Hat Jesus Christus den genauen Zeitpunkt seiner Rückkehr vorausgesagt?

Von Mario Seiglie

„Sage uns, wann wird das geschehen? und was wird das Zeichen sein für dein Kommen und für das Ende der Welt?“ Mit dieser Frage drangen die Jünger auf Jesus Christus mit ihrer Bitte ein, er möchte ihnen sagen, welche Zustände seiner Rückkehr und damit der Ablösung menschlicher Herrschaft durch das Reich Gottes vorausgehen werden (Matthäus 24,3).

Obwohl er seinen Nachfolgern klar sagte, sie würden den genauen Zeitpunkt seiner Rückkehr nicht wissen können (Vers 36 bzw. 44), gab Jesus ihnen einige unverkennbare Zeichen für seine unmittelbar bevorstehende Rückkehr. Indem er das Treiben der Blätter des Feigenbaums mit dem Herannahen des Sommers verglich, sagte Jesus: „Ebenso auch: wenn ihr das alles seht, so wißt, daß er [der Zeitpunkt seiner Rückkehr] nahe vor der Tür ist“ (Verse 32-33).

Christus ermahnte seine Jünger, die Prophezeiung mit Bedacht zu verfolgen (Verse 23-36), um nicht verführt zu werden (Verse 4-5. 11). Leider gab es seit der Zeit Christi viele traurige Beispiele von gutgläubigen Menschen, die, überzeugt von einem falschen Verständnis der Prophezeiung, Wege einschlugen, die sie in Verlegenheit brachten oder zu ihrem geistlichen Schaden geführt haben. Auch in unserer Zeit hat es solche Beispiele gegeben.

Traurige Geschichte zerschmetterter Hoffnungen

Auch im ersten Jahrhundert unserer Zeitrechnung gab es solche Beispiele. In Apostelgeschichte 5 erwähnt Gamaliel, ein Rabbiner, zwei falsche Propheten, die sich als Gottes Diener ausgaben und manche Menschen verführten: „Denn vor einiger Zeit stand Theudas auf und gab vor, er wäre etwas, und ihm hing eine Anzahl Männer an, etwa vierhundert. Der wurde erschlagen, und alle, die ihm folgten, wurden zerstreut und vernichtet. Danach stand Judas der Galiläer auf in den Tagen der Volkszählung und brachte eine Menge Volk hinter sich zum Aufruhr; und der ist auch umgekommen, und alle, die ihm folgten, wurden zerstreut“ (Verse 36-37).

In den letzten 2000 Jahren folgten viele Männer und Frauen in den Fußtapfen jener falschen Propheten. Es ist daher kein Wunder, daß bestimmte Menschen der Prophezeiung mit großer Skepsis gegenüberstehen. Das kann uns aber in den anderen Graben führen, in dem wir die Prophezeiung total ignorieren.

Machen wir uns nichts vor: In der Bibel spielt die Prophezeiung eine nicht zu übersehende bedeutende Rolle. Dabei dürfen wir jedoch nicht der Versuchung unterliegen, jede interessante Nachrichtenmeldung als Zeichen des unmittelbar bevorstehenden Endes der Welt auszulegen oder das andere Extrem zu erleben, indem wir bedeutsame Entwicklungen auf der Bühne der Weltpolitik als ohne jeglichen Bezug zur Prophezeiung abtun. Ausgeglichenheit ist also gefragt.

Prophezeiung richtig verstehen

Der Apostel Petrus betonte, daß die erfüllten Prophezeiungen in bezug auf Jesu erstes Kommen unseren Glauben an die Gewißheit der Prophezeiungen, die noch nicht in Erfüllung gegangen sind, stärken sollen: „Um so fester haben wir das prophetische Wort, und ihr tut gut daran, daß ihr darauf achtet als auf ein Licht, das da scheint an einem dunklen Ort, bis der Tag anbreche und der Morgenstern aufgehe in euren Herzen“ (2. Petrus 1,19).

