Was ist die Hauptaufgabe der Kirche? Ist es die Betreuung der Berufenen oder die öffentliche Verkündigung des Evangeliums? Oder beides?

Von Gary Antion

Als ich die Welt von morgen-Rundfunksendung in den späten 1950er Jahren in meiner Heimatstadt von Bridgeville, Pennsylvania hörte, war ich von der Botschaft vom Reich Gottes begeistert! Diese kraftvolle Botschaft wurde auf eine herausfordernde und enthusiastische Weise gebracht.

Nach meiner Erinnerung fing die Sendung mit einem Text an, der diesem ähnelt: „Die Welt von morgen – Herbert W. Armstrong bringt Ihnen die Nachrichten von heute und die Prophezeiungen über die Welt von morgen.“ Als Nächstes sprach Herr Armstrong in seiner interessanten Einleitung über die damalige Weltlage oder über soziale Umstände in der Gesellschaft.

Er erklärte weiterhin die Prophezeiungen der Bibel und die für die Zeit aktuelle biblische Unterweisung auf eine klare und inspirierende Weise. Oft forderte er seine Zuhörer mit Fragen und Themen heraus, die sie veranlassten, eine Broschüre oder die Zeitschrift „The Plain Truth“ zu bestellen, woraus hoffentlich ein bleibendes Interesse an der in Gottes Wort, der Bibel, enthaltenen Wahrheit resultierte.

Innerhalb der Gemeinde bezeichnete Herr Armstrong gelegentlich das Predigen des Evangeliums in der Öffentlichkeit als den „ersten“ Auftrag. Matthäus 24, Vers 14 wurde oft als Beweisstelle für diese Betonung zitiert: „Und es wird gepredigt werden dies Evangelium vom Reich in der ganzen Welt zum Zeugnis für alle Völker, und dann wird das Ende kommen.“ Den „zweiten“ Auftrag sahen einige in der Betreuung der Gemeinde.

Besseres Verständnis unseres Auftrags

Später erkannte Herr Armstrong, dass es in der Tat nur einen großen Auftrag gibt, der allumfassend ist. Als viel jüngerer Prediger erinnere ich mich daran, wie ich unter den Zuhörern saß, als Herr Armstrong den großen Auftrag behandelte. Er sagte, dass manche Leute der Ansicht wären, das Predigen des Evangeliums stehe im Kontrast zum „Weiden der Herde“, d. h. zur Betreuung der Gemeinde.

Diese Aspekte des Predigens und des Weidens wurden „der erste Auftrag“ bzw. „der zweite Auftrag“ von denen genannt, die sie als getrennte Aufgaben sehen wollten. Ich erinnere mich, wie er ganz klar machte, dass wir nur einen Auftrag haben, der sowohl das Predigen des Evangeliums in der Öffentlichkeit als auch das Weiden der Herde umfasst. Dies ist in der Tat der große Auftrag der Kirche.

Herr Armstrong beschrieb, wie das Evangelium verkündet wird. Menschen hören die Botschaft, und einige werden berufen. Sie folgen diesem Ruf, und durch Besuche und den Dienst der Ältesten und der Kirche werden sie bekehrt. Dann werden sie als Herde Gottes von Ältesten geweidet und erhalten Stärkung durch die Gemeinschaft mit der Gemeinde. Durch ihre individuellen Bemühungen, Gebete und finanzielle Unterstützung ermöglichen sie das Predigen des Evangeliums an andere.

Herr Armstrong erklärte, dass wir uns bemühten, diesen einen großen Auftrag zu erfüllen. Ich erinnere mich daran, wie Herr Armstrong dies in den späten 1960er Jahren immer wieder betonte, als er selbst den Auftrag der Kirche besser verstand.

Dies ist auch der Auftrag der Vereinten Kirche Gottes. In unserer kirchlichen Verfassung heißt es: „Der Auftrag der Kirche Gottes ist das Predigen des Evangeliums Jesu Christi und des Reiches Gottes in aller Welt, Jünger in allen Nationen zu machen und für diese Jünger zu sorgen.“

Dieser Auftrag fußt auf dem sogenannten „Missionsbefehl“, den wir in Matthäus 28, Verse 18-20 und Markus 16, Verse 15-16 finden. Diese beiden Abschnitte lassen sich wie folgt zusammenfügen (der aus Markus 16 zitierte Wortlaut ist in Kursivschrift): „Mir ist gegeben alle Gewalt im Himmel und auf Erden. Darum gehet hin in alle Welt und predigt das Evangelium aller Kreatur und machet zu Jüngern alle Völker: Taufet sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des heiligen Geistes und lehret sie halten alles, was ich euch befohlen habe. Wer da glaubt und getauft wird, der wird selig werden; wer aber nicht glaubt, der wird verdammt werden. Und siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende.“

