Ist mehr als die Hälfte der Bibel für Christen überholt und irrelevant? Schenkte Gott uns zwei verschiedene inspirierte Bücher, das Alte bzw. Neue Testament?

Von Scott Ashley

Eine nicht ungewöhnliche Vorstellung unter den Menschen, die die Bibel lesen, ist, dass ein großer Teil ihres Inhalts für das heutige Leben unbedeutend ist. Leider haben sich sogar bekennende Christen dieser Meinung angeschlossen, indem sie das Alte Testament für veraltet und überholt halten. Solche Christen meinen, dass nur das Neue Testament, das die Schriften der Apostel enthält, wirklich zählt. Ihrer Meinung nach war das Alte Testament nur bis zum Erscheinen Jesu Christi gültig.

Hat Gott uns in Wirklichkeit zwei verschiedene Bibeln gegeben? Inspirierte er einen Teil – die hebräischen Schriften – nur für die Israeliten, die von der Zeit Moses bis hin zu Jesu Auftreten lebten, und einen anderen Teil, der ab dem ersten Jahrhundert unserer Zeitrechnung für alle anderen Menschen gedacht ist?

Was sagt die Bibel selbst über diese Vorstellung? Lehnt der eine Teil der Bibel den anderen ab? In diesem Artikel wollen wir nachlesen, was das Neue Testament selbst zum Alten Testament sagt. So können wir sehen, ob Gott uns wirklich zwei verschiedene Schriften oder nur eine Heilige Schrift, die sich perfekt ergänzt, gegeben hat.

Fangen wir mit den Bezeichnungen „Altes“ bzw. „Neues“ Testament an. Die vorherrschende Meinung ist, dass das Alte Testament „alt“ bzw. veraltet und überholt ist und daher durch das Neue Testament ersetzt wurde. Finden wir diese Sichtweise in der Bibel? Überhaupt nicht! In einigen Bibelübersetzungen mag es die Bezeichnungen Altes bzw. Neues Testament geben, aber das Wort, das mit dem deutschen Wort „Testament“ übersetzt wurde, heißt in Wirklichkeit „Bund“. Diese Schriftstellen behandeln daher den Alten bzw. Neuen Bund, nicht die Bücher der Bibel.

Wenn man im ersten Jahrhundert n. Chr. die Apostel Johannes, Petrus oder Paulus gefragt hätte, was es mit dem „Alten“ bzw. „Neuen“ Testament auf sich hatte, hätten sie keine Ahnung gehabt, was die Frage bedeuten sollte. Die Bezeichnungen Altes bzw. Neues Testament wurden erst viele Jahre nach der Abfassung der biblischen Bücher benutzt. Die erste Anwendung der Bezeichnung Neues Testament finden wir in den Schriften des frühen Theologen Tertullian (ca. 155-200 n. Chr.), mehr als ein Jahrhundert nach dem Tod der meisten der ursprünglichen Apostel.

Einige überraschende Fakten

Ein Vergleich zwischen beiden Teilen der Bibel hilft uns zu sehen, wie die Autoren des Neuen Testamentes die hebräischen Schriften, die wir heute das Alte Testament nennen, betrachteten.

Wie oft zitieren die Autoren des Neuen Testamentes das Alte Testament? Ein Verzeichnis in dem jüdischen Neuen Testament listet 695 einzelne Zitate aus den Büchern des Alten Testamentes auf (Jewish New Testament Publications, Jerusalem, 1989).

Außerdem gibt es viele andere Stellen, in denen Bezug zum Alten Testament genommen wird, wie z. B. in Fällen, in denen eine Person aus dem Alten Testament erwähnt, aber kein Vers zitiert wird. Je nachdem, auf welchen Experten man sich beziehen will, kann die Zahl der alttestamentlichen Zitate und Bezugsstellen im Neuen Testament bis zu 4105 lauten (Roger Nicole, The Expositor’s Bible Commentary, Zondervan, Grand Rapids, 1979, Band I, Seite 617).

