„Und das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns, und wir sahen seine Herrlichkeit, eine Herrlichkeit als des eingeborenen Sohnes vom Vater“ (Johannes 1,3).
Von Bill Bradford
Wie ist es möglich, daß ein Wesen aus Geist, das in der Vergangenheit ewig gelebt hatte, zum Menschen wurde? War Jesus ein Mensch wie Sie und ich? War er immer noch Gott, als er zum Menschen wurde?
Über Jesus wurde prophezeit, daß er „Gott mit uns“ sein sollte (Matthäus 1,23). Jesus war Mensch, aber auch Gott. Zu keinem Zeitpunkt hörte er auf, das zu sein, was er schon immer war. Seine Identität änderte sich nicht. Im Mutterleib der Maria war er Gott. Als Säugling in der Krippe war er Gott. Als heranwachsender Jugendlicher in Nazareth war er Gott. Als er starb, war er immer noch Gott.
Vor seiner menschlichen Geburt waren ihm als Geistwesen keine Schranken an Erkenntnis und Herrlichkeit auferlegt. Als Gott war er allwissend, mit der Macht überall dort einzugreifen, wo es notwendig war. Als Mensch war er jedoch in seinen Möglichkeiten beschränkt. Er hatte die normalen Fähigkeiten, wie auch andere Menschen sie haben. Er konnte nicht zugleich uneingeschränkt und eingeschränkt sein.
Ein physischer Körper mit physischen Grenzen
Als Jesus Fleisch und Blut wurde, war er hinsichtlich seiner Identität immer noch Gott, jedoch im vollsten Sinne des Wortes auch Mensch. Jesus hatte einen Körper. Der Jünger, der ihm am nächsten war, bestätigte dies: „Was von Anfang an war, was wir gehört haben, was wir gesehen haben mit unsern Augen, was wir betrachtet haben und unsre Hände betastet haben, vom Wort des Lebens – und das Leben ist erschienen, und wir haben gesehen und bezeugen und verkündigen euch das Leben, das ewig ist, das beim Vater war und uns erschienen ist“ (1. Johannes 1,1-2; alle Hervorhebungen durch uns). Johannes bestätigt Jesu Menschsein, denn die Jünger haben Jesus gehört, gesehen und angefaßt.
Jesu Körper war voll menschlich. Er wurde geboren, wuchs heran und entwickelte sich wie jedes andere Kind. Jesus hatte die gleiche Art Körper wie andere Menschen und war deshalb den gleichen Einschränkungen unterstellt. Beim Fasten hatte er Hunger (Matthäus 4,2) und Durst (Johannes 19,28). Bei einem langen Spaziergang wurde er müde (Johannes 4,6).
Jesus erlebte körperliche Schmerzen. In Hebräer 2, Vers 10 lesen wir, daß er „durch Leiden“ vollendet wurde. Physiologisch war er, wie wir, dem Tod unterstellt: „Weil nun die Kinder von Fleisch und Blut sind, hat auch er’s gleichermaßen angenommen, damit er durch seinen Tod die Macht nähme dem, der Gewalt über den Tod hatte, nämlich dem Teufel“ (Vers 14). Er wurde Fleisch, „denn durch Gottes Gnade sollte er für alle den Tod schmecken“ (Vers 9).
Die Berichte über die Kreuzigung zeigen uns, daß Jesus bei seinem Tod schrecklich gelitten hat. Als ein römischer Soldat ihm einen Speer in die Seite stieß, flossen Wasser und Blut heraus. Sein Körper war dem unseren genau gleich. Es kann keinen Zweifel daran geben, daß er, als er geschlagen und gegeißelt wurde, die Schmerzen genauso intensiv empfand, wie wir es täten.
Jesus hatte menschliche Emotionen
Jesus kannte die gleichen Emotionen, die jeder Mensch hat. Er konnte Menschen sympathisch finden und sich zu ihnen hingezogen fühlen (Johannes 11,5; 13,23; 19,26). Er konnte Mitleid mit denen empfinden, die Hunger hatten oder sonstwie körperlich bzw. geistig litten (Matthäus 9,36; 14,14; 15,32; 20,34). Er konnte besorgt und betrübt sein, wie seine Jünger ihn in den Stunden vor seiner Festnahme und seinem Tod erlebten (Johannes 12,27). Beim Gedanken an seinen Verrat durch einen geliebten Jünger war er zutiefst traurig (Johannes 13,21). Er weinte, als er die Trauer der Angehörigen seines verstorbenen Freundes Lazarus miterlebte (Johannes 11,33-35).