Petrus vergleicht die Prophezeiungen der Bibel mit einem Licht, das uns das heranrückende Kommen von Gottes Reich, das durch Jesus Christus bei seiner Rückkehr aufgerichtet wird, immer besser erkennen läßt. Jedes Auge wird Jesu herrliche Rückkehr als großes, glänzendes Licht wahrnehmen können (Matthäus 24,27. 30; Offenbarung 1,7).

In seinem Wort gibt uns Gott einen groben Umriß der Reihenfolge der prophetischen Ereignisse, bei dem viele Einzelheiten unklar sind. Zum jetzigen Zeitpunkt können wir bestimmte Dinge recht gut erkennen; andere entziehen sich unserer Wahrnehmung bzw. Deutung zu diesem Zeitpunkt in der Reihenfolge prophetischer Ereignisse.

Mit anderen Worten: Gott gibt uns ein Gerüst der Prophezeiung, das zuverlässig ist, aber es ist wenig sinnvoll und kann sogar irreführend sein, jedes prophetische Detail deuten bzw. wissen zu wollen.

Was ist dieses prophetische Gerüst? Unter den vielen Prophezeiungen, die mit der Rückkehr Christi zu tun haben, gibt es bedeutende Zeichen, die sich bestätigen lassen – auch geschichtlich. Petrus ermahnt uns, „darauf zu achten“.

Erstes Zeichen: Selbstmord der Menschheit möglich

Das erste prophetische Zeichen hat mit einem bestimmten Zustand zu tun, das Jesus für die Zeit unmittelbar vor seiner Rückkehr voraussagte. Seinen Jüngern sagte er: „Denn dann wird große Bedrängnis sein, wie sie von Anfang der Welt bis jetzt nicht gewesen ist und auch nie sein wird. Und wenn jene Tage nicht verkürzt würden, so würde kein Fleisch gerettet werden; aber um der Auserwählten willen werden jene Tage verkürzt werden“ (Matthäus 24,21-22; Elberfelder Bibel; alle Hervorhebungen durch uns).

Jesus warnte vor einer Zeit, wenn der Mensch über so große zerstörerische Kraft verfügen wird, daß das Überleben der Menschheit in Frage gestellt sein wird. Der Einsatz dieser Fähigkeit gipfelt in der „großen Bedrängnis“, für die es keine vergleichbare Zeit in der Menschheitsgeschichte geben wird.

Von Anbeginn an gab es Krieg, aber mit seinen Waffen vergangener Zeiten – Steine, Pfeil und Bogen, Schleuder und Rammböcke, Kanonen und Gewehre – verfügte der Mensch nicht über die Möglichkeit der Selbstausrottung, mit welcher die Prophezeiung Christi in Erfüllung gehen könnte. Das änderte sich zum Schluß des Zweiten Weltkriegs, als die Atombombe entwickelt wurde und zum Einsatz kam, gefolgt von der Entwicklung der Wasserstoffbombe. Mit den Tausenden Kernwaffen kann der Mensch heute sogar mehrere Male Selbstmord begehen, wobei nur ein einziges Mal „genügen“ würde.

Diesen Zustand hat es vor der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts nie gegeben. Der Mensch war nie ein besonderer Hüter menschlichen Lebens oder der Umwelt gewesen, aber noch nie verfügte er über solche Vernichtungskraft. Jesus sagte aber genau diese Situation voraus, die sein Eingreifen notwendig machen wird, um den Menschen vor sich selbst zu retten.

Über die letzten Tage vor der Rückkehr Christi heißt es in der Bibel: „Und die Völker sind zornig geworden; und es ist gekommen dein Zorn und die Zeit, die Toten zu richten und den Lohn zu geben deinen Knechten, den Propheten und den Heiligen und denen, die deinen Namen fürchten, den Kleinen und den Großen, und zu vernichten, die die Erde vernichten“ (Offenbarung 11,18). Erst in den letzten Jahrzehnten konnte der Mensch „die Erde vernichten“!

Zweites Zeichen: das moderne Israel

Eine weitere bedeutende Prophezeiung, die mit der Zeit vor der Rückkehr Christi zu tun hat, handelt von der Existenz des modernen Volkes Israel.

