Wie führt Demut zum Erfolg? Unsere Beispiele veranschaulichen Gottes Sichtweise.

Von Todd Carey

Sammy Morris war ein bescheidener junger Mann aus Afrika, der als Student in die USA kam. Der Weg, den er sich ausgesucht hatte, war nicht einfach, aber das hielt ihn nicht vom angestrebten Erfolg ab.

Als Sammy an der Taylor University in Upland, Indiana ankam, um sich als Student einzuschreiben, fragte ihn der Universitätspräsident, welches Zimmer er sich für seine Unterbringung wünschte. Sammy antwortete: „Wenn es ein Zimmer gibt, das sonst keiner haben möchte, bin ich damit sehr zufrieden.“ Später beschrieb der Präsident seine Reaktion auf diese Antwort: „Ich drehte mich von dem jungen Mann ab, da sich meine Augen mit Tränen füllten. Ich fragte mich, ob ich bereit wäre, etwas anzunehmen, was sonst niemand haben möchte.“

Die Frage, die sich der Präsident der Taylor University stellte, ist eine gute Frage für alle Christen. Wir können uns ehrlich fragen, ob wir bereit wären, eine nicht so schöne Unterkunft zu akzeptieren, um dadurch anderen den Vorzug zu geben. Die menschliche Natur neigt eher dazu, sich den „bequemsten Sessel“ im Haus auszusuchen.

Wie oft sehen wir eine Sportveranstaltung oder eine Unterhaltungssendung im Fernsehen und erleben, wie die Kameras die Prominenz zeigen, die gewöhnlich die besten Zuschauerplätze haben? Beim Fußballspiel ist es die bequeme Loge mit einem hervorragenden Blick auf das gesamte Spielfeld, oder es sind Plätze in der ersten Reihe bei der Unterhaltungssendung.

Der Wunsch, die „besten Plätze“ zu haben, beschränkt sich nicht allein auf Sport- und Unterhaltungsveranstaltungen. Haben Sie jemals beobachtet, wie es beim Einkaufen oft so ist, daß die Parkplätze in der Nähe des Eingangs zum Supermarkt die begehrtesten sind? Von dort aus sind es nur wenige Schritte zum Eingang.

Die weiter entfernten Plätze sind weniger begehrt, und die Plätze ganz am Rande des Parkplatzes können sogar unbenutzt bleiben, es sei denn, daß die Angestellten angewiesen sind, dort zu parken. Die menschliche Natur sagt sinngemäß: „Ich schaue zuerst nach mir selbst, und erst dann mache ich mir Gedanken um andere.“

Ob es die Unterhaltungsindustrie oder der Sport ist, „Größe“ wird anders definiert als in der Bibel. Beliebtheit, Geld, Siege und gutes Aussehen sind einige der Maßstäbe, die in unserer Gesellschaft angelegt werden. Wer wirklich „erfolgreich“ ist und zum Star aufsteigt, genießt oft einen besonderen Status, obwohl solche Leute nicht immer die besten Vorbilder sind.

Was ist wahre Größe, und wie erlangt man sie? Gibt es eine Formel, die man anwenden kann? Obwohl er es wahrscheinlich gar nicht wußte, handelte Sammy Morris wie einer der „Großen“, als er bereit war, anderen den besseren Teil zu überlassen.

Jesus demütigte sich

Es gibt kein besseres Vorbild der Größe als das unseres Retters und Königs, Jesus Christus. Vor seiner Menschwerdung war Jesus Gott, das „Wort“ des Alten Testamentes (Johannes 1,1. 14). Kurz vor seiner Verhaftung bat Jesus seinen himmlischen Vater, ihm die Herrlichkeit wiederzugeben, die er vor seiner Menschwerdung hatte: „Und nun, Vater, verherrliche du mich bei dir mit der Herrlichkeit, die ich bei dir hatte, ehe die Welt war“ (Johannes 17,5).

Um uns zu dienen, erniedrigte sich Jesus und kam als Mensch zur Erde, von einer menschlichen Mutter geboren. Wie jedes andere Baby war Jesus völlig auf seine „Eltern“ angewiesen, und er war ihnen auch untertan. Seine demütige Haltung gegenüber seinen Eltern zeigte sich z. B., als er ca. zwölf Jahre alt war und beim Frühlingsfest im Tempel Fragen stellte. Seine Eltern fanden ihn dort, „und er ging mit ihnen hinab und kam nach Nazareth und war ihnen untertan“ (Lukas 2,51). Jesus wußte, warum er geboren war, und mußte „in dem sein, was seines Vaters“ war (Vers 49). Trotzdem war er seinen Eltern untertan.