Er „fing an zu trauern und zu zagen“, als er nur wenige Minuten vor seiner Verhaftung im Garten Gethsemane weilte, und wollte nicht allein sein (Matthäus 26,37-40). Es ist offensichtlich, daß Jesus die gleichen emotionalen Reaktionen kannte, wie wir sie kennen.
Er konnte auch Freude empfinden (Johannes 15,11; 17,13). Er konnte zornig werden (Markus 3,5) und sich über die Reaktion seiner eigenen Jünger ärgern (Markus 10,14).
Jesu geistige Fähigkeiten
Als Mensch besaß Jesus die gleichen geistigen Fähigkeiten wie wir. Er konnte Informationen aufnehmen, analysieren und daraus Schlüsse ziehen. Die Evangelien offenbaren jedoch, daß Jesus eine Kenntnis der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft hatte, die den „normalen“ Umfang menschlicher Kenntnis weit überstieg. Die bemerkenswerte Fähigkeit verdankte Jesus jedoch nicht seiner eigenen menschlichen Begabung, sondern er hatte sie vom Vater. Über seine eigenen übernatürlichen Fähigkeiten sagte Jesus: „Ich kann nichts von mir aus tun“ (Johannes 5,30). Auf die übernatürliche Kraft Jesu gehen wir später bei der Behandlung seiner Wunder ein.
Welche Beispiele zeugen von einer geistigen Potenz, die über das menschlich Normale hinausgeht? Im Alter von zwölf Jahren zeigte Jesus im Gespräch mit den Lehrern am Tempel ein Verständnis der Heiligen Schrift, das für sein Alter ungewöhnlich war (Lukas 2,46-47). Er kannte die Gedanken seiner Freunde (Lukas 9,47) und seiner Feinde (Matthäus 9,4). Er wußte, daß die samaritische Frau, mit der er am Brunnen Jakobs redete, fünf Ehemänner gehabt hatte und mit ihrem jetzigen Lebensgefährten nicht verheiratet war (Johannes 4,18). Obwohl er viele Kilometer entfernt war, wußte er auch, daß sein Freund Lazarus an einer Krankheit gestorben war (Johannes 11,1. 11-14).
Lange im voraus wußte er, welcher Jünger ihn verraten sollte, obwohl Judas noch keine Entscheidung getroffen hatte, Jesus an die Hohenpriester auszuliefern (Johannes 6,70-71). Wenige Stunden vor seiner Festnahme sagte er die dreimalige Leugnung durch Petrus und das anschließende Krähen des Hahns voraus (Lukas 22,34).
Andererseits wußte er nicht alles. Es gab Informationen, um die er bitten mußte. Von dem Vater des Kindes mit dem „sprachlosen Geist“ wollte er wissen: „Wie lange ist’s, daß ihm das widerfährt?“ (Markus 9,21). Als Jesus die erstaunlichen Prophezeiungen über das Ende des Zeitalters und seine Wiederkehr gab, bestätigte er, daß er den genauen Zeitpunkt seiner Wiederkehr nicht weiß: „Von dem Tage aber und der Stunde weiß niemand, auch die Engel im Himmel nicht, auch der Sohn nicht, sondern allein der Vater“ (Markus 13,32).
In bezug auf die Mitteilung des Zeitpunkts seiner Wiederkehr verläßt sich Jesus offensichtlich auf seinen Vater. So wird verständlich, wie Jesus Dinge über die Gedanken anderer Menschen oder prophetische Ereignisse wußte – sie wurden ihm vom Vater mitgeteilt. Jesus verließ sich ständig auf seinen Vater, um die Kraft zum Gehorsam und zum Widerstehen der Versuchung zu haben.
