Stimmt es, daß im Neuen Testament ein neues Gesetz die Zehn Gebote ersetzt?
Paul Kieffer
Wurden die Zehn Gebote im Neuen Testament durch irgendwelche neuen Gebote aufgehoben? Bestätigt das Neue Testament die Zehn Gebote nur teilweise? Wurden verschiedene Gebote geändert oder reformiert?
Manche Christen sind der Meinung, mit der Kreuzigung Christi hätten die Zehn Gebote ihre Gültigkeit verloren. Andere glauben, das neue Liebesgebot Jesu sei an die Stelle der Zehn Gebote getreten und habe diese aufgehoben. Wer hat recht?
Eigentlich besteht kein Grund zur Verwirrung. Suchen wir offenen Sinnes und unvoreingenommen in der Heiligen Schrift nach der Antwort. Dort werden wir sie finden.
Zur Zeit Jesu beschäftigte sich ein junger Mann mit der Frage, wie man ewig leben kann. Er wollte von Jesus wissen, welche Gebote zu halten sind, um das ewige Leben zu erlangen (vgl. Matthäus 19,18). In seiner Antwort sagte Jesus dem jungen Mann: „Willst du aber zum Leben eingehen, so halte die Gebote“ (Matthäus 19,17).
Was meinte Jesus damit? Meinte er damit die Zehn Gebote oder irgendwelche anderen, neuen Vorschriften? Wenn wir Jesus Christus folgen wollen, dann wird es uns sicher interessieren, welche Gebote er gemeint hat.
Als Antwort nannte Jesus fünf der Zehn Gebote, die in 2. Mose 20 aufgeführt sind: „Jesus aber sprach: Du sollst nicht töten; du sollst nicht ehebrechen; du sollst nicht stehlen; du sollst nicht falsch Zeugnis geben; ehre Vater und Mutter“ (Matthäus 19,18-19). Dann faßte er diese fünf Gebote wie folgt zusammen (Vers 19): „Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.“
Die von Jesus zitierten fünf Gebote stecken den Rahmen für unser Verhältnis zu unseren Mitmenschen ab, besonders in bezug auf Mord, Ehebruch, Diebstahl, Lüge und die Notwendigkeit des Wohlverhaltens von Kindern gegenüber ihren Eltern.
Damit steht außer Zweifel, daß Jesus, als er in diesem Fall ausdrücklich den Begriff Gebote benutzte, die in 2. Mose 20 und 5. Mose 5 aufgeführten Zehn Geboten meinte. Interessant ist jedoch, wie einige meinen, daß Jesus, obwohl er hier die Hälfte der Zehn Gebote wörtlich zitierte, mit seinem Tod am Kreuz das Gesetz abgeschafft hätte.
Untersuchen wir deshalb in den anderen Büchern des Neuen Testaments, wie es sich mit den Geboten verhält, damit wir Klarheit erlangen können. Dabei geht es uns um die Frage, ob Jesus bei seiner Antwort an den jungen Mann alle Zehn Gebote wirklich meinte und ob diese auch in den Briefen der Apostel – auch des Apostels Paulus – erwähnt sind.
Die letzten sechs Gebote
Der Apostel Johannes stellt fest, daß wir Gott nicht lieben können, wenn wir nicht unseren Nächsten lieben. Deshalb wollen wir zunächst prüfen, ob die sechs letzten Gebote, die mit unserem Verhältnis zu unserem Nächsten zu tun haben, wirklich alle im Neuen Testament enthalten sind.
Das fünfte Gebot aus 2. Mose 20 lautet: „Du sollst deinen Vater und deine Mutter ehren.“ Wir haben bereits gelesen, daß Jesus in Matthäus 19, Vers 19 sagte: „Ehre Vater und Mutter.“
Paulus zitiert dieses Gebot fast wörtlich und fügt noch eine Erklärung über die geistliche Tragweite dieses Gesetzes hinzu: „Ihr Kinder, seid gehorsam euren Eltern in dem Herrn; denn das ist recht“ (Epheser 6,1). Nachdem Paulus das fünfte Gebot zitiert hat, betont er, daß es das erste Gebot ist, an das eine Verheißung geknüpft ist.
