Sie sollten sich darüber im klaren sein, wer Sie sind, was Sie erreichen wollen, und dem sollten Sie nachgehen.

Von Robin Webber

Viele von uns standen einmal vor einer schwierigen Situation und haben sich angesichts der Schwierigkeiten, die so oft zum Leben gehören, den einfachen aber tiefsinnigen Satz gesagt: „Schritt für Schritt kommt man ans Ziel.“

Dieser Satz enthält eine gute Botschaft, eine starkes Konzept, eine wichtige Ermutigung! Was ist aber, wenn man keinen Fuß hat, der dem ersten Schritt folgen kann? Was ist, wenn ein Fuß wirklich fehlt?

Dies war die bittere Wirklichkeit für Tom Whittaker. Seine Geschichte erschien in der Ausgabe der Los Angeles Times vom 8. Oktober 2000, in einem Artikel mit dem Titel „Trotz der Tiefen des Lebens hohe Ziele setzen“, geschrieben von Susan Vaughn von der Times. Es ist die Geschichte eines Mannes, der den Mt. Everest, den höchsten Berg der Erde, mit nur einem natürlichen Fuß bestieg. Der andere Fuß bestand aus einer Prothese.

Wie viele Länder, Städte, Kommunen, Schulen, Gemeinden, Familien oder einzelne Personen drücken sich aufgrund empfundener oder real existierender Unzulänglichkeiten oder Behinderungen davor, die vor ihnen liegenden Herausforderungen anzunehmen?

Jesaja 2, Vers 3 beschreibt eine Zeit, wenn alle Nationen und Menschen rufen werden: „Laßt uns zum Berg des Herrn gehen.“ Haben Sie je darüber nachgedacht, wie viele Behinderungen es zu dieser Zeit geben wird? Der zukünftige Aufstieg dieser Menschen ist heute der Aufstieg für uns.

Sehen wir uns die erstaunliche Geschichte von Tom Whittaker an, damit wir abschätzen können, wie gut wir mit den Schwierigkeiten bei unserem Aufstieg im Leben fertig werden.

„Ich mußte mich neu erfinden“

Susan Vaughn beginnt ihre Erzählung mit den letzten Expeditionen, bevor Tom Whittaker seinen Fuß verlor. Er hatte den Mt. McKinley und auch El Capitan in Kalifornien erklommen, hatte den Grand Canyon auf dem Colorado Fluß mit einem Kajak durchquert und war die gefrorenen Wasserfälle in den kanadischen Rockies hinaufgeklettert. Er emigrierte von Großbritannien in die USA, um Abenteuersport und den Beruf des Trainers zur vollzeitigen Karriere zu machen. 1979 aber kollidierte ein abgelenkter Motorradfahrer frontal mit Whittakers VW-Bus und zerschmetterte beide seiner Füße und sein rechtes Knie.

Es gab noch so vieles, was er tun wollte! Er flehte die Ärzte an, seinen Fuß nicht zu amputieren. Sie konnten seinen linken Fuß retten, aber der rechte Fuß und seine Kniescheibe waren völlig zerstört. Der Fuß mußte amputiert werden! Whittaker war am Boden zerstört: „Ich hatte meinen Fuß, meine Ersparnisse und die Fähigkeit, meinen Lebensunterhalt zu verdienen, verloren. Ich mußte mich jetzt neu erfinden und einen neuen Plan entwickeln. Ich war nicht in die Staaten gekommen, um ein kleines Leben zu leben. Ich war gekommen, um etwas Großes zu tun.“

Whittaker zog in ein leerstehendes Apartmenthaus und nahm den ersten Job an, der sich ihm bot. Zufälligerweise war es eine Anstellung in einem Schuhladen. Weil er sich keine Fußprothese leisten konnte, bastelte Whittaker sich einen aus einer Zigarrenkiste, welche er mit einem Gummiband an sein Bein schnallte. Dieser bescheidene Anfang sollte ihn fast 20 Jahre später auf den Mt. Everest führen.

Er hatte seine Ziele nicht geändert, nur wie er sie erreichen würde. Als er Freunden erzählte, daß er eines Tages wieder bergsteigen würde, erwischte er sie völlig unvorbereitet. Sie traten verlegen von einem Fuß auf den anderen, senkten ihre Augen oder wiesen seine Ziele einfach als Träumereien zurück.

Aber Schritt für Schritt, buchstäblich einen Fuß nach dem anderen, erfand er sein Leben neu. Im Kajak fuhr er den Snake River in Idahoe hinunter, die Krücken in seinem Kanu fest verstaut. Als er sich endlich gute Prothesen leisten konnte, nahm er wieder seine Rucksackaktivitäten auf.

