Die Menschen wurden nach dem Bilde Gottes geschaffen. Was bedeutet das? Sind wir Gott nur im übertragenen geistlichen Sinn ähnlich? Sehen wir auch wie Gott aus?
Von Paul Kieffer
Von den biblischen Lehren, die die Kirche Gottes versteht, gibt es einige, von denen man meint, dass sie wenig praktischen Nutzen haben, da sie nur akademischen oder theoretischen Wert haben. Diese Vorstellung ist jedoch irreführend! Jede biblische Lehre ist ein Werkzeug, das Gott zur Veränderung unseres Lebens benutzen kann, um uns ihm näher zu bringen. Ein Beispiel ist die biblische Wahrheit, dass der Mensch nach dem Bilde Gottes geschaffen wurde.
In diesem Beitrag befassen wir uns mit dieser Lehre, die oft einerseits für selbstverständlich hingenommen und andererseits nicht ausreichend gewürdigt wird. Dabei werden wir sehen, welche Auswirkungen unser Verständnis dieser Lehre auf unsere tägliche Lebensführung in unseren zwischenmenschlichen Beziehungen und in unserer Beziehung zu Gott haben kann.
Von Anfang an wahr
Wie es so oft der Fall ist, wird uns die beste Perspektive zu diesem Thema vermittelt, wenn wir unsere Untersuchung am Anfang der Bibel beginnen. Nachdem Gott in 1. Mose 1, Verse 20-25 die Erschaffung der Tiere, ein jedes nach seiner Art, beschrieben hat, stellt er etwas Erstaunliches über die Menschen am Tag ihrer Erschaffung fest:
„Und Gott sprach: Lasset uns Menschen machen, ein Bild, das uns gleich sei, die da herrschen über die Fische im Meer und über die Vögel unter dem Himmel und über das Vieh und über alle Tiere des Feldes und über alles Gewürm, das auf Erden kriecht. Und Gott schuf den Menschen zu seinem Bilde, zum Bilde Gottes schuf er ihn; und schuf sie als Mann und Weib“ (1. Mose 1,26-27; alle Hervorhebungen durch uns).
Anders als die Tiere in seinem Umfeld wurde der Mensch „gottähnlich“ erschaffen, nicht nach der Art eines Tieres, sondern nach der Art Gottes! Gott ist aber Geist (Johannes 4,24) und wir sind stofflich, was ein fundamentaler Unterschied ist. Doch der Bericht über die Erschaffung des Menschen hebt nicht die Unterschiede, sondern das Gemeinsame hervor!
Der Mensch erhielt beispielsweise den „Odem des Lebens“ direkt von Gott (1. Mose 2,7) und besitzt einen menschlichen Geist, der anders als das und dem auch haushoch überlegen ist, was das Tierreich hat (Prediger 3,21). Es ist dieser Geist, der den menschlichen Verstand ermöglicht und den Menschen Gott auf eine Weise ähneln lässt, wie es für kein Tier möglich ist (1. Korinther 2,11).
Es ist dieser Geist, der uns moralische Freiheit verleiht und in die Lage versetzt, eine persönliche Beziehung zu unserem Schöpfer zu haben. Er dient auch als quasi „Schnittstelle“ für den Geist Gottes. Mit diesem Geist sind wir dann in der Lage, wie Gott zu denken und seinen geistlichen Charakter nachzuahmen (1. Korinther 2,10-16)!
Diese Aspekte unserer Erschaffung sind wesentliche Teile zur Erfüllung der großartigen Bestimmung, die Gott für die Menschen vorgesehen hat: seine vollständig „geformten“ Kinder zu sein – bei der Auferstehung zu ewigem Leben!
Als Gott sagte, dass er den Menschen nach seinem Bild schuf, gehörte die Ähnlichkeit mit Gott ganz gewiss zu der großen Bestimmung, die Gott für menschliches Leben vorgesehen hat. Unsere moralische Entscheidungsfreiheit, unsere anscheinend grenzenlose Kreativität, unser Intellekt u. v. a. m. zeugen davon, dass wir „zum Bilde Gottes“ geschaffen worden sind.
