Unter dem Alten Bund wurde Israel die geistliche Bekehrung nicht angeboten. Trotzdem hätte das Volk den Segen Gottes und ein Leben der Fülle haben können.

Von der Redaktion

Der Apostel Paulus beschrieb, wie „Verstockung einem Teil Israels widerfahren ist, so lange bis die Fülle der Heiden zum Heil gelangt“ (Römer 11,25). Unter dem Alten Bund wurde Israel die geistliche Bekehrung nicht angeboten. Ist das der Grund, warum das Alte Testament uns von Israels Verstockung gegenüber Gott und seinen Wegen berichtet? Woher kam diese Verstockung? Wollte Israel Dinge nicht sehen, die es sonst hätte erkennen können?

Gott führte Israel aus Ägypten heraus und brachte das Volk an den Berg Sinai. Dort wollte er einen Bund mit Israel schließen. Den Israeliten sagte Gott, daß er, wenn sie ihm gehorchen würden, sie in einem Land, das von Milch und Honig fließt, materiell segnen würde. Für den Fall ihres Ungehorsams waren schreckliche Flüche und schließlich der Verlust ihres Heimatlandes vorgesehen.

Manche Christen meinen, daß die Israeliten aufgrund einer Blindheit, die Gott ihnen auferlegt hatte, von vornherein zum Scheitern verurteilt waren. Obwohl der Weg der Bekehrung Israel nicht zugänglich war, berichtet die Bibel viel über all das, was Israel hätte haben können, aber durch seine eigenen Entscheidungen ablehnte.

Israels Geschichte enthält viele Lehren für uns. Hatte Gott die Israeliten mit Blindheit geschlagen, so daß sie Gottes Gesetz unmöglich verstehen bzw. halten konnten?

Vor ca. 6000 Jahren schuf Gott die ersten Menschen und nannte sie Adam und Eva. Ihnen wurde gesagt, daß sie fruchtbar sein und die Erde mit ihren Nachkommen füllen sollten. Im Garten Eden gab es zwei besondere Bäume. Adam und Eva wurde verboten, von dem einen Baum zu nehmen und zu essen, während die Frucht des anderen Baumes ihre Beziehung zu Gott vertieft hätte. Uns allen ist die Geschichte bekannt, wie ein überaus einflußreiches Wesen Adam und Eva dazu brachte, Gottes Anweisung in bezug auf den einen Baum zu mißachten.

Diese Rebellion hatte eine entscheidend negative Wirkung auf ihre Beziehung zu Gott und ließ ihre Gedanken für den beständigen Einfluß des Teufels offen werden. Ihre Entscheidung hatte Auswirkungen nicht nur auf sie, sondern auch auf ihre Kinder (Römer 5,12). Alle nachfolgenden Generationen waren dem Einfluß Satans ausgesetzt, wodurch sie in einer Art geistlicher Finsternis lebten. Satan ist der Gott dieser Welt, der als der große Drache alle Menschen verführt (Offenbarung 12,9). In den etwa 4000 Jahren vor dem Erscheinen Jesu Christi waren es nur wenige Menschen, die, mit der Hilfe Gottes, diesem Einfluß widerstehen und ein Leben des Gehorsams gegenüber Gott führen konnten.

Gott beruft ein Volk

Abraham und Sara gehörten zu den wenigen Ausnahmen. Ihre Nachkommen wuchsen zu einem großen Volk heran und wohnten in Ägypten. Dort wurden sie zu Sklaven der Ägypter. Ihre Arbeit als Sklaven ließ sie Gott anrufen und um Hilfe bitten. Gott sandte ihnen Mose, der sie aus der Knechtschaft herausführte.

In einer dramatischen Begegnung am Berg Sinai erlebte das Volk Israel das Wesen, das im Garten Eden mit Adam und Eva gesprochen hatte. Die Israeliten hatten seine Macht bereits gesehen, als Gott das mächtige Ägypten in die Knie zwang und das Rote Meer teilte, um den Israeliten ihr Entkommen vor dem Heer des Pharaos zu ermöglichen.