Jesus Christus, der größte Lehrer, der jemals auf dieser Erde lebte, scheint ein ganz normales Leben als Kind geführt zu haben. In den Augen der Nachbarn und Verwandten war er nur der Sohn eines Zimmermanns und kein angesehener Mensch wie der Hohepriester oder ein Rabbiner. Obwohl Christus „alle Gewalt im Himmel und auf Erden“ gegeben wurde (Matthäus 28,18), lebte er eine Art Größe vor, die seinen eigenen Jüngern völlig unbekannt war.

Jesus war bereit, Gespräche mit Menschen zu führen, denen die Pharisäer total aus dem Weg gingen. Die Samariter wurden als „Hunde“ beschimpft, Zöllner galten als Untermenschen, und Menschen mit körperlichen Gebrechen wurden geschnitten. Den Pharisäern galten alle diese Menschen als Sünder.

In einem Fall erlebte Jesus einen Leprakranken, der in den Augen einiger wahrscheinlich eine Art wandelnder Toter war. Jesus erniedrigte sich vor den Menschen, die so dachten, um dieser unglücklichen Person zu helfen: „Und siehe, ein Aussätziger kam heran und fiel vor ihm nieder und sprach: Herr, wenn du willst, kannst du mich reinigen. Und Jesus streckte die Hand aus, rührte ihn an und sprach: Ich will’s tun; sei rein! Und sogleich wurde er von seinem Aussatz rein“ (Matthäus 8,2-3).

Jesus erwartete keine Belohnung für diese Hilfeleistung. Ihm ging es nur darum, dem Kranken zu helfen. Wahrscheinlich war der Mann arm, und so hatte er nichts, womit er auf materielle Weise Christus danken konnte. Die Heilung läßt sich freilich nicht bezahlen! Christus ging es auch nicht darum, die Anerkennung der Menschen zu erlangen, und immer wieder betonte er dieses Prinzip gegenüber seinen Jüngern.

Das Richtige in solchen Situationen zu tun bedeutet oft eine undankbare oder schwierige Aufgabe. Es kann bedeuten, eine Verpflichtung auf sich zu nehmen, die anderen Menschen Unbehagen bereiten würde.

Pflege für Kevin

Ich arbeitete früher in einer privaten Anstalt für geistig behinderte, geisteskranke und autistische Kinder. In dieser Zeit war es dreimal die Woche meine Aufgabe, Kevin zu wecken. Kevin war ein autistischer Teenager, der nicht kommunizierte, und er tat sehr wenig, um seine soziale Geschicklichkeit zu verbessern. Jeden Morgen konnte ich mich darauf verlassen, daß Kevin seine Erwachsenenwindeln voll hatte und daß ich ihn deshalb waschen und für die Schule anziehen mußte.

Ich möchte nicht die unangenehmen Details dieser Aufgabe schildern, aber es war gelegentlich eine undankbare Aufgabe. In der Anstalt gab es Kollegen, die Kevin nur dann anfaßten, wenn er sauber war. Einige der Mitarbeiter der Nachtschicht weckten ihn nicht wie vorgesehen um 2.00 Uhr, um ihn auf die Toilette zu bringen. Sie überließen diese Aufgabe lieber der Morgenschicht.

Warum erzähle ich diese Geschichte? Weil wir auch Menschen in unseren Gemeinden haben, denen die soziale Geschicklichkeit oder die emotionale Ausgeglichenheit fehlt. Wir wissen von vornherein, daß wir, wenn wir uns mit ihnen abgeben, sehr viel Zeit opfern werden und ihnen dabei wahrscheinlich gar nicht richtig helfen können. Es wäre viel einfacher, diese Aufgabe anderen zu überlassen, während wir unsere Zeit mit denen in der Gemeinde verbringen, die uns mögen und umgekehrt. Ich muß gestehen, daß meine innere Einstellung an einigen Tagen genauso besudelt war wie Kevins Schlafanzug. An solchen Tagen wollte ich nicht die Aufgabe übernehmen, die andere mir überlassen hatten. Ich tat es dennoch, weil es das Richtige war.

Jesus war willens, Menschen zu „waschen“. Bereitwillig ging er auf sie zu und erniedrigte sich, um ihnen zu helfen. Er richtete sie auf, damit sie die Gelegenheit bekamen, ein völlig normales Leben zu führen, und er ließ niemanden im Stich.