Manchmal verbrachte er viel Zeit im Gebet (Lukas 5,16; Markus 1,35). Vor der Ernennung der zwölf Apostel betete er die ganze Nacht (Lukas 6,12-16). In der Nacht vor seiner Kreuzigung betete Jesus im Garten Gethsemane mehrmals, und Gott sandte einen Engel, um ihn für die bevorstehende Leidenszeit zu stärken (Lukas 22,41-44).
In Hebräer 5, Vers 7 lesen wir: „Und er hat in den Tagen seines irdischen Lebens Bitten und Flehen mit lautem Schreien und mit Tränen dem dargebracht, der ihn vom Tod erretten konnte; und er ist auch erhört worden, weil er Gott in Ehren hielt.“ Als Mensch verließ sich Jesus ganz auf seinen himmlischen Vater, um die Kraft zu haben, allen Situationen Herr zu werden.
Hätte Jesus sündigen können?
Eine Frage, die viele Menschen beschäftigt, ist: Hätte Jesus wirklich sündigen können? Die Bibel sagt klar, daß Jesus nicht gesündigt hat. Jesus wußte „von keiner Sünde“ (2. Korinther 5,21). „In ihm ist keine Sünde“, schrieb der Apostel Johannes (1. Johannes 3,5). Sogar seine Feinde konnten ihn der Sünde nicht überführen (Johannes 8,46).
Hätte er jedoch sündigen können? In Hebräer 4, Vers 15 heißt es dazu: „Denn wir haben nicht einen Hohenpriester, der nicht könnte mit leiden mit unserer Schwachheit, sondern der versucht worden ist in allem wie wir, doch ohne Sünde.“ Wenn Jesus nicht sündigen konnte, war dann seine Versuchung echt? Man kann es wie folgt treffender ausdrücken: Obwohl Jesus hätte sündigen können, war es sicher, daß er nicht sündigt. Er machte echte Anfechtungen und Versuchungen durch, weigerte sich jedoch, der Versuchung nachzugeben.
Als Jesus 40 Tage und Nächte fastete, wurde er vom Teufel versucht (Lukas 4,1-2). War diese Versuchung echt oder nur eine sinnlose Pflichtübung? Wer will behaupten, daß er mit seinem „Bitten und Flehen mit lautem Schreien und mit Tränen“ nur eine Schau abgezogen hat?
Ein Beispiel für sein Ringen mit dem Willen Gottes war die Zeit unmittelbar vor seiner Verhaftung. „Und er rang mit dem Tode und betete heftiger. Und sein Schweiß wurde wie Blutstropfen, die auf die Erde fielen“ (Lukas 22,44). Unmittelbar danach wies Jesus seine schlafenden Jünger an, aufzustehen und zu beten, „damit ihr nicht in Anfechtung fallt!“ (Vers 46).
Jesu Bestimmung war es, ein mitfühlender Hoherpriester zu sein. „Daher mußte er in allem seinen Brüdern gleich werden, damit er barmherzig würde und ein treuer Hoherpriester vor Gott, zu sühnen die Sünden des Volkes. Denn worin er selber gelitten hat und versucht worden ist, kann er helfen denen, die versucht werden“ (Hebräer 2,17-18).
Wie könnte er uns als Vorbild dienen, wenn er kein Mensch gewesen und nicht versucht worden wäre wie wir? Deshalb mußte er in allen Dingen versucht werden, wie wir es erleben. Er ging über das Widerstehen hinaus. Wer der Versuchung nachgibt, weiß nicht, wie schwer die weitere Versuchung gewesen wäre – er hat schon nachgegeben. Nur derjenige, der nicht nachgibt, lernt das volle Ausmaß der Versuchung kennen.
War er wirklich Gott?
In dieser Artikelreihe haben wir erklärt, daß Jesus Gott war. So sagt es die Bibel (Johannes 1,1). Welchen Unterschied gibt es zwischen seinem Gottsein vor seiner menschlichen Geburt und während seines menschlichen Lebens?
