Von Wilbur A. Berg
In den letzten Jahren haben viele nicht nur ihre Wertschätzung, sondern manchmal auch ihre Unzufriedenheit gegenüber der geistlichen Nahrung ausgedrückt, die sie von der Kirche erhalten haben. Solche negativen Kommentare beziehen sich oft darauf, was „Milch“ und was „feste Speise“ ist. Die Begriffe wurden der Schriftstelle in Hebräer 5, Verse 12-14 entnommen.
Sehr oft hielten einige jegliche neue Idee, die faszinierend und attraktiv erscheint, für „feste Speise“, besonders dann, wenn es sich um eine neue Auslegung bzw. Interpretation einer schwierigen und zweideutigen Frage der Lehre oder der Prophezeiung handelt. Solche Informationen und die Unterweisung darin wurden als „feste Speise“ und als geistlich reif betrachtet, während Themen wie die christliche Lebensführung, die persönliche Überwindung und die Entwicklung göttlichen Charakters oft mit dem Kommentar „Das habe ich schon gehört“ als Milch der Heiligen Schrift abgetan wurden.
Dabei wurde übersehen, daß diese Denkweise nicht in Übereinstimmung mit der Erklärung der Begriffe „Milch“ bzw. „feste Speise“ steht, wie das Buch Hebräer sie selbst definiert. Unglücklicherweise hat dieses falsche Verständnis dazu geführt, daß einige so unzufrieden waren, daß sie sich von Gottes Gemeinde getrennt haben, was uns zeigt, wie wichtig das richtige Verständnis über diese zwei Begriffe ist.
Lassen Sie uns untersuchen, was die Bibel wirklich lehrt, damit wir wirklich verstehen können, was Milch ist und was feste Speise ausmacht.
Milch oder feste Speise?
In Hebräer 5, Vers 12 werden die Leser ermahnt: „Und ihr, die ihr längst Lehrer sein solltet, habt es wieder nötig, daß man euch die Anfangsgründe der göttlichen Worte lehre, und daß man euch Milch gebe und nicht feste Speise.“
Was sind diese „Anfangsgründe“? Die Antwort ist nur ein paar Verse weiter in Kapitel 6, Verse 1 und 2 zu finden. Es sind die Grundlehren, die jeder neue Christ verstehen muß, wenn er von Gott berufen wird: „Darum wollen wir jetzt lassen, was am Anfang über Christus zu lehren ist, und uns zum Vollkommenen wenden; wir wollen nicht abermals den Grund legen mit der Umkehr von den toten Werken, mit dem Glauben an Gott, mit der Lehre vom Taufen, vom Händeauflegen, von der Auferstehung der Toten und vom ewigen Gericht.“
Diese grundlegenden „Anfangsgründe der göttlichen Worte“ werden als die „Milch“ des Wortes Gottes beschrieben, weil ein Kind die Muttermilch braucht, um einen gesunden Körper zu entwickeln. Genauso muß ein neuer Nachfolger Gottes die einfachen Lehren und Praktiken der Bibel verstehen, um einen gesunden geistlichen Verstand zu entwickeln.
In Kapitel 5 Vers 13 heißt es: „Denn wem man noch Milch [die Grundlehren des Neuen Testamentes] geben muß, der ist unerfahren in dem Wort der Gerechtigkeit, denn er ist ein kleines Kind“ (Hervorhebung durch uns).
Damit wird klar, daß ein neuer Christ nicht über seinen anfänglichen Erkenntnisstand hinaus wachsen wird, wenn er sich weiterhin nur für die grundlegende Erkenntnis interessiert, die Gott ihm bei seiner Berufung offenbart hat. Er wird geistlich nicht reifer oder fähiger, es sei denn, er wird sich auf die Entwicklung seines Charakters konzentrieren, über die Jesus in Matthäus 5, Verse 20 und 48 sprach.
Im Hebräerbrief heißt es dann weiter: „Die feste Speise aber ist für Erwachsene [geistlich Reife], die infolge der Gewöhnung [Anwendung] geübte Sinne haben zur Unterscheidung des Guten wie auch des Bösen“ (Hebräer 5,14; Elberfelder Bibel).
Dies ist das Gegenteil von dem, was einige bisher geglaubt haben. Feste geistliche Speise beinhaltet keine provokativen und manchmal fragwürdigen neuen Ideen, sondern beinhaltet, daß man sich in Gerechtigkeit übt, indem man beständig den eigenen Verstand und Gottes Geist benutzt, um zwischen richtigem und falschem Verhalten zu unterscheiden. Feste Speise bedeutet nicht, daß man sich an zum Teil kontrovers geführten Diskussionen im kleinen Kreis beteiligen muß, um ein reifer Christ zu sein. Der Geist der Kontroverse – der Gegensätzlichkeit – ist in der Gemeinde eher ein Zeichen für mangelnde geistliche Reife, wie der Apostel Paulus die in sich zerstrittene Gemeinde zu Korinth ermahnte (1. Korinther 3,1-3).
Die Gemeinde Gottes hat dies seit Jahren betont, aber es war nicht immer das, was einige ihrer Mitglieder hören oder lesen wollten. Es ist viel einfacher, sich auf etwas Faszinierendes, aber Unwichtiges zu konzentrieren, als sich auf die Überwindung unserer persönlichen Schwächen zu konzentrieren, was jedoch für alle Nachfolger Christi lebensnotwendig ist. „Wer überwindet, der wird es alles ererben, und ich werde sein Gott sein, und er wird mein Sohn sein“ (Offenbarung 21,7).
Aus diesem Grund haben einige fälschlicherweise feste geistliche Speise als Milch eingestuft. Sie waren nicht bereit, die Bedeutung und die fortbestehende Verantwortung des Gerechtwerdens anzunehmen. Deshalb versuchen sie, die Bedeutung herunterzuspielen, indem sie die biblischen Erklärungen verdrehen.
Nach Reife streben
Wenn das Fundament der Lehren einmal in unseren Sinn gelegt ist, müssen wir uns „zum Vollkommenen wenden“ (Hebräer 6,1). Es ist das gleiche Ziel, das Jesus setzte, als er seine Jünger ermahnte, daß ihre Gerechtigkeit die der Schriftgelehrten und der Pharisäer übersteigen müßte, und daß sie vollkommen sein sollten, genauso wie ihr Vater im Himmel perfekt ist (Matthäus 5,20. 48).
So wird die Erklärung und Auslegung der Grundlehren (Milch) genauso für den Bau des christlichen Fundaments der Erkenntnis und des Verständnisses gebraucht, wie die Anweisung und Ermutigung, die persönliche Sünde und geistliche Schwäche zu überwinden (feste Speise), weil beides das wesentliche geistliche Wachstum und die geistliche Reife des Einzelnen fördern.
Unterschätzen wir nie die Wichtigkeit eines Themas, das der Festigung oder dem „Ausbau“ der Gerechtigkeit dient. Seien wir dafür dankbar, daß Gott seine Kirche beauftragt hat, Menschen zu Jüngern Jesu Christi zu machen, was bedingt, daß sowohl Milch als auch feste Speise zu dem geistlichen Speiseplan gehören, mit der Gott die wahren Nachfolger Jesu Christi versorgt.