In Zeiten der Versuchung achten Sie auf Ihre Gefühle, Ihr Umfeld und deren Umstände. Sprechen Sie mit einer Vertrauensperson über Ihre inneren Kämpfe.
Von Mitchell Moss
Sie sitzen mit Ihren engsten Freunden in Ihrem Lieblingsrestaurant. Manche dieser Freunde haben Sie seit Langem nicht mehr gesehen. Das Essen ist köstlich, die Unterhaltung lebhaft, und die Stimmung einfach schön. Nach dem Essen fährt man zur Wohnung eines der Freunde und deckt man sich auf dem Weg dorthin mit Bier, Wein und Spirituosen ein. Der Gastgeber setzt Musik auf und bietet allen eine Nachspeise an.
Die Stunden vergehen im Nu. Über dem Scherzen und Lachen wird der Ernst des Lebens vergessen. Vom grauen Alltag bleibt keine Spur. Noch einen Schluck, noch einen Schluck, und noch wieder ein Schlückchen. Beim nächtlichen Aufbruch ist man nur noch bei halbem Bewusstsein und wird von der nüchternen Exehepartnerin nach Hause gefahren.
Sie sind beileibe kein Alkoholiker. Aber mal ehrlich, wie oft haben Sie einen über den Durst getrunken? Manchmal haben Sie sich schon in der Gewalt, aber vielleicht treten Sie öfter daneben, als Ihnen lieb ist. Wenn das der Fall ist, was können Sie dagegen tun?
In Ihrem Leben mag der Alkohol keine besondere Rolle spielen. Ich verwende diese Geschichte nur als Beispiel für die Macht sündhafter Gewohnheiten. Wenn Alkohol im Spiel ist, wird alles natürlich schwieriger, weil er die Entscheidungsfähigkeit einschränkt.
Aber viele andere Sünden haben ebenfalls die Macht, uns in ihrem Bann zu halten. Das geschieht nicht nur durch Stoffe, die wir durch den Mund einnehmen, sondern auch durch Stoffe, die im Körper entstehen und in die Blutbahn gelassen werden, wie zum Beispiel das Adrenalin. Auslöser dafür können Geisteszustände wie sexuelle Begierde, Zorn, Eifersucht und Gier sein, nicht selten durch den Genuss von Alkohol verstärkt.
Jeder hat sein Kreuz zu tragen, nämlich die Gewohnheiten und Sünden, denen man in der Taufe gestorben ist. Diese Analogie finden wir im Brief des Apostels Paulus an die Christen in Rom:
„Wisst ihr nicht, dass alle, die wir auf Christus Jesus getauft sind, die sind in seinen Tod getauft? So sind wir ja mit ihm begraben durch die Taufe in den Tod, damit, wie Christus auferweckt ist von den Toten durch die Herrlichkeit des Vaters, auch wir in einem neuen Leben wandeln. Denn wenn wir mit ihm verbunden und ihm gleichgeworden sind in seinem Tod, so werden wir ihm auch in der Auferstehung gleich sein. Wir wissen ja, dass unser alter Mensch mit ihm gekreuzigt ist, damit der Leib der Sünde vernichtet werde, so dass wir hinfort der Sünde nicht dienen“ (Römer 6,3-6; alle Hervorhebungen durch uns).
In seinem Brief an die Galater fügt Paulus hinzu: „Die aber Christus Jesus angehören, die haben ihr Fleisch gekreuzigt samt den Leidenschaften und Begierden“ (Galater 5,24).
Dennoch reckt die Sünde immer wieder ihr hässliches Haupt. Ein Christ muss gegen diese Sünden kämpfen und sich mit Christus verbünden, der für uns die Welt überwunden hat: „Das habe ich mit euch geredet, damit ihr in mir Frieden habt. In der Welt habt ihr Angst; aber seid getrost, ich habe die Welt überwunden“ (Johannes 16,33; vgl. dazu auch 1. Johannes 5,4).
