Jesus Christus ist der Mittler eines besseren Bundes, „der auf der Grundlage besserer Verheißungen festgesetzt worden ist“ (Hebräer 8,6; Menge-Bibel).

Von Roger Foster

Paulus verwendete einen Großteil von 2. Korinther 3 dafür, diesen wichtigen Unterschied bei der Handhabung einiger im Alten Testament niedergeschriebenen Gesetze zu erklären. Sie sind nicht abgeschafft. Aber die Anwendung dieser Gesetzestexte muss manchmal auf eine solche Weise erfolgen, dass diese mit den Realitäten des Neuen Bundes in Einklang zu bringen ist.

In einem solchen Fall hat der „Geist“ des Gesetzes Vorrang vor dem Buchstaben des Gesetzes – mit dem klaren Verständnis, dass durch den „Geist“ des Gesetzes die ursprüngliche Absicht, aus der heraus ein bestimmtes Gesetz erlassen wurde, treu verwirklicht wird. Dabei ragen zwei wichtige Prinzipien hervor.

Erstens liegt die neue Betonung darauf, wo das Gesetz niedergeschrieben ist – in den Herzen derjenigen, die Gott beruft und nicht nur auf einigen Steintafeln (2. Korinther 3,3).

Zweitens bleiben die grundlegenden Prinzipien – die Absicht, die hinter dem Gesetz steht – und der Zweck des Gesetzes immer noch dauerhaft nützlich und können auf die gesamte Menschheit angewandt werden (siehe Jakobus 1,25; 2,8-12). Noch wichtiger ist der Umstand, dass die Bestimmung, die eine solche Modifizierung erlaubt, bereits in Psalm 110, Vers 4 offenbart worden war und göttliche Zustimmung erhalten hatte.

Es ist auch wichtig zu beachten, dass nicht alles, was mit dem Amt des Hohepriesters zu tun hat, abgeändert wurde, sondern nur diejenigen Bestimmungen, die geändert werden mussten, damit Jesus Christus als unser bleibender Hohepriester eingesetzt werden konnte.

Das gleiche Prinzip trifft auch auf die Opfer und Zeremonien zu. Eine Änderung von lediglich symbolischen Tieropfern hin zum wahren und permanenten Sühneopfer Jesu Christi macht eine Anpassung des Gesetzes notwendig. Sie schafft damit aber nicht die Tatsache ab, dass ein Opfer für die Sünde erforderlich ist. Es ist nun aber das Sühneopfer Christi, das diese Forderung erfüllt (Hebräer 10,4. 10-14. 18).

Manche Änderungen des Gesetzes waren also notwendig, um das, was bereits im Gesetz enthalten war, anzupassen bzw. es auf den neuesten Stand zu bringen. Gottes Gesetz ist durch den Neuen Bund nicht abgeschafft worden, es enthält aber jetzt wichtige Revisionen, die den „besseren Verheißungen“ gerecht werden, die in den gleichen Schriften vorhergesagt worden waren.

Die Handhabung des Gesetzes im Neuen Bund

Gott gibt besonders seinen wahren und treuen Dienern durch die Kraft des heiligen Geistes das Verständnis, das sie benötigen, um die Absichten hinter dem Gesetz im Rahmen des Neuen Bundes im jeweiligen rechtmäßigen Kontext richtig zu erkennen (vgl. Matthäus 18,18; Apostelgeschichte 15,1-29). Paulus erklärt, wie Gott „uns auch tüchtig gemacht hat zu Dienern des neuen Bundes, nicht des Buchstabens, sondern des Geistes. Denn der Buchstabe tötet, aber der Geist macht lebendig“ (2. Korinther 3,6; alle Hervorhebungen durch uns).

Ein Hauptaugenmerk des „Dienstes“ oder des Priestertums des Sinai-Bundes – der Dienst, der dem Volk gegenüber im Namen Gottes verrichtet wurde – lag darin, Israel ständig daran zu erinnern, dass Gott beides, das Böse und den Übeltäter, verurteilt. Die Prediger des Neuen Bundes legen das Augenmerk mehr darauf, Sünder zur aufrichtigen Reue zu führen, damit sie der Verurteilung beim kommenden Gericht entgehen können (Apostelgeschichte 17,30-31).