Auch in Gestalt ähnlich
So erstaunlich diese Fähigkeiten sind, hört damit unsere Ähnlichkeit mit Gott nicht auf. Als Jünger Jesu wollen wir das, was das Wort Gottes über ihn offenbart, akzeptieren, wobei wir die Bibel sorgsam und mit Bedacht studieren. Es liegt uns nicht daran, Kompromisse mit der Integrität von Wort Gottes zu schließen, nur um dessen Ablehnung durch Intellektuelle gerecht zu werden.
Als Beispiel sei unser Glaube an unsere Erschaffung nach dem Bild Gottes nicht nur hinsichtlich unserer Intelligenz und moralischen Kapazität, sondern auch in Bezug auf unsere Gestalt als Menschen erwähnt.
Der Ausdruck „zu seinem Bilde“ in 1. Mose 1 ist von vielen vollständig vergeistigt worden. Doch dieser Ausdruck lässt eine Vergeistigung seiner Bedeutung kaum zu. Nicht umsonst heißt es in 1. Mose 1, Vers 26 in der Elberfelder Bibel: „Und Gott sprach: Lasst uns Menschen machen in unserm Bild, uns ähnlich!“
Das hebräische Wort, das in 1. Mose 1, Vers 26 mit „Bild“ übersetzt wurde, ist tselem. Das Vine’s Expository Dictionary definiert tselem als Standbild, Abbild oder Nachbildung – als Darstellung eines Originals. Das große Standbild, das Nebukadnezar aufstellen ließ und vor dem die Babylonier niederfallen sollten, wird in Daniel 3, Vers 1 als tselem bezeichnet. Als die Philister im Besitz der Bundeslade waren und deshalb mit Beulen und Ratten geplagt wurden, machten sie davon tselem – Nachbildungen –, um den Gott Israels zu beschwichtigen. Das Wort „Bild“ in 1. Mose 1, Vers 26 wird in der Bibel sonst unzweideutigerweise im Sinne eines repräsentativen Abbilds benutzt.
Das Wort „gleich“ in der Lutherbibel in 1. Mose 1, Vers 26 („ähnlich“ in der Elberfelder Bibel) ist sinnverwandt. Das hebräische Wort ist demuwth und kommt mehrmals im Alten Testament vor. Die Gestalten unter dem bronzenen Meer in Salomos Tempel waren „Rindern vergleichbar“ (demuwth).
In Hesekiel 1 versucht der Prophet, die Engel im Detail zu beschreiben, die er in einer Vision gesehen hat. Das hebräische Wort, das in Hesekiels Beschreibung mit „anzusehen wie“ und „gleich“ übersetzt wurde, ist demuwth.
Daher braucht man nicht über die Bedeutung von „Bild“ und „gleich“ in 1. Mose 1, Vers 26 zu rätseln. Nur ein paar Kapitel weiter im selben Buch lesen wir: „Und Adam war 130 Jahre alt und zeugte einen Sohn, ihm gleich [demuwth] und nach seinem Bilde [tselem], und nannte ihn Set“ (1. Mose 5,3). Adam hatte eine körperliche Form, sein Sohn Set ebenso. Und in Vers 1 wird uns berichtet: „Als Gott den Menschen schuf, machte er ihn nach dem Bilde [demuwth] Gottes.“
Wer „Bild“ und „gleich“ in 1. Mose 1, Vers 26 nur im Sinne einer geistlichen Ähnlichkeit verstehen will, wenn die hebräischen Begriffe im Urtext sonst buchstäblich für Abbilder und in diesem Sinn auch in Bezug auf die Ähnlichkeit der Menschen bei ihrer Fortpflanzung benutzt werden, legt die Bibel nach eigenen Vorstellungen aus. Besser wäre es, die Wahrheit zu beherzigen, die mit tselem und demuwth vermittelt wird: Das Erscheinungsbild des Menschen ist der Gestalt Gottes ähnlich.
Kann Gott eine Gestalt haben?
