Superstaaten gab es in der Vergangenheit schon oft. Politische Führer schlagen heute ein System vor, das die Hegemonie über andere Staaten ausüben wird.

Von Donald Ward

In der Umgangssprache deutet das Wort super auf etwas von großer Herausragenheit und Stärke hin. Im technischen Sinn kennzeichnet super etwas, das einen hohen Rang anführt oder über etwas Geringerem steht. Ein Superstaat ist ein Staat, der über anderen Staaten steht.

Der erste Superstaat

Kurz nach der Flut teilte Gott die Erde unter den Familienmitgliedern Noahs auf (1. Mose 10,32). Während ihrer Reise aus dem Osten trafen sie auf das Land Schinar. In Schinar führte Nimrod eine Rebellion gegen Gottes Gebot an die Nachfahren Noahs an, die Erde wieder zu bevölkern. Nimrod war sich bewußt, daß es unmöglich wäre, die Herrschaft über die Menschheit auf Erden zu erlangen, wenn sie überall verteilt wäre. Deshalb ließ er einen Turm bauen, zu dem die Völker schauen sollten, damit sie nicht in alle Welt verteilt würden (1. Mose 11,4). Gott griff jedoch ein, indem er die Sprache der Völker verwirrte, und zwang sie somit, sich auf der ganzen Erde zu zerstreuen.

Während die Familien Noahs ihre Gebiete besiedelten, entwickelten sie sich mit der Zeit zu Nationalstaaten. Gott ist der Gründer von Familien, Stämmen und Nationen. Seit jeher ist es Gottes Wunsch, daß Nationen nach seinem Gesetz leben. Die Regierung einer Nation soll dem Volk des Landes dienen. Genauso wie ein liebender Vater für die Bedürfnisse seiner Familie sorgt, sollte der Staat für die Bedürfnisse seiner Familien sorgen. Gott gab Noahs Familien ein irdisches Erbe. Dieses Erbe oder Land war den Menschen gegeben worden, um sie zu ernähren. Sie sollten es pflegen und erhalten. Somit sollte der nationale Staat die Souveränität über sein Land und sein Volk behalten. Souveränität bedeutet, daß Nationen das Recht haben, ihr Land zu behalten und ihr Volk zu regieren.

Einige Nationalstaaten entwickelten sich so, daß die Freiheit des Einzelnen wachsen konnte. Andere Staaten entwickelten sich unter diktatorischen Richtlinien und unterdrückten ihr eigenes Volk. Die Annalen der Geschichte zeugen von dem Erfolg oder dem Mißerfolg der verschiedenen Nationen.

Diktatoren vieler Nationalstaaten gewannen genug Macht, Ressourcen und Kontrolle über das eigene Volk, um andere Nationen zu erobern. Namen wie Alexander der Große und Dschingis-Khan kommen in den Sinn. Die unterworfenen Länder wurden als Reich bezeichnet, weil sie einem Herrscher unterstanden. Reiche entstanden jedoch durch die Eroberung von Nationalstaaten.

Die Entstehung des modernen Superstaates

Auf viel subtilere Weise entsteht heute ein großer Superstaat. Durch eine andere Form der Eroberung wird Nationen eine übergeordnete Kontrolle auferlegt. Diese Eroberung ist hauptsächlich wirtschaftlicher Art, hat aber weitreichende politische und militärische Auswirkungen. Der moderne Superstaat wird im Namen der Globalisierung entwickelt. Das Konzept der Globalisierung liegt den politischen und wirtschaftlichen Führern dieser Welt sehr leicht auf den Lippen. Die Führer der Europäischen Union haben die Globalisierung allerdings als eines der Hindernisse erkannt, die einer vollständigen Vereinigung Europas im Wege steht. Deshalb sagte der Präsident der EU, daß Europa in einen Superstaat verwandelt werden müsse, um auf dem globalen Markt wettbewerbsfähig bleiben zu können.

In einer Rede sagte der Präsident der EU-Kommission Romano Prodi, daß „Globalisierung vor allem bedeutet, daß den Herausforderungen der Märkte nicht zu entkommen ist: In unserer Welt ist es schwierig geworden, sich zu verstecken. Sich in eine Festung einzuschließen, macht keinen Sinn, wenn man bedenkt, daß die zwei zentralen Punkte, die die Globalisierung beschleunigt haben, nämlich die Informationstechnologie und die Finanzmärkte, keine Grenzen kennen.“ Prodi sagte weiter: „Europa braucht eine neue Dimension, um diese Themen anpacken zu können“ (Electronic Telegraph, 13. April 1999). Die neue politische Dimension, für die Prodi eintritt, ist der Föderalismus von Europa. Dies bedeutet, daß den Mitgliedsstaaten eine zentrale Regierung oder eine Superregierung auferlegt wird.