Er schloß auch sein Studium in Sportadministration erfolgreich ab und gründete die „Cooperative Wilderness Handicapped Outdoor Group“, um behinderten Menschen eine Chance zu bieten, die herausfordernden Outdooraktivitäten zu erfahren. Ja, er hatte einen Umweg gemacht, aber nie damit aufgehört, seinem Leben eine Bedeutung zu geben. Während jeder Schritt ihn zu größeren Errungenschaften führte, bewegte er sich buchstäblich Fuß um Fuß auf sein Ziel zu. Ein Freund forderte ihn auf, als erster Fußamputierter den höchsten Berg der Erde zu erklimmen.

Susan Vaughn beschreibt die traurige Statistik bezüglich des Mt. Everest auf beeindruckende Weise: „In den letzten 100 Jahren starben mehr als 150 Bergsteiger auf ihrem Weg zum Gipfel des Mt. Everest. Zahllose andere wurden von den starken Winden des Berges (160 km/h), den enormen Stürmen, den kalten Temperaturen, die bis zu 80°C unter 0 erreichen können und der sauerstoffarmen Luft zurückgedrängt.“

Trotz der Gefahren konnte Whittaker an nichts anderes mehr denken, nachdem diese Idee einmal ausgesprochen war. Er mußte zwei riesengroße Hindernisse überwinden, denen andere Bergsteiger nicht unbedingt gegenüberstehen. Zum einen mußte er sich mit der rauhen Realität befassen, daß ihm nur 50 Prozent seiner Muskelfunktionen in seinem rechten Fuß ohne seine Kniescheibe zur Verfügung standen. Wenn sein Beinstumpf während seines Aufstiegs anschwellen würde, und er seine Prothese nicht mehr anschnallen konnte, konnte es passieren, daß er nicht mehr lebend den Berg hinunterkäme.

Zum anderen war es fast noch schwieriger, die 300 000 US-Dollar an Sponsorengeldern für solch eine Expedition zusammenzubekommen. Aufgrund von Bergsteigerkatastrophen, die vor nicht langer Zeit auf den Hängen des Mt. Everest geschehen waren, hielten sich die Sponsoren sehr zurück – auch ohne Whittakers Behinderung. Allerdings wäre das Ausmaß einer PR-Katastrophe für jeden potentiellen Sponsor mit diesem zusätzlichen Faktor kaum auszumalen, wenn Tom Whittaker bei der Expedition ums Leben kommen würde!

Whittaker jedoch machte weiter, Schritt für Schritt, und Aufstieg um Aufstieg. Nach drei Versuchen über neun Jahre hinweg erreichte er sein Ziel. 1989 wurde sein Team von einem Sturm zur Aufgabe gezwungen, der fünf Menschen einer anderen Expedition das Leben kostete. Beim zweiten Versuch 1995 war er nur noch 450 m vom Gipfel entfernt, nur um wieder einmal von Stürmen zurückgedrängt zu werden.

1998 endlich versuchte er es noch einmal. Während sein Team das Ziel vor ihm zu erreichen versuchte, wurden die Zelte und die Ausrüstung von 160 km/h starken Winden zerstört. Whittaker wurde schwer krank, weil sich sehr viel Flüssigkeit in seiner Lunge angesammelt hatte. Ein Arzt flehte ihn an, den Berg zu verlassen. Whittaker wollte davon allerdings nichts hören. Ein Freund berichtete: „Ich glaube ein Teil seiner Motivation rührte daher, daß ihm so viele Leute sagten, er könne es nicht schaffen. Er hat ein großes Ego, aber er hat auch ein großes Herz.“ Nachdem seine Symptome nachließen, machten Whittaker, ein Kollege und vier Sherpa-Führer am 27. Mai 1998 Geschichte. Der erste Amputierte, der je den Everest bestieg, stand auf der Spitze der Welt. Ein Teil seines Körpers war amputiert worden, aber das hatte nicht sein Leben amputiert.

Die eigenen Träume umsetzen

Wenn er nicht die Berge erklimmt, arbeitet Whittaker als Motivationstrainer. Er gründete auch eine gemeinnützige Organisation, die anderen Menschen mit Behinderungen bei dem Erreichen ihrer Ziele hilft. Er bietet ihnen „Fünf Tips zur Verwirklichung Ihrer Träume“.