Vergleichen wir diese Statistik mit Zitaten anderer Autoren im Neuen Testament. Die Apostel zitierten das Alte Testament 695-mal. Andere Autoren haben sie aber nur viermal zitiert. Trotzdem gibt es manche Menschen, die darauf bestehen, die Lehre des Neuen Testamentes sei, dass das Alte Testament überholt und nur für ein bestimmtes Volk während eines bestimmten Zeitabschnitts beabsichtigt gewesen sei.

Wir können weitere Statistiken anführen. Von den 26 Büchern und Briefen, die das Neue Testament ausmachen, gibt es alttestamentliche Zitate in zwanzig Büchern. Die einzigen Bücher, in denen das Alte Testament nicht direkt zitiert wird, sind auch die kürzesten: Titus, Philemon, die drei Johannesbriefe und Judas. In Titus, 1. Johannes, 3. Johannes und Judas gibt es jedoch Bezüge zu alttestamentlichen Persönlichkeiten oder Aussagen.

Man kann es auch anders betrachten. Nach der Einteilung in unserer modernen Bibel gibt es 39 Bücher im Alten Testament. Von diesen 39 Büchern werden nur neun im Neuen Testament nicht zitiert. Die hebräische Bibel hat jedoch eine andere Einteilung. In unserer modernen Bibel sind einige der Bücher mit anderen Büchern zusammengelegt. Nach der hebräischen Einteilung gibt es nur fünf Bücher des Alten Testamentes, die im Neuen Testament nicht zitiert werden.

Einige nehmen an, dass die ersten fünf Bücher der Bibel – die Bücher Mose – überholt sind, da sie Gesetze beinhalten, die Jesus Christus angeblich außer Kraft gesetzt hat. Diese fünf Bücher werden aber mindestens 245-mal im Neuen Testament zitiert. Darüber hinaus gibt es viele Bezugsstellen. Der Apostel Paulus, von dem einige meinen, er hätte gelehrt, das in diesen Büchern enthaltene Gesetz sei abgeschafft, zitierte sie zwischen 70- und 110-mal – mehr als irgendein anderer neutestamentlicher Autor. Jesus Christus selbst zitierte die fünf Bücher Mose ca. 60-mal.

Paulus’ Sichtweise zu den hebräischen Schriften

Vor dem Hintergrund dieser Statistiken können wir jetzt einige Abschnitte im Neuen Testament betrachten, in denen die hebräischen Schriften klar behandelt werden.

In 2. Timotheus, einem an einen jüngeren Prediger gerichteten Brief, machte Paulus seine Haltung zum Alten Testament klar. Danach hatte Timotheus „von Kind auf die heilige Schrift“ gekannt (2. Timotheus 3,15; alle Hervorhebungen durch uns).

Was ist „die heilige Schrift“, die Paulus im Sinn hat? Als Paulus seinen Brief an Timotheus schrieb (ca. 66 n. Chr.), gab es kein „Neues Testament“ – einige Bücher dieses Teils der Bibel existierten noch gar nicht. Paulus meinte das Alte Testament. Das war die Heilige Schrift, die Timotheus’ jüdische Mutter ihm seit seiner Kindheit beigebracht hatte (Apostelgeschichte 16,1-3).

Es mag für einige überraschend sein, aber Paulus stellte klar fest, dass diese Schrift uns „zur Seligkeit durch den Glauben an Christus Jesus [unterweisen kann]“ (2. Timotheus 3,15). Die alttestamentliche Schrift beinhaltet Unterweisung über das Heil, das „durch den Glauben an Jesus Christus“ zugänglich wird.

Mose, Abraham, Isaak, Jakob, Elia, Daniel, David und andere, denen ewiges Leben verheißen wurde, erhalten das Heil in der gleichen Weise, wie auch wir es erhalten: durch den Glauben an Jesus Christus, den Glauben an einen verheißenen Messias, der die alttestamentlichen Knechte Gottes von ihren Sünden erlösen kann.

