Christen sollen „Waisen in ihrer Trübsal“ besuchen. Das persönliche Beispiel des früheren jordanischen Königs Hussein ist nachahmenswert.

Von Robin Webber

Das Wörterbuch definiert ein Waisenkind als „ein Kind, dessen Eltern verstorben sind“. Dies ist eine sehr kurze Definition, auf den Punkt genau, welche aber in keiner Weise den langen, schwierigen Weg beschreibt, den diese jungen Menschen noch vor sich haben. Für alle Christen gibt es eine bezeichnende Schriftstelle in Jakobus 1, Vers 27: „Ein reiner und unbefleckter Gottesdienst vor Gott, dem Vater, ist der: die Waisen und Witwen in ihrer Trübsal besuchen und sich selbst von der Welt unbefleckt halten.“ Kurz und bündig weist Gott darauf hin, daß es bei einer reinen Religion nicht so sehr darum geht, was wir wissen, sondern mehr darum, was wir für andere tun, die uns überhaupt nichts zurückgeben können. Gott legt einen besonderen Schutz über diese jungen Menschen, indem er sich in Psalm 68, Vers 6 zum „Vater der Waisen“ erklärt.

Ich möchte mit Ihnen ein bemerkenswertes Beispiel eines verstorbenen Mannes teilen, dessen Andenken in den Herzen der Waisen weiterlebt und dessen Vermächtnis ein Sinnbild für unsere zukünftige Rolle sein kann.

Die amerikanische Zeitung The Indianapolis Star veröffentlichte einen Artikel von E. A. Torriero mit dem Titel „Jordanische Waisenkinder nennen den Palast ihr Zuhause, dank des verstorbenen Königs“. Dieser Artikel wurde kurz nach dem Tode von König Hussein von Jordanien geschrieben. Er beschreibt eine einzigartige Liebesgeschichte zwischen einem unglaublich privilegierten und wohlhabenden Mann und den Waisenkindern, vor denen eine ungewisse Zukunft lag.

Torriero schreibt: „Bilder des lächelnden, berühmten Königs – der Mann, den die Bauernkinder so liebevoll verehrten – hingen ordentlich in jedem Raum des reich geschmückten Palastes.“ Warum diese Bilder? Warum diese Verehrung? Der Palast war König Husseins liebster Ort der Zurückgezogenheit. Hoch auf einem Hügel überblickte er die schimmernden Lichter von Jerusalem im Westen. Hussein hatte die zweistöckige 87-Millionen-Dollar-Residenz in den 1970igern als Wohnquartier für sich selbst und seine dritte Frau, Königin Alia, gebaut. Nachdem die Königin 1977 in einem Hubschrauberunglück ums Leben gekommen war, begrub Hussein sie auf einer Bergkuppe, die er von seinem Schlafzimmerfenster aus sehen konnte. Nach der erneuten Heirat des Königs wurde der Hashemiyeh Palast das offizielle Gästehaus für Staatsgäste. Präsident Clinton, Yasser Arafat, israelische Premierminister und europäische Führer wurden dort beherbergt.

Eine Sache untersuchen

Heute wohnt Sahar Falah in dem ausgestreckten Anwesen, sie ist weder ein Staatsoberhaupt noch sonst ein ausländischer Würdenträger. Sie ist eine Waise und teilt ihr Heim mit 230 anderen Waisen. Der Reporter bezeichnet den verstorbenen Würdenträger als einen „erhabenen Staatsmann, einen Playboykönig, einen Herrscher mit eiserner Hand, der ein aufstrebendes arabisches Königreich aus einer fast öden Wüste schuf. Aber innerhalb der königlichen Familie ist der am meisten geschätzte Nachlaß des Königs der Hashemiyeh Palast, sein geliebter Rückzugsort, den er zu einem Heim für vernachlässigte Kinder machte.“

Hier, innerhalb der schimmernden weißen Wände, wird König Hussein von den jungen Bewohnern einfach nur „Papa“ genannt. „Es ist immer noch ein Schock; wir vermissen ihn so sehr“, sagt Sahar, vierzehn Jahre alt, die als Baby ausgesetzt wurde, aber den König beim Vornamen kennenlernte.