Paulus beschreibt den Ansatz des Sinai-Bundes als „herrlich“. Er setzt ihn nie herab oder spricht schlecht über ihn. Gott hat beide Bünde dazu entworfen, ihre jeweiligen Ziele auf wunderbare Weise zu erreichen. Aber der Neue Bund ist ein besserer Bund, der ewige Vergebung mit ewigem Leben anbietet, nicht nur eine symbolische, zeitlich begrenzte Vergebung innerhalb der Gemeinde Israels und lediglich zum Zweck des Erreichens von physischen Segnungen.

„Wenn schon der alte Bund, der zur Verdammnis führte, so herrlich war, wie viel herrlicher muss dann erst der neue Bund sein, der uns vor Gott gerecht macht! Ja, die erste Herrlichkeit war überhaupt nicht herrlich im Vergleich zu der überwältigenden Herrlichkeit des neuen Bundes. Wenn also schon der alte Bund, der doch vergangen ist, voller Herrlichkeit war, dann besitzt der neue Bund, der in Ewigkeit bleiben wird, unermesslich viel größere Herrlichkeit“ (2. Korinther 3,9-11; „Neues Leben“-Übersetzung).

Die herrlichen Ermahnungen durch die symbolischen Opfer des Sinai-Bundes, dass Schuld verurteilt werden wird, sind durch ein noch herrlicheres und bleibendes Amt der Barmherzigkeit und wahren Gerechtigkeit durch Jesus Christus als unseren neuen und bleibenden Hohepriester ersetzt worden.

Durch den heiligen Geist gibt Christus seinen Dienern, in deren Herzen das Gesetz nun geschrieben steht, die Fähigkeit, zu erkennen, wie Gottes Gesetze richtig auf ihr eigenes Leben angewandt werden sollen (Jeremia 31,33; 1. Korinther 2,11-14; Philipper 1,9-10).

Paulus schreibt: „Denn ich schäme mich des Evangeliums nicht; denn es ist eine Kraft Gottes, die selig macht alle, die daran glauben . . . Denn darin wird offenbart die Gerechtigkeit, die vor Gott gilt, welche kommt aus Glauben in Glauben; wie geschrieben steht: Der Gerechte wird aus Glauben leben“ (Römer 1,16-17).

Die Menschen darin zu belehren, wie sie gerecht leben konnten, indem sie Gott wirklich vertrauten, war für Paulus ein wichtiger Aspekt seines Dienstes. Das Gleiche sollte auch heute gelten.

Das rechte geistliche Unterscheidungsvermögen

Wie waren Paulus und die anderen Apostel in der Lage zu erkennen, welche Teile des Gesetzes möglicherweise unter dem Neuen Bund eine andere Anwendung haben sollten als unter dem Sinai-Bund?

Alle gottgefälligen Unterscheidungen dieser Art müssen sich innerhalb dessen bewegen, was von der Schrift als rechtmäßig gestattet wird. Mit anderen Worten, die rechte Anwendung des Gesetzes wird von den Richtlinien bestimmt, die in der Schrift selbst offenbart worden sind, nicht von unseren Gefühlen oder Meinungen. Wir sollten niemals zulassen, dass die Meinungen anderer, die sich auf menschliche Traditionen stützen, die der Schrift entgegenstehen, uns dazu verleiten, uns gegen Gottes Gesetz zu wenden.

Paulus betont besonders, dass „das Gesetz gut ist, wenn jemand es gesetzmäßig gebraucht“ (1. Timotheus 1,8; Elberfelder Bibel). Christen müssen daher vorsichtig sein und dürfen keine Annahmen akzeptieren und sich zu eigen machen, die von der Schrift selbst nicht unterstützt werden. Einfach gesagt: Die Bibel interpretiert die Bibel. Das ist besonders dann wichtig, wenn man die Schriften des Apostels Paulus studiert. Er verfasste einige Abschnitte, die viele Menschen missverstehen und verdrehen (siehe 2. Petrus 3,15-16).

Weil alle neuen Christen Anleitung brauchen, erklärt Paulus die Methoden, mit denen Jesus Christus für diese Unterweisung sorgt. Er sagt uns: „Und er [Jesus] hat einige als Apostel eingesetzt, einige als Propheten, einige als Evangelisten, einige als Hirten und Lehrer, damit die Heiligen zugerüstet werden zum Werk des Dienstes. Dadurch soll der Leib Christi erbaut werden, bis wir alle hingelangen zur Einheit des Glaubens und der Erkenntnis des Sohnes Gottes, zum vollendeten Mann, zum vollen Maß der Fülle Christi, damit wir nicht mehr unmündig seien und uns von jedem Wind einer Lehre bewegen und umhertreiben lassen durch trügerisches Spiel der Menschen, mit dem sie uns arglistig verführen“ (Epheser 4,11-14).

