Unsere schnellebige Welt ist weit von den staubigen Straßen entfernt, auf denen Jesus Christus vor 1900 Jahren wandelte. Kann er wirklich unsere Sorgen verstehen?

Von der Redaktion

Die Bibel sagt uns, daß Jesus mit „unseren Schwächen mitfühlen“ kann und daß er so wie wir auf jede Weise geprüft wurde (Hebräer 4,15). Wir wissen aber auch, daß er nicht verkrüppelt oder behindert war. Er wurde nicht sehr alt. Außerdem kannte er keine Arbeitslosigkeit. Er mußte nie mit einer kleinen Rente auskommen. Er zog auch nie in den Krieg und er ist nie Opfer moderner Umweltverschmutzung oder von Krankheiten geworden.

Wie kann Jesus also die Schwierigkeiten und Herausforderungen, die an uns gestellt werden, verstehen?

Kann ein 33jähriger, alleinstehender Mann, dem „Legionen von Engeln“ unterstellt waren (Matthäus 26,53), die Bedürfnisse einer Frau verstehen? Wie sieht es mit dem Trauma einer Scheidung aus? Weiß Jesus, wie es ist, wenn jemand vor dem Konkurs steht oder nur mit Sozialhilfe auskommen muß?

Wie sieht es mit all den Versuchungen und Problemen aus, mit denen wir täglich zu kämpfen haben? Jesus lebte nicht in einer Gesellschaft wie der unseren – mit Satellitenfernsehen, Videospielen und „intelligenten“ Bomben. Wenn wir mit Zuversicht vor den Gnadenthron treten sollen (Hebräer 4,16), wie können wir dann sicher sein, daß Jesus versteht, was wir erleiden?

Schließlich ist er der auferstandene Sohn Gottes – ein unsterbliches Wesen. Wir hingegen sind schwache, sterbliche Menschen. Wenn Jesus nie die menschlichen Schwächen erfuhr, die wir heute durchleben, wie kann er dann als Vermittler vor dem Vater unsere persönlichen Bedürfnisse verstehen und diese „glaubhaft“ vortragen (Hebräer 7,25)?

Die Erklärung des Apostels Paulus, daß wir in unserer Prüfung nicht allein sind, kann tröstlich sein (1. Korinther 10,13). Wenn man mit anderen Christen zusammenkommt, erfährt man, daß sie ähnliche Erfahrungen durchmachen (2. Korinther 1,3-6). Das verbindet und stärkt. Trotzdem muß jeder von uns mit seinen eigenen Problemen fertig werden und seinen eigenen Schmerz tragen. Wir meinen oft, daß kein anderer Mensch unsere Situation richtig verstehen kann.

Vielleicht fragen wir uns, ob Gott unseren Schmerz nachempfinden kann. Kann Gott die Tiefe der menschlichen Verzweifelung verstehen? Der Apostel Petrus schrieb, daß Jesus Christus für uns litt und uns ein Beispiel war (1. Petrus 2,21). Auf welche Weise führte Jesus den Weg an? Welche Zuversicht können wir haben, daß er die persönlichen Leiden eines jeden von uns kennt? Lesen Sie weiter, um die einzigartigen Prüfungen Jesu schätzen zu lernen und Trost in ihnen zu finden.

Erschöpfung und körperliche Einschränkungen

Kann Jesus die Grenzen des menschlichen Körpers verstehen? Jesaja schrieb, daß Christi äußere Erscheinung ihn nicht gerade attraktiv und begehrenswert aussehen ließ (Jesaja 53,2). Anscheinend sah er durchschnittlich aus und manchmal war er sehr, sehr erschöpft. Er ruhte sich am Brunnen von Samarien aus, weil er müde und durstig war (Johannes 4,6-7).

Wie jeder andere Mensch brauchte er Zeit, um sich von dem Streß der schweren Verantwortung zu erholen, denn das Gewicht der ganzen Welt lag auf seinen Schultern. Nach Zeiten voller hektischer Aktivitäten zog er sich in die Einsamkeit zurück, um sich zu erholen und zu erfrischen (Markus 6,31).

Unsere ungerechte Gesellschaft heute

Kann Jesus Christus das Leben von heute verstehen? Die Plagen der Ungerechtigkeit, Kriminalität und der von einer fernen Regierung auferlegten Bürden waren genauso ein Teil seiner Welt, wie sie es heute sind. Sein Leben wurde von einem unterdrückenden System bestimmt, das sich durch törichte Gesetze und Regeln auszeichnete.

