Die Verständigung unter den Menschen wird nach wie vor durch die babylonische Sprachverwirrung erschwert. Wie wird dieses Problem endgültig überwunden?
Von Paul Kieffer
Man könnte meinen, daß man mit Hilfe des Computers auf dem besten Weg ist, den Zustand wiederherzustellen, den es nach dem biblischen Bericht vor der Sprachverwirrung zu Babel gab: „Es hatte aber alle Welt einerlei Zunge und Sprache“ (1. Mose 11,1). Vor etwas mehr als 30 Jahren waren damalige Computer in der Lage, bis zu 20 000 Wörter in der Stunde zu übersetzen. Heute dauert es hingegen höchstens ein paar Minuten – je nach Schnelligkeit des Rechners –, einen Text von 20 000 Wörtern durch ein Übersetzungsprogramm übersetzen zu lassen.
Trotz der Fortschritte auf dem Gebiet des maschinellen Übersetzens gibt es nach wie vor grundlegende Schwierigkeiten, die beim Übersetzen von einer Sprache in eine andere auftreten. Der zu übersetzende Text muß vom Computer so umgeformt und entschlüsselt werden, daß sein Sinn in der Ursprungssprache „verstanden“ und dann in die Zielsprache übertragen wird. Für diesen Vorgang müssen ganze Wörterbücher, Redewendungen und grammatikalische Regeln gespeichert werden, auf die die Software zugreifen kann.
So gut sie auch sind, Computer können nicht wie Menschen denken. Hat ein Wort mehrere mögliche Bedeutungen, muß die Software entscheiden, welche Bedeutung die passende für die Übersetzung ist. Hinzu kommt, daß der Mensch zu „Wortschöpfungen“ und abgewandelten Redewendungen fähig ist, die auch die beste Software nicht erfassen kann. Das Übersetzen verlangt sehr viel mehr, als nur den Austausch des einen Wortes gegen das andere.
Manche Beispiele von Fehlübersetzungen durch Computer sind humorvoll. Das Sprichwort „Der Geist ist willig, aber das Fleisch ist schwach“ wurde einst von einem Computer so ins Russische übertragen: „Der Wein ist vielversprechend, aber das Fleisch ist schlecht geworden.“ Aus der Redensart „Aus den Augen, aus dem Sinn“ wurde ein „unsichtbarer Idiot“!
Die Vorstellung einer Übersetzung per Computer ist für einen vom Glanz der modernen Technologie faszinierten Laien sehr verlockend. Eine Übersetzung per Computer kann sicherlich hilfreich sein, den allgemeinen Sinn eines in einer Fremdsprache abgefaßten Textes zu verstehen. Soll dieser vom PC übersetzten „Rohtext“ präzisiert bzw. geschliffen werden, ist dessen Bearbeitung nach übereinstimmender Meinung vieler Fachleute für den Lektor oft mühsamer, zeitraubender und anstrengender ist als eine direkt von Menschen vorgenommene Übersetzung.
Unsere fortschrittliche Zivilisation ist zwecks Verständigung zwischen den Nationen immer noch auf menschliche Übersetzer angewiesen. Dabei gilt, wie bei allen Dingen, die der Mensch macht, die Redewendung „Leute machen Fehler“ – darunter auch verhängnisvolle.
Von einem einzigen Wort kann viel abhängen
Die falsche Übersetzung eines einzigen Wortes hat vermutlich einmal den Tod von 200 000 Menschen verursacht. Es geschah vor 60 Jahren, kurz vor Ende des Zweiten Weltkriegs im Pazifik. Den politischen Führern Japans war bereits seit einigen Monaten klar, daß sie den Krieg verloren hatten. Die Frage war nun, wie man trotz der fanatischen Entschlossenheit einiger Generale Friedensverhandlungen einleiten sollte.
Am 26. Juli wurde die Potsdamer Erklärung, in der die japanische Kapitulation gefordert wurde, durch die Äther nach Japan gesendet. Damit sollte die Einleitung von Friedensverhandlungen ermöglicht werden. Das japanische Kabinett lehnte anscheinend die Erklärung aus Potsdam nicht vollständig ab, sondern wollte sie als Grundlage für Verhandlungen nutzen. Zur Vorbereitung einer entsprechenden Antwort brauchte man Zeit.