Das sechste Gebot mit seinem Wortlaut „Du sollst nicht töten“ zitiert Jesus in Matthäus 19, Vers 18. In Matthäus 5, Verse 21-22 – in der Bergpredigt – erläutert er den Geist dieses Gebotes: „Ihr habt gehört, daß zu den Alten gesagt ist: Du sollst nicht töten; wer aber tötet, der soll des Gerichts schuldig sein. Ich aber sage euch: Wer mit seinem Bruder zürnt, der ist des Gerichts schuldig.“
Im Zeitalter des Neuen Testaments ist dieses Gebot also noch viel bindender und umfassender in seiner Bedeutung als im Alten Testament. In Römer 13, Vers 9 erwähnt Paulus dasselbe Gebot. Das Töten eines anderen Menschen ist und bleibt Sünde.
Hier können wir erkennen, wie sich die Prophezeiung Jesajas erfüllt hat, die besagt, daß Christus kommen werde, um „das Gesetz herrlich und groß“ zu machen (Jesaja 42,21).
Das siebente Gebot richtet sich gegen den Ehebruch. Gerade heute möchte so mancher dieses Gebot aufgehoben wissen. Aber Jesus zeigt, daß es für Christen noch weit umfassender und tiefgreifender angewandt werden muß als in der Zeit des Alten Testaments.
Jesus unterstrich die Bedeutung und den Geist dieses Gesetzes, indem er betonte, daß es bereits verwerflich ist, auch nur begehrliche Gedanken im Hinblick auf eine Frau zu hegen: „Ich aber sage euch: Wer eine Frau ansieht, sie zu begehren, der hat schon mit ihr die Ehe gebrochen in seinem Herzen“ (Matthäus 5,28). Auch Paulus behandelte dieses Gebot und zeigte, daß auch die Christen in Rom es halten mußten (Römer 13,9).
Das achte Gebot verbietet den Diebstahl. Jesus zitierte es in Matthäus 19, Vers 19: „Du sollst nicht stehlen.“ Und auch Paulus zitiert es Wort für Wort in Römer 13, Vers 9. An anderer Stelle fügt er noch hinzu: „Wer gestohlen hat, der stehle nicht mehr, sondern arbeite und schaffe mit eigenen Händen das nötige Gut, damit er dem Bedürftigen abgeben kann“ (Epheser 4,28). Dieses Gebot ist heute noch so verbindlich wie eh und je.
In der heutigen Zeit sind solche Menschen, die nur die Wahrheit reden, nicht mehr so häufig vertreten. Fast scheint es, als wären wir eine Gesellschaft von Leuten, die die Wahrheit verschleiern, sich mit Notlügen „zu helfen“ wissen oder schlicht die Unwahrheit sagen. Aber Christus gebot seinen Jüngern, nicht zu lügen (Matthäus 19,18), und der Apostel Paulus sagt dasselbe. In Epheser 4, Vers 25 erklärt er: „Darum legt die Lüge ab und redet die Wahrheit, ein jeder mit seinem Nächsten, weil wir untereinander Glieder sind.“ Auch das Lügen ist immer noch Sünde!
Das zehnte Gebot, das sich gegen Begehrlichkeit richtet, erwähnt Jesus in Matthäus 19 nicht. Würde man die Logik einiger Christen anwenden, müßte das heißen, daß er dieses Gebot damit annulliert hat. Stimmt diese Ansicht? Keineswegs! In Lukas 12, Vers 15 lesen wir nämlich: „Und er sprach zu ihnen: Seht zu und hütet euch vor aller Habgier; denn niemand lebt davon, daß er viele Güter hat.“ An die Christen in Rom schrieb Paulus: „Die Sünde erkannte ich nicht außer durchs Gesetz. Denn ich wußte nichts von der Begierde, wenn das Gesetz nicht gesagt hätte: Du sollst nicht begehren!“ (Römer 7,7).