Geistlich reife, lehrfähige Prediger sind für unsere geistliche Gesundheit und unser persönliches Wachstum in der Kirche, die Jesus ins Leben rief, von entscheidender Bedeutung. Wir alle brauchen Anleitung von geistlich qualifizierten Dienern Jesu Christi.

Um sicherzustellen, dass die kirchlichen Entscheidungen über die Anwendung von biblischen Schriften auf heutige Situationen solide und zutreffend sind, muss deren Übereinstimmung mit dem gesamten Wort Gottes gründlich überprüft werden. Wie Paulus an Timotheus schrieb: „Strebe danach, dich vor Gott als guter Arbeiter zu bewähren, der sich nicht zu schämen braucht und der das Wort der Wahrheit richtig erklärt“ (2. Timotheus 2,15; „Neues Leben“-Übersetzung).

Wir sollten deshalb vorsichtig sein und geistlichen Rat nur bei Predigern suchen, die treu „einem jeden Wort, das aus dem Mund Gottes geht“, Glauben schenken (Matthäus 4,4) und treu lehren, dass „alle Schrift . . . zur Lehre, zur Zurechtweisung, zur Besserung, zur Erziehung in der Gerechtigkeit“ nütze ist (2. Timotheus 3,16).

Deshalb hat Paulus auch geschrieben: „Wie sollen sie aber den anrufen, an den sie nicht glauben? Wie sollen sie aber an den glauben, von dem sie nichts gehört haben? Wie sollen sie aber hören ohne Prediger? Wie sollen sie aber predigen, wenn sie nicht gesandt werden?“ (Römer 10,14-15).

Wir sollten sehr genau darauf achten, dass Prediger und Lehrer, bei denen wir geistliche Anleitung suchen, die Bibel gut kennen und richtig lehren – statt sie gemäß menschlichen Traditionen zu interpretieren. Paulus ermahnt uns, uns vor denen zu hüten, die „falsche Apostel, betrügerische Arbeiter sind“, sich aber „als Apostel Christi“ verstellen (2. Korinther 11,13).

Ein solides Fundament

Traurigerweise bemühten sich sogar einige der ersten Christen nur wenig darum, die Absichten hinter den Schriften richtig zu erkennen, zu verstehen und anzuwenden. Der Verfasser des Hebräerbriefes ermahnt sie: „Und ihr, die ihr längst Lehrer sein solltet, habt es wieder nötig, dass man euch die Anfangsgründe der göttlichen Worte lehre, und dass man euch Milch gebe und nicht feste Speise. Denn wem man noch Milch geben muss, der ist unerfahren in dem Wort der Gerechtigkeit, denn er ist ein kleines Kind. Feste Speise aber ist für die Vollkommenen, die durch den Gebrauch geübte Sinne haben und Gutes und Böses unterscheiden können“ (Hebräer 5,12-14).

Eine solche Fähigkeit erwächst daraus, dass man das „Wort der Gerechtigkeit“ regelmäßig studiert und es über einen längeren Zeitraum in geschickter Weise einsetzt.

Wie wir bereits erwähnt haben, hat alles, was uns Gott durch sein Gesetz offenbart hat, ein zentrales Ziel – uns zu lehren, so zu lieben, wie er liebt. Laut dem Gesetz ist diese Liebe in zwei unterschiedliche Richtungen orientiert: zuerst in Richtung auf Gott hin und dann auch in Richtung auf unsere Mitmenschen hin, die alle nach dem Bilde Gottes geschaffen sind.

Die Zehn Gebote weiten diese Prinzipien der Liebe dann aus. Gottes Wunsch ist es, die Fülle dieser Prinzipien in unsere Herzen zu schreiben. Wir wollen unsere Aufmerksamkeit nun speziell der Frage zuwenden, wie Jesus Christus denjenigen, die den heiligen Geist erhalten, persönlich zur Seite steht – vor allem wenn es darum geht, wie wir mit einem reinen Herzen die Prinzipen von Gottes Gesetz unter dem Neuen Bund richtig erkennen und richtig anwenden können.