Das Überleben der Religion und der Kultur dieses Volkes aus der Antike, in der es den Aufstieg und Niedergang großer Zivilisationen wie Ägypten, Babylon, Persien, Griechenland und Rom gab, trotzt der Wahrscheinlichkeit. Ein Historiker des 19. Jahrhunderts, Heinrich Grätz, stellte dazu fest, daß ein Volk, das „den Aufstieg und Niedergang der ältesten Reiche erlebt hat und in der Gegenwart immer noch existiert, die größte Aufmerksamkeit verdient“.

Der jüdische Historiker Max Dimont berichtet über eine Voraussage Napoleons. Als er einmal an einer jüdischen Synagoge vorbeiging, hörte der französische Kaiser ein Weinen und Klagen in der Synagoge. Auf seine Frage hin, warum die Juden weinten, erzählte man ihm, die Juden beklagten die Zerstörung ihres Tempels. Von ihrer Anteilnahme beeindruckt soll Napoleon erwidert haben: „Ein Volk, das sich derart nach seiner Stadt und seinem Tempel sehnt, wird sie eines Tages wiederaufbauen!“ (Thomas Ice and Randall Price, Ready to Rebuild [„Zum Wiederaufbau bereit“], Harvest House, Eugene, Oregon, 1992, Seite 23-24).

Napoleons Voraussage ist zum Teil wahr geworden. Heute besitzen die Juden – Nachkommen des alten Hauses Juda – die Stadt Jerusalem, und sie „weinen“ an der Westmauer des Tempelbergs, an der großen Stützmauer, die Herodes der Große bauen ließ, um das darüber gelegene Areal als Standort für den vergrößerten zweiten Tempel zu erweitern. An dieser Stelle versammeln sich viele Juden, um den Verlust ihres Tempels zu beklagen und für dessen Wiederaufbau zu beten. Aus diesem Grund wird dieser Ort auch die „Klagemauer“ genannt.

Opferriten wieder eingeführt und dann unterbunden

Prophezeiungen in den Büchern Joel, Sacharja sowie anderen prophetischen Büchern der Bibel deuten auf eine bedeutende, organisierte jüdische Präsenz in und um Jerusalem vor dem zweiten Kommen Jesu Christi hin. Daniel 12, Vers 11 scheint anzudeuten, daß die Opferriten des alten Israels wieder eingeführt und dann unterbunden werden. Selbst Jesus Christus ermahnt uns, nach einer derartigen Entwicklung Ausschau zu halten: „Wenn ihr nun sehen werdet das Greuelbild der Verwüstung stehen an der heiligen Stätte, wovon gesagt ist durch den Propheten Daniel – wer das liest, der merke auf! –, alsdann fliehe auf die Berge, wer in Judäa ist“ (Matthäus 24,15-16).

Das Greuelbild der Verwüstung, das in Daniel 8 und 12 beschrieben wird, hat mit der Entweihung des Opfers und der heiligen Stätte in Jerusalem zu tun. Diese Prophezeiungen können nur dann in Erfüllung gehen, wenn es zumindest einen Altar an einer „heiligen Stätte“ gibt.

Vor dem 20. Jahrhundert wäre dieses Szenario als unmöglich erschienen. Das jüdische Volk war seit fast 2000 Jahren zerstreut, und das Reich der Osmanen hatte lange Zeit die Kontrolle über Palästina ausgeübt. Die Juden verfügten über keine eigene Streitmacht, noch unterstützten die anderen Völker sie in ihrem Bemühen, nach Palästina zurückzukehren. Viele Bücher wurden geschrieben, in denen die scheinbar aussichtslose Lage der Juden bei ihrem Streben nach der Etablierung eines eigenen Heimatlandes im Nahen Osten geschildert wird.

Und doch ist es passiert. Auch nach der Staatsgründung 1948 sah es so aus, als würde der neue Staat Israel niemals ganz Jerusalem unter seiner Hoheit haben, und die bevölkerungsreichen arabischen Nachbarstaaten verkündeten, sie würden dies verhindern. Trotzdem gelang Israel 1967 beim Sechs-Tage-Krieg die Einnahme Ost-Jerusalems, womit die Teilung der Stadt zumindest vorläufig beendet wurde.