Hussein erbte seine königlichen Titel, wie kam er aber zu diesem zärtlichen Namen?

Der Reporter beschreibt den ausschlaggebenden Moment. „1997, als Hussein dem Waisenhaus in Amman, das von seiner eigenen Stiftung geleitet wurde, einen unangemeldeten Besuch abstattete, war er von den Bedingungen entsetzt. Er fand unterernährte Kinder vor, die in schmutzigen, beengten Zuständen lebten. In einigen Fällen gab es Hinweise auf Mißbrauch.“ Dies war der Moment, wo der König dem Rat eines anderen Herrschers des Mittleren Osten in einer anderen Zeit folgte, dessen Gedanken wir in Sprüche 25, Verse 2-3 wiederfinden können. „Es ist Gottes Ehre, eine Sache zu verbergen; aber der Könige Ehre ist es, eine Sache zu erforschen. Der Himmel ist hoch und die Erde tief, und der Könige Herz ist unerforschlich.“

Hussein ging tief in sich hinein, um eine Veränderung zu bewirken. „Nachdem er sich fast die ganze Nacht hin und her gewälzt hatte, gab Hussein den abrupten Befehl, das reich geschmückte Gästehaus in einen Kinderpalast umzuwandeln.“ Tayseer Elias, Psychologe, der das Waisenhaus leitet, berichtet, daß der Moment der Entscheidung so schnell kam „wie das Schnippen mit den Fingern, und es war vollbracht. Die Kinder kamen aus den schlimmsten Bedingungen in das Beste.“ Vielleicht unbewußt, aber nicht unbeabsichtigt, wiederholte der König die Erklärung der United Nations: „Die Menschheit schuldet den Kindern das Beste, was sie zu geben hat.“ Als ein weiser Herrscher und Elternteil erkannte Hussein, daß man mit Kindern arbeiten muß, wenn sie jung sind, oder man wird später mit ihnen zu tun haben, wenn sie älter sind.

Reporter Torriero beschreibt den Palast als einen „Platz für Kinder in dem Alter von einigen Monaten bis Mitte des Teenageralters. Die Schlafräume wurden in Schlafsäle umgestaltet. Zum großen Teil aus dem Privatvermögen der königlichen Familie finanziert, stellte das Waisenhaus einen Mitarbeiterstab von Köchen, Ärzten, Krankenschwestern und Lehrern ein. Unter der persönlichen Leitung von Hussein wurde die Verfassung eines jeden Kindes aufgezeichnet und kontrolliert. Den Kindern wurde Kleidung gegeben, aber keine königlichen Gewänder. Sie bekamen gesunde Mahlzeiten, aber keine Gourmetküche.“ Und sie wurden in eine Vorstadtschule der Nachbarschaft geschickt, wo sie mit den örtlichen jordanischen Kindern zusammenkamen.

Die persönliche Note

Über den physischen Bereich hinaus war es Husseins persönliche Note, die das wahre Band war. Sprüche 20, Vers 28 sagt: „Gütig und treu sein behütet den König, und sein Thron besteht durch Güte.“ Es wird berichtet, daß König Hussein darauf bestand, jede Einzelheit aus dem Leben der vielen Kinder zu erfahren. Er überschüttete sie oft mit Geschenken. Direktor Elias sagte: „Es war, als ob sie seine eigenen Kinder wären.“ Die vierzehnjährige Sahar, die als Baby an der Türschwelle eines Waisenhauses liegengelassen wurde, sagte, daß Hussein ihre Vaterfigur wurde. „Man konnte mit ihm reden“, sagte sie. „Wenn er vorbeikam, wußten wir, daß wir sicher waren.“