Jesus Christus starb nicht nur für diejenigen, die seit seinem Tod gelebt haben. Nein, er starb für alle Menschen, die jemals gelebt haben – sowohl vor als auch nach seinem physischen Leben auf der Erde.

Was sagt Paulus sonst über diese Heilige Schrift, die als das Alte Testament bekannt ist? „Denn alle Schrift, von Gott eingegeben . . .“ Paulus benutzte an dieser Stelle das Wort theopneustos. Der erste Teil dieses Wortes, theo, bedeutet „Gott“. Der zweite Teil ist pneustos mit der Bedeutung „gehaucht“. In einigen Bibelübersetzungen wird diese Stelle übersetzt mit „Denn alle Schrift, von Gott gehaucht“, womit gezeigt wird, dass die Schrift direkt von Gott kam. Mit anderen Worten sagte Paulus, dass die hebräische Schrift direkt von Gott und seinem Geist kam!

Paulus fuhr fort: „Denn alle Schrift, von Gott eingegeben, ist nütze zur Lehre, zur Zurechtweisung, zur Besserung, zur Erziehung in der Gerechtigkeit, dass der Mensch Gottes vollkommen sei, zu allem guten Werk geschickt“ (Verse 16-17).

Überlegen wir einen weiteren Aspekt, der mit diesem Abschnitt zu tun hat. Dieser Brief wurde ca. 66 n. Chr. geschrieben, ungefähr ein Jahr vor der Hinrichtung des Paulus. Das war also der zuletzt geschriebene Brief von Paulus! In diesem Brief erzählt Paulus einem anderen Prediger, dass die alttestamentlichen Schriften nicht überholt, sondern von Gott inspiriert und „zur Lehre, zur Zurechtweisung, zur Besserung, zur Erziehung in der Gerechtigkeit [nütze]“ sind, damit Christen „vollkommen“ und „zu allem guten Werk geschickt“ sein können.

Die Lehre und Praktik des Apostels Paulus

Wie lautete die Lehre des Paulus? Wir stellten bereits fest, dass er die fünf Bücher des Mose öfter zitierte als irgendein anderer neutestamentlicher Autor. Aber sind seine Briefe das einzige Beispiel für seine Zitate aus dem Alten Testament?

In Apostelgeschichte 28 finden wir eine Beschreibung des Hausarrests von Paulus in Rom, als er auf seine Gerichtsverhandlung vor dem Kaiser wartete. Er konnte Rom nicht verlassen, aber er durfte Besucher empfangen: „Und als sie ihm einen Tag bestimmt hatten, kamen viele [von den jüdischen Führern in Rom] zu ihm in die Herberge. Da erklärte und bezeugte er ihnen das Reich Gottes und predigte ihnen von Jesus aus dem Gesetz des Mose und aus den Propheten vom frühen Morgen bis zum Abend“ (Apostelgeschichte 28,23).

Im Jahr 63 n. Chr., ungefähr 30 Jahre nach seiner Bekehrung, erzählte Paulus einer Gruppe Juden von Jesus „aus dem Gesetz des Mose und aus den Propheten“ – das waren zwei der Hauptunterteilungen im Alten Testament. Er empfahl ihnen keineswegs, von nun an die hebräische Schrift zu ignorieren, sondern er unterwies sie daraus über Jesus Christus und das Reich Gottes – eine merkwürdige Vorgehensweise, wenn man meint, dass Paulus bemüht war, die Menschen vom Alten Testament abzuwenden.

Das Schlusswort des Petrus

Wie sahen andere Apostel das Alte Testament? Der zweite Petrusbrief ist sein letzter Brief und wurde vom Gefängnis aus kurz vor seinem Tode geschrieben. Er wusste, dass er bald sterben würde: „Ich will mich aber bemühen, dass ihr dies allezeit auch nach meinem Hinscheiden im Gedächtnis behalten könnt“ (2. Petrus 1,15).