Um eine Zunahme an religiösen Streitigkeiten und Spannungen zu meiden, beschloß die israelische Regierung jedoch, den Tempelberg – wo der frühere Tempel stand und Opfer gebracht wurden – unter moslemischer Verwaltung zu belassen.

Der Wiederaufbau des Tempels

Eine oft übersehene Tatsache der letzten 2000 Jahre sind die vielen Bemühungen der Juden, ihren Tempel wiederaufzubauen, den die Römer 70 n. Chr. zerstört hatten, und Opferriten wieder einzuführen.

Nach der Zerstörung Jerusalems durch die Römer im ersten Jahrhundert besiedelten die Juden Jerusalem wieder. Vor dem Tempelberg wurden sieben Synagogen gebaut. 117 n. Chr. genehmigte der römische Kaiser Hadrian den Wiederaufbau des Tempels, widerrief jedoch zwei Jahre später seine Entscheidung und ordnete an, Jerusalem als römische Kolonie wiederaufzubauen.

132 n. Chr. brach der zweite jüdische Aufstand unter der Führung von Simeon bar Kokhba aus, den viele als den Messias ansahen. Der Aufstand hielt drei Jahre an und hatte u. a. auch den Versuch zum Inhalt, den Tempel neu zu bauen. Hadrian schlug die Revolte nieder und versetzte allen Hoffnungen auf einen wiederaufgebauten Tempel ein jähes Ende.

Der nächste Wiederaufbauversuch sollte 363 n. Chr. starten, als der römische Kaiser Julian den Juden die Erlaubnis erteilte, mit dem Wiederaufbau zu beginnen. Julian stellte sogar Geld und Baumaterial für das Projekt zur Verfügung. Unglaublicherweise unterbrach ein starkes Erdbeben die Vorbereitungen und brachte das Unterfangen zum Stillstand.

Ein Historiker beschreibt das Ereignis: „Die Steine waren vorbereitet und ordentlich gestapelt. Kostbares Bauholz war besorgt worden. Das benötigte Metall war auch vorrätig. Die Juden Jerusalems feierten, denn am nächsten Tag, dem 20. Mai 363 n. Chr., sollte der Wiederaufbau des Tempels beginnen ... Plötzlich, ohne jegliche Warnzeichen, bebten die Straßen Jerusalems und verwandelten sich in einen Schutthaufen und begruben damit die Hoffnung von 200 Jahren. Es gab keine Möglichkeit mehr, den Tempel wiederaufzubauen“ (Philip C. Hammond, „New Light on the Nabateans“, Biblical Archaeology Review, März-April 1981, Seite 23).

Die nächste Gelegenheit zum Wiederaufbau gab es 614 n. Chr., als die Perser den Byzantinern die Stadt Jerusalem abrangen. Weil die Juden sie bei ihrem Feldzug unterstützten, erteilten die Perser ihnen die Genehmigung zum Wiederaufbau des Tempels. Später widerrief sich der persische Schah, womit die Arbeit am Tempel wieder zum Stillstand gebracht wurde.

Nachdem die Araber 638 n. Chr. unter dem Banner des Islam die Stadt einnahmen, wurde sie, von nur kurzzeitigen Ausnahmeperioden abgesehen, von der Zeit an entweder von den Arabern oder den Türken regiert. Nach der Niederlage der Türken im Ersten Weltkrieg, die als Verbündete Deutschlands kämpften, erhielten die Briten ein Mandat vom Völkerbund, Palästina als Protektorat zu regieren. Dieser Zustand hielt bis zur Ausrufung des Staates Israel im Jahr 1948 an.

In jenen vielen Jahrhunderten war der Tempelberg eine heilige Stätte des moslemischen Glaubens, und den Juden war dort die Anbetung ihres Gottes verboten. Eine Moschee wurde auf der Stelle errichtet, die manche Kenner für den Standort des Altars halten, an dem die Opferriten der Bibel einst durchgeführt wurden. Heute gehört die Moschee zu den heiligsten Stätten für Moslems.