Jesus kannte die Last hoher Steuern und den Stachel des Rassismus. Er lebte in Judäa unter der Besatzungsmacht des mächtigen Römischen Reiches, welche die Bevölkerung als unterdrücktes Volk behandelte und seine Gesetze brutal durchsetzte. Eine römische Anordnung sah vor, daß Juden jederzeit befohlen werden konnte, das Gepäck eines römischen Soldaten eine Meile weit zu tragen. Simon von Kyrene wurde aus der Menge herausgegriffen. Er mußte den Holzpfahl tragen, an dem Jesus gekreuzigt werden sollte. Jesus war durch die Geißelung zu geschwächt, um den Pfahl selbst tragen zu können (Matthäus 27,32).

Jesus ermutigte seine Nachfolger, diese Regel nicht nur zu befolgen, sondern darüber hinaus zu gehen. Indem sie die Last zwei Meilen weit trugen, würden sie jemandem anderen die Last einer Meile abnehmen und die goldene Regel erfüllen, etwas für jemanden zu tun, was man sich selbst wünschen würde (Matthäus 5,41; Lukas 6,31).

Jesus sprach auch von der scheinheiligen Haltung der religiösen Führer seiner Zeit: „Auf Moses Lehrstuhl haben sich die Schriftgelehrten und die Pharisäer gesetzt. Alles nun, was sie euch sagen, tut und haltet; aber handelt nicht nach ihren Werken! Denn sie sagen es und tun es nicht“ (Matthäus 23,2-3; Elberfelder Bibel).

Er wurde persönlich beleidigt, indem er als uneheliches Kind bezeichnet wurde: „Wir sind nicht durch Hurerei geboren“ (Johannes 8,41; Elberfelder Bibel).

Familienkonflikte und Beziehungsprobleme

Viele unserer Probleme haben mit Familienbeziehungen oder mit Beziehungen zu engen Freunden zu tun. Wir müssen versuchen, mit Menschen auszukommen, mit denen wir täglich umgehen: Kollegen, Angestellten, Nachbarn und Lehrern. Manchmal ist das gar nicht so einfach.

Jesus hatte gleiche Schwierigkeiten. Seine eigenen Brüder glaubten nicht an ihn (Johannes 7,5). Er hatte eine Schar unerfahrener Jünger um sich versammelt, die ihn manchmal mit ihrer Eitelkeit und Sucht nach Anerkennung auf die Nerven gingen (Lukas 9,46).

Die etablierte religiöse Gemeinschaft kritisierte ihn für seinen Mangel an formeller Bildung: „Und die Juden verwunderten sich und sprachen: Wie kann dieser die Schrift verstehen, wenn er es doch nicht gelernt hat?“ (Johannes 7,15; alle Hervorhebungen durch uns). Weil er von der kleinen Stadt Nazareth in Galiläa kam, mußte Jesus Spott ertragen. Selbst einer seiner zukünftigen Jünger fragte zweifelnd, als er hörte, wo Jesus aufgewachsen war: „Und Nathanael sprach zu ihm: Was kann aus Nazareth Gutes kommen!“ (Johannes 1,46).

In der Stunde seiner größten Trübsal verließen ihn seine engsten Freunde. Im Garten von Gethsemane flohen seine Jünger, als sie sahen, daß Jesus gefangengenommen werden würde. Sie ließen ihn mit den religiösen Autoritäten und ihren Soldaten allein: „Zu der Stunde sprach Jesus zu der Schar: Ihr seid ausgezogen wie gegen einen Räuber mit Schwertern und mit Stangen, mich zu fangen. Habe ich doch täglich im Tempel gesessen und gelehrt, und ihr habt mich nicht ergriffen. Aber das ist alles geschehen, damit erfüllt würden die Schriften der Propheten. Da verließen ihn alle Jünger und flohen“ (Matthäus 26,55-56).

Am nächsten Tag waren viele seiner Jünger zu ängstlich, um in der Öffentlichkeit gesehen zu werden, als er geschlagen und gekreuzigt wurde. „Aber alle seine Bekannten standen weitab“ (Lukas 23,49).

Wie stand es mit den Beziehungen zu anderen Menschen? Kann Jesus Eheprobleme verstehen, wenn er nie verheiratet war? Tatsächlich kann er es. Als das Wort Gottes vor seiner Menschwerdung (Johannes 1,1. 14) war Jesus symbolisch mit der Nation Israel verheiratet: „Wieder kam ich an dir vorüber, und ich sah, daß du zur Liebe reif warst. Da nahm ich dich zur Frau ... Ich schwor dir Treue und schloß den Bund fürs Leben mit dir, ich der Herr. So wurdest du mein“ (Hesekiel 16,8; Gute Nachricht Bibel). Sie war eine selbstsüchtige, untreue Ehefrau, die ihm sehr viel Unglück und Trauer zufügte (Jeremia 3,6-14). Er ist nicht nur bereit, sie zurückzunehmen, sondern wird sie eines Tages wieder empfangen – wenn sie bereut und eine treue Braut sein möchte.