Christus stellt uns den Tröster – den heiligen Geist – zur Verfügung: „Ich will den Vater bitten, und er wird euch einen andern Tröster geben, dass er bei euch sei in Ewigkeit: den Geist der Wahrheit, den die Welt nicht empfangen kann, denn sie sieht ihn nicht und kennt ihn nicht. Ihr kennt ihn, denn er bleibt bei euch und wird in euch sein“ (Johannes 14,16-17).
Und die Kraft dieses Geistes in uns ermöglicht auch eine Verwandlung in uns. Manchmal sehnen wir uns nach dieser Verwandlung, aber wenn wir mit uns ehrlich sind, ist sie uns manchmal auch ziemlich egal.
Nehmen wir an, dass Sie ein Laster in Ihrem Leben identifiziert haben, das allen Ihren Angriffen trotzt, und zwar nicht zuletzt, weil Sie daran viel Freude finden. Danach aber bringt das helle Tageslicht Schuldgefühle, Beschämung und Reue. So weit gut, aber das allein reicht nicht aus, um dieses Laster zu überwinden. Man braucht einen Plan, um diese Sünde niederzuringen.
Nachfolgend gebe ich Ihnen einige schwer verdiente Hinweise zur Überwindung von Sünden. Denn wie jeder andere habe ich bereits mit der Hilfe Gottes und mit großer Genugtuung manche Sünde in den Griff bekommen. Aber dann habe ich weitere Sünden erkannt, die vorher im Hintergrund gelauert hatten.
1. Um Gefahr zu erkennen, achten Sie auf Ihre Gefühle
Es mag banal klingen, aber wie oft kommt es vor, dass wir über uns selbst den Kopf schütteln? Wir tappen in eine Falle, ohne es zu merken, bis es zu spät ist. Da heißt es ständig aufmerken. Wir müssen dauernd auf unsere Gefühle achten, denn die Sünde fängt fast immer im Herzen an, noch bevor die Gedanken und das Gewissen auf den Plan treten können: „Es ist das Herz ein trotzig und verzagt Ding; wer kann es ergründen?“ (Jeremia 17,9).
Die Nachricht im Handy lässt das Herz einen Schlag überspringen. Das Adrenalin schießt in die Blutbahn, bevor man eine Beleidigung vergelten kann. Die Sinne werden scharf, noch ehe man etwas in die Suchmaschine tippt.
Welches Laster weckt ihr Gewissen, aber nur mit schwacher Stimme? Welche Gewohnheit erzeugt Schuldgefühle danach, aber nicht davor? Das alles fängt im Herzen an, und trotz der Parole, seinem Herzen zu folgen, sollten wir gerade das nicht tun, wenn es uns auf eine schiefe Bahn führen kann.
Hilfreich kann es sein, die Gefühle vor, während und nach der sündhaften Tat zu untersuchen, tief darüber nachzudenken und alles aufzuschreiben. Am besten macht man das sofort, wenn alles noch frisch im Gedächtnis ist.
2. Bei Gewohnheitssünden auf die Umstände achten
Im Alltag, wenn man unter Menschen ist, sind manche Sünden undenkbar. Aber wenn man allein ist, zum Beispiel bei Nacht, können sie einem unentwegt zu schaffen machen.
Andere Sünden wiederum, die sich im Kopf und Herzen abspielen, können jederzeit passieren. Noch andere Sünden werden durch den Umgang mit bestimmten Personen ausgelöst. Um die Sünde zu überwinden, muss man diese verschiedenen Situationen zur Kenntnis nehmen.
Der erste Hinweis hatte mit inneren Umständen zu tun. Dieser zweite Hinweis zielt auf äußere Umstände. Welche Tageszeit hat man? Wo hält man sich auf? Mit wem hält man sich auf? Ist man allein? Hat man Hunger? Ist man müde? Wie ist die Laune? Wie lange ist die letzte Versuchung her?
Haben Sie gerade Krach mit jemandem gehabt? Sind Sie betrunken? Haben Sie sich gerade einen zwielichtigen Film angeschaut? Haben Sie sich gerade etwas Verletzendes anhören müssen? Hier lohnt es sich, in die Tiefe zu gehen.