In der Zeit, als die Araber bzw. Türken die Kontrolle über Jerusalem hatten, war die Erfüllung der Prophezeiung Christi unmöglich. Die Eroberung Ost-Jerusalems 1967 und die Vereinigung der Stadt unter israelischer Hoheit bedeutete jedoch eine grundlegende Veränderung, die das Wahrwerden der Worte Jesu viel wahrscheinlicher macht.

Vorbereitungen für den Wiederaufbau werden getroffen

Was ist seit 1967 passiert? „Ob der Tempel lediglich als nationales Symbol gesehen wird, also als einigend für die Juden in Israel und in der Diaspora [Zerstreuung bzw. Exil], oder als unerläßliche prophetische Hoffnung für die Erfüllung der Mission des Judaismus, hat es aber seit der Befreiung Jerusalems und des Tempelbergs keine Möglichkeit für einen Wiederaufbau des Tempels gegeben. Obwohl es einige Versuche zur Initiation eines Wiederaufbaudialogs nach 1967 gab, wurde erst ... nach den palästinensischen Unruhen [1987] eine sichtbare Bewegung zum Wiederaufbau organisiert ... [Eine Quelle stellte dazu fest, daß] ,nach unserer Meinung die gesamte jüdische Geschichte eine Pause einlegt, bis der Tempel wieder existiert. Ein Leben ohne den Tempel ist in Wirklichkeit gar kein Leben‘ “(Ice und Price, Seite 99).

In Esra 3 sehen wir, wie die nach Jerusalem zurückgekehrten Juden nach der Zerstörung ihres ersten Tempels an der vorgeschriebenen Stätte jahrzehntelang Opfer gebracht haben, bevor der zweite Tempel gebaut wurde. Eine moderne Wiederbelebung des Opfersystems wäre daher möglich, ohne daß ein Tempel erst gebaut werden muß.

Heute untersteht der Tempelberg, die von Jesus erwähnte „heilige Stätte“, der Kontrolle der moslemischen religiösen Autorität. Die Voraussetzungen für die Erfüllung jener Prophezeiung sind also noch nicht geschaffen worden.

Seit 1989 gibt es jedoch Bestrebungen, den Wiederaufbau des Tempels vorzubereiten. Zu diesem Zweck formierten sich diverse jüdische Gruppen öffentlich. Eine heißt „The Society for the Preparation of the Temple“ [„Die Gesellschaft zur Vorbereitung des Tempels“] und gibt zweimonatlich eine Zeitschrift heraus, in der diese Gruppe über ihre Arbeit berichtet.

Eine Gruppe widmet sich der Herstellung der priesterlichen Gewänder und der Geräte für den Tempeldienst: das „Temple Institute“. Bis jetzt wurden 53 der benötigten 103 Geräte bzw. Gefäße nachgebaut. Außerdem gibt es Architekten und Ingenieure, die Baupläne für den Tempel vorbereitet haben. In den USA hat es Ausstellungen gegeben, um diese Projekte zu fördern.

Eine weitere Gruppe, die sich eines großen Bekanntheitsgrades erfreut, ist die „Temple Mount Faithful“ [„Die Treuen des Tempelbergs“]. Angeführt von Gershon Salomon, einem Professor für Orientalistik an der Hebrew University, hat die Gruppe die Wiedergewinnung der Kontrolle über den Tempelberg zum Ziel, um dadurch den Tempel auf diesem Areal wiederaufzubauen. In den Worten Salomons sollte „der Tempel wieder ein Mittelpunkt des religiösen, nationalen, geistlichen und moralischen Lebens für Israel sein“.

Seit 1990 haben Mitglieder dieser Gesellschaft wiederholt vergebens versucht, auf dem Tempelberg den Grundstein für den neuen Tempel zu legen. Jedes Mal verhinderten die israelische Polizei und die moslemische Hoheitsführung ihre Bemühungen.

Man muß jedoch feststellen, daß es zu diesem Zeitpunkt nur eine verhältnismäßig kleine Minderheit der Juden gibt, die es als ihre Verantwortung ansieht, den Tempel zu bauen. Der moderne Staat Israel ist weitgehend säkularisiert; eine dramatische Zunahme an religiösem Eifer wäre notwendig, um genügend Unterstützung für den Wiederaufbau des Tempels oder die Wiedereinführung von Opferriten zu haben.