Der Hohepriester ist für das Heil unerlässlich

Mit diesem Kapitel wollen wir damit beginnen, Abschnitte in fünf neutestamentlichen Briefen anzusprechen, die regelmäßig missverstanden und auf gravierende Weise falsch interpretiert werden. Vier dieser Briefe – Galater, Römer, Epheser und Kolosser – sagen ausdrücklich, dass ihr Verfasser der Apostel Paulus ist. Hebräer, der andere Brief, wird ihm traditionell zugeschrieben, was wahrscheinlich auch zutrifft. Obwohl praktisch jeder Bibelabschnitt häufig einer Fehlinterpretation unterliegt, werden vor allem Passagen aus den Paulusbriefen in besonderer Weise ständig verdreht (siehe 2. Petrus 3,15-16), vor allem, wenn es um den Neuen Bund und das Gesetz Gottes geht.

Wir beginnen mit dem Hebräerbrief, der die Rolle Jesu Christi als Mittler des Neuen Bundes mit der Rolle von Mose als Mittler des Alten Bundes oder Sinai-Bundes vergleicht.

Für die Juden des ersten Jahrhunderts n. Chr. war Mose der historische Gigant des Judentums. Als die frühen Christen Jesus Christus, den Mittler des Neuen Bundes, als den Messias und als einen Propheten von größerer Bedeutung als Mose anerkannten, fühlten sich die meisten Juden – allen voran ihre religiösen Führer – aufs höchste beleidigt. Sie weigerten sich, Jesus Christus als ihren Hohepriester oder als einen bedeutenderen Propheten als Mose anzuerkennen.

Die Implikationen dieses Problems werden im Hebräerbrief angesprochen. Dieser wurde verfasst, um die Überlegenheit von Christi Priestertum über das Priestertum des levitischen Hohepriesters, der gemäß dem Sinai-Bund in sein Amt eingesetzt worden war, zu erläutern und aus der Schrift zu bestätigen, dass Jesus Christus ein größerer Prophet als Mose ist.

In diesem Zusammenhang behandelt der Hebräerbrief auch die Unterschiede zwischen dem Sinai-Bund und dem Neuen Bund – und der Rolle, die Gottes Gesetz in beiden spielt.

Christi höheres Priestertum

Weil Mose eine solch alles beherrschende Gestalt im Judaismus des ersten Jahrhunderts war, lehnten die meisten Juden jegliche Möglichkeit, dass Jesus der „Prophet“ sein könnte, den Mose in 5. Mose 18, Vers 15 vorhergesagt hatte, rigoros ab. Die Juden des ersten Jahrhunderts hofften sehnsüchtig, dass dieser Prophet noch zu ihrer Lebenszeit in Erscheinung treten würde (vgl. Markus 6,14-16; Johannes 1,21. 25; 7,40). Sie erwarteten aber, dass er als ein großer Heerführer auftreten würde, der die jüdische Armee organisieren und die Juden von der römischen Besatzung befreien würde.

In der Regel sahen diese Juden sich als Gottes gerechte Opfer, die die Freiheit verdienten, nicht als Sünder, die der Vergebung Gottes bedurften. Sie erwarteten einen siegreichen König – nicht einen Erlöser, der das Problem der Sünde dadurch lösen würde, dass er für sie starb. Als Folge war für sie ein Messias, der sein Leben für ihre Sünden geben würde, statt einen Aufstand gegen die römische Armee anzuführen, um den Thron David wieder aufzurichten, ein „Ärgernis“ (1. Korinther 1,23).

Der Hebräerbrief war zu dem Zweck geschrieben worden, dieser verblendeten Denkweise entgegenzutreten und systematisch aus der Schrift aufzuzeigen, was der Messias bei seinem ersten Kommen den Prophezeiungen nach wirklich sein und tun würde.

Der Verfasser des Hebräerbriefes, der, wie gesagt, wahrscheinlich Paulus war, benutzt die alttestamentlichen Schriftstellen, um zu beweisen, dass Jesus Christus der prophezeite Messias ist, von dem ausdrücklich vorhergesagt wurde, dass er ein größerer Prophet als Mose und Aaron sein würde.