Prodi veröffentlichte 1999 einen Bericht zur Entwicklung eines Superstaates, den er kurz nach seiner Ernennung zum Präsidenten der europäischen Kommission in Auftrag gegeben hatte. Der ehemalige Bundespräsident Richard von Weizäcker, der ehemalige belgische Premierminister Jean-Luc Dehaene und Lord Simon von Highbury, ehemaliger Vorsitzender von British Petroleum, sind die von Prodi berufenen drei Weisen, die den Bericht erarbeiteten.

Der Bericht enthält einen Vorschlag, wonach den Mitgliedsstaaten ihr Vetorecht über eine Reihe von Themen genommen würde. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt haben die Mitgliedsstaaten ein Vetorecht über die Sicherheit der Europäischen Union, Außen- und Innenpolitik sowie die Justiz. Noch wichtiger ist das Vetorecht in Steuerangelegenheiten.

Darüber hinaus plädiert der Bericht für eine Umwandlung der europäischen Bürokratie in eine föderalistische europäische Regierung (Electronic Telegraph, 19. Oktober 1999). Prodi plädiert für eine neue politische Struktur, nämlich die Föderalisation Europas.

Tiefgreifende Änderungen für den neuen Staat vorgeschlagen

Die Pläne von EU-Präsident Prodi zur Gründung eines europäischen Superstaates haben einige Mitglieder der britischen Tory-Partei erzürnt. Tory-Kritiker beschuldigten Prodi, ein „Alptraumszenario“ für Europa zu planen. Nach Veröffentlichung des Berichts stimmte der britische Premierminister Tony Blair Prodi zu, daß die Mehrheitswahl das alte Vetosystem ablösen sollte; sonst „könnte jedes Land zu jeder Zeit jegliche Veränderung verhindern“. Die Tories verurteilten diesen Zug als einen „Entwurf für einen europäischen Superstaat“ (Electronic Telegraph vom 8. Oktober 1999).

Blair bekommt jetzt zu Hause heftigen politischen Protest zu spüren und wird vielleicht seinen Standpunkt abschwächen, insbesondere in Bezug auf die Steuern. Die Völker der Mitgliedsstaaten sind nicht besonders erpicht darauf, daß ihnen Bürokraten aus Brüssel Steuern auferlegen.

Die vielleicht bemerkenswerteste Gesetzgebung, die in der EU überlegt wird, ist ein föderalistisches Rechtssystem. Das europäische Parlament schlug mit großer Mehrheit ein einziges europäisches Rechtssystem, corpus juris, vor. Wenn das corpus juris-System von den Mitgliedsstaaten angenommen wird, wird es das englische und schottische Gesetz ablösen. Unter corpus juris wird es einem EU-Beamten möglich sein, jemanden auf unbestimmte Zeit festzusetzen, ohne vorher einen Beweis vorzulegen, der diese Maßnahme rechtfertigen würde. Statt daß eine Person als unschuldig gilt, bis ihre Schuld bewiesen wird, müßte man dann die eigene Unschuld beweisen.

Großbritannien reagierte sehr heftig auf diesen Vorschlag. Am 30. Mai 1999 veröffentlichte ein Ausschuß des Oberhauses des britischen Parlaments einen vernichtenden Bericht über das corpus juris, den Plan der EU für ein gemeinsames Kriminalgesetz und die Gründung einer europäischen Staatsanwaltschaft. Der Bericht stellt fest, daß der Vorschlag das britische Strafgesetz entscheidend verändern würde.

Lord Stoddart von Swindon, Vorsitzender der Bewegung für ein unabhängiges Großbritannien, begrüßte diesen Bericht: „Ich freue mich, daß der Ausschuß das corpus juris so gründlich untersucht hat, und es für das, was es wirklich ist, dargestellt hat, d. h. ein Versuch, unser traditionelles Recht eines Schwurgerichts zu beseitigen, um es durch einen diktatorischen europäischen Staatsanwalt mit enormer Macht zu ersetzen. Solch ein Arrangement wäre ein Affront gegenüber allem, was wir in diesem Land lieben.“

Lord Stoddart zeigte sich bestürzt über das Verhalten der britischen Labour-Abgeordneten im Europaparlament, die am 13. April 1999 mit überwältigender Mehrheit für den nach seiner Meinung fehlerhaften und gefährlichen Vorschlag gestimmt haben.