Die Geschichte lehrt uns jedoch, daß sich die weltpolitische Szene sehr schnell verändern kann. Man denke an die Schnelligkeit, mit der die Wiedervereinigung Deutschlands möglich wurde, eine Entwicklung, die viele nicht für möglich gehalten haben. In dem instabilen politischen Klima des Nahen Ostens könnte es in ähnlicher Weise eine schnelle, ebenfalls nicht für möglich gehaltene Wende geben.

Das dritte Zeichen: Eine neue Weltmacht tritt auf den Plan

Die dritte prophetische Entwicklung, auf die wir achten sollten, hat mit einer Wiederbelebung des Römischen Reiches zu tun, die in Daniel und in der Offenbarung vorausgesagt wird.

Der Prophet Daniel legte den Traum Nebukadnezars aus, in dem der babylonische König ein großes menschliches Standbild gesehen hatte. Das Standbild stellte vier aufeinanderfolgende Weltreiche dar. Das erste dieser Weltreiche war das babylonische Reich, mit Nebukadnezar an der Spitze (Daniel 2,28-38). Ihm sollten drei weitere Weltreiche folgen (Verse 39-40).

Wenn wir die Weltgeschichte zum Vergleich heranziehen, erkennen wir, daß die drei nachfolgenden Weltreiche das medo-persische, das griechisch-mazedonische und das Römische Reich waren.

In seiner Beschreibung des vierten Reiches – des Römischen Reiches – hielt Daniel fest: „Und das vierte wird hart sein wie Eisen; denn wie Eisen alles zermalmt und zerschlägt, ja, wie Eisen alles zerbricht, so wird es auch alles zermalmen und zerbrechen“ (Daniel 2,40). Rom erwies sich in der Tat als dominanter als seine Vorgänger; es schluckte ihre Überbleibsel auf und existierte jahrhundertelang.

Daniel offenbarte faszinierende Details über das vierte Reich. Die Beine und Füße des Standbilds, das Nebukadnezar in seinem Traum gesehen hatte, stellen dieses Reich dar. Die Füße und Zehen waren „teils von Ton und teils von Eisen“. Daniel erklärte auch die Bedeutung dieser seltsamen Mischung: „Und daß die Zehen an seinen Füßen teils von Eisen und teils von Ton sind, bedeutet: zum Teil wird’s ein starkes und zum Teil ein schwaches Reich sein. Und daß du gesehen hast Eisen mit Ton vermengt, bedeutet: sie werden sich zwar durch Heiraten miteinander vermischen, aber sie werden doch nicht aneinander festhalten, so wie sich Eisen mit Ton nicht mengen läßt“ (Verse 42-43).

Die Könige, die durch die Zehen dargestellt werden, existieren zur Zeit der Rückkehr Jesu Christi: „Aber zur Zeit dieser Könige wird der Gott des Himmels ein Reich aufrichten, das nimmermehr zerstört wird; und sein Reich wird auf kein anderes Volk kommen. Es wird alle diese Königreiche zermalmen und zerstören; aber es selbst wird ewig bleiben“ (Vers 44).

Diese Prophezeiung handelt eindeutig vom Reich Gottes, das Jesus Christus bei seiner Rückkehr etablieren wird und das alle menschlichen Regierungen ersetzen wird: „Es sind die Reiche der Welt unseres Herrn und seines Christus geworden, und er wird regieren von Ewigkeit zu Ewigkeit“ (Offenbarung 11,15).

Keiner zweifelt daran, daß das alte Römische Reich nicht vom Reich Gottes abgelöst wurde. Wir leben aber immer noch in dieser Welt, und Jesus Christus hat seinen Thron als oberster „Herr der Herren“ noch nicht bestiegen (1. Johannes 5,19). Hat sich Daniel in seiner Deutung des Traums geirrt?

Wie sollen wir Daniels Prophezeiung verstehen?