In Römer 13, Vers 9 erwähnt Paulus dieses Gebot nochmals. Wie Sie bereits gemerkt haben werden, listete er in dieser Stelle mehrere der letzten sechs Gebote auf und faßt sie abschließend so zusammen: „Was da sonst an Geboten ist, das wird in diesem Wort zusammengefaßt: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst“ (Römer 13,10).
Die ersten vier Gebote
Die zitierten Bibelstellen zeigen, daß es immer noch Sünde ist, eines der letzten sechs Gebote zu brechen. Ist es dann nicht logischerweise auch Sünde, die ersten vier Gebote, die uns den Rahmen für die Liebe zu Gott zeigen, zu übertreten? Gott gebietet: „Du sollst keine anderen Götter haben neben mir“ (2. Mose 20,3; alle Hervorhebungen durch uns).
Als Jesus von Satan versucht wurde, unterstrich er mit seiner Reaktion auf die Versuchung nachdrücklich die Gültigkeit dieses Gebotes: „Jesus antwortete ihm und sprach: Es steht geschrieben: Du sollst den Herrn, deinen Gott, anbeten und ihm allein dienen“ (Lukas 4,8).
An mehreren Stellen im Neuen Testament ist das Gebot gegen den Götzendienst erwähnt. Lesen wir beispielsweise, was Paulus dazu in 1. Korinther 10, Vers 7 schreibt: „Werdet auch nicht Götzendiener, wie einige von ihnen es wurden, wie geschrieben steht: Das Volk setzte sich nieder, um zu essen und zu trinken, und stand auf, um zu tanzen.“
Das zweite Gebot, das die religiöse Verehrung irgendwelcher Darstellungen von Gott verbietet, wird von Paulus in Römer 1, Verse 18-25 ausführlich behandelt. Dort prangert er heidnische Philosophen an, die, obwohl sie wußten, daß Gott der Schöpfer existiert, nicht ihn anbeteten, sondern Gegenstände der Schöpfung und Dinge, die sie mit eigener Hand gefertigt hatten.
Sie brachen damit das zweite Gebot, mit dem Gott ausdrücklich die Anfertigung von Bildwerken zum Zweck religiöser Verehrung untersagt. Jesus lehrte, daß Gott Geist ist. Wir sollen ihn im Geist und in der Wahrheit anbeten (Johannes 4,24), nicht mit Hilfe irgendwelcher Bilder.
Das dritte Gebot verbietet den unnötigen und falschen Gebrauch des Namens Gottes. Die Verletzung dieses Gebotes wird an mehreren Stellen der Bibel als „Lästerung“ bezeichnet, z. B. in Kolosser 3, Vers 8: „Nun aber legt alles ab von euch: Zorn, Grimm, Bosheit, Lästerung, schandbare Worte aus eurem Munde.“
Jesus zeigt, daß dieses Gebot auch heute noch in Kraft ist: „Denn aus dem Herzen kommen böse Gedanken, Mord [sechstes Gebot], Ehebruch, Unzucht [beides untersagt durch das siebente Gebot], Diebstahl, falsches Zeugnis [neuntes Gebot], Lästerung [drittes Gebot]“ (Matthäus 15,19).
Die Ermahnung von Paulus in 2. Timotheus 2, Vers 19 stellt einen Zusammenhang zwischen unserem Verhalten und dem dritten Gebot her: „Es lasse ab von Ungerechtigkeit, wer den Namen des Herrn nennt“ – wer den Namen Gottes führt, indem er sich als Christ bezeichnet. „Ungerechtigkeit“ ist Sünde, und Sünde ist die Übertretung des Gesetzes (1. Johannes 3,4).