Gott bot ihnen die Gelegenheit an, seine besondere Nation zu werden. Er hatte vor, sie zu beschützen und für ihr materielles Wohlergehen zu sorgen. Im Gegenzug verlangte Gott Israels Gehorsam. Israel sollte Gottes Vorzeigenation werden – ein Fallbeispiel für den Segen, den man erntet, wenn man Gottes Gesetze hält (5. Mose 4,6-8). Israel nahm Gottes Angebot an: „Alles, was der Herr geredet hat, wollen wir tun“ (2. Mose 19,8). So wurde der Alte Bund rechtskräftig.

Bis auf zwei Männer gelang es der Erwachsenengeneration Israels, die Ägypten verlassen hatte, nicht, die Vereinbarung mit Gott einzuhalten. Sie alle starben in der Wüste. Vierzig Jahre später erinnerte Mose die zweite Generation an den Bund, den das Volk Israel mit Gott geschlossen hatte: „Sieh, ich hab euch gelehrt Gebote und Rechte, wie mir der Herr, mein Gott, geboten hat, daß ihr danach tun sollt im Lande, in das ihr kommen werdet, um es einzunehmen“ (5. Mose 4,5). Die Akzeptanz der Wege Gottes und der Gehorsam geschahen nicht von selbst. Sie waren das Resultat einer bewußt getroffenen Entscheidung, genauso wie es bei Christen der Fall ist.

Eine einzigartige Berufung

Keiner kann Christ werden, es sei denn, Gott beruft ihn aus der geistlichen Finsternis heraus (Johannes 6,44. 65). Er öffnet unseren Sinn und versetzt uns so in die Lage, seine Wahrheit zu erkennen. Er zeigt uns aber die ganze Wahrheit nicht sofort. Es dauert nicht lange, bis wir erkennen, wie anders unsere natürliche Geisteshaltung im Vergleich zu Gottes Denkweise ist. Wir sind fleischlich und nicht von Natur aus auf der Wellenlänge Gottes.

Gott zwingt uns jedoch die Bekehrung nicht auf. Wir haben moralische Entscheidungsfreiheit, die notwendig ist, damit wir uns ändern können, oder auch nicht. Wir können so bleiben, wie wir es schon immer gewesen sind, oder wir können entscheiden, anders zu leben. Zum Teil hängt unser Fortschritt von uns selbst ab und wird kontinuierlich von unseren Entscheidungen bestimmt, nachdem Gott uns berufen und den Sinn für seine Wahrheit geöffnet hat.

Die Bibel benutzt die Metapher von Licht und Finsternis, um Wahrheit und Irrtum zu beschreiben. Wenn Gott uns beruft, öffnet sich die Tür zur Wahrheit einen Spalt breit: „Denn Gott, der sprach: Licht soll aus der Finsternis hervorleuchten, der hat einen hellen Schein in unsre Herzen gegeben, daß durch uns entstünde die Erleuchtung zur Erkenntnis der Herrlichkeit Gottes in dem Angesicht Jesu Christi“ (2. Korinther 4,6). In einigen Fällen deckt das Licht eine Lebensweise auf, die man nicht aufgeben möchte: „Das ist aber das Gericht, daß das Licht in die Welt gekommen ist, und die Menschen liebten die Finsternis mehr als das Licht, denn ihre Werke waren böse“ (Johannes 3,19). Wir entscheiden, ob wir in dem neuen Leben wandeln wollen oder nicht.

Je mehr man bereit ist, im Licht zu wandeln, um so mehr Erkenntnis darf man von Gott empfangen. Andererseits wird Gott uns, wenn wir nicht nach der Erkenntnis leben, die er uns zeigt, das wieder nehmen, was wir bereits erkannt haben. So kehren wir wieder in einen Zustand der Finsternis zurück: „So seht nun darauf, wie ihr zuhört; denn wer da hat, dem wird gegeben; wer aber nicht hat, dem wird auch das genommen, was er meint zu haben“ (Lukas 8,18).

Gott berief Abraham und seine Nachkommen. Im Alten Testament wählte Gott sonst keine andere Nation aus, um sein Volk zu sein. Darin erkennen wir eine Parallele zu unserer geistlichen Berufung, denn die Erlebnisse der Israeliten, auch wenn sie nicht zur Bekehrung berufen wurden, dienen uns zum Vorbild. Sie hatten die Gelegenheit, Gottes Gesetz kennenzulernen und danach zu leben. Gott schenkte ihnen auch Lehrer, die sie an das Gesetz erinnern sollten – die levitischen Priester.