Hussein versteckte die Nachrichten über seinen fortschreitenden Krebs vor den Kindern des Waisenhauses. Aber es kam die Zeit, wo er nicht länger zurückkommen konnte. Während der Tod des Königs die Nation erschütterte, waren die Waisenkinder besonders traumatisiert. Einige fielen in Ohnmacht. Andere wurden krank. Alle fürchteten sich davor, daß die Regierung das Waisenhaus schließen würde. „Sie hatten Angst davor, zu dem schrecklichen Leben zurückzukehren, das sie zuvor gelebt hatten, bevor sie hierher kamen“, sagte Direktor Elias. Nur Tage nach dem Tod des Königs besuchte sein Nachfolger und Sohn, König Abdullah II. mit seiner Frau das Waisenhaus und versprach, es bestehen zu lassen. Er lebt in einem Anwesen, daß die Kinder jeden Tag auf dem Weg zur Schule passieren.

Am Tag, als du geboren wurdest

Vor langer Zeit rettete Gott ein verwaistes Volk, das die Nationen dieser Welt zur Seite geschoben hatten. Hesekiel 16, Verse 4-7 beschreibt dieses Ereignis sehr deutlich: „ Bei deiner Geburt war es so. Am Tag, als du geboren wurdest, wurde deine Nabelschnur nicht abgeschnitten; auch hat man dich nicht mit Wasser gebadet, damit du sauber würdest, dich nicht mit Salz abgerieben und nicht in Windeln gewickelt. Denn niemand sah mitleidig auf dich und erbarmte sich, daß er etwas von all dem an dir getan hätte, sondern du wurdest aufs Feld geworfen. So verachtet war dein Leben, als du geboren wurdest. Ich aber ging an dir vorüber und sah dich in deinem Blut liegen und sprach zu dir, als du so in deinem Blut dalagst: Du sollst leben! Ja, zu dir sprach ich, als du so in deinem Blut dalagst: Du sollst leben und heranwachsen; wie ein Gewächs auf dem Felde machte ich dich. Und du wuchsest heran und wurdest groß und schön.“ Gott wies Israel immer auf diese Zeit der Rettung hin, um eine richtige und verantwortungsvolle menschliche Beziehung zu beschreiben.

In 2. Mose 22, Verse 21-22 erinnert Gott sie noch einmal an diesen Moment der Rettung, indem er sagt: „Den Fremden sollst du weder unterdrücken noch bedrängen, denn Fremde seid ihr im Land Ägypten gewesen. Keine Witwe oder Waise dürft ihr bedrücken“ (Elberfelder Bibel). Indem er ihnen ihre Wurzeln als Volk zeigte, wollte Gott, daß sie so viel zurückgaben, wie sie bekommen hatten. 5. Mose 10, Vers 18 vervollständigt diesen Gedanken, indem von Gottes persönlichem Beispiel berichtet wird, dem sein Volk heute sowie damals nachfolgen sollte: „Gott schafft Recht den Waisen und Witwen und hat die Fremdlinge lieb, daß er ihnen Speise und Kleider gibt.“

Laßt die Kinder kommen

Während seiner irdischen Predigerzeit setzte Jesus ein wunderbares Beispiel, indem er die Nöte der Kinder an die Spitze seiner Agenda setzte. Seine Gehilfen und Jünger hatten andere Ideen, aber Jesus wies schnell auf die Bedeutung der Kinder hin, die sie in seinen Augen hatten.

