater, gesehen hat. Wenn also die genannten Menschen Gott gesehen haben, wen haben sie denn gesehen? Das reimt sich nur dann zusammen, wenn der Gott, dem sie begegnet sind, ein anderer war als Gott, der Vater.

Der Gott, der den genannten Menschen und auch anderen erschienen ist, muss das „Wort“ gewesen sein, das heißt, das Wort, das auch Gott war (Johannes 1,1) und als Mensch – Jesus von Nazareth – in die Welt kam. Diese Sicht, die seit Jahrzehnten zum Glaubensbestand der Kirche Gottes gehört, löst den scheinbaren Widerspruch auf. Wir wissen, dass die Heilige Schrift „doch nicht gebrochen werden“ kann (Johannes 10,35).

Die Bibel zeigt uns, dass es Jesus war, der als Gott oder „der Herr“ zu den Erzvätern, Propheten und Israeliten im Namen von Gott, dem Vater, sprach. Diese Menschen haben Gott, den Vater, nie gesehen, sondern nur das Wort, den Sprecher Gottes, der später in die Welt kam, um Gott, den Vater, zu offenbaren.

An verschiedenen Stellen der Schrift wird klar, dass der Gott, der diesen Menschen begegnete, ein Bote war, der im Auftrag eines anderen Gottes sprach. Dieser andere Gott – Gott, der Vater – blieb den Israeliten unbekannt.

Um es zu wiederholen: Derjenige, der Menschen erschien und zu ihnen als Gott sprach, war das Wesen, das als Jesus Christus in die Welt kam. Das hat Jesus selbst deutlich gemacht, und seine Zuhörer wussten genau, was er damit meinte. In Johannes 8 lesen wir von einem Streitgespräch zwischen Jesus und einigen Juden, in dessen Verlauf Jesus sagte, dass Abraham sich gefreut hatte, seinen Tag zu sehen.

„Da sprachen die Juden zu ihm: Du bist noch nicht fünfzig Jahre alt und hast Abraham gesehen? Jesus sprach zu ihnen: Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Ehe Abraham wurde, bin ich“ (Johannes 8,57-58).

Wie reagierten die Juden auf Jesu Worte? Sie wollten ihn wegen einer Gotteslästerung steinigen (Vers 59)!

Warum hatten sie diese Reaktion? In dem Luthertext der Bibel könnte man den Eindruck gewinnen, dass Jesus nur sagen wollte, er hätte bereits vor Abraham existiert – an sich schon eine unglaubliche Behauptung! In Aramäisch jedoch, der Muttersprache Jesu, stellte Jesus mit „ich bin“ eine Verbindung zu dem Gottesnamen her, den Gott sich im Alten Testament gab. In einer Fußnote der „Gute Nachricht Bibel“ zu Johannes 8, Vers 58 heißt es: „Die Antwort von Jesus enthält eine Anspielung auf 2. Mose 3,14.“

Hier erklärt Jesus also, dass er Gott war, dass er vor Abraham existierte und dass er der Gott war, der in alttestamentlichen Zeiten Menschen begegnete.

In 2. Mose 3, Verse 13-14 erfahren wir mehr über das Wesen dieses Gottes. Dieser Gott erscheint Mose in einem brennenden Busch und verspricht, die Israeliten von ihrer Sklaverei in Ägypten zu befreien:

„Da sagte Mose zu Gott: Wenn ich nun aber zu den Israeliten komme und ihnen sage: Der Gott eurer Väter hat mich zu euch gesandt, und wenn sie mich dann fragen: Wie heißt er denn?, was soll ich ihnen dann antworten? Da sagte Gott zu Mose: Ich bin, der ich bin. Dann fuhr er fort: So sollst du zu den Israeliten sagen: Der Ich bin hat mich zu euch gesandt!“ (Menge-Bibel).

Fünfzehnhundert Jahre später, in Antwort auf die Frage, wer er denn sei, sagt Jesus: „Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Ehe Abraham wurde, bin ich“ (Johannes 8,58). Die Juden, die diese Aussage Jesu vernahmen, wussten genau, was er damit behaupten wollte. Er erhob den Anspruch, der „Ich bin“ zu sein, der mit Mose gesprochen hatte. Und wie haben diese Juden darauf reagiert? Sie erhoben Steine, um ihn zu Tode zu steinigen, weil er sich als Gott ausgegeben hatte.