Es gab Situationen, in denen Jesus nicht einmal für das gedankt wurde, was er tat. Lukas beschreibt z. B. eine Heilung, bei der Jesus zehn Leprakranke gesund machte: „Einer aber unter ihnen, als er sah, daß er gesund geworden war, kehrte er um und pries Gott mit lauter Stimme und fiel nieder auf sein Angesicht zu Jesu Füßen und dankte ihm. Und das war ein Samariter. Jesus aber antwortete und sprach: Sind nicht die zehn rein geworden? Wo sind aber die neun? Hat sich sonst keiner gefunden, der wieder umkehrte, um Gott die Ehre zu geben, als nur dieser Fremde? Und er sprach zu ihm: Steh auf, geh hin; dein Glaube hat dir geholfen“ (Lukas 17,15-19).

Es ging nicht darum, daß Christus persönlich beleidigt war, weil man ihn nicht anerkannt hatte. Statt dessen wollte er nur, daß man Gott die Ehre gibt. Sein Handeln gründete sich auf Liebe. Kevin hat mir kein einziges Mal gedankt, daß ich ihn saubermachte, und das ist so okay. Ich wollte nur, daß er sauber ist. Der Hauptunterschied zwischen mir und Jesus ist, daß Jesu innere Einstellung immer in Ordnung war, während die meine gelegentlich einer gründlichen Überholung bedurfte.

Vielleicht war das der Grund, warum die Jünger Christi Schwierigkeiten hatten zu verstehen, daß wahre Größe durch Selbsterniedrigung kommt. In der Gesellschaft, in der sie lebten, wurden solche Menschen bewundert, die Macht und Einfluß hatten. Für die Jünger Christi waren solche Menschen groß, die „obenan saßen“. Jesus wußte dies, und deshalb benutzte er Beispiele und Erlebnisse, um wahre Größe zu veranschaulichen.

Wo ist der beste Sitzplatz im ganzen Haus?

In Lukas 14, Verse 7-10 lehrte Jesus das Gegenteil von fast allem, was wir in unserer Gesellschaft über Größe und Erfolg hören. Seine Worte werden seine Jünger wohl verwirrt haben, denn es ist nicht so einfach, Jesu Maßstab zu verdauen. Wo ist nach Jesu Meinung der beste Sitzplatz?

„Er sagte aber ein Gleichnis zu den Gästen, als er merkte, wie sie suchten, obenan zu sitzen, und sprach zu ihnen: Wenn du von jemandem zur Hochzeit geladen bist, so setze dich nicht obenan; denn es könnte einer eingeladen sein, der vornehmer ist als du, und dann kommt der, der dich und ihn eingeladen hat, und sagt zu dir: Weiche diesem!, und du mußt dann beschämt untenan sitzen. Sondern wenn du eingeladen bist, so geh hin und setz dich untenan, damit, wenn der kommt, der dich eingeladen hat, er zu dir sagt: Freund, rücke hinauf! Dann wirst du Ehre haben vor allen, die mit dir zu Tisch sitzen.“

Es ist klar, daß Jesus mehr als nur die Sitzordnung bei einer Hochzeit im Sinne hatte. Wenn uns wirklich bewußt ist, was wir ohne Gottes Hilfe sind, würde es uns leichter fallen, uns zu erniedrigen und uns darüber zu freuen, wenn wir in den Augen der Menschen nicht die Größten sind.

Jesus beschreibt diese Geisteshaltung in Markus 9, Vers 35, wo wir lesen: „Wenn jemand will der Erste sein, der soll der Letzte sein von allen und aller Diener.“ Christus meinte nicht, daß man keine Macht haben soll. Im Gegenteil: Durch ihre Dienstbereitschaft erweiterten Jesu Jünger ihre Macht und Größe durch die Fähigkeit, mehr Menschen zu dienen. Durch die Selbsterniedrigung ermöglichten sie ihre Erhöhung durch Gott: „Denn wer sich selbst erhöht, der soll erniedrigt werden; und wer sich selbst erniedrigt, der soll erhöht werden“ (Lukas 14,11).

Führung durch Dienen

Jesus Christus wies seine Jünger darauf hin, daß es für sie, obwohl sie als Führer Macht und Autorität haben sollten, so wäre, als hätten sie durch ihr Dienen keine. Um diese Lektion zu unterstreichen, gab Jesus uns seine Antwort auf die Frage des jungen Mannes nach dem ewigen Leben. Seine Antwort muß die Jünger verblüfft haben.