Die japanische Öffentlichkeit erwartete hingegen eine baldige Stellungnahme ihrer Regierung. So hielt Premierminister Suzuki am 28. Juli eine Pressekonferenz ab. Er gab bekannt, daß das Kabinett an einer „mokusatsu“-Politik festhalten werde. Das japanische Wort mokusatsu hat in vielen anderen Sprachen kein genaues Gegenstück. Sogar im Japanischen ist es mehrdeutig. Es kann z. B. „keine Stellungnahme abgeben“ heißen, und so hatte es auch der japanische Premierminister gemeint. Der Ausdruck kann aber auch „verwerfen“ bzw. „ignorieren“ bedeuten.
Der Premierminister war anscheinend vom Kabinett befugt, eine Erklärung abzugeben, wonach das Kabinett noch nicht über das Potsdamer Abkommen entschieden habe. Leider blieb aber seine Aussage für die anwesenden Reporter doppelsinnig. Die japanische Nachrichtenagentur Domei übersetzte Premierminister Suzukis Erklärung ins Englische, benutzte dabei aber eine andere Auslegung von mokusatsu. In dieser Form nun wurde die Nachricht gen Westen gefunkt. Als die Alliierten die Sendung abhörten, schlossen sie daraus, Japan habe die Potsdamer Erklärung „abgelehnt“.
Wenige Tage später fielen die Atombomben. In Hiroschima und Nagasaki starben Zehntausende. So jedenfalls stellte Kasuo Kawai, der damalige Chef der einflußreichen Nippon Times, den Verlauf des Geschehens dar.
Dieses unfaßbare Geschehen dient als Beispiel für die Schwierigkeiten, die auf die Sprachbarrieren unter den Menschen zurückzuführen sind – Barrieren, die wir in unserem fortschrittlichen Zeitalter mit all unserer Technik nicht beseitigt haben.
Die UNO als modernes Babel
Mit ihren 191 Mitgliedsländern, in denen viele verschiedene Sprachen gesprochen werden, haben die Vereinten Nationen seit ihrer Gründung mit Verständigungsschwierigkeiten zu kämpfen gehabt. Die Übersetzung jeder Rede und jedes Dokuments in die fünf offiziellen Sprachen (ganz zu schweigen von den Übersetzungen in die vielen nichtoffiziellen Sprachen) schränkt die Arbeitsweise der Organisation manchmal auf ein Schneckentempo ein.
Um beispielsweise eine einstündige Rede in die offiziellen Sprachen Englisch, Französisch, Spanisch, Russisch und Chinesisch zu übertragen, müssen 124 verschiedene Personen runde 400 Arbeitsstunden aufwenden. Für die Übersetzung einer englischen Rede ins Russische müssen drei Leute jeweils sechs Stunden tätig sein; ein einziger Übersetzer braucht schätzungsweise dreißig Stunden, um dieselbe Rede ins Chinesische zu übertragen. Für die Übersetzung der Reden, die in einer siebenwöchigen Tagung der UN-Generalversammlung gesprochen werden, in die offiziellen UN-Sprachen sind mehr als Hundertmillion Blatt Papier notwendig.
Auch auf dem Gebiet der Sprachbegabung findet man natürlich ab und zu ein Wunderkind. Vielleicht ist der frühere UN-Dolmetscher Georges Schmidt, der von sich behauptete, 66 Sprachen und einige weitere Dialekte zu kennen, die Verkörperung eines solchen Sprachwunders. Aber auch solche unglaublichen Fertigkeiten wirken nur wie ein Tropfen auf den heißen Stein, wenn man bedenkt, daß die Anzahl aller heute gesprochenen Sprachen auf über 2500 geschätzt wird. Dolmetscher wie Georges Schmidt sind die äußerst seltene Ausnahme.
Ein Dolmetscher bei den Vereinten Nationen beherrscht durchschnittlich drei Sprachen. Zwei davon sind „passive“ Sprachen – solche, aus denen er übersetzt. Die dritte ist seine Muttersprache, in die er das Original überträgt. Seine Kenntnisse sind das Ergebnis jahrelangen intensiven Studiums. Diese Arbeit hört jedoch da nicht auf, wenn er seine erste Stelle antritt.