Wie Adam und Eva hatten die Israeliten jedoch die Freiheit, ihre Entscheidungen selbst zu treffen. Gott rief sie auf, sich für ihn und seinen Weg zu entscheiden: „Ich nehme Himmel und Erde heute über euch zu Zeugen: Ich habe euch Leben und Tod, Segen und Fluch vorgelegt, damit du das Leben erwählst und am Leben bleibst, du und deine Nachkommen“ (5. Mose 30,19). Israel hatte die Möglichkeit, materielles Wohlergehen und nationale Größe zu wählen!

Alte Gewohnheiten sind hartnäckig

Gott wußte, daß bei dem vorauszusehenden Einfluß Satans auf die menschliche Gesinnung die Wahrscheinlichkeit groß war, daß die Israeliten sich für die Blindheit entscheiden würden. Sich für den Weg Gottes zu entscheiden war nicht so einfach.

Die Erinnerung an Ägypten wirkte wie ein starker Magnet auf die Israeliten und zog sie immer wieder zu seiner Kultur und Religion zurück. Gott und sein Diener Mose warnten sie vor dem Weg, den sie am wahrscheinlichsten auswählen würden. In diesem Sinne ermahnte Mose seine Landsleute: „Denn ich weiß, daß ihr euch nach meinem Tode sehr versündigen werdet und von dem Wege abweichen, den ich euch geboten habe“ (5. Mose 31,29).

Gottes Segen in einem fruchtbaren Land brachte Israel Wohlstand und Macht. Für diesen Segen waren die Israeliten nicht dankbar, sondern er ließ sie ihre Abhängigkeit von Gott vergessen. Gott hatte dies vorausgesagt: „Denn ich will sie in das Land bringen, das ich ihren Vätern zu geben geschworen habe, darin Milch und Honig fließt. Und wenn sie essen und satt und fett werden, so werden sie sich zu andern Göttern wenden und ihnen dienen, mich aber lästern und meinen Bund brechen“ (5. Mose 31,20).

Mose rief die Israeliten auf, das Gesetz Gottes nicht zu vergessen: „Nehmt zu Herzen alle Worte, die ich euch heute bezeuge, daß ihr euren Kindern befehlt, alle Worte dieses Gesetzes zu halten und zu tun. Denn es ist nicht ein leeres Wort an euch, sondern es ist euer Leben“ (5. Mose 32,46-47; alle Hervorhebungen durch uns).

Gott wünschte sich so sehr, daß die Israeliten seine Lebensweise zu Herzen nehmen würden: „Ach daß sie ein solches Herz hätten, mich zu fürchten und zu halten alle meine Gebote ihr Leben lang, auf daß es ihnen und ihren Kindern wohlginge ewiglich!“ (5. Mose 5,29).

Gott verlangte nichts Unmögliches von seinem Volk, sondern etwas, das eine klare Entscheidung und ein entschlossenes Handeln bedeutet hätte: „Denn das Gebot, das ich dir heute gebiete, ist dir nicht zu hoch und nicht zu fern ... Siehe, ich habe dir heute vorgelegt das Leben und das Gute, den Tod und das Böse“ (5. Mose 30,11. 15)

Im allgemeinen zeigt uns die Geschichte Israels, wie das Volk die Propheten Gottes ablehnte. Die Israeliten waren nicht willens, die längerfristigen Konsequenzen ihrer Entscheidung vorauszusehen (siehe dazu 5. Mose 32,28-29).

Herzbeschwerden

Als Gott Mose nach Ägypten sandte, um Israel von der Knechtschaft zu befreien, war das Volk bereits geistlich blind. In Ägypten war Israel kein Volk mit einem tiefgreifenden Verständnis der Wahrheit. Gott befreite ein verführtes Volk von der Knechtschaft und bot an, es zu seinem besonderen Volk zu machen. Sein Angebot schloß auch die Befreiung von der Blindheit mit ein!

Nach all den Wundern in Ägypten, dem Manna 40 Jahre lang in der Wüste, Kleidung und Schuhen, die sich nicht abtrugen, hätte es offensichtlich sein müssen, was Gott für das Volk zu tun bereit war, wenn es ihm nur gehorcht hätte. Aber die Entscheidungen der Israeliten verschlimmerten ihre Blindheit, und das bereits in der Wüste (Hesekiel 20,10-13).

