Von Scott Ashley
Eine Reihe von Bibelabschnitten identifiziert Jesus Christus als Gott neben Gott, dem Vater. Aber manche behaupten, dass der Apostel Paulus in 1. Korinther, Kapitel 8 die Göttlichkeit Christi in Abrede gestellt hätte, indem er die Differenzierung Gott ausschließlich auf den Vater angewandt hätte. Lassen Sie uns sehen, was Paulus hier in Wirklichkeit sagte – und was er nicht sagte.
Bei einer Diskussion darüber, ob Christen Fleisch, das Götzen geopfert worden war, essen durften, stimmte Paulus zu, dass Götzen machtlos sind und falsche Götter repräsentieren. Er bekundet diesbezüglich: „Was nun das Essen der Götzenopfer betrifft, so wissen wir, dass ein Götze in der Welt nichts ist, und dass es keinen anderen Gott gibt außer dem Einen. Denn wenn es auch solche gibt, die Götter genannt werden, sei es im Himmel oder auf Erden – wie es ja wirklich viele Götter und viele Herren gibt –, so gibt es für uns doch nur einen Gott, den Vater, von dem alle Dinge sind und wir für ihn; und einen Herrn, Jesus Christus, durch den alle Dinge sind, und wir durch ihn“ (1. Korinther 8,4-6; Schlachter-Bibel).
Bedeutet die Tatsache, dass „es für uns doch nur einen Gott, den Vater“ gibt, dass Jesus nicht ebenso Gott sein kann? Zunächst mag das so erscheinen. Bedenken Sie aber eine parallele Frage, die sich auf den gleichen Abschnitt bezieht: Bedeutet die Tatsache, dass „es für uns doch nur . . . einen Herrn, Jesus Christus“ gibt, dass Gott, der Vater, nicht ebenso ein Herr sein kann?
Das ist offensichtlich nicht der Fall, denn der Vater ist sicherlich Herr – im Sinne von Gebieter und Herrscher. Jesus betete: „Ich preise dich, Vater, Herr des Himmels und der Erde“ (Matthäus 11,25; alle Hervorhebungen durch uns). Und Offenbarung 11, Vers 15 erwähnt die Reiche „unseres Herrn und seines Christus“. Jesus ist in der Tat Herr, aber offensichtlich ist der Vater Herr über ihn. Das widerspricht nicht der Aussage von Paulus. Und das tun auch andere Verse nicht, die die Göttlichkeit Christi verkünden.
Anstatt Jesus davon auszuschließen, Gott zu sein, sollte ein sorgfältiges Lesen von 1. Korinther 8, Verse 4-6 uns dabei helfen zu sehen, dass er in die göttliche Identität mit eingeschlossen ist. Paulus bekräftigt hier kurz den Kontrast zwischen heidnischem Polytheismus (dem Glauben an viele Götter) und wahrem Monotheismus (dem Glauben, dass es nur einen Gott gibt). Aber warum begrenzt er seine Bestätigung nicht darauf, dass es „keinen Gott außer dem einen“ gibt, indem er nur sagt, dass wir „nur einen Gott, den Vater“ haben? Warum erwähnt er in diesem Zusammenhang auch den „einen Herrn, Jesus Christus“?
Sicherlich deshalb, weil Jesus ein wichtiger Teil der Existenz Gottes ist. Wie auch an anderen Stellen zeigt Paulus hier, dass „alle Dinge“ – der gesamte Bereich der Schöpfung, physisch und geistlich – letztendlich von Gott, dem Vater, stammen, alle aber durch Jesus Christus geschaffen wurden. Und Jesus Christus herrscht über sie als Herr unter dem Vater.
Ist „Herr“ eine Bezeichnung für Göttlichkeit?