Das vierte Gebot
„Gedenke des Sabbattages, daß du ihn heilig hältst“, so lautet das vierte Gebot (2. Mose 20,8; Menge-Übersetzung). Die meisten Christen haben gerade dieses Gebot, anstatt daran zu „gedenken“, anscheinend vergessen! Das vierte Gebot ist ihrer Meinung nach durch das Neue Testament revidiert worden. Hat Gott tatsächlich eins der Zehn Gebote durch das Neue Testament aufgehoben, obwohl er durch den Mund Davids gesagt hatte, die Gebote sind „festgegründet auf immer und ewig, ausgeführt in Wahrheit und Geradheit“ (Psalm 111,7-8; Elberfelder Bibel)?
Der Sabbat ist keineswegs abgeschafft! Auch das vierte Gebot ist im Neuen Testament enthalten! Haben Sie schon einmal die folgende inspirierte Schriftstelle gelesen? „So steht also noch eine Sabbatruhe aus für das Volk Gottes“ (Hebräer 4,9; Pattloch-Übersetzung).
Wahrscheinlich ist den meisten Christen diese überaus wichtige Schriftstelle in diesem Wortlaut nicht bekannt. Heute benutzen wohl die meisten die Lutherübersetzung, in der es an dieser Stelle heißt: „Es ist also noch eine Ruhe vorhanden für das Volk Gottes.“ Der griechische Urtext jedoch zeigt klar, daß in diesem Vers der Sabbat gemeint ist.
In Hebräer 4 geht es um die tausendjährige Ruhe, die dem Volk Gottes, das die göttlichen Verheißungen erben soll, bevorsteht. Bis zu Vers 9 ist mehrfach allgemein von einer „Ruhe“ die Rede. Das zugrundeliegende griechische Wort dafür ist katapausin. In Vers 9 jedoch taucht plötzlich ein ganz anderes griechisches Wort auf, das Luther ebenfalls mit „Ruhe“ übersetzte. Das griechische Wort lautet jedoch sabbatismos mit der Bedeutung „das Halten eines Sabbats“ bzw. „den Sabbat betreffend“.
Der wöchentliche Sabbat ist ein Gedenktag an die Schöpfung und zugleich die sinnbildliche Vorausschau auf die kommenden 1000 Jahre einer dauernden „Ruhe“ im Reich Gottes. Demzufolge müßte Hebräer 4, Vers 9 lauten: „Daher bleibt für das Volk Gottes das Halten des Sabbats bestehen.“
Das Sabbatgebot bleibt bestehen! Es ist nicht verändert, abgeschafft oder „ans Kreuz genagelt“, wie einige meinen. Und es ist das Volk Gottes, das dieses Gebot halten soll. Der größte Teil der Menschheit hat das Sabbatgebot vergessen; doch es ist nach wie vor in Kraft, und der Sabbat ist nach wie vor in den Augen Gottes heilig. Deshalb gedenken alle wahren Nachfolger Jesu dieses Tages und halten ihn – gemäß dem unabänderlichen Gebot Gottes – heilig.
Der Sabbat versinnbildlicht Gottes Ausruhen vom Werk der Schöpfung und ehrt ihn als den Schöpfer aller Dinge. Darüber hinaus weist der Sabbat auf die Zukunft hin, wenn Gott dieser Welt eine tausendjährige Ruhezeit geben wird – das siebente Jahrtausend, in dem die Regierungen dieser Welt von der universalen Weltregierung Jesu Christi abgelöst werden.
Eine ganze Reihe weiterer Bibelstellen bestätigt die Wichtigkeit des Sabbats in unserer Zeit. Paulus fordert uns auf, ihm, dem Apostel, so nachzufolgen, wie er Christus folgte (1. Korinther 11,1), und auch Petrus sagt uns, daß wir leben müssen, wie Christus lebte (1. Petrus 2,21). Dasselbe schreibt der Apostel Johannes in 1. Johannes 2, Vers 6.