Deshalb sagte Gott: „Und der Herr hat euch bis auf diesen heutigen Tag noch nicht ein Herz gegeben, das verständig wäre, Augen, die da sähen, und Ohren, die da hörten“ (5. Mose 29,3). Gott konnte sie nur segnen, indem sie sich ihm zuwendeten und ihren Bund mit ihm hielten: „So haltet nun die Worte dieses Bundes und tut danach, auf daß ihr glücklich ausrichten könnt all euer Tun“ (5. Mose 29,8).

Mit diesen Worten offenbarte Gott sowohl das Problem als auch dessen Lösung. Die Israeliten hatten damit begonnen, Gottes Wege abzulehnen. In den Psalmen lesen wir dazu: „Verstocket euer Herz nicht, wie zu Meriba geschah, wie zu Massa in der Wüste, wo mich eure Väter versuchten und prüften und hatten doch mein Werk gesehen. Vierzig Jahre war dies Volk mir zuwider, daß ich sprach: Es sind Leute, deren Herz immer den Irrweg will und die meine Wege nicht lernen wollen“ (Psalm 95,8-10).

Die Blindheit der Israeliten war teils Gottes Verantwortung, aber auch teils Israels eigene Verantwortung. Gott öffnete ihre Augen nicht für den Weg, der zum ewigen Leben führt, weil es unter dem Alten Bund nicht seine Absicht war, ihnen den heiligen Geist zugänglich zu machen. Die Israeliten litten jedoch unter einer anderen Art Blindheit, die sie erwählten und die sie von dem materiellen Segen abhielt, den sie sonst hätten genießen können.

Zu der Bibelstelle in 5. Mose 29, Vers 4 gibt der Keil & Delitzsch Commentary on the Old Testament diesen Kommentar: „Der Herr hatte dem Volk noch kein verständiges Herz gegeben, weil das Volk noch nicht darum gebeten hatte. Das Bedürfnis danach wurde ganz einfach nicht empfunden“ (revidierte Ausgabe, 1996).

Ja, Israel hatte Herzbeschwerden! In der Bibel wird ein hartnäckiges und rebellisches Herz als unbeschnittenes Herz bezeichnet. Es war ein chronisches Leiden der Israeliten.

Kurze Zeit nach der Gründung der neutestamentlichen Kirche hielt Stephanus seinen Landsleuten ihr Herzleiden vor: „Ihr Halsstarrigen, mit verstockten Herzen und tauben Ohren, ihr widerstrebt allezeit dem heiligen Geist, wie eure Väter, so auch ihr“ (Apostelgeschichte 7,51). In seinen Worten sieht man wieder einen Hinweis, daß das Israel des Alten Bundes den Segen Gottes hätte haben können – wenn es sich für Gottes Weg entschieden hätte.

Das Herzleiden der Israeliten hätten sie von sich aus loswerden können. Von Anfang des Alten Bundes an hatte Gott sie zur Reue aufgerufen: „So beschneidet nun eure Herzen und seid hinfort nicht halsstarrig“ (5. Mose 10,16; vgl. dazu auch Jeremia 4,4).

Gott ist gerecht. Er züchtigt uns nie ohne guten Grund, noch erwartet er das von uns, was unmöglich ist. Seine Beziehung zu Israel war von dieser gerechten Haltung geprägt: „Nicht umsonst habe ich geredet, solches Unglück ihnen zu tun“ (Hesekiel 6,10).

Sie wählten die Blindheit

Als Gott Israel erwählte, erwartete er, daß Israel seine Wege akzeptiert. Leider war dies nicht der Fall. Jahrhunderte später beschrieb Stephanus die Haltung seiner Vorfahren folgendermaßen: „Ihm wollten unsre Väter nicht gehorsam werden, sondern sie stießen ihn von sich und wandten sich in ihrem Herzen wieder Ägypten zu“ (Apostelgeschichte 7,39).

In ihrem neuen Heimatland, dem Gelobten Land, sollten die Israeliten Frieden und Ruhe vor ihren Feinden genießen, aber nur dann, wenn sie Gott untertan waren. Der Prophet Jesaja beschreibt Gottes Angebot an Israel: „... er [Gott], der zu ihnen gesagt hat: Das ist die Ruhe; schaffet Ruhe den Müden, und das ist die Erquickung! Aber sie wollten nicht hören“ (Jesaja 28,12). Ihre Weigerung, auf Gott zu hören, verschloß ihnen die Möglichkeit, die Wahrheit Gottes zu verstehen.