Christus richtete diese Aufforderung an seine Jünger kurz vor seiner Himmelfahrt. Matthäus 28, Verse 19-20 und Markus 16, Verse 15-16 definieren die Arbeit der Kirche, von jener Zeit ausgehend bis hin zum „Ende“. Im Laufe der Jahre haben wir Jesu Worte den großen Auftrag genannt. Wir verstehen ihn gewöhnlich dahingehend, dass er das Predigen des Evangeliums umfasst, aber auch die notwendige Belehrung in der Lebensweise Jesu für die Berufenen, deren Berufung das Resultat dieses öffentlichen Predigens ist.

Diese zweiteilige Aufgabe ist von anderen bereits kommentiert worden, und gelegentlich führte es zu Spannungen unter denen, die an dem einen oder dem anderen Aspekt beteiligt waren. Mit anderen Worten war es gelegentlich zu einem sichtbaren Wetteifern unter denen gekommen, die Christi Befehl auszuführen versuchten. Das Problem hatte meistens mit der Zuteilung von Ressourcen für das Predigen des Evangeliums oder für die Betreuung der Mitglieder zu tun. In Zukunft müssen wir solche Spannungen meiden. Der große Auftrag ist freilich nur ein Auftrag, nicht zwei.

Der Zweck der Kirche

Der Zweck der Kirche, wie dieser in Artikel 3.1 unserer kirchlichen Verfassung definiert wird, ist wie folgt dargelegt: „Gottes Zweck für seine Kirche ist die Zurüstung derjenigen, die bereit sind, seinen Weg der Gerechtigkeit und Selbstbeherrschung zu leben, um als seine Werkzeuge bei der Verkündigung des Heils für die Menschheit zu dienen und seine Weisheit seiner geistlichen Schöpfung zu erzeigen.“

Die Bedeutung dieser Aufgabe ist klar. Sie weist den Weg, den wir als Kirche gehen müssen. Keiner, der die Schrift liest, hat irgendwelche Zweifel daran, dass das Evangelium vom Reich Gottes (Jesu Botschaft) in die Welt gehen muss. In Gottes Wort sehen wir, dass viele auf die ihnen mögliche Weise an der Ausführung dieses großen Werkes beteiligt waren. Obwohl die Hauptlast beim Verbreiten der Botschaft in die verschiedenen Städte und Nationen dieser Welt von den Aposteln getragen wurde, haben auch viele andere ihnen dabei geholfen. Außerdem war das Weiden der Herde mit dem Predigen des Evangeliums verknüpft. Beachten Sie bitte die nachfolgenden Beispiele:

Apostelgeschichte 1,8: Über die zu Pfingsten Versammelten schrieb Lukas: „Aber ihr werdet die Kraft des heiligen Geistes empfangen, der auf euch kommen wird, und werdet meine Zeugen sein in Jerusalem und in ganz Judäa und Samarien und bis an das Ende der Erde.“

Apostelgeschichte 2,47: Petrus predigte die Wahrheit, und Gott fügte der Kirche täglich neue Menschen hinzu.

Apostelgeschichte 6,7: Das Wort Gottes breitete sich aus, und die Zahl der Jünger nahm zu.

Apostelgeschichte 6,8-9: Stephanus, der gerade zum Diakon ordiniert worden war, predigte Gottes Botschaft auf kraftvolle Weise: „Stephanus aber, voll Gnade und Kraft, tat Wunder und große Zeichen unter dem Volk.“

Apostelgeschichte 8,4: Über das Resultat der Verfolgung der Kirche durch Saulus heißt es: „Die nun zerstreut worden waren, zogen umher und predigten das Wort.“

Apostelgeschichte 8,5. 12: Philippus, ein weiterer Diakon, „predigte ihnen von Christus“.

Apostelgeschichte 9,17. 25. 30: Paulus wird bekehrt, und Gemeindemitglieder helfen Paulus, dem Tod zu entkommen.

Apostelgeschichte 12,5-14: Die Mitglieder der Kirche unterstützten den Apostel Petrus während seiner Gefangenschaft.

Apostelgeschichte 14,20. 22. 28: Mitglieder retteten Paulus und unterstützten ihn bei seiner Arbeit.

Apostelgeschichte 16,5. 14-15: Zusammen mit dem Predigen erfolgte die Stärkung der Gemeinde.