Wir finden die Antwort, indem wir andere Prophezeiungen behandeln, in denen dieses vierte Weltreich erwähnt wird. Dabei erfahren wir, daß das Römische Reich, obwohl heute weitgehend uninteressant und von vielen vergessen, in der nahen Zukunft wieder ins Leben gerufen wird!

Der Apostel Johannes erhielt eine erstaunliche Vision der Zukunft von Jesus Christus (Offenbarung 1,1), in welcher der zukünftige Verlauf der Menschheitsgeschichte aufgezeigt wurde. Wie Daniel beschreibt auch Johannes bestimmte Schlüsselereignisse, die der Rückkehr Christi unmittelbar vorausgehen. Offenbarung 19 beschreibt seine glorreiche Rückkehr zur Erde, welche in dem Sieg über die Könige der Erde und ihre Armeen, den großen falschen Propheten und etwas, das die Bibel „das Tier“ nennt, gipfeln wird (Offenbarung 17,1-11; 19,19-20).

Dieses „Tier“ entspricht dem vierten Reich, dem Römischen Reich, das Nebukadnezar in seinem Traum gesehen und dessen Bedeutung Daniel gedeutet hat. Die Prophezeiungen der Bibel zeigen uns, daß das Tier, das Johannes in Offenbarung 17 gesehen hat, und das vierte Reich, das Daniel dem Nebukadnezar deutete, zur Zeit der Rückkehr Christi existieren und von ihm zerstört werden. So zeigt uns die Prophezeiung, daß Daniels viertes Reich und Johannes’ Tier ein und dasselbe sind.

Ein Reich wird wiederbelebt

Offenbarung 17 gibt uns weitere Details, die uns die Natur dieses Reiches verstehen helfen. Dazu gehört die Erkenntnis, daß es sowohl in der Antike als auch zur Zeit der Rückkehr Christi existiert.

Dieses Kapitel beschreibt ein scharlachrotes Tier, das „ sieben Häupter und zehn Hörner“ hatte (Vers 3). Dieses Tier existierte zu einem Zeitpunkt, hörte dann zu existieren auf, und wird zu einem späteren Zeitpunkt wieder existieren (Vers 8 bzw. 11). Das ist der Schlüssel zum Verständnis dieser oft rätselhaften Prophezeiungen. Das Römische Reich existierte in der Vergangenheit und existiert heute nicht, wird aber in Zukunft wieder existieren.

Vers 10 hilft uns zu verstehen, daß die sieben Häupter des Tieres „sieben Könige“ sind (Vers 9), die über eine bestimmte Zeitspanne regieren. Die europäische Geschichte zeigt uns, daß in der Zeit seit dem Niedergang des ursprünglichen Römischen Reiches 476 n. Chr. diverse Könige, Kaiser, Diktatoren und andere Herrscher, angefangen mit Justinian in 554 n. Chr., die Macht und die Größe des Römischen Reiches mit unterschiedlichem Erfolg wiederzubeleben versucht haben. Die Prophezeiungen in Daniel und der Offenbarung zeigen, daß eine letzte Wiederbelebung des Reiches bevorsteht.

Das von Daniel gedeutete Bildnis hatte Füße und Zehen, die eine Mischung von Ton und Eisen waren. In Offenbarung 17 sehen wir, was die zehn Zehen aus Ton und Eisen bedeuten. Die zehn Zehen entsprechen den zehn Hörnern auf dem Tier, das Johannes sah: „Und die zehn Hörner ... sind zehn Könige, die ihr Reich noch nicht empfangen haben; aber wie Könige werden sie für eine Stunde Macht empfangen zusammen mit dem Tier. Diese sind eines Sinnes und geben ihre Kraft und Macht dem Tier. Die werden gegen das Lamm kämpfen, und das Lamm wird sie überwinden, denn es ist der Herr aller Herren und der König aller Könige“ (Verse 12-14).

Nun wird das Bild klarer. Kurz vor der Rückkehr Christi werden zehn „Könige“ – das Wort im griechischen Urtext bedeutet Führer und muß nicht unbedingt ein buchstäblicher König sein – sich in einem politisch-wirtschaftlich-militärischen Bündnis vereinigen. Unter ihnen gibt es unterschiedliche Stärken, genauso wie Eisen stärker als Ton ist.