Statt Licht bzw. Wahrheit zu erwählen, entschied sich das Volk Israel für Finsternis und Irrtum: „Denn das Herz dieses Volkes ist verstockt, und ihre Ohren hören schwer, und ihre Augen sind geschlossen, damit sie nicht etwa mit den Augen sehen und mit den Ohren hören und mit dem Herzen verstehen und sich bekehren, und ich ihnen helfe“ (Apostelgeschichte 28,27).

Die Israeliten hatten ihre alten Wege lieber als die Wege Gottes: „Aber mein Volk gehorcht nicht meiner Stimme, und Israel will mich nicht. So hab ich sie dahingegeben in die Verstocktheit ihres Herzens, daß sie wandeln nach eigenem Rat. Wenn doch mein Volk mir gehorsam wäre und Israel auf meinem Wege ginge!“ (Psalm 81,12-14).

Rückkehr zur Blindheit

Israel wies die Erkenntnis zurück, die die Gefangenschaft des Volkes verhindert hätte (Hosea 4,6). Gott überließ die Israeliten ihren eigenen Gedanken und Vorstellungen: „Sie aber waren mir ungehorsam und wollten mir nicht gehorchen, und keiner von ihnen warf die Greuelbilder vor seinen Augen weg, und sie verließen die Götzen Ägyptens nicht ... Darum gab auch ich ihnen Gebote, die nicht gut waren, und Gesetze, durch die sie kein Leben haben konnten“ (Hesekiel 20,8. 25).

Manchmal sind die Menschen nur dann bereit, Weisung anzunehmen, wenn sie durch eigene Erfahrung einsehen, daß die Weisung stimmt. Indem Gott erlaubte, daß die Israeliten nach ihren eigenen Vorstellungen lebten, ließ er auch zu, daß Israel die falsche Religion seiner Nachbarn praktizierte: „Sie halten so fest am falschen Gottesdienst, daß sie nicht umkehren wollen“ (Jeremia 8,5). Mit welchem Resultat? Israel lebte wieder in der Finsternis: „Sie lassen sich nichts sagen und sehen nichts ein, sie tappen dahin im Finstern“ (Psalm 82,5).

Der Prophet Sacharja beschrieb das Verhalten Israels gegenüber Gott und seinen Propheten: „Aber sie wollten nicht aufmerken und kehrten mir den Rücken zu und verstockten ihre Ohren, um nicht zu hören, und machten ihre Herzen hart wie Diamant, damit sie nicht hörten das Gesetz und die Worte, die der Herr Zebaoth durch seinen Geist sandte durch die früheren Propheten. Daher ist so großer Zorn vom Herrn Zebaoth gekommen. Und es ist so ergangen: Gleichwie gepredigt wurde und sie nicht hörten, so wollte ich auch nicht hören, als sie riefen, spricht der Herr Zebaoth“ (Sacharja 7,11-13). Der Prophet Jesaja fügt hinzu: „Wir haben Lüge zu unsrer Zuflucht und Trug zu unserm Schutz gemacht“ (Jesaja 28,15).

Die Israeliten lehnten Gottes Hilfe ab, oder wollten sie in Anspruch nehmen, ohne irgendwelche Verpflichtungen einzugehen. Deshalb nahm Gott ihnen das Verständnis, das sie hatten. Der selbsterwählten Blindheit Israels fügte Gott weitere Blindheit hinzu: „Denn der Herr hat über euch einen Geist des tiefen Schlafs ausgegossen und eure Augen zugetan“ (Jesaja 29,10).

Zuerst war es das Volk Israel, das seine Augen gegenüber der Erkenntnis Gottes schloß. Die Entscheidungen der Israeliten lösten großes Leiden aus. In seiner Barmherzigkeit nahm Gott ihnen ihre verbleibende Erkenntnis, damit das Volk nicht dafür zur Rechenschaft gezogen werden konnte (vgl. dazu Lukas 12,48). Nachdem Israel durch viel Leiden demütig geworden ist, wird Gott wieder mit seinem Volk arbeiten.

Das Zeitalter des Neuen Bundes beginnt

Zu Beginn der neutestamentlichen Ära verstockten die Juden ihr Herz und lehnten es ab, Jesus und den Aposteln zu glauben. Sie töteten Stephanus, verprügelten Petrus und Johannes und verfolgten Paulus, als er sie belehren wollte.