Viele unserer Leser träumen nicht nur davon, sondern sehnen sich danach, daß das Reich Gottes auf Erden erscheint. Schauen wir auf den „Berg des Herrn“, oder schauen wir auf die Schwierigkeiten, die bis dahin zu bewältigen sind? Whittakers „Fünf Tips zur Verwirklichung Ihrer Träume“ und einige meiner Gedanken sollen Ihnen helfen, den richtigen Weg zu finden.

Versichern Sie sich, daß Ihre Ziele aus dem Innern heraus kommen. Innere Motivation ist so viel stärker als eine Motivation von außen.

Erinnern wir uns daran, was Whittaker sagte: „Ich mußte mich neu erfinden ... Ich war nicht in die Staaten gekommen, um ein kleines Leben zu leben; ich war gekommen, um etwas Großes zu tun!“ Vergleichen wir das mit dem Verständnis, welches Elia von Gott erhalten hatte. Die wahre Stärke lag nicht in einem Erdbeben, Wind oder Feuer, sondern in einer „ruhigen, kleinen Stimme“, die ihn persönlich herausforderte: „Was tust du hier?“ Elia hatte die Hoffnung verloren, war in eine Höhle gekrochen und redete ständig vor sich hin, was er getan hatte, statt sich darauf zu konzentrieren, was Gott noch mit ihm vorhatte (1. Könige 19,11-15).

Jeder von uns muß die Frage beantworten: „Was tue ich hier?“ Worum geht es wirklich? Gott arbeitet von innen heraus, nicht von außen nach innen. Glaube wird immer herausgefordert werden, er muß aber nicht überwunden werden. Ein Ziel, ein richtiges Ziel – das Ziel des Reiches Gottes – wird Ihnen Wurzeln sowie Flügel geben. Wurzeln, um Sie in schwierigen Zeiten zu festigen; Flügel, um Sie zu neuen Horizonten zu tragen. Das Ziel muß aber zu einem Teil Ihres Lebens geworden sein. Die Geschichte vom Reich Gottes muß größer als Ihre eigene Geschichte sein und tief in Ihnen wohnen.

Entwickeln Sie ein Glaubensbekenntnis, das sich auf Ihre Wertvorstellungen, Prinzipien und Ihr Selbstverständnis gründet. Erlauben Sie anderen nicht, diese Dinge für Sie zu definieren – definieren Sie sie selbst.

Sie sollten sich darüber im klaren sein, wer Sie sind, was Sie erreichen wollen, und dem sollten Sie nachgehen. Menschen lieben es, andere Leute in eine Schublade einzuordnen und sie dort zu halten. In der Heiligen Schrift finden wir das Beispiel von Goliat, der in David nur einen „Jungen“ sah. Die Mitglieder des Sanhedrins, des jüdischen Hohen Gerichts, sahen in den Aposteln nur „Galiläer“. Auf der anderen Seite sagt Gott in 2. Korinther 5, Vers 17: „Etwas ganz Neues hat begonnen“ (Gute Nachricht Bibel). Gott steckt uns in keine Schublade; er öffnet neue Türen mit neuen Möglichkeiten. Es ist interessant, daß dies zu den Korinthern gesagt wurde, die die „Ratten vom Kai in Attika“ waren. Sie hätten sagen können: „Warum können wir nicht die noblen Athener sein?“ Gott offenbarte, daß er etwas Besseres mit ihnen geplant hatte, allerdings mußten sie willens sein, dafür einen Schritt nach den anderen zu setzen. Wie sieht es mit Ihnen aus?

Gehen Sie keine Kompromisse ein und nehmen Sie keine Abkürzungen. Es ist wichtig, den Weg zum Ziel zu lieben, statt nur der Illusion des „Gewinnens“ nachzujagen. Wenn man sich auf die Reise konzentriert, lernt man die Probleme besser zu lösen.

Wir alle sind uns der rasenden Geschwindigkeit unserer gegenwärtigen technologischen Gesellschaft bewußt. Computer machen alles viel, viel schneller und sofort erreichbar. Mit den Fernbedienungen unserer Fernseher z. B. „zappen“ wir einfach von „da nach da“, ohne das „Hier“ zu erreichen, das dazwischen liegt. Die Technologie hat unserer Gesellschaft ihren Stempel aufgedrückt, und Christen machen dabei keine Ausnahme. Jeder will alles sofort haben! Jegliche Verzögerung ist zum schmerzlichen Ärgernis in unserer Gesellschaft geworden.