In bestimmten Situationen haben unsere edelsten Absichten gar keine Chance. Es kommt also darauf an, solche Situationen von vornherein zu vermeiden. Das geht aber nur, wenn wir auf scheinbar geringfügige Entscheidungen achtgeben.
Betrachten Sie diese beiden Hinweise zusammen. Denken Sie über die inneren und äußeren Umstände nach, die zur Sünde führen. Bald werden Sie Verhaltensmuster, Gefühle, Leute, Orte, Zeiten und andere Faktoren erkennen, die das Laster fördern. Beim nächsten Mal können Sie dann diese Umstände rechtzeitig wahrnehmen und Widerstand leisten. Sie können dann auf die Stimme Ihres Gewissens hören.
3. Mit einer Vertrauensperson über innere Kämpfe sprechen
Je öfter man eine Sünde begeht, desto stumpfer wird das Gewissen und desto schwächer das Unrechtsbewusstsein. Heute gilt als unbedenklich, was vor einem Monat noch als undenkbar gegolten hätte. Viele besinnen sich erst, wenn sie einen absoluten Nullpunkt erreicht haben. Unsere Sicht der Dinge kann uns täuschen. Wir sind mit unserem Innenleben so vertraut, dass unsere Fehltritte nicht so schwerwiegend wirken. Dabei sinken wir immer tiefer.
Also erzählen Sie einer Vertrauensperson von Ihren inneren Kämpfen: „Bekennt also einander eure Sünden und betet füreinander, dass ihr gesund werdet. Des Gerechten Gebet vermag viel, wenn es ernstlich ist“ (Jakobus 5,16).
Ihr Gesprächspartner kann dann ihr Bewusstsein für das Böse schärfen. Wenn Sie ihm erklären, welche Gefühle Sie verleiteten und mit welchem Ergebnis, kann er Ihnen vielleicht helfen, sich vor solchen Umständen in Acht zu nehmen, vor allem dann, wenn er dabei ist.
Wenn er nicht dabei ist, muss man andere Wege finden. Wesentlich ist, dass Sie vor Ihrer Vertrauensperson Rechenschaft über Ihr Verhalten ablegen. Wenn Sie sich nicht in der Gewalt haben, kann sie versuchen, ermahnend auf Sie einzuwirken.
Der Partner muss so vertrauenswürdig sein, dass er nichts von Ihren inneren Kämpfen weitererzählt. Aber er muss auch so viel für Sie übrig haben, dass er Sie von Ihren Sünden abhalten will. Ein Freund, der Ihre Laster schönfärbt oder nicht einschreitet, wenn es angebracht wäre, leistet Ihnen nur Bärendienste:
„Greif ein, wenn das Leben eines Menschen in Gefahr ist; tu, was du kannst, um ihn vor dem Tod zu retten! Vielleicht sagst du: Wir wussten doch nichts davon! – aber du kannst sicher sein: Gott weiß Bescheid! Er sieht dir ins Herz! Jedem gibt er das, was er verdient“ (Sprüche 24,11-12; „Hoffnung für alle“-Übersetzung).
Wie wäre es denn, wenn ein Freund Sie um Hilfe bei der Überwindung von Sünde bitten würde, und Sie ihn gewähren lassen, wenn er einer Versuchung nachgibt? Machen Sie Ihrer Vertrauensperson klar, dass sie Ihre Ausreden nicht gelten lassen, sondern Sie bei Fehltritten zurechtweisen soll.
Die drei Hinweise, die wir in diesem Beitrag besprochen haben, sind nur erste Schritte auf dem Weg zur vollständigen Reue. So könnten wir noch viel über die Rolle des heiligen Geistes schreiben, der uns auf den richtigen Weg führen kann, wenn wir uns ihm ergeben.