Jesus nutzte die Gelegenheit, um sie nochmals an die Art Führung, die er sich wünschte, und an die Belohnung dafür zu erinnern: „Und weiter sage ich euch: Es ist leichter, daß ein Kamel durch ein Nadelöhr gehe, als daß ein Reicher ins Reich Gottes komme. Als das seine Jünger hörten, entsetzten sie sich sehr und sprachen: Ja, wer kann dann selig werden? Jesus aber sah sie an und sprach zu ihnen: Bei den Menschen ist’s unmöglich; aber bei Gott sind alle Dinge möglich. Da fing Petrus an und sprach zu ihm: Siehe, wir haben alles verlassen und sind dir nachgefolgt; was wird uns dafür gegeben?

Jesus aber sprach zu ihnen: Wahrlich, ich sage euch: Ihr, die ihr mir nachgefolgt seid, werdet bei der Wiedergeburt, wenn der Menschensohn sitzen wird auf dem Thron seiner Herrlichkeit, auch sitzen auf zwölf Thronen und richten die zwölf Stämme Israels. Und wer Häuser oder Brüder oder Schwestern oder Vater oder Mutter oder Kinder oder Äcker verläßt um meines Namens willen, der wird’s hundertfach empfangen und das ewige Leben ererben. Aber viele, die die Ersten sind, werden die Letzten und die Letzten werden die Ersten sein“ (Matthäus 19,24-30).

Jesus versprach seinen Jüngern Größe, aber die Erfolgsformel war etwas, das sie noch nie erlebt hatten. Sie waren bereits seine Nachfolger, was Petrus wahrscheinlich zu seiner Frage veranlaßte, bei der er vielleicht den Gedanken im Sinn hatte: „Wie tief müssen wir gehen, Herr?“

Welchem Menschen wollten Sie nicht helfen? Welche Arbeit würden Sie ablehnen? Wie groß ist Ihre Bereitschaft, sich zu erniedrigen? Als Kinder Gottes ist es angebracht, daß wir uns solche Fragen stellen.

Jesus Christus lebte diese Art Erniedrigung vor. Es tat es bereitwillig, um uns zu dienen, und zeigte uns damit, daß auch wir auf die Bedürfnisse unserer Mitmenschen achten sollen: „Tut nichts aus Eigennutz oder um eitler Ehre willen, sondern in Demut, achte einer den andern höher als sich selbst, und ein jeder sehe nicht auf das Seine, sondern auch auf das, was dem andern dient“ (Philipper 2,3-4).

Die Geisteshaltung, die Paulus in diesen Versen beschreibt, lebte Jesus vor: „Habt diese Gesinnung in euch, die auch in Christus Jesus war“ (Vers 5, Elberfelder Bibel).

Jesu Jünger folgten seinem Beispiel. Bereitwillig nahmen sie manche undankbare Situation auf sich, und durch diese Selbsterniedrigung wuchsen sie immer mehr zu wahrer Größe heran.

Am Passahabend sagte Jesus Petrus und den anderen Jüngern, daß sie erst später die Wichtigkeit der Fußwaschung verstehen würden. Den Einfluß der Lehre Jesu erkennen wir an der Bereitschaft des Johannes, für die Mutter Jesu zu sorgen, und an den Worten von Petrus, wonach er die Zeit seines Ablebens kommen sah, der Gemeinde jedoch weiter dienen wollte:

„Ich halte es aber für richtig, solange ich in dieser Hütte bin, euch zu erwecken und zu erinnern; denn ich weiß, daß ich meine Hütte bald verlassen muß, wie es mir auch unser Herr Jesus Christus eröffnet hat. Ich will mich aber bemühen, daß ihr dies allezeit auch nach meinem Hinscheiden im Gedächtnis behalten könnt“ (2. Petrus 1,13-15).

Grundausbildung in Dienstbereitschaft

Der kürzlich an Krebs verstorbene Dave Thomas, Gründer der Schnellrestaurantkette Wendy’s in den USA, lebte das Beispiel von Größe durch Selbsterniedrigung vor. In seiner Autobiographie mit dem Titel Well Done: The Common Guy’s Guide to Everyday Success [„Gut gemacht: des gewöhnlichen Mannes Führer zu täglichem Erfolg“] schreibt er: „Schon lange bevor meine Schulbildung abgeschlossen war (er hat den High-School-Abschluß nie geschafft), hatte ich meinen Meister in Sachen Dienstbereitschaft gefunden. Ich trage immer noch ein Foto ,Mop bei Fuß‘ von mir in meinem schicken Arbeitsanzug als frühes Beispiel von Führung durch Einsatzbereitschaft. Bei Wendy’s kommt es darauf an, auch die niedrigen Arbeiten bereitwillig zu machen. Damit definieren wir unser Ziel, den Kunden durch Sauberkeit, gutes Essen, freundlichen Service und eine gute Atmosphäre zufriedenzustellen.“

Dave Thomas war ein erfolgreicher Mann, aber seine Größe rührte daher, daß er nicht zu stolz war, einen Besen in die Hand zu nehmen und den Fußboden zu kehren, als niemand anders es machen wollte.