Welches Beispiel gibt uns Christus in bezug auf den Sabbat? Christus hat den Sabbat gehalten. Die Bibel berichtet, daß er dies gewohnheitsmäßig tat (Lukas 4,16). Darüber hinaus wies er seine Jünger und die religiösen Eiferer seiner Zeit mehrmals darauf hin, wie der Sabbat auf richtige Weise zu begehen ist. Er setzte damit ein Beispiel, dem wir heute folgen sollten.
Paulus tat, was Christus getan hatte – er ging am Sabbat in die Synagoge (Apostelgeschichte 17,2) und lehrte an diesem Tage nicht nur die Juden, sondern auch die Heiden (Apostelgeschichte 13,42. 44; 18,4). Aus anderen Stellen des Neuen Testaments, vor allem in der Apostelgeschichte, geht hervor, daß der Sabbat für die Urgemeinde ein Tag der Versammlung war.
Der Sonntag dagegen ist in der Bibel stets ein gewöhnlicher Arbeitstag. Jesus ist nach seinen eigenen Worten Herr über den Sabbat, nicht Herr über den Sonntag (Lukas 6,5). Im Gegensatz zur heute vorherrschenden Auffassung ist der Sonntag nicht der „Tag des Herrn“. Eine Schriftstelle, die mißverständlich sein kann, ist Offenbarung 1, Vers 10, wo Johannes sagt: „Ich wurde vom Geist ergriffen am Tag des Herrn.“ Viele glauben, daß Johannes die in der Offenbarung enthaltene Vision an einem Sonntag erlebte.
Der Inhalt von Johannes’ Vision zeigt, daß er einen Tag schildert, den die Bibel an anderen Stellen als „Tag Gottes, des Herrn Zebaoth“, „Tag des Herrn“, „Tag der Offenbarung des Herrn“ oder „Tag unseres Herrn Jesus“ beschreibt (Jeremia 46,10; Apostelgeschichte 2,20; 1. Korinther 1,8; 5,5; 2. Korinther 1,14; 1. Thessalonicher 5,2; 2. Thessalonicher 2,2; 2. Petrus 3,10).
Jesu neues Gebot
Das Neue Testament betont also die Wichtigkeit eines jeden der Zehn Gebote. Was hat es mit dem „neuen Gebot“ auf sich, von dem Jesus und der Apostel Johannes sprachen? Was ist dieses neue Gebot? Setzt es die Zehn Gebote außer Kraft oder werden sie durch dieses neue Gebot ersetzt?
Im Johannesevangelium finden wir das neue Gebot Jesu: „Ein neues Gebot gebe ich euch, daß ihr euch untereinander liebt, wie ich euch geliebt habe, damit auch ihr einander lieb habt“ (Johannes 13,34).
In dieser Bibelstelle sehen manche die Aufforderung, die Mitmenschen zu „lieben“, ohne daß man dabei unbedingt den Geboten Gottes gehorchen muß. Unter „Liebe“ versteht man einfach Freundlichkeit und Zuneigung. Liebe schließt natürlich beides ein, ist in Wirklichkeit jedoch sehr viel mehr. Man ist sich heute oft nicht im klaren darüber, wie sehr Christus seine Jünger geliebt hat. Er liebte sie mit jener in Korinther 13 beschriebenen Art von Liebe, die stets mit den Zehn Geboten Gottes in Einklang steht. Diese Art von Liebe meinte Christus, als er den Jüngern das neue Gebot gab.
Manche, die in dem Gebot der Nächstenliebe etwas Neues sehen wollen, verkennen, daß dem alten Volk Israel schon in viel früherer Zeit befohlen wurde, Gott und den Nächsten zu lieben. In 5. Mose 6, Vers 5 lesen wir: „Und du sollst den Herrn, deinen Gott, liebhaben von ganzem Herzen, von ganzer Seele und mit all deiner Kraft“ (das von Christus zitierte erste große Gebot). Und in 3. Mose 19, Vers 18 heißt es: „Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst“ (das zweite große Gebot Jesu).