Außerdem repräsentieren sie unterschiedliche Nationalitäten und Kulturen, die ein hundertprozentiges Zusammenschmieden ihrer diversen Länder verhindern könnte. Die Macht und Autorität, die aus ihrem Bündnis resultieren, werden nur von kurzer Dauer sein, bevor sie den tödlichen Fehler begehen, den wiederkehrenden Jesus zu bekämpfen. Er wird sie zermalmen und völlig zerstören.

Es ist also wahrscheinlich, daß eine Gruppe von zehn politischen Führern, mittels Verträgen oder ähnlichen Vereinbarungen, ein Bündnis schmieden werden, das zur Erfüllung dieser endzeitlichen Ereignisse führen wird. Daniels Prophezeiung weist auf ein Bündnis hin, bei dem die einzelnen Länder ihre eigenen Kulturen und Sprachen behalten können, so daß kein völlig integrierter Bund wie der der Vereinigten Staaten von Amerika, sondern ein Zweckbündnis aus zehn individuellen politischen und kulturellen Einheiten entstehen wird.

Es stellt sich die Frage, ob die Bemühungen um die europäische Einigung im Zusammenhang mit diesem prophezeiten Endzeitzweckbündnis zu tun haben. Die Geschichte der Europäischen Union spricht für sich und bedarf keiner Auslegung. „Im Januar 1957 unterzeichneten auf der Stätte der alten römischen Hauptstadt die Vertreter von sechs Ländern einen Vertrag und schufen damit die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft ... ein Assistent von Paul-Henri Spaak, dem damaligen belgischen Außenminister, erinnert sich an die von seinem Chef gestellte Frage, ,Meinen Sie, daß wir den ersten Stein eines neuen Römischen Reiches gelegt haben?‘ Der Assistent erinnert sich: ,Wir meinten schon, daß wir an jenem Tag Römer waren‘ “ („Don’t Spoil a Success“, Newsweek, 29. Januar 1996, Seite 40).

Es scheint, daß die Vorstellung eines neuen Römischen Reiches zumindest bei einigen Gründern dieser europäischen Bewegung vordergründig war. Aus der EWG wurde die Europäische Gemeinschaft und heute die Europäische Union. Ein Hindernis nach dem anderen auf dem Weg zur engeren Zusammenarbeit wurde beiseite geräumt. Die Zukunft wird zeigen, welche Rolle die EU auf der Weltbühne spielen wird.

Wo sind wir jetzt in der Prophezeiung?

Heute verfügt der Mensch über mehr als eine Massenvernichtungswaffe, mit der alles menschliche Leben ausgerottet werden könnte. Der Staat Israel ist bestrebt, die Kontrolle über Jerusalem zu behalten, und diverse Gruppen in Israel setzen sich für den Wiederaufbau des Tempels ein. Trotz periodischer Rückschläge setzt sich der europäische Einigungsprozeß fort.

Vor dem Hintergrund dieser Entwicklungen wären wir gut beraten, die Ermahnungen der biblischen Prophezeiung und solche Nachrichtenmeldungen, die im Einklang mit der biblischen Prophezeiung sind, nicht zu ignorieren. Die Bibel enthält Gottes kostbare Wahrheiten, die eine verführte und ungläubige Welt weitgehend ignoriert. Zu diesen Wahrheiten gehört auch die biblische Prophezeiung.

Zu der biblischen Prophezeiung gehört auch die Voraussage Jesu Christi, seine Gemeinde werde das wahre Evangelium – die gute Nachricht über sein kommendes Reich – zum Zeugnis in aller Welt predigen. „Dann wird das Ende kommen“, stellte Jesus fest (Matthäus 24,14).

Jesus ruft seine wahren Nachfolger auf, wachsam zu bleiben und das prophetische Geschehen als Ansporn für geistliche Standhaftigkeit zu benutzen: „So seid allezeit wach und betet, daß ihr stark werdet, zu entfliehen diesem allen, was geschehen soll, und zu stehen vor dem Menschensohn“ (Lukas 21,36).