In der Bibel finden wir mehrere Hinweise auf eine mögliche Gestalt Gottes. Manche lehnen diese Hinweise aufgrund von 5. Mose 4, Vers 12 ab, wo es heißt: „Und der Herr redete mit euch mitten aus dem Feuer. Seine Worte hörtet ihr, aber ihr saht keine Gestalt, nur eine Stimme war da“ (vgl. dazu auch Vers 15). Dieser Vers besagt jedoch nicht, dass Gott keine Gestalt hat, sondern nur, dass die Israeliten keine Gestalt gesehen haben.
Mose betonte, dass Gott „mitten aus dem Feuer“ geredet hatte. In 2. Mose wird eine ähnliche Szene beschrieben, als Gott die Zehn Gebote verkündete. Gott konnte man nicht sehen, weil es „eine dichte Wolke auf dem Berge“ gab (2. Mose 19,16).
Gottes Präsenz auf dem Berg Sinai wurde wie folgt beschrieben: „Der ganze Berg Sinai aber rauchte, weil der Herr auf den Berg herabfuhr im Feuer; und der Rauch stieg auf wie der Rauch von einem Schmelzofen, und der ganze Berg bebte sehr“ (Vers 18). Die Israeliten hörten Gottes Stimme und wussten, dass er oben auf dem Berg war.
Andere Bibelstellen weisen eindeutig auf Gottes Gestalt hin. Dazu gehört der Bericht in 2. Mose 33, in dem Mose Gott darum bat, seine Herrlichkeit zu sehen (Vers 18). Wie lautete Gottes Antwort auf Moses Bitte?
„Mein Angesicht kannst du nicht sehen; denn kein Mensch wird leben, der mich sieht. Und der Herr sprach weiter: Siehe, es ist ein Raum bei mir, da sollst du auf dem Fels stehen.
Wenn dann meine Herrlichkeit vorübergeht, will ich dich in die Felskluft stellen und meine Hand über dir halten, bis ich vorübergegangen bin. Dann will ich meine Hand von dir tun, und du darfst hinter mir her sehen; aber mein Angesicht kann man nicht sehen“ (2. Mose 33,20-23).
Einige sehen in dieser Begebenheit lediglich eine Metapher, als wäre es nie passiert. Das steht aber im Widerspruch zu allen anderen Berichten im 2. Buch Mose. Gottes Erscheinung in Herrlichkeit vor Mose zu vergeistigen und alles andere als historisch zu sehen ist kein ehrlicher Umgang mit dem Wort Gottes! Die klare Bedeutung dieses Abschnitts ist, dass Gott ein Gesicht und eine Hand hat und von hinten gesehen werden kann.
Andere Abschnitte der Bibel beschreiben Interaktionen zwischen den Menschen und Gott, der in leiblicher Gestalt erschienen war. In 1. Mose 18 isst Abraham mit Gott, der als Mann beschrieben wird (Vers 2). Am Berg Sinai aßen die Ältesten Israels in Gottes Gegenwart. Die Beschreibung dieser Begegnung ist eindeutig:
„Da stiegen Mose und Aaron, Nadab und Abihu und siebzig von den Ältesten Israels hinauf und sahen den Gott Israels. Unter seinen Füßen war es wie eine Fläche von Saphir und wie der Himmel, wenn es klar ist. Und er reckte seine Hand nicht aus wider die Edlen Israels. Und als sie Gott geschaut hatten, aßen und tranken sie“ (2. Mose 24,9-11). Der Befehlshaber „über das Heer des Herrn“ stand als Mann vor Josua, und Josua sollte seine Schuhe ausziehen, „denn die Stätte, darauf du stehst, ist heilig“ (Josua 5,13-15). Das war dieselbe Aufforderung wei bei Mose, als er Gott begegnete.
Es stimmt, dass einige Abschnitte der Bibel im poetischen bzw. metaphorischen Sinn zu verstehen sind. Mit Gottes „mächtiger Hand“ und „ausgestrecktem Arm“ beim Auszug aus Ägypten sind seine Macht gemeint (5. Mose 7,19), denn Gott hat die Israeliten nicht buchstäblich mit seiner Hand gepackt und übers Rote Meer gesetzt. Doch andere Stellen können nicht als metaphorisch abgetan werden, denn damit würde man die Glaubwürdigkeit der Heiligen Schrift allgemein in Frage stellen.