Diese Schriftstellen sagten auch, dass er zum neuen und viel höhergestellten Hohepriester erklärt werden würde. Daher ist ein klares Verständnis der Argumentationsweise und des Inhalts des Hebräerbriefes unerlässlich, wenn man zu schätzen lernen will, wie sorgfältig Gott den Auftrag und das Werk Jesu Christi, unseres großen Hohepriesters, im Voraus geplant hat, vor allem für dessen erstes Kommen.

Das richtige Verständnis von „Rechtfertigung“ und „Gerechtigkeit“

Die Begriffe gerecht oder Gerechtigkeit in den deutschen Übersetzungen der Bibel beziehen sich hauptsächlich auf den persönlichen Charakter, so wie er durch entsprechend angemessenes Verhalten zum Ausdruck kommt. Aber rechtfertigen, gerechtfertigt und Rechtfertigung haben einen etwas anderen Schwerpunkt.

Gelehrte, die Rechtfertigung durchaus richtig als „Gerechtigkeit zurechnen“ oder „für gerecht erklärt werden“ definieren, könnten aus diesen Definitionen aber möglicherweise falsche Schlüsse ableiten. Wenn die deutschen Begriffe gerecht und Gerechtigkeit zur Definition und Beschreibung von Rechtfertigung verwendet werden, dann können dabei, obwohl es im Prinzip nicht falsch ist, wichtige Unterscheidungen, die den Textzusammenhang und das beschriebene Verhalten anbelangen, dadurch verschleiert werden – vor allem in der Art und Weise, wie Paulus die Begriffe Gerechtigkeit und Rechtfertigung verwendet.

In den Paulusbriefen liegt, wenn von Rechtfertigung die Rede ist, der Schwerpunkt meist auf der gesetzlichen Freisprechung von Schuld, während Gerechtigkeit meist in Bezug auf rechtschaffenen Charakter verwendet wird. Die Rechtfertigung – in dem Sinne, dass man gesetzlich als frei von Schuld erklärt wird – macht einen Menschen nicht automatisch vollkommen gerecht. Paulus macht sehr deutlich, dass eine Zunahme an gottgefälliger Gerechtigkeit einen Prozess erfordert.

Dieser Prozess beginnt mit der Taufe: „Denn ihr alle, die ihr auf Christus getauft seid, habt Christus angezogen“ (Galater 3,27). Das Erreichen der reifen Gerechtigkeit Jesu Christi ist aber ein Ziel, das wir weiterhin kontinuierlich anstreben müssen. Sie wird uns nicht in einem einzigen Augenblick vermittelt, sondern entwickelt sich durch einen geistlichen Wachstumsprozess, bei dem wir aus der Schrift durch die Anleitung anderer, die uns in Christus vorangegangen sind, lernen.

„Und er hat einige als Apostel eingesetzt, einige als Propheten, einige als Evangelisten, einige als Hirten und Lehrer, damit die Heiligen zugerüstet werden zum Werk des Dienstes. Dadurch soll der Leib Christi erbaut werden, bis wir alle hingelangen zur Einheit des Glaubens und der Erkenntnis des Sohnes Gottes, zum vollendeten Mann, zum vollen Maß der Fülle Christi, damit wir nicht mehr unmündig seien und uns von jedem Wind einer Lehre bewegen und umhertreiben lassen durch trügerisches Spiel der Menschen, mit dem sie uns arglistig verführen. Lasst uns aber wahrhaftig sein in der Liebe und wachsen in allen Stücken zu dem hin, der das Haupt ist, Christus“ (Epheser 4,11-15; alle Hervorhebungen durch uns).

Um gerechtfertigt zu bleiben, nachdem man die Sündenvergebung erlangt hat, muss man sich von diesem Zeitpunkt an auf eine gerechte oder rechtschaffene Weise verhalten. Mit anderen Worten, der Glaube, der erforderlich ist, um gerechtfertigt zu bleiben, muss durch unsere Handlungen bestätigt werden. Wie Jakobus erklärt: „Ist nicht Abraham, unser Vater, aus Werken gerechtfertigt worden, da er Isaak, seinen Sohn, auf den Opferaltar legte? Du siehst, dass der Glaube mit seinen Werken zusammenwirkte und der Glaube aus den Werken vollendet wurde. Und die Schrift wurde erfüllt, welche sagt: Abraham aber glaubte Gott, und es wurde ihm zur Gerechtigkeit gerechnet, und er wurde Freund Gottes genannt. Ihr seht also, dass ein Mensch aus Werken gerechtfertigt wird und nicht aus Glauben allein“ (Jakobus 2,21-24; Elberfelder Bibel).