In seinem Brief an die Gemeinde in Rom trauert Paulus um den geistlichen Zustand seiner Landsleute (siehe Römer 9,1-5). Um seinen Gefühlen Ausdruck zu verleihen, zitierte Paulus den Propheten Jesaja: „Zu Israel aber spricht er: Den ganzen Tag habe ich meine Hände ausgestreckt nach dem Volk, das sich nichts sagen läßt und widerspricht“ (Römer 10,21).

Paulus beschreibt Gottes Vorgehensweise gegenüber der Rebellion Israels: „Wie nun? Was Israel sucht, das hat es nicht erlangt; die Auserwählten aber haben es erlangt. Die andern sind verstockt, wie geschrieben steht: Gott hat ihnen einen Geist der Betäubung gegeben, Augen, daß sie nicht sehen, und Ohren, daß sie nicht hören, bis auf den heutigen Tag. Und David spricht: Laß ihren Tisch zur Falle werden und zu einer Schlinge und ihnen zum Anstoß und zur Vergeltung. Ihre Augen sollen finster werden, daß sie nicht sehen, und ihren Rücken beuge allezeit“ (Römer 11,7-10).

Gott beließ sie in ihrer Blindheit. Gnädigerweise versuchte Gott nicht, die Juden in ihrer halsstarrigen Haltung des Unglaubens zu berufen. Statt dessen wurde den Heiden die Tür zum Evangelium geöffnet, um damit die Eifersucht Israels zu provozieren.

Israel wird akzeptieren müssen, daß die Heiden vor ihnen in eine Beziehung zum wahren Gott getreten sind und seinen Segen empfangen durften. Israels Halsstarrigkeit wird jedoch nicht ewig anhalten: „So frage ich nun: Sind sie gestrauchelt, damit sie fallen? Das sei ferne! Sondern durch ihren Fall ist den Heiden das Heil widerfahren, damit Israel ihnen nacheifern sollte“ (Römer 11,11). In Israel sind „einige übriggeblieben nach der Wahl der Gnade“ (Römer 11,5).

In dem Leben der Menschen, die eines offenen Sinnes sind und die Gott beruft, findet das Wunder des Verständnisses statt. Niemand kann von dem Schleier der Blindheit befreit werden, es sei denn, daß Gott ihn beruft.

Israels Augen sind von diesem Schleier bedeckt, weil das Volk ein verstocktes Herz hat und Gott sein Volk in diesem Zustand nicht berufen wird. Gott beruft jeden Menschen in Übereinstimmung mit seinem Willen und seinem großen Vorhaben, damit er allen Menschen Barmherzigkeit zeigen kann (siehe Römer 11,29. 32-36).

Der zukünftige Neue Bund mit Israel

Mose ahnte, daß Israel die wunderbare Berufung zum Volk Gottes nicht erfassen konnte. Er wußte, daß die Entscheidung für den Weg des Ungehorsams sie nur auf den Weg des großen Leidens bringen konnte, das in der Endzeit sogar die Versklavung Israels zur Folge haben wird.

Dieses Leiden wird Israel die Notwendigkeit einer Beziehung zu seinem Gott klarmachen (5. Mose 4,27-30). Nachdem sie ihre Lektion gelernt haben werden, werden die Israeliten bereuen, und Gott wird ihnen ein weiches Herz schenken (5. Mose 30,6. 8).

Die Züchtigung durch Hungersnot, Krieg und Pestilenz wird Israel zur Reue führen. Der Schleier wird von Israels Augen entfernt werden, damit es Gottes großen Heilsplan erkennen kann. Die Israeliten werden wissen, wer ihr Retter ist, denn sie werden ihn ansehen, „den sie durchbohrt haben“ (Sacharja 12,10).

Israel wird schließlich doch ein demütiges Volk mit einem offenen Herzen sein. Blindheit wird nicht mehr gefragt sein, und Israel wird sich der Weisung Gottes nicht länger verschließen. Das Resultat? Gott wird einen so großen Segen auf sein Volk ausschütten, wie es ihn noch niemals erlebt hat:

„Siehe, es kommt die Zeit, spricht der Herr, daß man zugleich ackern und ernten, zugleich keltern und säen wird. Und die Berge werden von süßem Wein triefen, und alle Hügel werden fruchtbar sein“ (Amos 9,13).