Jahrein, jahraus ist die Bibel ein Bestseller mit einer Auflage, die kein anderes Buch nur annähernd erreicht. Wann haben Sie sie zum letzten Mal gelesen?

Von John Ross Schroeder

„Milk has something for everyone“ – Milch hat für jeden etwas, heißt ein bekannter Werbespruch in den USA, und er mag recht haben, vorausgesetzt, man gehört nicht zu den Unglücklichen, die gegen Milch allergisch sind. Würden Sie aber glauben, dass es auch ein Buch gibt, das wirklich für jeden etwas hat?

Gewiss, die Geschmäcker sind verschieden. Aber worauf Sie persönlich auch immer „stehen“ mögen: Die Bibel hat wahrscheinlich sehr Interessantes dazu zu sagen. Sie ist in erster Linie ein Buch voll geistlicher Wahrheit, doch sie enthält auch Angaben zur materiellen Welt, denn die Offenbarung geistlicher Erkenntnis fand in einem irdischen, geschichtlichen Rahmen statt.

Die Bibel bietet uns also Informationen über die natürliche Welt. Dazu gehören Angaben über die Herstellung von Ordnung in der Schöpfung, Anweisungen zur Organisation einer funktionierenden Gesellschaft, Prinzipien zu beruflichem und finanziellem Erfolg und Richtlinien zu Gesundheit und Ernährung.

Nehmen wir an, Sie lesen gern Gedichte. Viele der Psalmen Davids sind Gebete in Gedichtform – Lieder sogar, zu Melodien gesetzt, die verloren gegangen sind. Oder das Buch Hiob: In seiner poetischen Eindringlichkeit zählt es zu den ganz großen Werken der Weltliteratur, und die Lehre, die es enthält, geht jeden an.

Für den Geschichtsforscher

Interessiert Sie Geschichte? Dann haben Sie in der Bibel ein erstrangiges Quellenwerk. Es sagt Ihnen, woher der Mensch kommt, wozu er hier auf die Erde gesetzt wurde und wohin er geht (siehe 1. Mose 1,26). Darüber sollte jeder Bescheid wissen.

In religiösen Schriften aus dem Nahen Osten, Asien, Afrika und Lateinamerika finden wir Berichte über die Schöpfung, in denen Götterkämpfe und das Zerschneiden der unterlegenen „Götter“ als Erklärung für die Entstehung von Himmel und Erde gegeben wird. Die alten Griechen meinten, auf den Schultern des mythologischen Atlas ruhten die Säulen, die Himmel und Erde auseinanderhielten. In Indien wird nach der Religion der Hindus die Erde auf acht riesengroßen Elefanten gestützt. Im Gegensatz zu diesen Vorstellungen sagt die Bibel aus, dass „die Erde über das Nichts“ gehängt wurde (Hiob 26,7). Diese Darstellung Hiobs gab es ca. 3500 Jahre, bevor der Engländer Isaac Newton die Gesetze der Schwerkraft entdeckte.

Die meisten weltlichen Geschichtsbücher legen den Ursprung des Menschen in den Nahen Osten (Morgenland). Die Bibel selbst, das muss man sich einmal bewusst machen, ist kein abendländisches, sondern ein in der Hauptsache morgenländisches Buch: Historisch, geografisch und ethnisch ist sie aus der Sicht des Nahen Ostens geschrieben. Das erste Buch der Bibel gibt als Urheimat des Menschen das Euphrat-Tigris-Tal an, Mesopotamien, das Zweistromland (1. Mose 2,8-15).

Die Genesis (1. Buch Mose) spannt geschichtlich den weitesten Bogen aller Bibelbücher. Abgesehen von einem nicht näher bezeichneten Zeitraum bis zur Erschaffung des Menschen (Vorgeschichte) schildern die ersten sechs Kapitel in skizzenhafter, stark geraffter Form die ersten 1650 Jahre Menschheitsgeschichte. Insgesamt behandelt dieses Buch einen Zeitraum von 2300 Jahren, von Adam bis Joseph. Der Rest des Alten Testaments befasst sich größtenteils mit der Geschichte einer einzigen Familie, die zum Volk heranwuchs – der Familie Abrahams (1. Mose 12 bis Maleachi).

Die vier Evangelien zeichnen das Leben Jesu Christi nach, vor allem sein dreieinhalbjähriges Wirken in Palästina. Die darauffolgende Zeit der ersten Jahre der Urkirche wird von dem Arzt Lukas im Buch Apostelgeschichte geschildert.

Wer sich für Genealogie interessiert, sei auf das Geschlechtsregister in 1. Mose 5 hingewiesen. In den Anfangskapiteln des 1. Buches der Chronik wird es wiederholt, zusammengefasst und erweitert. Noch an anderen Stellen des Alten Testaments finden sich Chronologien und Ahnentafeln. Der Stammbaum Jesu (durch Josef, seinen rechtmäßigen Vater) ist im ersten Kapitel von Matthäus niedergelegt, seine Abstammung mütterlicherseits im dritten Kapitel von Lukas. Freilich, genealogisches Forschen sollte nicht zum Selbstzweck werden (Titus 3,9), dennoch kann es ein reizvolles Hobby sein.