Jakobus’ Worte deuten dabei aber auf keine Weise an, dass man sich die Sündenvergebung durch eigene Werke verdienen kann. Er bestätigt lediglich, dass man, nachdem einem einmal vergeben wurde, kontinuierlich ein gerechtes Leben zu führen hat. Die Macht und Fähigkeit dazu kommt von Gott. Paulus erklärt dies folgendermaßen: „Also, meine Lieben, – wie ihr allezeit gehorsam gewesen seid, nicht allein in meiner Gegenwart, sondern jetzt noch viel mehr in meiner Abwesenheit, – schaffet, dass ihr selig werdet, mit Furcht und Zittern. Denn Gott ist’s, der in euch wirkt beides, das Wollen und das Vollbringen, nach seinem Wohlgefallen“ (Philipper 2,12-13).

Das Hastings Dictionary of the Bible erläutert den Unterschied zwischen den Begriffen Rechtfertigung und Gerechtigkeit wie folgt: „Weder das hebräische noch das griechische Original lassen eine andere Definition von ,rechtfertigen‘ zu als die des ,als gerecht ansehen‘; dies ist ein Begriff, der eine ethische Beziehung, nicht einen ethischen Gütegrad beschreibt und kennzeichnet die Basis, auf die man einem anderen gegenüber gestellt wird, nicht den Charakter, der einem verliehen wird“ (1996, „Justification, Justify“, Hervorhebung durch uns). Mit anderen Worten, nachdem jemandem vergeben worden ist, gilt dieser Mensch in Gottes Augen als „gerecht“. Die Macht und Kraft des heiligen Geistes hilft einem solchen Menschen dann, in der Gerechtigkeit fortzufahren.

Aber es gilt dann in Zukunft noch viel Charakter zu entwickeln. Ein gerechtfertigter Mensch darf seine Gerechtigkeit nicht für selbstverständlich erachten. Diese muss dann entsprechend dem Beispiel an Gerechtigkeit, das Jesus Christus abgibt, ausgebaut werden. Von jedem Kind Gottes wird erwartet, dass es lernt und „zum vollen Maß der Fülle Christi“ heranwächst.

Gab es die Zehn Gebote schon vor Mose?

Manche Christen meinen, dass die Zehn Gebote und der Alte Bund, den Gott mit Israel geschlossen hat, identisch sind – und dass beide durch den Tod Jesu Christi abgeschafft wurden. Sie glauben, dass der Sinai-Bund und Gottes Gebote zur gleichen Zeit zu existieren begannen und dann auch gemeinsam aufhörten zu existieren.

Deckt sich diese Meinung mit den Aussagen der Bibel? Eine nähere Betrachtung der Schrift offenbart, dass das Brechen der Zehn Gebote schon vor dem Bund am Berg Sinai eine Sünde war. Es kann also nicht stimmen, dass sie mit diesem Bund zu existieren begannen und dann auch mit diesem aufgelöst wurden. Lassen Sie uns hier die biblischen Belege ansehen.

Gottes Wort definiert Sünde als „Gesetzwidrigkeit“ (1. Johannes 3,4; Einheitsübersetzung) oder „Auflehnung gegen Gottes Gesetz“ („Neues Leben“-Übersetzung). Daher gilt, „wo aber das Gesetz nicht ist, da ist auch keine Übertretung“ (Römer 4,15). Das ist eine klare Aussage der Bibel zu diesem Thema! Können wir nun vor dem Berg Sinai Übertretungen der Zehn Gebote finden, die als sündhaft beschrieben werden? Ganz offensichtlich.

In 1. Mose 13, Vers 13 lesen wir zum Beispiel, dass die Bewohner von Sodom gegen Gott „sündigten“. Da die Sünde eine Verletzung von Gottes Gesetz ist, hätten die Sodomiter nicht dafür bestraft werden können, dass sie böse waren und sündigten, wenn kein Gesetz das, was sie taten, verurteilt hätte. Wir müssen also hieraus schließen, dass Gott zu der Zeit bereits das Wissen darüber, was sündhaft ist, den Menschen zugänglich gemacht hatte.