Unseren Standpunkt mit Überzeugung vertreten
Manche Christen tun sich schwer, wenn sie mit Zweifeln an den biblischen Aussagen in Bezug auf die Gestalt Gottes konfrontiert werden. Wir brauchen aber nicht vor denen einzuknicken, die den biblischen Bericht in Frage stellen. Laut Sprüche 28, Vers 1 ist der Gerechte „furchtlos wie ein junger Löwe“. Wenn es um die Wahrheit der Heiligen Schrift geht, brauchen wir uns niemals einschüchtern zu lassen.
Mit einem klaren Verständnis dessen, was die Bibel zu diesem Thema sagt – und nicht sagt –, und die Erkenntnis, dass wir nach der Auferstehung dieses Thema viel besser verstehen werden (1. Korinther 13,12), können wir etwaigen Fragen getrost entgegensehen.
Beispielsweise fragen sich einige, wie Gott eine Gestalt haben kann, wenn er selbst in Jeremia 23, Vers 24 fragt: „Bin ich es nicht, der Himmel und Erde erfüllt?“ Doch mit dieser Frage ist offensichtlich gemeint, dass Gott überall in seiner Schöpfung wirken kann, wie der Zusammenhang zeigt: „Bin ich nur ein Gott, der nahe ist, spricht der Herr, und nicht auch ein Gott, der ferne ist? Meinst du, dass sich jemand so heimlich verbergen könne, dass ich ihn nicht sehe?“ (Verse 23-24).
Die Antwort auf die Frage, die Gott stellt, finden wir in Psalm 139. In Vers 7 fragt David: „Wohin soll ich gehen vor deinem Geist, und wohin soll ich fliehen vor deinem Angesicht?“
Durch seinen Geist hat Gott stets Zugang zu dem hintersten Winkel seiner Schöpfung. So kann er alles wahrnehmen und überall präsent sein – durch denselben Geist, durch den er in bekehrten Christen lebt und wirkt (Römer 8,9).
Man mag fragen, warum Gott eine Gestalt haben muss. Dass wir Menschen eine Gestalt haben, könnte mit unseren körperlichen Bedürfnissen begründet werden: Wir brauchen Hände und Arme, um Gegenstände zu greifen. Wir brauchen einen Mund, weil wir auf Nahrung angewiesen sind.
Wenn Gott aber alles durch seinen Geist kann, warum braucht er Hände und Arme? Wenn Gott nicht auf Nahrung angewiesen ist, warum braucht er einen Mund?
Gott kann zwar essen, wenn er möchte (vgl. dazu 1. Mose 18,1-2. 8), wie der auferstandene Jesus Christus es tat, um den Jüngern zu zeigen, dass er kein Gespenst war (Lukas 24,41-43; Johannes 21,12-13). Doch Gott braucht nichts, um am Leben zu bleiben – er ist der ewige Gott! Der Schöpfer aller Dinge ist nicht auf seine Schöpfung beschränkt, wie wir Menschen es sind.
Darf Gott aber, der Raum und Zeit erschuf, nicht in seiner Schöpfung wohnen? Wer ein Haus baut, darf drin wohnen, wenn er möchte. Durfte Gott vor der Erschaffung des stofflichen Universums die Möglichkeit vorsehen, dass er in diesem Universum existieren kann?
Eigentlich ist die Frage müßig, ob Gott eine Gestalt haben muss. Darum geht es nicht, sondern um die Frage, ob die Bibel offenbart, dass Gott eine Gestalt hat. Und das offenbart sie!
Eine göttliche Offenbarung lässt sich jedoch nicht mit der Logik von Philosophen und Skeptikern vereinbaren. Dem entgegnet Paulus: „Es bleibe vielmehr so: Gott ist wahrhaftig und alle Menschen sind Lügner“ (Römer 3,4).
Wir können über die Details mancher Dinge spekulieren – über das Warum, Wann und Wie. Alle Spekulation ist aber den klaren Grenzen der biblischen Offenbarung unterstellt, die in der Furcht Gottes die Grundlage aller wahren Erkenntnis ist (Sprüche 1,7; 9,10).