Paulus beantwortet diese Frage in Philipper 2 und erklärt, worauf Jesus bei seiner Menschwerdung verzichtete: „Er war in allem Gott gleich, und doch hielt er nicht gierig daran fest, so wie Gott zu sein. Er gab alle seine Vorrechte auf und wurde einem Sklaven gleich. Er wurde ein Mensch in dieser Welt und teilte das Leben der Menschen“ (Verse 6-7; Gute Nachricht Bibel). In Vers 8 fügt Paulus hinzu: „Im Gehorsam gegen Gott erniedrigte er sich so tief, daß er sogar den Tod auf sich nahm, ja, den Verbrechertod am Kreuz.“
Indem er die Gestalt eines Menschen annahm, verzichtete Jesus auf alle Vorrechte, die ihm als Gott zustanden. Als Mensch konnte er sie nicht länger selbstständig ausüben bzw. in Anspruch nehmen, sondern war dafür auf seinen himmlischen Vater angewiesen. Wie bereits erwähnt, stellte Jesus klar, daß er von sich aus kein übernatürliches Werk tun konnte (Johannes 5,30). Dies geschah nur durch seine konsequente Unterordnung unter den Willen des Vaters.
Jesus tat zwar viele Wunder, aber gegenüber seinen Jüngern betonte er: „Die Worte, die ich zu euch rede, die rede ich nicht von mir selbst aus. Und der Vater, der in mir wohnt, der tut seine Werke“ (Johannes 14,10). Immer wieder wies Jesus darauf hin, daß seine Werke nicht die eigenen, sondern die des Vaters waren und davon zeugten, daß der Vater ihn gesandt hatte (Johannes 10,32. 37-38).
In den Jahrhunderten vor seiner Menschwerdung hatte Jesus die Autorität als das Wort des Alten Testaments zu reden. Nun redete er in voller Abhängigkeit vom Vater, auf den er sich ganz verließ. „Der Sohn kann nichts von sich aus tun, sondern nur, was er den Vater tun sieht; denn was dieser tut, das tut gleicherweise auch der Sohn“ (Johannes 5,19). Derjenige, der von Anfang an beim Vater gewesen war, erklärte seine Beziehung als Mensch zum Vater: „Wenn ihr den Menschensohn erhöhen werdet, dann werdet ihr erkennen, daß ich es bin und nichts von mir selber tue, sondern, wie mich der Vater gelehrt hat, so rede ich“ (Johannes 8,28).
Jesu Errettung
Jesus verließ sich, was seine Zukunft anging, ganz auf seinen Vater. Der vormals Selbstexistierende hätte ohne den Vater kein Leben gehabt (Johannes 6,57). Um wieder ewiges Leben zu haben, mußte er es erlangen, wie alle Menschen es erlangen müssen – durch die Unterordnung gegenüber dem Willen Gottes und die Auferstehung von den Toten.
Indem er selbst den Heilsprozeß erlebte, wurde Jesus zum „Begründer des Heils“ für alle Menschen. Bei Jesus gibt es eine Ausnahme: Er hatte keine Sünden zu bereuen, sondern mußte ohne Sünde bleiben. „So hat er, obwohl er Gottes Sohn war, doch an dem, was er litt, Gehorsam gelernt“ (Hebräer 5,8). Er war immer gehorsam, doch sein Charakter und sein Gehorsam wurden durch Prüfungen perfektioniert: „Und als er vollendet war, ist er für alle, die ihm gehorsam sind, der Urheber des ewigen Heils geworden“ (Hebräer 5,9).
Als Gott war er vor seiner menschlichen Geburt perfekt. Durch Leiden wurde er auch als Mensch vollkommen und „nach dem Geist, der heiligt, eingesetzt ... als Sohn Gottes in Kraft durch die Auferstehung von den Toten“ (Römer 1,4). Er war jedoch bereits vorher der Sohn Gottes (Vers 3). So wird klar, daß Jesus „in allem seinen Brüdern gleich werden“ mußte (Hebräer 2,17).
Die Größe des Opfers Jesu können wir kaum begreifen, wenn wir überlegen, worauf er freiwillig verzichtete, um dieses Opfer zu bringen. Sein eigenes Leben stand auf dem Spiel. Wer wäre für den Fall, daß er gesündigt hätte, sein Erlöser geworden? Wenn er nur ein einziges Mal gesündigt hätte, wäre damit sein Tod besiegelt gewesen. Das verlangte das Gesetz, das er selbst am Berg Sinai verkündet hatte.
Konnte Gott sterben?