Krankheit und Schmerzen

Kann Jesus den physischen und psychologischen Schmerz von Kindesmißhandlung, Vergewaltigung, Krankheiten und Behinderungen verstehen?

Manche Menschen sind schwer krank oder leiden an den Folgen eines Unfalls. Christus versteht die Tiefen ihrer Leiden. Die Evangelien berichten, daß er in den letzten Stunden seines menschlichen Lebens falsch beschuldigt, verspottet, verflucht, angespuckt und ins Gesicht geschlagen wurde. Vor seiner Kreuzigung erlitt er eine brutale Geißelung, die die Römer „den halben Tod“ nannten.

Der Prophet Jesaja sagt uns über Jesus: „Wie sich viele über dich entsetzt haben – so entstellt war sein Aussehen, mehr als das irgendeines Mannes, und seine Gestalt mehr als die der Menschenkinder“ (Jesaja 52,14). Anscheinend war Jesus nach der schrecklichen Geißelung kaum noch als Mensch zu erkennen.

Hatte er als Gott in Menschengestalt den krankhaften Wunsch, Schmerzen zu fühlen und sich peinigen zu lassen? Nein. Er war ein Mensch wie wir und wollte den Schmerz der Kreuzigung nicht fühlen. Er blieb aber Gottes Plan treu und gehorchte, weil sein Tod für unsere Erlösung notwendig war (Matthäus 26,39. 42).

Kummer und Pein

Sind Sie jemals von einem Bekannten bestohlen, ohne Prozeß verurteilt oder von einem Freund verraten worden? Wurde Ihr Geld jemals von einem engen Geschäftspartner veruntreut? Jesus hat all diese Dinge erlebt.

Einige mögen aber sagen: „Nun, Jesus hat nie so etwas erlitten, wie ich es durchmache.“ Die beste Antwort darauf wäre vielleicht, daß Jesus in den 33 Jahren seiner menschlichen Existenz mehr durchmachte, als die meisten Menschen, die je gelebt haben. Er überlebte mehrere Mordversuche. Eine Dornenkrone bohrte sich in seinen Schädel, er wurde ausgepeitscht und gekreuzigt und gab freiwillig sein Leben, um für die Sünden anderer zu bezahlen.

Ein paar Menschen haben ähnliche Unwürdigkeiten erlitten. Die Römer sollen einmal 6000 Menschen gekreuzigt haben. Im Gegensatz zu Jesus hat aber niemand je ohne Sünde gelebt. In diesem Punkt überragt Jesus alle anderen: ein echter 33jähriger Mann aus Fleisch und Blut, der nie gesündigt hat, nicht ein einziges Mal.

Als der Schöpfer aller Dinge und der Menschheit hat Gott immer wieder seine Gefühle darüber offenbart, was Menschen anderen Menschen antun können. Dies tat er sogar schon, bevor Jesus Gott in Fleisch wurde. Genauso wie er vor der Flut „bekümmert in seinem Herzen“ war (1. Mose 6,6), können wir auch wissen, daß Jesus um den Zustand unserer Welt trauert.

Wenn Sie mit einigen dieser Beispiele mitfühlen können, dann kann ich Ihnen versichern, daß Sie einen treuen Hohenpriester haben, der dieses irdische Leben vor Ihnen durchlebt hat. Er weiß, was es bedeutet, zu leiden. Er ist sehr qualifiziert, die Tiefen unserer persönlichen, privaten Leiden vor dem Vater zu vertreten.

Christus meinte seine Worte ernst, als er in seinem Wort sagte: „Kommt her zu mir, alle, die ihr mühselig und beladen seid; ich will euch erquicken. Nehmt auf euch mein Joch und lernt von mir; denn ich bin sanftmütig und von Herzen demütig; so werdet ihr Ruhe finden für eure Seelen. Denn mein Joch ist sanft, und meine Last ist leicht“ (Matthäus 11,28-30).

Sie können mit Zuversicht vor Gott treten und dabei wissen, daß mit jedem Schmerz, den Sie leiden, Jesus Christus als Hohepriester, zuhört, weiß und versteht, wie Sie fühlen. Der Autor des Hebräerbriefs stellt dazu fest: „Weil wir denn einen großen Hohenpriester haben, Jesus, den Sohn Gottes, der die Himmel durchschritten hat, so laßt uns festhalten an dem Bekenntnis. Denn wir haben nicht einen Hohenpriester, der nicht könnte mit leiden mit unserer Schwachheit, sondern der versucht worden ist in allem wie wir, doch ohne Sünde. Darum laßt uns hinzutreten mit Zuversicht zu dem Thron der Gnade, damit wir Barmherzigkeit empfangen und Gnade finden zu der Zeit, wenn wir Hilfe nötig haben“ (Hebräer 4,14-16).