Manche behaupten, dass von den hier verwendeten Begriffen „Gott“ und „Herr“ lediglich „Gott“ in diesem Kontext Göttlichkeit bedeutet. Es stimmt schon, dass der Begriff Herr nicht immer Göttlichkeit bedeutet. Er kann sich auf jeden Gebieter beziehen – göttlich, menschlich oder anderweitig. Wir sollten aber den Parallelismus in den Worten des Paulus beachten. Er bezieht sich auf die sogenannten „Götter“ der Heiden als sowohl „viele Götter als auch viele Herren“. Er schloss also den letzteren Begriff „Herren“ mit in seine Bezeichnung für Gottheit ein – ganz gleich ob es sich auf die erfundenen Götter der Heiden oder auf menschliche Herrscher bezog, die für göttlich gehalten wurden. Parallel dazu verweist Paulus auf den wahren Gott als sowohl „einen Gott“ als auch „einen Herrn“. „Herr“ bedeutet in diesem Zusammenhang also ebenfalls Göttlichkeit.
In der Tat erkennt dieser Abschnitt hier die weitreichende Macht und Herrschaft an, die dem Herrn Jesus Christus statt den verschiedenen Göttern zukommt, denen solche Macht als Teil der Anbetung der Heiden zugeschrieben wurde. Das ist ein entscheidender Punkt, um zu verstehen, worum es hier geht. Paulus benutzt die Bezeichnung „Götter“ in Bezug auf die heidnische Anbetung, bei der jedem „Gott“ ein begrenzter Machtbereich zugerechnet wurde. Er weist aber darauf hin, dass Jesus, „durch den alle Dinge sind“, der Schöpfer von allem ist, was existiert, uns selbst eingeschlossen!
Allein durch die Wortwahl, die Paulus hier verwendet, muss Jesus als göttlich eingestuft werden. Denn wie kann die erfundene Aphrodite oder Venus, die Göttin der Liebe, die angeblich als der Abendstern erscheint, als Gottheit eingestuft werden, während Jesus, der Schöpfer aller Sterne und Menschen und mit größerer Macht und Herrschaft ausgestattet als allen heidnischen Göttern und Göttinnen gemeinsam zugerechnet wird, nicht als Gottheit eingestuft wird?
In Anbetracht dessen bezeichnen manche Jesus als einen „Gott“. Doch das würde Macht nur über einen begrenzten Bereich bedeuten. Jesus hat aber die Herrschaft über alles, was existiert, mit einer Ausnahme – der Vater, der über ihm steht. Jesus ist daher dem Vater untergeordnet, aber der Vater hat ihm „alle Gewalt“ und „alles“ anvertraut (Matthäus 28,18; 1. Korinther 15,27-28). Wie bereits an anderer Stelle erklärt, befindet sich Jesus in perfekter und völliger Übereinstimmung mit dem Vater.
Beide Begriffe sind wesentlich, um Gott zu definieren
Wenn also beide, Vater und Sohn, Gott sind und beide auch Herr sind, warum differenziert Paulus sie dann als „einen Gott, den Vater“ und „einen Herrn, Jesus Christus“? Es wird uns nicht ausdrücklich gesagt, aber diese Einteilung wird in der Bibel auch an anderer Stelle benutzt. In Psalm 110, Vers 1 bezog sich Israels König David auf einen Mittler zwischen Gott und ihm als Herr. Der Vers beginnt mit: „Der Herr [Jhwh] sprach zu meinem Herrn.“ Wie das Neue Testament verdeutlicht, bezieht sich Jhwh (der ewige Gott) in diesem Fall auf den Vater, der hier zu demjenigen spricht, der zu Jesus Christus wurde. Er war der direkte Herr Davids, der im Namen des Vaters herrscht.