Whittaker ermutigt uns, zu erkennen, daß es auf dem vor uns liegenden Weg viele Stellen gibt, die „Hier“ heißen und durch die ein jeder hindurch muß. Wenn das „Hier“ es wert ist, bewältigt zu werden, ist es gut, einen Schritt vor den anderen zu setzen. Gott hat uns keine Fernbedienung mit der Funktionstaste „Reich Gottes voraus“ gegeben. In 1. Petrus 2, Vers 21 ermutigt er uns durch Petrus, Christi Fußtapfen nachzufolgen, einen Schritt nach den anderen zu setzen.

Sehen Sie Ihren Ängsten ins Gesicht. Geben Sie sie zu und schauen Sie nach vorne. Fliehen Sie nicht vor Schmerzen oder Verletzungen, die zu erwarten sind.

Als Whittaker sich Schritt für Schritt auf sein großes Ziel, nämlich den Mt. Everest zu besteigen, vorbereitete, fing er bei den kleineren Herausforderungen an und bestieg den Berg „Outer Limits“, der vor dem Yosemite Valley liegt. Wittaker beschrieb später die Intensität dieses Momentes: „Als ich am Fuße dieses Berges stand, erkannte ich, daß hier die physische Manifestation all meiner Hoffnungen und Träume vor mir lag.“ Er hätte aufgeben können, doch er tat es nicht. Ihm wurde bewußt, wie es uns bewußt werden muß, daß die Erholung auf der anderen Seite der Angst liegt, die wir spüren.

Vor langer Zeit einmal machte sich Shakespeare Gedanken über die Macht der Angst, als er schrieb: „Feiglinge sterben tausend Tode, aber die Mutigen sterben nur einmal.“ Im Christentum geht es nicht um die Versetzung der Herausforderungen, die vor uns liegen, sondern um die Umsetzung der Herausforderung.

Psalm 18, Verse 32-36 bringt dies ans Licht: „Denn wer ist Gott, wenn nicht der Herr, oder ein Fels, wenn nicht unser Gott? Gott rüstet mich mit Kraft und macht meine Wege ohne Tadel. Er macht meine Füße gleich den Hirschen und stellt mich auf meine Höhen. Er lehrt meine Hände streiten und meinen Arm den ehernen Bogen spannen. Du gibst mir den Schild deines Heils, und deine Rechte stärkt mich, und deine Huld macht mich groß. Du gibst meinen Schritten weiten Raum, daß meine Knöchel nicht wanken.“ The Life Application Bible Commentary kommentiert diese Verse so: „Gott verspricht, uns die Stärke zu geben, um Herausforderungen zu bewältigen, aber er verspricht nicht, sie zu vernichten. Wenn er uns keine rauhen Wegen zum Gehen geben würde, keine Berge zum Besteigen oder Kämpfe zu bestreiten, würden wir nicht wachsen. Jedoch läßt er uns angesichts der Herausforderungen nicht allein. Statt dessen steht er neben uns, lehrt uns und stärkt uns, um sie bewältigen zu können.“

Leben Sie ein großes Leben. Setzen Sie sich hohe Ziele. Erreichen Sie das Bestmögliche in allem, was Ihnen wichtig ist.

Vor vielen Jahren sinnierte der amerikanische Poet Longfellow: „Wenn du das Ziel treffen willst, lege deinen Bogen hoch an, weil jeder Pfeil die Anziehungskraft der Erde spürt.“ Jede Nation, Kommune, Gemeinde, Familie oder Einzelperson spürt die äußerst realen und dynamischen Kräfte, die einen entmutigen, beunruhigen und depressiv machen können, und die einen von den vor einem liegenden Herausforderungen abbringen. Nach der Besteigung des Mt. Everests sagte Whittaker: „Ich glaube, daß wir, wir als Menschen mit Unzulänglichkeiten nur unsere Grenzen im Auge haben, genau das bekommen werden – Grenzen.“

Große Gedanken, eine großartige Geschichte, ein großes Leben und dabei nur ein natürlicher Fuß! Whittaker aber setzt das in die Tat um, was er predigt. Er setzt sich immer noch Ziele, die sich über alle Neinsager hinwegsetzen.

Whittakers nächstes Ziel ist es, die „sieben Gipfel“ zu besteigen, die die höchsten Punkte eines jeden Kontinents ausmachen. Während er seine Reise fortsetzt, sind auch wir eingeladen, das scheinbar Unbezwingliche zu besiegen, jeder so wie er es kann und zu seiner Zeit. Whittakers Botschaft ist einfach: „Nicht das Hinfallen zählt, sondern das Aufstehen allein.“

Diese Botschaft erinnert an einen uralten Refrain in Jesaja 30, Vers 21: „Dies ist der Weg; den geht.“ Und wenn ich hinzufügen darf: „... einen Fuß zur Zeit, wenn das alles ist, was Sie haben.“