Was waren die Dinge, die andere im Gedächtnis behalten sollten, nachdem Petrus gestorben war? Dieser Brief beinhaltet seine letzten Worte an die Gemeinde, deshalb sollten wir auf dessen Inhalt besonders achten. Was erwähnte er unmittelbar nachdem er seinen Wunsch ausdrückte, seine Leser sollten „dies . . . im Gedächtnis“ behalten?

In den nächsten Versen schrieb Petrus über die Realität Jesu Christi. Er beschrieb die Verklärung Christi, als er, Jakobus und Johannes den verklärten Christus in seiner Herrlichkeit sahen (Verse 16-18; Matthäus 17,1-9). Petrus betonte, dass Christus kein Mythos – kein Resultat „ausgeklügelter Fabeln“ – ist. Jesus war echt – echt genug, dass Petrus bereit war, für ihn zu sterben.

Dann fügte Petrus hinzu: „Um so fester haben wir das prophetische Wort, und ihr tut gut daran, dass ihr darauf achtet als auf ein Licht, das da scheint an einem dunklen Ort, bis der Tag anbreche und der Morgenstern aufgehe in euren Herzen“ (Vers 19).

Was ist dieses „prophetische Wort“? Petrus bezog sich damit auf die Rückkehr Christi, die stattfinden wird, wenn „der Tag anbreche und der Morgenstern aufgehe in euren Herzen“. Dies hat auch mit der Verklärung zu tun, als Petrus Jesus Christus in seinem verherrlichten Zustand erlebte, in dem er zurückkehren wird.

Petrus deutet an, dass die Vision, die er, Jakobus und Petrus erlebten – die des verklärten Christus –, die gleiche Art Erlebnis war, das die Propheten des Alten Testaments hatten, als sie ihre Visionen vom Herrn und von dem kommenden Messias erlebten. Er bestätigte, dass die Schriften der Propheten wahr sind. Sie schrieben von dem Messias, der das Reich Gottes aufrichten wird. Petrus, Jakobus und Johannes erlebten die gleichen Dinge, als sie Jesus Christus in seiner Herrlichkeit sahen.

Petrus fügte hinzu: „Und das sollt ihr vor allem wissen, dass keine Weissagung in der Schrift eine Sache eigener Auslegung ist. Denn es ist noch nie eine Weissagung aus menschlichem Willen hervorgebracht worden, sondern getrieben von dem heiligen Geist haben Menschen im Namen Gottes geredet“ (Verse 20-21).

Welche „Weissagung“ (Prophezeiung) und welche „Schrift“ meinte Petrus? Der Zusammenhang zeigt, dass er die Prophezeiungen meinte, die das Kommen des Messias, Jesus Christus, voraussagten. Worum geht es Petrus hier? Er will damit sagen, dass die Propheten des Alten Testaments im Recht waren. Sie haben „im Namen Gottes“ gesprochen und Gottes Worte niedergeschrieben. Die Männer, die das Alte Testament schrieben, taten dies unter der Inspiration des Geistes Gottes.

Die Lehre Jesu Christi

Wie sieht es bei Jesus Christus aus? Wie betrachtete er die Schriften, die das Alte Testament umfassen? Untersuchen wir die Worte Jesu, um zu sehen, was er zur Gültigkeit des Alten Testamentes zu sagen hatte. Wenn Jesus Christus die Idee hätte vermitteln wollen, dass das Alte Testament überholt wäre, dann hätte er dies bestimmt während seines Lebens oder unmittelbar nach seiner Auferstehung getan. Aber tat er dies?

Lukas 24 beschreibt Ereignisse nach seiner Auferstehung. Am Tag seiner Auferstehung traf Jesus zwei seiner Jünger, von denen keiner ihn gleich erkannte, und er ging eine Strecke mit ihnen. Sie erzählten von den erstaunlichen Ereignissen der letzten Tage – die Hinrichtung Jesu und das Verschwinden seines Leichnams aus dem Grab (Verse 13-24).