Wir haben auch Jesu eigenes Gebet zum Vater in der Nacht vor seinem Tod. Er sagte: „Das ist aber das ewige Leben, dass sie dich, der du allein wahrer Gott bist, und den du gesandt hast, Jesus Christus, erkennen“ (Johannes 17,3). Manche sehen diesen Vers so, dass er ebenfalls die Göttlichkeit Christi verneint, was aber keinesfalls zutrifft. Außer der Tatsache, dass Jesus dies sagte, als seine Macht im menschlichen Fleisch begrenzt war und allein der Vater im gesamten Universum als Gott wirken konnte (Johannes 5,30; 14,10), ist die offensichtliche Absicht hier, dass er auf den Vater als den wahren Mittelpunkt unserer Anbetung verweist, wobei er selbst in seiner Funktion als Mittler als Repräsentant des Vaters dient.
Diese letztere Tatsache ist offenbar das, was Paulus im Sinn hatte. Indem er den Vater als den einen Gott verkündete, verwies er auf die Exklusivität der Stellung des Vaters, nicht auf die Exklusivität der göttlichen Natur. Genauso wie Jesus selbst es tat, erkannte Paulus den Vater als das höchste Wesen über alles und den Mittelpunkt unserer Anbetung an. Während „alle den Sohn ehren [sollen], wie sie den Vater ehren“ (Johannes 5,23), sollte es offensichtlich sein, dass unser Ehren des Sohnes immer noch relativ ist im Vergleich zu unserem Ehren des Vaters. Wir ehren den Sohn auf diese Weise, weil der Vater das so bestimmt hat. Der Sohn ist dementsprechend nicht Gott im Sinne des höchsten Wesens. Deshalb hat ihn Paulus nicht in diese Bezeichnung mit eingeschlossen.
Das schließt den Sohn aber nicht davon aus, Gott in dem Sinne zu sein, dass er auf der gleichen Ebene wie der Vater existiert und sich mit dem Vater die Herrschaft über alles teilt. Er ist auch nicht davon ausgeschlossen, im Namen des Vaters in aller Ewigkeit, vergangen oder zukünftig, als Gott zu handeln. Der Sohn ist in der Tat Gott in diesem Sinn. Hätte Paulus in diesem speziellen Kontext der Verneinung des Polytheismus Jesus als Gott bezeichnet und den Vater als den „einen Gott“, hätte das wahrscheinlich bei manchen Verwirrung gestiftet. Paulus verwendete daher eine andere Bezeichnung – Herr. Es ist der gleiche Titel, den Paulus sonst typischerweise in seinen Briefen für Jesus verwendete.
Jesus als den „einen Herrn“ zu bezeichnen, betont seine Funktion als denjenigen, der Gottes Herrschaft über die Schöpfung ausübt. Der Punkt hierbei ist, dass der Vater dies nicht direkt tut, sondern durch Jesus Christus wirkt. Diese Tatsache ist ein wesentlicher Aspekt, wenn es darum geht, Gott zu definieren. Und besonders für uns, wie David erkannt hat, ist Jesus unser unmittelbarer Herr und Meister, während der Vater unser letztendlicher Herr und Meister ist. Es gibt hier aber keine Spaltung hinsichtlich der Loyalität, denn Hingabe Christus gegenüber zeugt von unserer Ergebenheit dem Vater gegenüber. Die Tatsache, dass der Vater Herr ist, widerspricht nicht dem Umstand, dass Jesus der „eine Herr“ ist. Denn ihr Herrsein ist kein Zwiespalt. Der Vater herrscht stattdessen durch den Sohn.
An die Gemeinde zu Korinth gerichtet ist das Paulus’ kurze Erklärung des wahren Monotheismus, im starken Kontrast zu den miteinander konkurrierenden Gottheiten des heidnischen Polytheismus. Gott, der Vater, der der Höchste ist, wirkt durch den Sohn, der seinen Willen auf perfekte Weise ausführt, wobei diese beiden in Einheit eins sind. Und es geschieht durch Jesus, dass wir den Vater anbeten und ihm dienen. Wir sollten daher sehen, dass Paulus in 1. Korinther 8 nicht die Göttlichkeit Christi leugnet, sondern sie stattdessen durch seine sorgfältig gewählten Worte bestätigt.