Die NATO wird zur Armee der Vereinigten Staaten von Europa

Anläßlich der feierlichen Zusammenkunft zum 50jährigen Jubiläum der NATO wurde in einer offiziellen Erklärung bekanntgegeben, daß der EU uneingeschränkten Zugang zur NATO-Planung eingeräumt werden soll. Eine neue Befehlsstruktur soll geschaffen werden, um der EU-Kommission die Befehlsgewalt über europäische NATO-Truppen für ein breites Einsatzspektrum zu ermöglichen. Zu den zukünftigen Einsätzen der „europäischen“ NATO könnten Friedensmissionen in Europa gehören, wobei ein Teil Rußlands und die Balkanregion als mögliches Einsatzgebiet mit eingeschlossen wären.

Nach der Veröffentlichung der Erklärung drückte der Präsident der EU-Kommission seine Hoffnung aus, daß die NATO-Entscheidung zu der Gründung einer EU-Streitmacht führen wird. Sollte seine Hoffnung Wirklichkeit werden, wären die Streitkräfte der einzelnen EU-Staaten nicht mehr der direkten Kontrolle der eigenen Regierung unterstellt. Eine Befehlsstruktur dieser Art wurde bereits mit der Beteiligung der NATO-Supermacht, der USA, in dem Kosovo-Krieg eingesetzt. Derzeit leistet die NATO unter der Kontrolle der UNO eine Friedensmission im Kosovo.

Der europäische Superstaat befindet sich in der Entwicklung. An dieser Stelle weisen wir jedoch mit Nachdruck darauf hin, daß dieses Europa in vielfältiger Weise die Führung der UNO anerkennt.

US-Beamte befürworten eine globale Verwaltung

Führende Beamte in der Clinton-Administration sind davon überzeugt, daß die Welt zu einer globalen Regierung verschmelzen muß, um die gemeinsamen globalen Probleme lösen zu können. Praktisch gesehen würde dies die Auflösung des Nationalstaates in seiner gegenwärtigen Form bedeuten. Der Nationalstaat würde weiterhin bestehen, aber nur als Vasallenstaat unter einer übergeordneten globalen Autorität.

Kein anderes Mitglied der Clinton-Regierung drückt den Wunsch nach einer globalen Regierung so klar aus wie Strobe Talbott, der stellvertretende US-Außenminister. Er glaubt, daß die USA bis zum Ende des neuen Jahrhunderts vielleicht nicht mehr in ihrer gegenwärtigen Form existieren werden.

In einem Beitrag für die New York Times mit dem Titel „Die Geburt eines globalen Staates“, welcher am 20. Juli 1992 veröffentlicht wurde, schrieb Talbott, daß er sich auf eine Regierung freut, die „unter einer globalen Autorität“ geführt wird. Er fuhr fort: „Innerhalb der nächsten hundert Jahre ... wird es den Nationalstaat, wie wir ihn kennen, nicht mehr geben; alle Staaten werden eine einzige, globale Autorität anerkennen.“ Strobe Talbott ist vielleicht ein größerer Prophet, als es ihm selbst bewußt ist.

Gottes Antwort auf den zukünftigen Superstaat

Biblische Prophezeiung offenbart, daß ein großer Superstaat und eine universelle Religion kurz vor der Rückkehr Christi die Erde regieren werden. Keine Nation wird einen Krieg gegen diesen Superstaat und diese religiöse Autorität führen können. Darüber hinaus wird jede Person auf Erden, deren Name nicht im Buch des Lebens steht, verführt werden, das Tier anzubeten (Offenbarung 13,4-8).

Die Nationen, die diesen von Satan inspirierten Superstaat bilden, werden gegen den wiederkehrenden Jesus Christus und die Heiligen ankämpfen: „Und die zehn Hörner, die du gesehen hast, das sind zehn Könige, die ihr Reich noch nicht empfangen haben; aber wie Könige werden sie für eine Stunde Macht empfangen zusammen mit dem Tier. Diese sind eines Sinnes und geben ihre Kraft und Macht dem Tier. Die werden gegen das Lamm kämpfen, und das Lamm wird sie überwinden, denn es ist der Herr aller Herren und der König aller Könige“ (Offenbarung 17,12-14).

An diesem kritischen Punkt in der Menschheitsgeschichte wird Jesus Christus sein Reich auf Erden errichten: „Und der siebente Engel blies seine Posaune; und es erhoben sich große Stimmen im Himmel, die sprachen: Es sind die Reiche der Welt unseres Herrn und seines Christus geworden, und er wird regieren von Ewigkeit zu Ewigkeit“ (Offenbarung 11,15). Dieser Superstaat wird die Erde in Gerechtigkeit und Liebe regieren. Nationen werden ihre Schwerter zu Pflugscharen machen, und sie werden keinen Krieg mehr lernen. Ja, der Superstaat wird kommen!