Apostelgeschichte 18,24-25: Voller Eifer begann Apollos, das Wort Gottes zu verbreiten.

Apostelgeschichte 20,28: Paulus ist besorgt um das Weiden der Herde und die Stärkung der Kirche Gottes.

Diese Beispiele in der Apostelgeschichte zeigen uns, wie eng verflochten das Predigen des Evangeliums mit dem Weiden der Herde ist. Wir brauchen uns nicht an Diskussionen zu beteiligen, bei denen es um den Versuch geht, den einen oder anderen dieser beiden Teile nach deren vermeintlicher Wichtigkeit einzustufen.

Welchen Wert hat es denn, wenn es nach dem Säen des Samens niemanden gibt, der sich um die wachsende Frucht kümmert? Mit Bedauern stellte Jesus fest: „Die Ernte ist groß, aber wenige sind der Arbeiter“ (Matthäus 9,37). Die Herde, die durch das Predigen des Evangeliums entsteht, muss auch geweidet und versorgt werden.

Gottes Botschaft soll als Zeugnis für alle Nationen – für jede Person – hinausgehen. Das ist eine große Aufgabe, der sich unsere Kirche stellt. Paulus meinte, er hätte sich bei diesem Teil des Auftrags kraftvoll eingesetzt (Kolosser 1,6. 23-29).

Es wurde den Aposteln nachgesagt, dass sie mit der Botschaft des Evangeliums „den ganzen Weltkreis erregen“ würden (Apostelgeschichte 17,6). Zum Schluss dieses Zeitalters wird sogar ein Engel die Botschaft Gottes aller Welt predigen (Offenbarung 14,6).

Wir müssen das Evangelium in die Welt tragen! Wir müssen auch die Ernte einbringen und für diejenigen sorgen, die Teil der Ernte sind. Wenn wir nicht beides tun, erfüllen wir nicht den großen Auftrag, den Christus uns gegeben hat. Manche scheinen nur den einen oder den anderen Aspekt betonen zu wollen. Wenn wir aber nur einen Teil des großen Auftrags betonen, schaffen wir Uneinigkeit in der Kirche Gottes. Wir müssen uns vor dieser zwieträchtigen Denkweise hüten, die in unserer Geschichte schon beträchtliche Spannungen ausgelöst hat.

Zukünftiger Wert eines berufenen Menschen

Was ist der Wert eines berufenen Menschen? Denken wir an die unglaubliche Zukunft, die Christen bereitgehalten wird (1. Johannes 3,1-2)! Ist es nicht ein wertvoller Teil des Auftrags, wenn wir dazu beitragen, dass viele Söhne (und Töchter) zur Herrlichkeit geführt werden (Hebräer 2,10)? Wie sieht es aus mit der Herrschaft, die den treuen Jüngern Jesu verheißen wird (Offenbarung 2,26-27)? Wie sieht es aus mit der Vorbereitung der Braut Christi (Offenbarung 19,7-8)?

In der Tat sagte Jesus, dass seine Jünger das Evangelium in aller Welt predigen sollen. Er möchte auch, dass die Ernte eingebracht wird. Mit seinen letzten Worten an Petrus, wie diese im Johannesevangelium enthalten sind, offenbart Jesus Christus seine große Sorge um den anderen Aspekt des großen Auftrags. Er sagte: „Weide meine Lämmer“, und dann zwei weitere Male „Weide meine Schafe“ (Johannes 21,15-17).

Jesus Christus lehrte, dass beide Aspekte bei der Erfüllung des einen Auftrags notwendig sind. In Matthäus 28, Vers 19 und Markus 16, Vers 15 verbindet er beide Aufgaben miteinander, indem er seinen Jüngern den Auftrag erteilt, das Evangelium zu predigen und diejenigen zu taufen, die als Resultat dieses Predigens berufen werden. Darüber hinaus wies er seine Jünger an, die Berufenen, die dann getauft werden, in den Dingen zu unterweisen (das Weiden der Herde), die Jesus selbst lehrte.

Verstehen wir und widmen wir uns der Erfüllung des „großen Auftrags“, indem wir uns dem Predigen des Evangeliums und dem Weiden der Herde verpflichten! Dies ist in der Tat der Auftrag und der Zweck der Vereinten Kirche Gottes, die Teil der United Church of God, an International Association ist.

Anmerkung der Redaktion: Gary Antion und seine Frau Barbara wohnen in Cincinnati, Ohio. Herr Antion unterrichtet am „Ambassador Bible Center“ der United Church of God am Hauptsitz der Kirche in Cincinnati.