In meiner Kindheit spielte ich gerne mit kleinen Holzbooten. Mit der Zeit aber erkannte ich, daß ich mich nicht wie sie der Gnade der Strömung aussetzen wollte.
Von Robert Berendt
In meiner Kindheit war eine meiner Lieblingsbeschäftigungen im Frühling, kleine Boote aus Holz zu fertigen. Sie bekamen ein Segel aus einem Zahnstocher und einem Stück Papier, und dann ließ ich sie den Bach hinuntersegeln. Manchmal setzte ich mein kleines Boot auch auf einer Pfütze aus und sah zu, wie der Wind es hin und her drehte. Zu meiner Zeit schienen viele Jungen Gefallen an dieser Art Spiel zu haben.
Ich konnte zusehen, wie die Strömung das kleine Boot hin und her trieb und so ziemlich alles mit dem Spielzeug machen konnte. Nie wußte ich im voraus, wo das Holzboot landen würde. Manchmal lief ich dem Bötchen flußabwärts hinterher, um es immer wieder davor zu retten, in einem Strudel zu versinken oder am Ufer zu stranden. Die Kraft der Strömung und des Windes und die große Hilflosigkeit des kleinen Bootes übten eine große Faszination auf mich aus.
Ohne Ziel einfach dahin zu treiben hat mir nie gefallen. Ich glaube, daß diese Erfahrungen mit meinen kleinen Holzbooten meinen Charakter formten, ohne daß es mir selbst bewußt wurde. Ich wollte nicht so dahintreiben wie die kleinen Boote. Das Schicksal sollte mein Leben nicht bestimmen. Die Laune anderer sollte nicht darüber verfügen, was ich sein oder nicht sein sollte. Ich wollte mein Schicksal, so gut ich es konnte, selbst in die Hand nehmen.
Mein Bedürfnis nach einem klar definierbaren Ziel und die Mittel, um dieses Ziel zu erreichen, haben schon immer meine Entscheidungen beeinflußt. Ich lernte, daß man auf den Mond zielen, dabei das Ziel aber verfehlen und trotzdem hoch oben auf einer Wolke landen konnte.
Die Wolke war viel höher als der Boden, auf dem alle anderen liefen. Meine Beobachtungen von Tieren und ihren Vorbereitungen auf den Winter halfen mir auch, gezielt nach vorne zu schauen und nicht nur zufällige Entscheidungen zu treffen, wie sie gerade zu meiner momentanen Stimmung paßten. König Salomo wies diesbezüglich ebenfalls auf das Beispiel der Natur hin: „Geh hin zur Ameise, du Fauler, sieh an ihr Tun und lerne von ihr! Wenn sie auch keinen Fürsten noch Hauptmann noch Herrn hat, so bereitet sie doch ihr Brot im Sommer und sammelt ihre Speise in der Ernte“ (Sprüche 6,6-8).
In der Wüste wandern
Psalm 107 enthält eine der wichtigsten Botschaften bezüglich des Dahintreibens, die ich in der Heiligen Schrift gefunden habe. Dieser Psalm beschreibt ein geistliches Leben im Kampf mit starken äußeren Kräften. Es scheint sich hierbei um eine zielloses, geistliches Dahintreiben zu handeln. Vers 2 deutet daraufhin, daß es um Menschen geht, die von Gott berufen wurden. Sie werden als Menschen beschrieben, die sich vor ihrer Berufung haben treiben lassen.
Die ganze Menschheit befindet sich auf stürmischer See. Wir können ehrlich sagen, daß wir, so sehr wir es auch versuchen, das Boot nicht in friedlichere Gewässer lenken können. Es gelingt uns nicht, mit dem Boot in eine friedliche Richtung zu segeln, glücklicheren und besseren Zeiten entgegen. Es scheint, daß es Zeiten gibt, in denen die Menschheit in die richtige Richtung geht. Wir erkennen dies an dem Fortschritt, einem starken Familienleben und Frieden. Es dauert aber nicht lange und schon bald kommt ein Wind auf, und ein Land nach dem anderen wird von dem Wirbel der Weltereignisse erfaßt, die so oft beunruhigend und verheerend sind.