Einige Menschen lehnen die Wahrheit ab, daß Jesus als Mensch immer noch Gott war. Wie konnte Gott sterben? Als ewiges, unsterbliches Geistwesen wäre das unmöglich gewesen. Wenn Gott jedoch auf seine geistlichen Merkmale verzichtet und die physischen Eigenschaften eines Menschen annimmt – einschließlich einer vorübergehenden Existenz –, kann er das. In der Tat ist er gestorben, und er war wirklich tot.
Wenn er nicht wirklich gestorben bzw. tot gewesen ist, kann sein Leben nicht als Ersatz für das unsere eingesetzt werden, denn „der Sünde Sold ist der Tod“ (Römer 6,23). Nur durch Jesu vollständigen Tod kann uns dieser Lohn der Sünde sozusagen abgenommen werden.
Alles andere wäre nur ein Märchen gewesen. Jesus ist nicht nur gestorben, er hätte auch bei einer einzigen Sünde den Tod erlebt, von dem es keine Auferstehung gibt – den Tod eines Sünders, für den es keine Sühne gibt. Er stellte seine Errettung auf die gleiche Stufe wie die unsere. Jesu Errettung hing von seinem himmlischen Vater ab, auf den er vorbehaltlos vertraute (Johannes 8,29). Als Mensch hatte Jesus auf die Herrlichkeit verzichtet, die er vor seiner Geburt beim Vater hatte (Johannes 17,5).
War der Erfolg seines Lebens als Mensch jemals unsicher? Niemals – nicht weil Jesus nicht hätte versagen können, sondern weil er und sein Vater wußten, was jeder zu tun hatte und entschlossen waren, es durchzuführen. Die Kraft Gottes ist die größtmögliche Kraft, und der Glaube Jesu an seinen Vater war absolut. Es ist derselbe Glaube, durch den wir gerettet werden können.
Wirkte Jesus Wunder?
Einer der Haupteinwände gegen Wunder ist, daß sie Naturgesetze verletzen. Naturgesetze sind unveränderlich, so die Kritiker, und daher können Naturgesetze nicht verletzt werden. Wenn es keinen Gott gäbe, wäre das vielleicht wahr. Woher haben jedoch die Gesetze der Natur, Physik, Energie und Materie ihren Ursprung? Wie sind sie entstanden? Schufen sich diese Gesetze mit ihrer unglaublichen Präzision und Ordnung selbst? Alle, die die Existenz eines Schöpfers leugnen, haben auf diese Fragen keine Antworten.
Wir können erwarten, wenn Gott existiert, daß die Wunder, die in den Evangelien niedergeschrieben wurden, ein wichtiger Teil des Lebens Jesu waren, der denen in seinem Umfeld seine göttliche Identität beweisen wollte. Im Grunde wirkte Jesus die Wunder nicht selbst, denn auf diese göttliche Kraft hatte er bereitwillig verzichtet (Philipper 2,6-8). Er bestätigte, daß er allein nicht die Kraft hatte, übernatürliche Werke zu tun: „Der Sohn kann nichts von sich aus tun“ (Johannes 5,19) und „Ich kann nichts von mir aus tun“ (Vers 30).
Es ist offensichtlich, daß Jesus sich auf Gott, den Vater, verließ, um die vielen Wunder zu wirken, die ein wesentlicher Aspekt seines Predigens waren (Johannes 14,10).
Für den allmächtigen Schöpfergott, der die Naturgesetze erschuf, ist es ein leichtes, auf übernatürliche Weise in die Schöpfung einzugreifen, um das auszuführen, was wir für unmöglich halten. Jesus sagte: „Bei Gott sind alle Dinge möglich“ (Matthäus 19,26). Es gibt Wunder. Gott erhörte jedes Gebet Jesu und führte alles aus, worum Jesus ihn bat. Aus diesem Grund konnten die Jünger Jesu erkennen, „daß ihm Wind und Meer gehorsam sind“ (Matthäus 8,27).
Hatte Jesus lange Haare?
Die meisten Menschen gehen davon aus, daß Jesus lange Haare hatte. So haben sie ihn immer auf Gemälden, in Zeichnungen und Filmen gesehen. Das ist der einzige Jesus, den sie kennen. Sind diese Darstellungen jedoch wahrheitsgetreu?