Männer und Frauen nach dem Bild Gottes
Einige fragen, wie Männer und Frauen beide nach dem Bilde Gottes geschaffen worden sein können, da sie hinsichtlich ihrer Gestalt unterschiedlich sind. Unsere Glaubensbrüder in Frankreich würden dazu sagen: Vive la difference!
Auf diese Frage gibt die Bibel eine klare Antwort. Das Wort „Menschen“ in 1. Mose 1, Vers 26 ist im Hebräischen adam, was auch der Name des ersten Manns war: Adam. Dieser Vers sagt aber nicht aus, dass nur der Mann nach dem Bilde Gottes geschaffen wurde. Mit dem hebräischen Wort adam ist die Menschheit gemeint, nicht das männliche Geschlecht. Als Beweis sei die Bibelstelle in 4. Mose 31, Vers 35 erwähnt, in der 32.000 Mädchen als Menschen (adam) bezeichnet werden.
Mit adam sind also beide Geschlechter gemeint, und beide Geschlechter sind in 1. Mose 1, Vers 26 gemeint. Eine Bestätigung dafür finden wir in 1. Mose 5, Verse 1-2: „Als Gott den Menschen [adam] schuf, machte er ihn nach dem Bilde Gottes und schuf sie als Mann und Weib und segnete sie und gab ihnen den Namen Mensch [adam] zur Zeit, da sie geschaffen wurden.“
Die biblische Aussage ist eindeutig: Am sechsten Tag der Schöpfungswoche wurde adam nach dem Bilde Gottes erschaffen, und Gott nennt beide Geschlechter adam.
Die körperlichen Unterschiede zwischen Mann und Frau sind relativ gering im Vergleich zu den Unterschieden bei Arten in der Tierwelt. Die Wörter „Bild“ (tselem) und „gleich“ (demuwth) sind ausreichend umfassend für die Unterschiede in der menschlichen „Art“. Am Rande erwähnt, haben die Götzen menschlicher Gestalt, die Archäologen gefunden haben, oft hoffnungslos dünne Beine, mehrere Brüste, Bäuche in grotesker Größe usw., doch man erkennt, dass es sich um die menschliche Gestalt handelt. Interessant ist dabei, dass die Bibel solche Götzen Bilder nennt (tselem).
Stellen Sie sich den Blick auf eine Person durch ein Milchglas vor. Die Details mögen nicht klar ersichtlich sein, sodass man das Gesicht nicht sieht oder erkennt, ob es sich um einen Mann oder eine Frau handelt. Dennoch weiß man, dass es sich um einen Menschen und keinen Hund handelt! In ähnlicher Weise verschleiern die körperlichen Unterschiede zwischen Mann und Frau nicht die Tatsache, dass es sich in beiden Fällen um Menschen handelt. Und diese Menschen sind nach dem Bild Gottes geschaffen worden, ihm ähnlich!
Die Sichtweise ist ebenfalls die Antwort auf andere Fangfragen wie „Hat Gott einen Bauchnabel?“ oder „Sind behinderte Menschen, denen ein Glied fehlt, auch nach dem Bilde Gottes geschaffen worden?“ usw.
Eine Wahrheit mit gewichtigen Konsequenzen
Die Wahrheit hinsichtlich der Erschaffung der Menschheit ist, dass unsere Bestimmung mit einem unglaublichen Potenzial verknüpft ist. Gott erschuf uns als stoffliche Wesen, die seine Wesensart widerspiegeln, wenn auch auf eingeschränkte Weise.
Unsere moralische Entscheidungsfreiheit, unser Intellekt, unsere Emotionen und sogar unsere körperliche Gestalt sind Hinweise auf etwas Großartiges, das Gott für uns vorgesehen hat: Wir sollen seine göttlichen Kinder sein, die mit ihm in aller Ewigkeit leben werden.