Wenn es um die Fürsorge für unsere geistlichen Geschwister geht, sollte es bei den Kindern Gottes nicht anders sein. Ist unser geistliches Haus sauber und von einer guten Qualität? Tragen unser persönliches Beispiel und unsere Worte zur Gesundheit und zum Wachstum des Leibes Christi bei? Dienen wir den Kindern Gottes gerne? Auf diese Fragen sind ehrliche Antworten notwendig, denn sie treffen den Kern unserer Berufung in dieser Zeit.

Dem Apostel Paulus war die Notwendigkeit der Selbsterniedrigung, um Gott und seinem Volk zu dienen, klar. Dazu sagte er: „Aber was mir Gewinn war, das habe ich um Christi willen für Schaden erachtet“ (Philipper 3,7).

Die Feststellung ist wichtig, daß Paulus durch seine Selbsterniedrigung seine Verantwortung, Hirte für das Volk Gottes zu sein, und die damit verknüpfte Autorität nie preisgab. Der von Jesus Christus vorgelebten Formel für erfolgreiche Menschenführung folgend, füllte Paulus sein Amt voll aus und konnte so die unterschiedlichsten Menschen erreichen: „Denn obwohl ich frei bin von jedermann, habe ich doch mich selbst jedermann zum Knecht gemacht, damit ich möglichst viele gewinne ... ich [lebe] jedermann in allem zu Gefallen lebe und suche nicht, was mir, sondern was vielen dient, damit sie gerettet werden“ (1. Korinther 9,19 bzw. 10,33).

Paulus wurde zum „Meister“ im Dienen. Er war bereit, den zeitweise unangenehmen Weg zu gehen, auf dem es in diesem Leben oft wenig materielle Belohnung gibt, den Gott aber in der Welt von morgen reichlich belohnen wird. Größe durch Selbsterniedrigung bedeutet heute nicht Reichtum, einen besonderen Titel oder einen Auftritt im Fernsehen. Es geht um die Bereitschaft, anderen durch Dienen den Vorzug zu geben und so die schwierigen Zeiten gemeinsam zu meistern.

Das ist also Gottes Formel für den Erfolg: sich erniedrigen, um Größe zu erlangen! Der Apostel Jakobus ermahnt uns diesbezüglich: „Demütigt euch vor dem Herrn, so wird er euch erhöhen“ (Jakobus 4,10).

„Wissen Sie denn nicht, wer ich bin?“

Vor einigen Jahren wurde ein bekannter Profi-Footballspieler beim Angeln ohne Angelschein in der Nähe des Flughafens in Washington, D. C. ertappt. Aufgrund seines Status beließ man es in seinem Fall bei einer Verwarnung. Ungefähr einen Monat später wurde er an der gleichen Stelle wieder beim unerlaubten Angeln erwischt. Diesmal wurde er einem Richter vorgeführt. Von der Vorgehensweise der Polizei überrascht, welche im Einklang mit dem Gesetz stand, beschuldigte der junge Star die Polizei, man würde es auf ihn aufgrund seiner Bekanntheit abzielen. In den Augen dieses Berufssportlers schien „Größe“ zu bedeuten, daß man über dem Gesetz stehen durfte.

Diese Haltung ist freilich nicht neu. In der Bibel finden wir Beispiele von Menschen, die sich aufgrund ihrer Autorität über dem Gesetz wähnten. König Usija von Juda sah in frühen Jahren wie einer der besten Könige in der Geschichte seines Volkes aus. Mit nur sechzehn Jahren wurde er König und setzte zunächst das gerechte Beispiel seines Vater Amazja fort (2. Chronik 26,3-4).

Usija bat Gott um Beistand, und Gott schenkte ihm Siege auf dem Schlachtfeld und Erfolg zu Hause. Es wird berichtet, daß er über die Landesgrenzen Judas hinaus bekannt wurde. Usija war groß, solange er Gott untertan war. In seinen späteren Jahren jedoch „überhob sich sein Herz zu seinem Verderben“ (2. Chronik 26,16). Er maßte sich die Verantwortung der Priester an, und dafür wurde Usija krank.

Solche Geschichten sind eine Mahnung an uns, nie zu vergessen, wer wir wirklich sind.