Wir könnten auf die Wichtigkeit eingehen, nicht nur die Sünde abzutöten, sondern sie durch die gute Frucht des Geistes zu ersetzen: „Wenn wir im Geist leben, so lasst uns auch im Geist wandeln“ (Galater 5,25).
Und vieles andere mehr. Wir können Gott dankbar sein, dass er uns in seiner Gnade unsere Sünden nur in kleinen Mengen vor Augen führt. Es ist wahrscheinlich, dass wir Laster haben, die wir bisher nicht erkannt haben, weil Gott uns nicht mit allem auf einmal überfordern will.
Hoffentlich haben Sie nicht den Eindruck gewonnen, dass das christliche Leben lästig und ermüdend ist, denn das muss es überhaupt nicht sein. Es gehört zwar einiges an Mühe dazu, aber diese Mühe lohnt sich allemal und führt zu einem weitaus erfüllteren Leben.
Sich treiben zu lassen mag einfacher erscheinen, aber es führt zu keinem guten Ergebnis. Überwindung verlangt zwar Mühe, und manchmal muss man schwere Herausforderungen bestehen, aber wenn man konsequent auf diesem Weg fortschreitet, hat man nachher einen tieferen, beständigeren, und aufrichtigeren seelischen Frieden durch die Gnade unseres göttlichen Vaters und des Herrn Jesus Christus.
Die allgegenwärtige Sünde erkennen
Die allgemeine Unkenntnis der Sünde ist ein tragisches Zeichen unserer Zeit. Über die Sünde redet man heute nicht viel. Unsere Unterhaltungsindustrie liefert uns heute Filme per Kabel oder Satellit, in denen die Darstellung von Gewalt und außerehelichem Sex normal ist. Unsere Zeitungen berichten täglich von Mord und Vergewaltigung. Kirchliche Führer und Gremien überlegen den „Wert“ alternativer Lebensweisen.
Oft ist die Sünde unsere gedankenlose Reaktion auf einen bestimmten Umstand in unserem Leben. Dabei wurde Sünde zu unserer gewohnheitsmäßigen Reaktion. Es mag ein Fluchwort sein, das doch nicht unausgesprochen bleibt, oder ein Gedanke oder eine Handlung, ob absichtlich oder unabsichtlich. Wir müssen jedoch verstehen, dass Sünde mehr als nur eine einzelne Tat ist. Sünde ist ein Lebensweg und so einfach wie das Atmen. Die Sünde ist derart zu einem gewöhnlichen Teil der Gesellschaft geworden, dass viele von uns gar nicht mehr merken, wenn sie begangen wird.
Gott ist der Richter aller Menschen, welcher ihre Untaten bestrafen und ihre Gerechtigkeit belohnen wird. Gott ist der Schöpfer des Menschen und hat daher das Recht zu bestimmen, wie seine Geschöpfe leben sollen.
Nach der Elberfelder Bibel heißt es in 1. Johannes 3, Vers 4, dass Sünde die „Gesetzlosigkeit“ ist. Jesus Christus wurde gefragt, welches „das höchste Gebot im Gesetz“ sei (Matthäus 22,26). In seiner Antwort fasste Jesus die wesentlichsten Aspekte des Gesetzes als Liebe zu Gott und Liebe zum Nächsten zusammen. Was diesen, von unserem Erlöser gegebenen Prinzipien widerspricht, ist Sünde. Jede gegen unseren Schöpfer oder unseren Nächsten gerichtete Denkweise oder Handlung ist Sünde, ob wir sie bewusst oder unbewusst begehen.
Eines ist aber sicher: Wir haben alle gesündigt (Römer 3,23). Es gibt jedoch gute Nachrichten für uns: Wir können Hilfe bekommen! Gott sandte seinen einzigen Sohn, Jesus Christus, um für uns zu sterben und so die Todesstrafe, die wir durch unsere Sünden verdient haben, auszulöschen. Und Jesus sendet uns den heiligen Geist, der uns zunächst den Sinn zum Verständnis der Dinge Gottes öffnet und uns dann die Kraft verleiht, im Einklang mit den Gesetzen Gottes zu leben.