Bei der Wiederkehr Jesu Christi werden wir verwandelt, damit wir Jesus in seiner Herrlichkeit sehen können. Dann werden wir ihm in Gestalt gleich sein (1. Johannes 3,2)! Paulus schrieb: „Und wie wir getragen haben das Bild des irdischen, so werden wir auch tragen das Bild des himmlischen“ (1. Korinther 15,49). Was für ein inspirierender Daseinszweck!
So gesehen ist unser jetziges, Gott ähnliches Erscheinungsbild in einem Sinn wie eine Vorausschau auf die Bestimmung, die erst im nächsten Leben verwirklicht wird. Das Wissen um diese Zukunft soll unsere Gedanken, Entscheidungen und Taten in diesem Leben beeinflussen.
Ein Beispiel ist Gottes Anweisung an Noah nach der Sintflut: „Wer Menschenblut vergießt, dessen Blut soll auch durch Menschen vergossen werden; denn Gott hat den Menschen zu seinem Bilde gemacht“ (1. Mose 9,6).
Das Töten eines Tieres ist nicht dasselbe wie das Töten eines Menschen, denn im Gegensatz zu den Tieren sind die Menschen nach dem Bild Gottes gemacht!
Gott verurteilt nicht nur das buchstäbliche Töten eines Menschen. Der Apostel Jakobus, der Bruder Jesu, verurteilt den Geist des Hasses, der durch unsere Worte zum Ausdruck kommt, in ähnlicher Weise:
„Mit ihr [der Zunge] loben wir den Herrn und Vater, und mit ihr fluchen wir den Menschen, die nach dem Bilde Gottes gemacht sind. Aus einem Munde kommt Loben und Fluchen. Das soll nicht so sein, liebe Brüder“ (Jakobus 3,9-10).
Wenn wir unseren Mitmenschen fluchen, über sie tratschen, Falsches über sie verbreiten oder unsere Zunge sonst wie eine Waffe gegen sie einsetzen, verstoßen wir gegen Jakobus’ Ermahnung, aber auch gegen Gottes Anweisung an Noah. Warum?
Weil wir einen Menschen, der nach dem Bild Gottes geschaffen wurde und das unglaubliche menschliche Potenzial hat, nicht „artgerecht“ behandeln. Stattdessen degradieren wir ihn!
Sieht man von der Erschaffung des Menschen nach dem Bild Gottes ab, so gibt es keinen Grund außer dem eigenen Vorteil oder leerer humanistischer Philosophie, unsere Mitmenschen gut zu behandeln. Warum sollte man mit den Menschen ehrlich und respektvoll umgehen, wenn man selbst mehr davon hat, sie zu betrügen und zu despektieren? In dem Tierreich überleben nämlich nur die Stärksten, und kein Tier schuldet irgendeinem anderen Tier irgendetwas.
Unsere Mitmenschen so sehen, wie Gott uns sieht
Doch wir sind keine Tiere, und Gott erwartet, dass wir unsere Mitmenschen durch seine Augen sehen. In dem Gesicht eines jeden Menschen auf Erden, ganz gleich welcher Nationalität, welchen Geschlechts, welchen Alters, welcher Rasse usw., ist ein Gesicht, das nach seinem eigenen Bild geschaffen wurde! Er sieht einen Menschen, für den Jesus Christus sein Leben opferte. Er sieht einen Menschen, der das Potenzial hat, als Angehöriger seiner Familie ewig mit ihm zu leben!
Wenn wir uns auf die Weise sehen, wie Gott uns sieht, gibt es keinen Raum für herabwürdigende Gedanken und Handlungen unseren Mitmenschen gegenüber. Ebenso gibt es keine Rechtfertigung für Minderwertigkeitsgefühle gegenüber anderen, denn das unglaubliche Potenzial, das Gott für uns vorgesehen hat, gilt allen Menschen. Das Bild Gottes in unseren Mitmenschen zu sehen hilft uns die Ermahnung des Apostels Paulus zu erfüllen: „Tut nichts aus Eigennutz oder um eitler Ehre willen, sondern in Demut, achte einer den andern höher als sich selbst“ (Philipper 2,3).