Beachten wir die Reaktion Jesu: „Und er sprach zu ihnen: O ihr Toren, zu trägen Herzens, all dem zu glauben, was die Propheten geredet haben! Musste nicht Christus dies erleiden und in seine Herrlichkeit eingehen? Und er fing an bei Mose und allen Propheten und legte ihnen aus, was in der ganzen Schrift von ihm gesagt war“ (Verse 25-27).

Was tat Jesus unmittelbar nach seiner Auferstehung? Er fragte zwei seiner Jünger, warum es für sie so schwer war, allem zu glauben, was die Propheten über ihn vorausgesagt hatten. Dann benutzte er die fünf Bücher Mose und die Schriften der Propheten und zeigte, wie alles prophezeit wurde. Er bestätigte die Gültigkeit der Schrift.

Später erschien er den elf Jüngern und anderen Anhängern: „Er sprach aber zu ihnen: Das sind meine Worte, die ich zu euch gesagt habe, als ich noch bei euch war: Es muss alles erfüllt werden, was von mir geschrieben steht im Gesetz des Mose, in den Propheten und in den Psalmen. Da öffnete er ihnen das Verständnis, sodass sie die Schrift verstanden“ (Verse 44-45). Christus schaffte „die Schrift“ – die hebräische Bibel – nicht ab, sondern er half seinen Jüngern, sie besser zu verstehen.

In ähnlicher Weise zitierte der Apostel Paulus aus allen drei Teilen des Alten Testamentes – dem Gesetz des Moses, den Propheten und den Psalmen – bei seiner Behandlung des Auftrags Christi (Römer 15,7-13; Psalm 18,49; 117,1; 5. Mose 32,43). Warum tat Paulus das, wenn er das Alte Testament für überholt hielt, wie einige meinen?

Solche Beispiele machen klar, dass der Zweck der alttestamentlichen Schrift die richtige Identifizierung des Messias – des Gesalbten, Jesus von Nazareth – war. Später schrieb Paulus, dass die gleiche alttestamentliche Schrift „nütze zur Lehre, zur Zurechtweisung, zur Besserung, zur Erziehung in der Gerechtigkeit“ ist (2. Timotheus 3,16) und uns „zur Seligkeit durch den Glauben an Christus Jesus [unterweisen kann]“ (Vers 15).

Es war Christus selbst, der uns zeigte, wie wir die hebräische Bibel als wirksames Schwert in unserem Kampf gegen Satan gebrauchen können.

Jesu beständige Vorgehensweise

Christi Sichtweise zur Schrift änderte sich nicht in den Jahren seines Wirkens. In Matthäus 4 sehen wir, was Jesus zu Beginn seines Predigens über das Alte Testament sagte.

„Da wurde Jesus vom Geist in die Wüste geführt, damit er von dem Teufel versucht würde. Und da er vierzig Tage und vierzig Nächte gefastet hatte, hungerte ihn. Und der Versucher trat zu ihm und sprach: Bist du Gottes Sohn, so sprich, dass diese Steine Brot werden. Er aber antwortete und sprach: Es steht geschrieben: Der Mensch lebt nicht vom Brot allein, sondern von einem jeden Wort, das aus dem Mund Gottes geht“ (Verse 1-4).

Wie reagierte Christus auf Satans Versuchung? Er zitierte aus dem Alten Testament, besonders aus 5. Mose 8, Vers 3. Welche Worte waren bis dahin aus dem Mund Gottes gegangen? Das Alte Testament! Das erste Buch des Neuen Testamentes wurde erst 15 bis 20 Jahre später geschrieben. Der Mensch soll nicht entweder nach dem Alten oder nach dem Neuen Testament leben, „sondern von einem jeden Wort, das aus dem Mund Gottes geht“.

Satan setzte seine Versuchung gegenüber Jesus fort. Erneut erwiderte Jesus mit Zitaten aus dem Alten Testament – 5. Mose 6, Vers 16 bzw. 13 und 5. Mose 10, Vers 20. Satan musste die Autorität jener Schrift anerkennen, und er schlich sich in seiner Niederlage fort.