„Der HERR“ und Jesus im Alten bzw. Neuen Testament

In Jesaja 8, Verse 13-15 finden wir eine Prophezeiung, die folgendermaßen lautet: „Verschwört euch mit dem Herrn Zebaoth; den lasst eure Furcht und euren Schrecken sein. Er wird ein Fallstrick sein und ein Stein des Anstoßes und ein Fels des Ärgernisses für die beiden Häuser Israel, ein Fallstrick und eine Schlinge für die Bürger Jerusalems, dass viele von ihnen sich daran stoßen, fallen, zerschmettern, verstrickt und gefangen werden.“

Der „Herr Zebaoth“ (der Herr der Heerscharen) sollte ein „Stein des Anstoßes“ und ein „Fels des Ärgernisses“ sein. Auf wen bezog sich nun der Titel „Herr Zebaoth“? Die Antwort finden wir in 1. Petrus 2, Verse 7-8: „Für euch nun, die ihr glaubt, ist er kostbar; für die Ungläubigen aber ist der Stein, den die Bauleute verworfen haben und der zum Eckstein geworden ist, ein Stein des Anstoßes und ein Fels des Ärgernisses; sie stoßen sich an ihm, weil sie nicht an das Wort glauben, wozu sie auch bestimmt sind.“

Daraus geht eindeutig hervor, dass „der Herr Zebaoth“, in dem diese Prophezieung erfüllt wurde, Jesus Christus war. Der Apostel Paulus wendet mehrere Erwähnungen des Herrn im Alten Testament auf Jesus Christus an. Beim Propheten Joel lesen wir zum Beispiel Folgendes: „Und es soll geschehen: Wer des Herrn Namen anrufen wird, der soll errettet werden. Denn auf dem Berge Zion und zu Jerusalem wird Errettung sein, wie der Herr verheißen hat, und bei den Entronnenen, die der Herr berufen wird“ (Joel 3,5).

Paulus zitiert diese Bibelstelle und bezieht Joels Prophezeiung auf Jesus Christus: „Wenn du mit deinem Munde bekennst, dass Jesus der Herr ist, und in deinem Herzen glaubst, dass ihn Gott von den Toten auferweckt hat, so wirst du gerettet. Denn wenn man von Herzen glaubt, so wird man gerecht; und wenn man mit dem Munde bekennt, so wird man gerettet. Denn die Schrift spricht: Wer an ihn glaubt, wird nicht zuschanden werden. Es ist hier kein Unterschied zwischen Juden und Griechen; es ist über alle derselbe Herr, reich für alle, die ihn anrufen. Denn wer den Namen des Herrn anrufen wird, soll gerettet werden“ (Römer 10,9-13).

Ein zweites Beispiel finden wir in einer Prophezeiung des Jesaja, die so offensichtlich ist, dass man sie leicht übersieht: „Es ruft eine Stimme: In der Wüste bereitet dem Herrn den Weg, macht in der Steppe eine ebene Bahn unserm Gott!“ (Jesaja 40,3).

Die Evangelisten Matthäus, Markus und Lukas deuten Jesajas Prophezeiung alle als Ankündigung über das Wirken von Johannes dem Täufer. Aber wem sollte dieser Bote – Johannes – den Weg bereiten? Bei Jesaja ist es „dem Herrn“. Bei den Evangelisten ist es Jesus Christus!

„Zu der Zeit kam Johannes der Täufer und predigte in der Wüste von Judäa und sprach: Tut Buße, denn das Himmelreich ist nahe herbeigekommen! Denn dieser ist’s, von dem der Prophet Jesaja gesprochen und gesagt hat: Es ist eine Stimme eines Predigers in der Wüste: Bereitet dem Herrn den Weg“ (Matthäus 3,1-3).

„Wie geschrieben steht im Propheten Jesaja: Siehe, ich sende meinen Boten vor dir her, der deinen Weg bereiten soll. Es ist eine Stimme eines Predigers in der Wüste: Bereitet den Weg des Herrn, macht seine Steige eben!“ (Markus 1,2-3).

„Und er [Johannes der Täufer] kam in die ganze Gegend um den Jordan und predigte die Taufe der Buße zur Vergebung der Sünden, wie geschrieben steht im Buch der Reden des Propheten Jesaja: Es ist eine Stimme eines Predigers in der Wüste: Bereitet den Weg des Herrn und macht seine Steige eben! Alle Täler sollen erhöht werden, und alle Berge und Hügel sollen erniedrigt werden; und was krumm ist, soll gerade werden, und was uneben ist, soll ebener Weg werden. Und alle Menschen werden den Heiland Gottes sehen“ (Lukas 3,3-6).