Hier ist noch ein klares Beispiel: In 1. Mose 20, Verse 3-9 und 1. Mose 39, Verse 7-9 wird der Ehebruch als „große Sünde“ und als „Sünde gegen Gott“ bezeichnet. Ehebruch ist eine Übertretung des siebten Gebotes.

In 1. Mose 3, Verse 6 und 17 bestraft Gott Adam und Eva dafür, dass sie begehrten und stahlen, ein Brechen des zehnten und achten Gebots. Sie entehrten Gott auch als ihren Elternteil, eine Übertretung des fünften Gebotes.

In 1. Mose 4, Verse 9-12 bestraft Gott Kain dafür, dass er gemordet und gelogen hat – Übertretungen des sechsten und neunten Gebots.

In 2. Mose 16, Vers 4, mehrere Tage bis mehrere Wochen bevor Gott seinen Bund mit den Israeliten am Berg Sinai schloss, sehen wir, wie er das Volk einer Prüfung unterwirft, um zu sehen „ob es in meinem Gesetz wandle oder nicht“. Diese Prüfung Gottes diente der Feststellung, ob sie am Sabbat ruhen würden, wie er ihnen im vierten Gebot dieses Gesetzes befohlen hatte – und das sie zumindest teilweise kannten. Der siebte Tag war seit der Zeit von Adam und Eva geheiligt – von Gott als heilig abgesondert worden (1. Mose 2,1-3).

Gottes Reaktion auf ihren Ungehorsam ist aufschlussreich. Er fragt: „Wie lange weigert ihr euch, meine Gebote und Weisungen zu halten?“ (2. Mose 16,28). Gott spricht davon, dass seine „Gebote und Weisungen“ bereits existierten und in Kraft waren, bevor er die Zehn Gebote – vier Kapitel später – mündlich am Berg Sinai aufgelistet hat! Die Zehn Gebote wurden daher am Berg Sinai lediglich kodifiziert – als Teil des formellen Bundes auf Steintafeln geschrieben. Die Schrift zeigt deutlich, dass sie lange vor dieser Zeit existierten und in Kraft waren.

Das wird auch ausdrücklich in 1. Mose 26, Vers 5 erwähnt, wo Gott Isaak sagt, dass er dessen Vater Abraham gesegnet hätte, weil Abraham Gottes Rechte, Gebote, Weisungen und Gesetz gehalten hat. Dies ereignete sich Jahrhunderte vor Mose und dem Bund am Berg Sinai und zwei Generationen bevor Juda, das Oberhaupt des Stammes, der später als die Juden bekannt werden sollte, geboren wurde!

In 3. Mose 18, Verse 21 und 27 nennt Gott die götzendienerischen Praktiken der Völker im Land Kanaan „Gräuel“ – Handlungen, die so abscheulich und entwürdigend sind, dass Gott ihre Vertreibung mit einem vom Land „ausgespien“ werden vergleicht (Vers 28). Worin bestand ihre Sünde? Unter anderem im Götzendienst (der Anbetung falscher Götter) und in Menschenopfern, was das erste, das zweite und das sechste Gebot verletzte.

Die Bibel zeigt, dass die Zehn Gebote nicht erst mit Mose ihren Ursprung nahmen. Auch waren sie in keiner Weise nur auf die Juden begrenzt. Sie waren lange vor Mose oder einem Volk namens Juda in Kraft und bekannt. Sie bilden die Grundlage von Gottes Gesetz und zeigen uns, wie wir Gott lieben sollen (wie es in den ersten vier Geboten definiert wird) und wie wir unseren Mitmenschen lieben sollen (in den letzten sechs Geboten definiert).

Das ist auch der Grund, warum wir in Jesaja 2, Vers 3 lesen, dass nachdem Jesus Christus zurückkehrt, um sein herrliches Reich auf Erden zu errichten, viele Völker kommen und sagen werden: „Kommt, lasst uns zum Berge des Herrn hinaufziehen, zum Hause des Gottes Jakobs, damit er uns über seine Wege belehre und wir auf seinen Pfaden wandeln! Denn von Zion wird Belehrung [oder: das Gesetz] ausgehen und das Wort des Herrn von Jerusalem“ (Menge-Übersetzung).

Zu dieser Zeit wird die gesamte Menschheit dann schließlich darin belehrt werden, nach Gottes Gesetzen und Geboten zu leben!