Jesu klare Worte

Gleich nach dieser Versuchung fing Jesus zu predigen an. Die Bergpredigt ist eines der ersten Beispiele seiner Lehrtätigkeit. Was sagte er in der Bergpredigt? „Ihr sollt nicht meinen, dass ich gekommen bin, das Gesetz oder die Propheten [das Alte Testament] aufzulösen; ich bin nicht gekommen aufzulösen, sondern zu erfüllen“ (Matthäus 5,17). Trotz dieser klaren Worte meinen einige immer noch, Jesus wäre gekommen, um das im Alten Testament offenbarte Gesetz abzuschaffen.

Jesus sagte: „Ich bin nicht gekommen aufzulösen, sondern zu erfüllen.“ Das Wort „erfüllen“ in diesem Vers bedeutet einfach „voll füllen“. Das gleiche Wort wird benutzt, um Netze zu beschreiben, die voller Fische sind (Matthäus 13,48). Wenn man ein Netz mit Fischen füllt, wirft man das Netz nicht weg mit der Behauptung, man würde es nicht mehr benötigen. Viele entstellen jedoch die Worte Jesu, um genau diese Auslegung für seine Lehre aufzustellen.

Jesus Christus erfüllte zahlreiche alttestamentliche Prophezeiungen, aber es gibt noch viel mehr Prophezeiungen, die er bei seinem ersten Kommen nicht erfüllte. Er erfüllte das Gesetz in der Hinsicht, dass er uns zeigte, wie wir leben werden, wenn wir wirklich nach dem Geist des Gesetzes Gottes leben.

Damit niemand falsche Vorstellungen über die Bedeutung seiner Worte hat, drückte Jesus seine Lehre zum Gesetz noch klarer aus: „Denn wahrlich, ich sage euch: Bis Himmel und Erde vergehen, wird nicht vergehen der kleinste Buchstabe noch ein Tüpfelchen vom Gesetz, bis es alles geschieht. Wer nun eines von diesen kleinsten Geboten auflöst und lehrt die Leute so, der wird der Kleinste heißen im Himmelreich; wer es aber tut und lehrt, der wird groß heißen im Himmelreich“ (Matthäus 5,18-19).

Wessen Gebote sind es?

Leider glauben einige, dass das Alte Testament nur menschlichen Ursprungs ist – eine Sammlung guter und hilfreicher Ideen, die nichtsdestoweniger nur menschliche Gedanken darstellen. In ähnlicher Weise beziehen solche Leute diese Denkweise auf die im Alten Testament offenbarten Gesetze. Hatte Jesus etwas zu dieser Vorstellung zu sagen?

In Matthäus 15 gibt es einen Bericht über eine Konfrontation zwischen Jesus Christus und einer Gruppe von Schriftgelehrten und Pharisäern. Man kann diesen Bericht nicht lesen, ohne eine wichtige Aussage Jesu Christi zu erkennen:

„Da kamen zu Jesus Pharisäer und Schriftgelehrte aus Jerusalem und sprachen: Warum übertreten deine Jünger die Satzungen der Ältesten? Denn sie waschen ihre Hände nicht, wenn sie Brot essen. Er antwortete und sprach zu ihnen: Warum übertretet denn ihr Gottes Gebot um eurer Satzungen willen? Denn Gott hat geboten: Du sollst Vater und Mutter ehren; wer aber Vater und Mutter flucht, der soll des Todes sterben“ (Verse 1-4).

An dieser Stelle zitiert Jesus das fünfte Gebot und 2. Mose 21, Vers 17, wo es heißt, dass derjenige, der seinem Vater oder seiner Mutter flucht, wegen seiner Respektlosigkeit sterben sollte. Haben Sie aber gemerkt, wie Jesus das Zitat anführte? Er sagte nicht: „Denn Mose hat geboten . . .“ Stattdessen stellte er fest, dass Gott geboten hatte. In Verse 3-6 sagte er dreimal, dass es Gottes Gebote waren, nicht die Gebote eines Menschen.