Philosophie

„Stehen“ Sie auf Philosophie? Dann, gerade dann, hat die Bibel auch für Sie etwas. Die Kerngedanken der Weltanschauung Jesu kommen in der Bergpredigt zum Ausdruck: Sie stellt für den Menschen die höchsten sittlichen Verhaltensmaßstäbe auf, die man überhaupt finden kann.

Mehr von der menschlich-philosophischen Seite her spricht das Buch Prediger. Es ist ein Lehrbuch im wahrsten Sinn, voll elementarer Erkenntnisse und Grundsätze wie: „Weil das Urteil über böses Tun nicht sogleich ergeht, wird das Herz der Menschen voll Begier, Böses zu tun“ (8,11). Was könnte treffender auf die schleppende Mühle der Justiz von heute gemünzt sein, unsere überarbeiteten Gerichte?

Die Hauptbotschaft

Oder sind Sie eher religiös? Nun, warum leugnen, dass es der biblischen Offenbarung in der Hauptsache darum geht, wie es geistlich um den Menschen bestellt ist.

Das geistliche – und, übrigens, auch das körperliche – Heil ist Generalthema des gesamten jüdisch-christlichen Bibelkanons von sechsundsechzig Büchern.

Die Heilsgeschichte beginnt im ersten Buch Mose, kurz zusammengefasst im inhaltsschweren Satz Gottes: „Lasset uns Menschen machen, ein Bild, das uns gleich sei“ (1,26). Der Mensch, und nur der Mensch, wurde geschaffen zur Gemeinschaft mit Gott – auf Ewigkeit, versteht man es richtig.

Prophezeiungen

Eine gute, wenngleich nicht sehr geläufige Definition für Prophetie lautet: „vorweggenommene Geschichtsschreibung“. Damit ist die Darstellung von Ereignissen gemeint, bevor sie eintreten. In welchem anderen religiösen Buch der Antike finden wir sowohl Voraussagen für eine ferne Zukunft als auch viele Jahrhunderte später eine detaillierte Aufzeichnung ihrer Erfüllung?

Wilbur Smith, Professor für Theologie an dem „Moody Bible Institute“, dessen persönliche Bibliothek 25 000 Bände umfasst, stellte zum prophetischen Inhalt der Bibel im Vergleich zu anderen religiösen Schriften fest: „Sie ist das einzige menschliche Werk, in dem sich eine Fülle von Prophezeiungen in Bezug auf einzelne Nationen, auf Israel, auf alle Völker der Erde, auf bestimmte Städte und auf das Kommen dessen, der der Messias sein sollte, befindet“ (The Incomparable Book, 1961, Seite 9-10).

Einige biblische Voraussagen haben sich bereits erfüllt, andere erfüllen sich im Augenblick, wieder andere werden sich in naher oder ferner Zukunft erfüllen. Rund ein Viertel der Bibel besteht aus Prophezeiungen.

Kommentatoren erklären gern, dass „ein Viertel der Bibel Prophetie ist“, was zwar eine Verallgemeinerung darstellt, aber doch im Großen und Ganzen stimmt. Wie aus einer näheren Untersuchung ersichtlich, enthalten von den 23 210 alttestamentlichen Versen 6641 Verse oder 28,5 Prozent Voraussagen, von den 7914 neutestamentlichen Versen 1711 Verse oder 21,5 Prozent. Von den 31 124 Versen der gesamten Bibel enthalten also 8352 Verse Voraussagen, ein Anteil von 27 Prozent.

Für praktisch Veranlagte

Vielleicht sind Sie ein nüchtern-praktischer Mensch, der gerade für handfeste Alltagsprobleme Hilfe braucht. An poetischer, philosophischer, auch religiöser Lektüre mag Ihnen im Augenblick wenig gelegen sein. Auch für Sie ist die Bibel geschrieben!

Das Buch der Sprüche ist da eine wahre Fundgrube – etwa (greifen wir ein aktuelles Problem heraus) für den Arbeitssuchenden. Nicht aufgeben (Sprüche 24,10); Fleiß und Sorgfalt bei der Suche walten lassen (27,23-24; 24,30-34); weisen Rat einholen (11,14; 19,20).

Das Buch der Sprüche ist thematisch sehr umfassend. Es spiegelt Salomos großen Interessenkreis wider: Handel und Gewerbe, Natur, Landwirtschaft, eheliche Beziehungen, Freunde, Kinder und Dutzende anderer Lebensbereiche des Menschen. Die Sprüche enthalten Hunderte praktischer, lebensnaher Perlen der Weisheit, die man sich auch einzeln, je nachdem wie man Zeit hat, zu Gemüte führen kann.

Einsteigen und mitmachen!

Hat man den Einstieg gefunden, erweist sich die Bibel als ein überaus faszinierendes Buch. Man muss sich nur, wie es so schön heißt, einmal „hineinknien“. Nach Überwindung der Schwellenangst geht es dann um so leichter. Chronologien und altertümliche Sprache mögen einen am Anfang befremden. Das Gegenmittel? Chronologische Tabellen nur überlesen und eine moderne Übersetzung verwenden wie etwa die Gute Nachricht Bibel.

Welche Übersetzung Sie auch wählen: Sie sind es sich schuldig, sich einmal „hineinzuknien“ und festzustellen, was die Bibel Ihnen zu bieten hat!