Markus 10, Verse 13-16 beschreibt dieses Ereignis: „Und sie brachten Kinder zu ihm, damit er sie anrühre. Die Jünger aber fuhren sie an. Als es aber Jesus sah, wurde er unwillig und sprach zu ihnen: Laßt die Kinder zu mir kommen und wehret ihnen nicht; denn solchen gehört das Reich Gottes. Wahrlich, ich sage euch: Wer das Reich Gottes nicht empfängt wie ein Kind, der wird nicht hineinkommen. Und er herzte sie und legte die Hände auf sie und segnete sie.“

Wie oft müssen wohl die Gehilfen und Berater des Königs Hussein die Zeit in Frage gestellt haben, die er mit den Waisen im Hashimeyeh Palast verbrachte. „Sir, es ist Zeit mit dem amerikanischen Präsidenten zu sprechen; Zeit, Marokko einen Besuch abzustatten; Zeit, Bedingungen mit Syrien auszuhandeln; Zeit, ...“ In Wirklichkeit aber gab er diesen jungen Leben nicht nur einen Palast, sondern die Liebe eines Königs.

Ich gehe hin, euch die Stätte zu bereiten

In einer interessanten Parallele ermutigt Christus seine Nachfolger, die er von einer Welt befreit hat, die von ihrem himmlischen Vater abgeschnitten ist. In einem Sinne bietet er eine „Palasterfahrung“ an, die weit über das hinausgeht, was ein irdischer Herrscher anbieten kann. In Johannes 14, Verse 1-3 lesen wir: „Euer Herz erschrecke nicht! Glaubt an Gott und glaubt an mich! In meines Vaters Hause sind viele Wohnungen. Wenn’s nicht so wäre, hätte ich dann zu euch gesagt: Ich gehe hin, euch die Stätte zu bereiten? Und wenn ich hingehe, euch die Stätte zu bereiten, will ich wieder kommen und euch zu mir nehmen, damit ihr seid, wo ich bin.“

Bevor wir diese „Palasterfahrung“ empfangen können, zeigen die Prophezeiungen unserer Bibel, daß die Menschheit einige entsetzliche Taten verüben wird. Sie wird sogar gegen Gott kämpfen. Die Ereignisse von Offenbarung 16, 17 und 18 weisen darauf hin, daß das göttliche Urteil über die Armeen dieser Erde kommen wird. Zwischen den Ereignissen der Trübsal und des Tages des Herrn werden viele Menschen sterben. Haben Sie je über die Zahl der Waisen nachgedacht, die beim Anbruch des Millenniums Hilfe brauchen werden? Wer wird für sie sorgen? Wer werden nach Gottes Aussage die Könige und Priester sein?

Offenbarung 5, Vers 10 ist eine Einladung zum Dienen. Es ist eine Einladung, das Einfühlungsvermögen und die Fürsorge ewig einzusetzen, die wir in diesem Leben entwickeln sollen. Aber dann werden diese „Fertigkeiten“ auf wunderbare Weise durch die irdische Gegenwart des himmlischen Königs erweitert werden. Offenbarung 5, Vers 10 ist eine Einladung, einzugreifen, wenn wir sehen, daß Hilfe benötigt wird, selbst wenn es bedeuten sollte, etwas Kostbares aufzugeben – d. h., bis man die größeren Nöte erkennt, die nicht mit Geld gemessen werden können. Keiner von uns kann denen, die in diesem Leben weniger glücklich sind als wir, einen Palast geben, aber was wir haben, sollen wir teilen. Wenn wir unser Etwas geben, egal wie klein es ist, dann kann Gott das scheinbar kleine Etwas nehmen und es genau zu dem machen, was seinen Zweck erfüllt.

König Hussein gab den weisesten Rat darüber, was wahrer Reichtum wirklich ist. „In einigen Jahren wird es nicht wichtig sein, was meine irdischen Güter gewesen sind. Was wirklich von Bedeutung sein wird, ist, daß ich in dem Leben eines Kindes wichtig war.“ Ein König als „Vater der Waisen“ für Waisen, die in den Palasthallen herumrannten und nach „Papa“ schauten – in solchen Momenten, wenn er Hand in Hand mit seinen jungen Untertanen ging, konnte der König sich umdrehen und uns sagen: „Dies ist der Weg; den geht!“