Verse 6 und 9 beschreiben, wie Gott die Gruppe der Berufenen aus Vers 2 führt und ihr hilft. Der Großteil der Menschheit nimmt das Ruder, das Gott anbietet, aber nicht wahr. Die einzige Hilfe, die wir haben können, wurde abgelehnt. Der Mensch sinkt dann in die Tiefen der Verzweiflung und des Zorns zurück. Wir wollen einfach nicht, daß uns jemand sagt, was wir tun sollen.
In Wirklichkeit aber geht es einzig und allein darum, wer uns sagt, was wir tun sollen. Wenn der Mensch nicht Gott folgt, wird er der einzig anderen Kraft folgen, die ihn beeinflußt. Und das ist die Verführung Satans. Auch wenn wir meinen, daß wir unseren eigenen Plänen und Gedanken folgen, werden wir doch unbewußt von dem bösen Wesen geleitet und verführt, das viel intelligenter und verschlagener ist als wir Menschen. Verse 17 und 18 beschreiben die Torheit derjenigen, die die Wahrheit, die Gott anbietet, abgelehnt haben. Diese sind dem Tod nahe und meinen, sie hätten das Leben gefunden.
Der breite Weg
Jesus Christus weist uns in Matthäus 7, Verse 13-14 darauf hin, daß der Weg, der zum Tod führt, breit und leicht zu bereisen ist: „Geht hinein durch die enge Pforte. Denn die Pforte ist weit, und der Weg ist breit, der zur Verdammnis führt, und viele sind’s, die auf ihm hineingehen. Wie eng ist die Pforte und wie schmal der Weg, der zum Leben führt, und wenige sind’s, die ihn finden!“
Es scheint nur so, als ob wir alles unter Kontrolle hätten, genauso wie bei dem kleinen Holzboot, das auf einem großen Fluß schwimmt. Die Strömung zieht es nicht auf die Felsen oder eine Sandbank, denn der Fluß ist groß genug, daß nichts die Reise unseres kleinen Spielzeugs behindern kann. Jegliche Gefahr scheint weit entfernt zu sein.
Es ist wie bei einem kleinen Holzstück, das den Fluß zu den Niagarafällen hinuntergleitet. Die Strömung ist stark und scheint das Holzstückchen schnell aber ruhig vor sich hinzuschieben. Plötzlich aber ertönt das laute Brausen der Wasserfälle, und dann ist es für jedes Eingreifen zu spät.
Ich glaube nicht, daß Menschen einfach sterben wollen, aber die Richtung, die einige einschlagen, führt zu einem frühen Tod. Ein befreundeter Polizist sagte mir einmal, daß die durchschnittliche Lebenserwartung eines Teenagers, der Drogen nimmt, noch nicht einmal 30 Jahre beträgt. Von dem Zeitpunkt des ersten Drogenkonsums bis zum Tod sind es oft nur zehn Jahre oder weniger. Was für eine Tragödie! Jesus lehrte, daß nur wenige den schmaleren Weg finden – den Weg, der zum Leben führt und auf dem wenige unterwegs sind.
Zurück nun zu Psalm 107. Vers 25 beschreibt eine stürmische See und starke Winde, die Gott kontrolliert. Er ist der Töpfer und Lenker unserer Bestimmung (Römer 9,15-26). Das Schicksal der Menschheit liegt Gott sehr am Herzen. Deshalb können wir sicher sein, daß er jedes kleine Boot, das dahersegelt, genau beobachtet. Diejenigen, die ziellos dahindriften, werden eines Tages gerettet werden. Der Schöpfergott wird sie aus allen Himmelsrichtungen einsammeln.