Wenn wir die Worte und Handlungen von Jesus Christus und den Aposteln untersuchen, können wir nur zu dem Schluss kommen, dass das Alte Testament das inspirierte Wort Gottes ist, von ihm selbst inspiriert und von seinen menschlichen Werkzeugen niedergeschrieben. Die Autoren des Neuen Testamentes glaubten und lehrten, dass das Alte Testament für ihre Zeit gültig war.

Sie gaben keinen Hinweis darauf, dass es von Jesus Christus aufgehoben oder abgeschafft wurde. Sie lasen die alttestamentliche Schrift und verstanden und wendeten sie als göttliche Anweisung an, die für alle Menschen für alle Zeit gedacht war.

Jesus Christus und das Alte Testament

In welchem Verhältnis steht Jesus Christus zum Alten Testament? Um diese Frage zu beantworten, müssen wir zunächst verstehen, wie die Bibel Jesus Christus darstellt. Das Neue Testament ist eine Zusammenstellung von Biografien und Erzählungen, die uns von Jesus Christus, seinem Leben, seinen Predigten, seinem Tode und seiner Auferstehung, den Männern, die er erwählte, und der Gründung der Kirche berichten. Außerdem berichtet das Neue Testament von der Ausbreitung des Evangeliums Jesu Christi, durch das wir das Heil erlangen können.

Das Neue Testament enthält eine Reihe von Briefen an Einzelpersonen und Gemeinden. Diese Briefe behandeln das Evangelium im Detail und dessen Auswirkungen auf unsere persönliche Lebensführung. Der Schluss des Neuen Testamentes ist die Offenbarung, in der das Geschehen auf der Erde und in der Kirche bis zur Rückkehr Christi und zur Aufrichtung seiner Herrschaft beschrieben wird. Die Offenbarung zeigt auch, dass nach der Rückkehr Christi allen Menschen die Gelegenheit für das Heil in Gottes ewigem Reich gegeben wird.

Aber was ist die Grundlage für diese Bücher, Briefe und Prophezeiungen? Alles gründet sich auf Jesus den Christus. Christus bedeutet „der Gesalbte“ in Griechisch, der Sprache, in der das Neue Testament verfasst wurde. Das hebräische Wort Messias hat die gleiche Bedeutung. Jesu Christi Nachfolger nannten ihn Jesus den Messias. Christus bedeutet „Messias“ – derjenige, der im Alten Testament von Jesaja, Jeremia, Hesekiel, Daniel, Sacharja, Maleachi und anderen wiederholt vorausgesagt wurde. Ohne das Alte Testament hätte niemand einen Messias erwartet. Dutzende von Prophezeiungen über einen Messias, die von den Propheten niedergeschrieben wurden – Prophezeiungen, die von Jesus Christus erfüllt wurden –, gehören zu den stärksten Beweisen, dass die Bibel wirklich das inspirierte Wort Gottes ist.

Unter den verschiedenen Religionen gibt es viele Schriften, die den Anspruch auf Heiligkeit und Inspiration erheben. Es gibt aber einen Anspruch, den keine der Schriften erfüllt. Keine dieser Schriften sagt die Zukunft voraus und hält dann fest, wie diese Prophezeiungen Hunderte von Jahren später in Erfüllung gingen. Die knappe Zusammenfassung der vier Evangelien erfüllt diesen Anspruch. Sie beschreiben alttestamentliche Prophezeiungen über den Messias, die durch Jesus Christus erfüllt wurden – von einer Jungfrau geboren, ein göttlicher Lehrer, der getötet wurde, der die Vergebung der Sünde möglich machte, der von den Toten auferstanden ist und der als erobernder König zurückkehren wird. Das ist die Botschaft der vier Evangelien – dass Jesus Christus der Messias war, der im Alten Testament vorausgesagt wurde.