Letztendlich hilft uns die Selbsterkenntnis, dass wir, obwohl wir als stoffliche Wesen nach dem Bild Gottes geschaffen wurden, die wunderbare Bestimmung für unser Leben nicht aus eigener Kraft erreichen können. Wir sind nicht nach der Art der Tiere geschaffen worden, sondern nach der Art Gottes.
Diese Erkenntnis soll uns motivieren, Gott das in uns begonnene Werk zu Ende führen zu lassen (Philipper 1,3-6), denn ohne unsere Zustimmung und Mitwirkung können wir nicht in geistlicher Hinsicht vollständig nach seinem Bild geschaffen werden.
Wir können zuversichtlich sein, dass wir, wenn wir uns in diesem temporären physischen Leben Gottes Willen und seiner Führung unterordnen, eines Tages bei der Verwandlung von Fleisch und Blut in Geist das Wesen sehen werden, dessen Abbild wir bereits heute sind.
Eine Familie nach dem Bilde Gottes
Die Bibel offenbart, dass alle Menschen von Adam und Eva, den ersten beiden menschlichen Wesen, abstammen. Wir sind ihre erweiterte Familie. Dadurch, dass Adam direkt nach dem Bild Gottes geschaffen worden ist, war er ein Sohn Gottes (Lukas 3,38; vgl. dazu 1. Mose 5,1-3). Daher sind wir, weil wir von Adam abstammen, ebenfalls Gottes Kinder. Deshalb lesen wir in Apostelgeschichte 17, Vers 29, dass wir „göttlichen Geschlechts“ sind.
Aber Gottes Vorhaben geht weit über die Schaffung von sterblichen, vergänglichen menschlichen Wesen hinaus! Er ist dabei, „eine neue Schöpfung“ (2. Korinther 5,17; Einheitsübersetzung) zu formen und so der Vater seiner eigenen geistlichen Kinder zu werden – unsterbliche und unvergängliche Kinder, die von seiner eigenen Natur und seinem Charakter erfüllt sind.
Der Apostel Paulus erklärt diese neue Schöpfung, indem er den „alten Menschen . . ., der sich durch trügerische Begierden zugrunde richtet“, dem „neuen Menschen . . ., der nach Gott geschaffen ist in wahrer Gerechtigkeit und Heiligkeit“ (Epheser 4,22-24), gegenüberstellt. Damit beschreibt Paulus eine dringend notwendige geistliche Transformation des Menschen. Das erfordert zuerst einen Wandel im Wesen und Charakter. Dem folgt die Auferstehung – eine völlige Metamorphose in ein verherrlichtes Geistwesen mit ewigem Leben.
Gott vollbringt diese Transformation durch die Kraft des heiligen Geistes. Ein biblischer Begriff für diese Transformation ist das Heil. Paulus beschreibt diejenigen, die das Heil als die Kinder Gottes erlangen werden:
„Der Geist [Gottes heiliger Geist] selbst gibt Zeugnis unserm Geist [unserem individuellen menschlichen Geist], dass wir Gottes Kinder sind. Sind wir aber Kinder, so sind wir auch Erben, nämlich Gottes Erben und Miterben Christi, wenn wir denn mit ihm leiden, damit wir auch mit zur Herrlichkeit erhoben werden“ (Römer 8,16-17).
Gott sagt uns auch: Ich werde „euer Vater sein und ihr sollt meine Söhne und Töchter sein, spricht der allmächtige Herr“ (2. Korinther 6,18). Durch die physische Schöpfung sind Männer und Frauen Gottes Kinder. Genauso können beide Geschlechter durch einen geistlichen Prozess zu Gottes geistlichen Kindern werden.
Können wir die Bedeutung dieser inspirierten Aussage von Paulus erfassen? Sie erklärt, warum wir hier sind – den wahren Grund unserer Existenz, wozu wir geboren wurden. Sie gibt dem Leben selbst einen Sinn. Gott, so sagt uns die Bibel, erschafft eine Familie – seine eigene Familie. Wir haben die unschätzbare Gelegenheit, Teil dieser Familie zu werden, der Familie Gottes! Diese familiäre Beziehung, bei der wir Kinder von Gott, dem Vater, werden, ist der Kern von Gottes unglaublichem Plan für die ganze Menschheit!