Verse 26 und 30 sind sehr ermutigend. Es wird beschrieben, wie der Mensch in viele Schwierigkeiten gerät, wenn er der Gnade eines Sturms ausgesetzt ist. Gute Segler wissen, daß sie gegen den Sturm ankämpfen müssen. Doch selbst dann können sie nur mit einem guten Ruder und der Kraft einer Maschine oder eines Segels die Kontrolle behalten. Dahin zu driften bedeutet die sichere Katastrophe. Ich liebe die Worte von Vers 30: „Er führte sie in den ersehnten Hafen“ (Elberfelder Bibel).
Die Ewigkeit im Herzen
Gott hat jedem Menschen eine Hoffnung und den Wunsch eingegeben, für immer zu leben. Wir verstehen nicht immer warum, aber das Leben eines Menschen unterscheidet sich so sehr von anderen Kreaturen, daß wir uns nur wundern können, wie so komplexe Angelegenheiten wie Denken, Lernen, Hoffnung und Angst je entstanden sind.
In dem Buch Prediger bekommen wir einen kleinen Einblick von diesem Wunsch, wenn die Bibel uns sagt, daß Gott die „Ewigkeit“ in das Herz gelegt hat: „Er hat alles schön gemacht zu seiner Zeit, auch hat er die Ewigkeit in ihr Herz gelegt; nur daß der Mensch nicht ergründen kann das Werk, das Gott tut, weder Anfang noch Ende“ (Prediger 3,11; Hervorhebung durch uns).
Das bedeutet freilich nicht, daß der Mensch ewig lebt bzw. eine unsterbliche Seele hat. Statt dessen geht es um die Hoffnung von der Ewigkeit, die in uns allen steckt, denn wir werden des Erlebens nie müde: „Das Auge sieht sich niemals satt, und das Ohr hört sich niemals satt“ (Prediger 1,8).
Höchstwahrscheinlich ist das der Grund, warum jede Kultur einen religiösen Glauben besitzt. So unterschiedlich die Religionen auch sind, lehren die meisten doch eine Art Leben nach dem Tod. Gott bietet uns das Geschenk des ewigen Lebens an. Das ist das Ufer, zu dem er diejenigen führt, die seiner Hand folgen.
Die letzten fünf Verse von Psalm 107 erzählen von dem Einfluß Gottes in unserem Leben. Er wird nicht zulassen, daß sein Volk zerstört wird. Er nimmt uns nicht aus der stürmischen See heraus, aber er gibt uns das Ruder und die Kraft, um sein Volk durch den Sturm in den sicheren Hafen zu lenken.
Ein Segler entwickelt seine Fähigkeiten und Stärke, indem er auf stürmischer See segelt. Ein ruhiges Gewässer kann ihm nicht so viel beibringen. Ohne Ziel dahin zu driften oder wenn das Ruder oder die Maschinen- bzw. die Segelkraft verloren gehen, führt oft in die sichere Katastrophe oder sogar in den Tod. Vers 43 weist darauf hin, daß der Weise diese Dinge beobachtet und die Güte Gottes versteht: „Wer ist weise und behält dies? Der wird merken, wieviel Wohltaten der Herr erweist.“
Vielleicht war es eine gute Sache, als Kind kleine Holzbötchen gebaut zu haben, die der Flußströmung oder dem Wind ausgesetzt waren. Es zeigte mir das Ergebnis des ziellosen Dahindriftens und bewies mir die Notwendigkeit einer Leitung. Die Wahrheit, wie Gott sie definiert, ist eine Leitung, die wir alle benötigen. Gott verspricht, wenn wir genau beobachten, wenn wir suchen und anklopfen, dann wird er antworten: „Denn wer da bittet, der empfängt; und wer da sucht, der findet; und wer da anklopft, dem wird aufgetan“ (Matthäus 7,8).
Die Bibel ist die Quelle dieser Wahrheit. Nutzen wir sie! Ihre Unterweisung und Ermahnung dienen uns wie ein Ruder, damit wir uns nicht wie ein Boot ohne Ziel in der gewaltigen Strömung des Lebens einfach treiben lassen.