Tatsache ist, daß wir nicht wissen, wie Jesus ausgesehen hat, weil es erst Jahrhunderte nach seinem Tode die ersten Abbildungen von ihm gegeben hat. Daher ist jedes Bild von Jesus, das wir je zu sehen bekommen haben, lediglich auf die Fantasie des jeweiligen Künstlers zurückzuführen.
Obwohl wir nicht genau wissen, wie Jesus ausgesehen hat, wissen wir mit einiger Sicherheit, wie er nicht ausgesehen hat: Er hatte keine langen Haare, mit denen er gewöhnlich dargestellt wird. Schließlich war es Jesus selbst, der den Apostel Paulus zu dieser Feststellung inspirierte: „Und lehrt euch nicht selbst die Natur, daß, wenn ein Mann langes Haar hat, es eine Schande für ihn ist“ (1. Korinther 11,14; Elberfelder Bibel).
Zusätzlich zu dieser klaren Aussage in bezug auf lange Haare für Männer impliziert die Bibel in verschiedenen Bibelstellen, daß Jesus keine langen Haare hatte. Am auffälligsten ist, daß Judas bei seinem Verrat Jesus durch einen Kuß identifizieren mußte. Der Kuß war das vorher vereinbarte Zeichen zwischen Judas und den Hohenpriestern, damit Jesus festgenommen werden konnte. Warum war das notwendig? Jesus sah wie ein durchschnittlicher Mann seiner Zeit aus, und ohne den Kuß als Zeichen hätte man nicht gewußt, wer Jesus ist.
Das Zeichen des Verrats an Jesus zeigt uns, daß Jesus wie jeder durchschnittliche Jude seiner Zeit ausgesehen hat. Er hatte keine besonderen körperlichen Merkmale. In der messianischen Prophezeiung in Jesaja 53, Vers 2 wurde folgendes über ihn vorausgesagt: „Er hatte keine Gestalt und Hoheit. Wir sahen ihn, aber da war keine Gestalt, die uns gefallen hätte.“
Die Evangelien berichten uns, daß Jesus sich wenigstens zweimal so unter die Menge mischen konnte, daß diejenigen, die ihn ergreifen und töten wollten, vereitelt wurden (Lukas 4,30; Johannes 8,59). Ihm gelang das deshalb, weil er ein durchschnittliches Aussehen hatte und deshalb in der Menge nicht auffiel.
In einer „Associated Press“-Agenturmeldung vom 24. Februar 2004 hieß es: „ ,Jesus hatte keine langen Haare‘, meinte der Anthropologe Joe Zias, der Hunderte von Skeletten untersucht hat, die bei Ausgrabungen in Jerusalem entdeckt wurden. ,In der Antike hatten jüdische Männer keine langen Haare‘, fuhr er fort. Lawrence Schiffman von der New York University fügte hinzu: ,Jüdische Quellen machen sich lustig über lange Haare als etwas Römisches bzw. Griechisches‘ “ („Jesus Scholars Find Fault in Gibson’s ,Passion‘ “).
Wie viele Standbilder und Münzen jener Zeit belegen, waren lange Haare für Griechen und Römer auch nicht gewöhnlich. „Über die ausführlichen Schriften aus jener Zeit hinaus weisen Experten auch auf den römischen Triumphbogen des Titus hin, welcher nach 70 n. Chr., nach der Eroberung Jerusalems, errichtet wurde und auf dem jüdische Männer mit kurzen Haaren als Gefangene beim Abtransport abgebildet sind“ (ebenda).
Jesus war nicht der verweichlichte Mann mit einem engelhaften Gesicht, wie er gewöhnlich dargestellt wird. Er war Zimmermann und mit dem Bauwesen vertraut. Er wußte, wie man Bäume fällt, Holzbalken anfertigt, Steine zum Mauerbau setzt und Gebäude aus Holz und Stein baut. Nach den Evangelien verbrachte Jesus viel Zeit draußen. Er hielt sich viel mit Fischern auf, die einen Schwächling kaum beachtet hätten. Doch Jesus hatte zwölf Jünger, die ihm auf seinen Reisen bereitwillig folgten und später für ihn starben. Sie kannten ihn als wahren Mann und nicht als die auf so vielen Kunstwerken abgebildete Fantasie.