Wem sollte Johannes der Täufer den Weg bereiten? Laut Jesaja sollte er „dem Herrn“ – Jahwe – den Weg bereiten. Und wer war derjenige, dem Johannes den Weg bereitete? Es war Jesus Christus!

Jesus Christus: der „Fels“ im Alten Testament

In einem dritten Beispiel wird Jesus Christus dem „Felsen“ gleichgesetzt, der Israel beim Auszug aus der Knechtschaft in Ägypten begleitete:

„Ich will euch aber, liebe Brüder, nicht in Unwissenheit darüber lassen, dass unsre Väter alle unter der Wolke gewesen und alle durchs Meer gegangen sind; und alle sind auf Mose getauft worden durch die Wolke und durch das Meer und haben alle dieselbe geistliche Speise gegessen und haben alle denselben geistlichen Trank getrunken; sie tranken nämlich von dem geistlichen Felsen, der ihnen folgte;der Fels aber war Christus“ (1. Korinther 10,1-4).

Paulus erklärt hier ganz eindeutig, dass der Gott, der Israel beim Auszug aus Ägypten begleitete, das Wesen war, das später Jesus Christus wurde. Warum aber benutzte er die Bezeichnung „Fels“? Dabei wird er sicherlich den Felsen im Sinn gehabt haben, aus dem Wasser in der Wüste floss, um Israels Durst zu löschen (vgl. dazu 4. Mose 20,11). Wir sollten aber nicht übersehen, dass in 5. Mose 32 Gott häufig von Mose als Fels bezeichnet wird:

„Ich will den Namen des Herrn preisen. Gebt unserm Gott allein die Ehre! Er ist ein Fels“ (5. Mose 32,3-4).

„Als aber Jeschurun [Israel] fett ward, wurde er übermütig. Er . . . hat den Gott verworfen, der ihn gemacht hat. Er hat den Fels seines Heils gering geachtet“ (5. Mose 32,15).

„Deinen Fels, der dich gezeugt hat, hast du außer Acht gelassen und hast vergessen den Gott, der dich gemacht hat“ (5. Mose 32,18).

Paulus, der im Alten Testament bewandert war, wird wohl auch an manche dieser Stellen gedacht haben, als er Jesus Christus mit dem Felsen Israels gleichsetzte.

Das ist nur eine Auswahl der Schriftstellen zu diesem Thema. Wir haben aber wohl damit genug Beweise für unseren Standpunkt geliefert, dass derjenige, der mit Menschen in alttestamentlichen Zeiten als Gott im Namen von Gott, dem Vater, sprach, auch derjenige war, den wir heute als Jesus Christus kennen. Deswegen heißt es in unseren Glaubenssätzen:

„Das Alte Testament konzentriert sich auf den Gott Israels, der sich als ,ich bin, der ich bin‘ (2. Mose 3,14; Elberfelder Bibel) und ,der HERR, der Gott . . . Abrahams . . . Isaaks und . . . Jakobs‘ (2. Mose 3,14-15) identifiziert. (Das in der Lutherbibel verwendete Wort ,HERR‘ ist die Übersetzung des hebräischen Wortes JHWH, ,Jahwe‘.)

In Johannes 8, Vers 58 bezeichnet sich Christus als ,ich bin‘: ,Amen, ich versichere euch: Ich bin – bevor Abraham überhaupt geboren wurde‘ (Gute Nachricht Bibel). In einer Fußnote der Gute Nachricht Bibel heißt es zu diesem Vers: ,Die Antwort von Jesus enthält eine Anspielung auf 2. Mose 3, Vers 14.‘ Dabei handelt es sich um denselben Gott, der die Israeliten aus Ägypten befreite, sie in der Wüste begleitete und später, im Neuen Testament, als Jesus Christus bekannt war (1. Korinther 10,4).

Sowohl das Alte als auch das Neue Testament enthalten Hinweise auf mehr als ein Wesen der Gottheit . . . Das Neue Testament identifiziert diese Wesen als Gott, den Vater, und Jesus Christus, den Sohn (1. Korinther 8,6). Auch der Sohn wird Gott genannt (Hebräer 1,8-9).“