Das jüdische Neue Testament listet 52 Prophezeiungen auf, die beim ersten Kommen Christi erfüllt wurden. Die geschätzte Zahl der Gesamtsumme aller Prophezeiungen, die mit Christus zu tun haben – einschließlich seines zweiten Kommens –, geht in die Hunderte. War Jesus von Nazareth wirklich der vorausgesagte und verheißene Messias? Wenn das Alte Testament nicht gültig ist, wissen wir nicht, ob wir einen Erlöser haben. Das Alte Testament ist der Beweis, dass Jesus der Christus ist, der Sohn Gottes, der von Gott gesandt wurde und der wiederkommen wird.

Die Wichtigkeit des Alten Testaments

Warum war das Alte Testament den Autoren des Neuen Testamentes so wichtig, und warum ist es für die heutige Menschheit so wichtig? Fassen wir einige der Dinge zusammen, die durch das Alte Testament offenbart werden.

• Es offenbart Gott – dass es einen Schöpfer gibt und dass die Welt nicht von selbst entstanden ist. Gott hat jederzeit die Kontrolle über seine gesamte Schöpfung (1. Mose 1; Jesaja 46,9-10).

• Es offenbart, dass dieser Gott ein Gott der Liebe ist, der um jeden Menschen, der je gelebt hat, tief besorgt ist und dass er alles mit der gesamten Menschheit teilen will (Psalm 8,4-8; 86,5; 100,1-5).

• Es offenbart, dass Gottes Liebe durch seine Gesetze definiert wird – durch die beiden großen Gebote Gottes: „Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele, von ganzem Gemüt und von allen deinen Kräften“ und „Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst“ (Markus 12,29-31; 5. Mose 6,5; 3. Mose 19,18). Die Zehn Gebote – und die Rechtsordnungen und Satzungen, die sich auf die Zehn Gebote gründen – zeigen uns, wie wir Gottes Weg der Liebe befolgen können.

• Es offenbart, dass die Sünde Leid nach sich zieht – dass es, wenn wir sündigen, eine Strafe gibt. Wenn eine ganze Nation sündigt, wird sie eines Tages die Strafe für diese Sünden ernten. Auf der anderen Seite ist Gott gerne bereit, einer Einzelperson oder einer Nation ihre Sünden zu vergeben, wenn sie ihre Sünden bereuen und Gott um Vergebung bitten (5. Mose 28,15-68; Psalm 103,8-13).

• Es offenbart den Plan Gottes, dass es einen Erlöser geben wird, der die Todesstrafe für die Sünden der Menschheit bezahlte, und dass dieser Erlöser, der Messias, das Reich Gottes auf Erden aufrichten wird. Es offenbart eine Auferstehung der Toten zu ewigem Leben (Jesaja 53; Daniel 2,44; 7,27; 12,2-3; Hiob 14,1-15; Hesekiel 37).

• Es offenbart, dass es einen neuen Bund geben und dass Gott seinem Volk das Geschenk des heiligen Geistes geben wird, um das steinerne Herz des Menschen durch ein Herz zu ersetzen, das Gott liebt und gehorcht (Jeremia 31,31-34; Hesekiel 36,26-27).

• Es offenbart, dass der Mensch nach dem Bilde Gottes geschaffen wurde, um Gott ähnlich zu sein und um die Herrschaft über das ganze Universum mit Gott zu teilen (1. Mose 1,26-27; Psalm 8,6; Hebräer 2,6-8).

Diese sind einige der wunderbaren Wahrheiten, die das Alte Testament offenbart. Es ist kein Wunder, dass Satan den Sinn der Menschen mit der Vorstellung verblendet hat, das Alte Testament sei überholt oder etwas, das Gott abschaffen musste, weil ihm eine bessere Idee eingefallen sei. Das Neue Testament gründet sich auf das Alte Testament. Zusammen bilden sie eine Einheit – die Geschichte der Liebe Gottes zu dem Menschen.