In diesem Zusammenhang ist die Aufforderung des Apostels Johannes äußerst interessant, die wir in 2. Johannes finden: „Und nun bitte ich dich, Herrin – ich schreibe dir kein neues Gebot, sondern das, was wir gehabt haben von Anfang an –, daß wir uns untereinander lieben“ (Vers 5).
Was also ist neu an dem Liebesgebot Christi? Nun, neu ist einfach das Ausmaß an Liebe, das Christus gelehrt und selbst gelebt hat. Er starb für uns, da wir noch Sünder waren (Römer 5,8; 1. Johannes 4,19), und er lehrte, daß wir sogar unsere Feinde lieben und denen, die uns Unrecht tun, Gutes vergelten sollen (Matthäus 5,43-48; Lukas 6,27-35). Eine so umfassende Liebe, wie Jesus sie zeigte und auch uns auszuüben gebot, war in der Tat neu. Die Liebe, die Jesus und Johannes meinten, ist weit mehr als Freundlichkeit oder bloße Zuneigung.
Aber hebt nun diese Liebe die Zehn Gebote auf? Ganz im Gegenteil! Sie erklärt, wie weit der geistliche Inhalt dieser Gebote reicht. Dieser geistliche Inhalt geht weit über den Buchstaben der göttlichen Gesetze hinaus und steht niemals zu ihnen im Widerspruch.
Die ersten vier Gebote sind nichts anderes als der Ausdruck unserer Liebe zu Gott, und die letzten sechs Gebote zeigen, was wir erfüllen müssen, wenn wir unseren Nächsten lieben wollen. Die Zehn Gebote gelten für alle Menschen und Völker zu allen Zeiten. Jesus Christus erfüllte dieses Gesetz und gab uns ein vollkommenes Beispiel, es ihm nachzutun.
Wieder ist es Johannes, der das Gesetz als Ausdruck der Liebe bestätigt: „Denn das ist die Liebe zu Gott, daß wir seine Gebote halten; und seine Gebote sind nicht schwer“ (1. Johannes 5,3). Das Liebesgebot Christi tritt nicht an die Stelle der alttestamentlichen Zehn Gebote. Statt dessen können wir, durch den Geist der Liebe Gottes, der uns durch Christus zugänglich gemacht wurde, beginnen, den Buchstaben und Geist des göttlichen Gesetzes zu erfüllen.
In unserer Welt sind selbst unter den für Religion aufgeschlossenen Menschen nicht viele bereit, die Gebote Gottes zu halten. Um ihre Ablehnung der Gebote zu rechtfertigen, behaupten sie, das Halten der Gebote sei eine Art „Rückfall“ in die Gesetzlichkeit des Alten Testaments. Gottes Urteil über solche Menschen ist eindeutig: „Wer sagt: Ich kenne ihn, und hält seine Gebote nicht, der ist ein Lügner, und in dem ist die Wahrheit nicht“ (1. Johannes 2,4).
Wollen Sie auch zu denen gehören, die Gott Lügner nennt? Oder sind Sie bereit, Gottes Zehn Gebote zu halten?
Die Zehn Gebote wurden von Gott zu unserem Wohl erlassen; sie markieren eine Lebensweise, die zu Glück, Frieden und Erfüllung führt. Ihr Wirken basiert auf dem Prinzip Ursache und Wirkung. Durch Gehorsam gegenüber Gott ist ein glückliches, geordnetes Leben möglich. So können die Segnungen erreicht werden, nach denen jeder sich sehnt.
Und nur so können wir durch Christus das Geschenk des ewigen Lebens erlangen: „Selig sind, die ihre Kleider waschen, daß sie teilhaben an dem Baum des Lebens und zu den Toren hineingehen in die Stadt. Draußen sind die Hunde und die Zauberer und die Unzüchtigen und die Mörder und die Götzendiener und alle, die die Lüge lieben und tun“ (Offenbarung 22,14-15).