Das Simultandolmetschen stellt viel höhere Anforderungen, als nur die Ausdrücke einer Sprache in den Ausdrücken einer anderen Sprache wiederzugeben. Deshalb dolmetscht der Simultandolmetscher normalerweise nur ein paar Stunden am Tag. Ein guter Dolmetscher muß nicht nur überdurchschnittlich intelligent sein, er soll auch zumindest mit dem zur Rede stehenden Thema genauso vertraut sein wie die Person, für die er dolmetscht. Er hat die Aufgabe, die vom Redner gesetzten Akzente und Schwerpunkte möglichst genau zu übertragen.
So gut sie auch sind, Dolmetscher kämpfen ständig mit dem Problem des geistigen Verschleißes.
Eine Sprache, die man nicht dauernd benutzt, verflüchtigt sich anfänglich recht schnell. Die laufende Weiterbildung der UN-Dolmetscher ist der einzige Weg, mehrsprachig intakt zu bleiben. Sonst könnte es geschehen, daß dem Dolmetscher im entscheidenden Moment der richtige Ausdruck fehlt.
Auch Einwanderer, die in einem fremden Land ihren Wohnsitz nahmen, bekamen das drastisch zu spüren. Nachdem sie sich nämlich während einiger Jahre ausschließlich der neuen Sprache bedient hatten, mußten sie zu ihrer Überraschung feststellen, daß sich ein Großteil der Muttersprache dem Bewußtsein „zu verweigern“ begann.
Es überrascht daher nicht, daß es auf der ganzen Welt nur wenige tausend wirklich qualifizierte Konferenzdolmetscher gibt.
Beseitigung der Sprachbarriere durch Bildung?
Wegen der sprachlichen Zersplitterung war man schon seit der frühesten Antike bemüht, Fremdsprachen zu erlernen. Die heutigen Schulkinder lernen, wie man sich in England, Frankreich oder Spanien ausdrückt. Man könnte meinen, daß durch die jahrtausendelange Erfahrung im Sprachunterricht die Hindernisse beim Erlernen einer Fremdsprache längst überwunden seien.
Fragen Sie jedoch einen heutigen Gymnasiasten, wie leicht es ihm fällt, Französisch oder Englisch fließend zu sprechen.
Man bewundert einen Menschen, der eine Fremdsprache beherrscht. Zwar ist jedermann in der Lage, sich mit einigen Redebrocken und verschiedenen Gesten und Bewegungen einem Ausländer verständlich zu machen. Von diesem Stadium bis zur Fähigkeit, ein fließendes Gespräch auf gehobener Ebene zu führen, liegt aber ein sehr weiter Weg. Die Beherrschung einer Fremdsprache ist eigentlich eine Lebensaufgabe.
Angebote für Schnellkurse wie „Englisch in einem Monat“ oder „Französisch in wenigen Stunden“ sehen zwar verlockend aus und mögen die Umsätze einer Sprachschule steigern helfen, sind aber in Wirklichkeit maßlose Übertreibungen. Genauso wenig, wie man nach einem Monat Klavierunterricht zu einem Konzertpianisten geworden sein wird, beherrscht man nach wenigen Wochen eine Fremdsprache.
Der weltbekannte Sprachwissenschaftler Mario Pei, der Italiener war und selbst vier Sprachen fließend beherrschte, sagte einst, daß das Erlernen einer Sprache einer Lebensaufgabe gleichkommt und sich nicht in zwei Jahren, bei drei Stunden Unterricht pro Woche, bewerkstelligen läßt. Pei meinte, auch sechs Monate mit acht Stunden Unterricht am Tag reichten dafür nicht aus.
Die Sprachschranke trennt sogar Freunde
Wohl jeder, der schon einmal im Ausland war, sah sich gleichen Schwierigkeiten gegenüber. Das Problem tritt leider sogar bei Angehörigen des gleichen Sprachkreises auf! Wenn ein Amerikaner nach England oder in ein anderes englischsprachiges Land kommt, stellt er fest – oft erst nach verschiedenen peinlichen sprachlichen Schnitzern –, daß gewisse harmlose Ausdrücke aus seinem Heimatland hier völlig unmöglich klingen, obwohl in beiden Ländern Englisch gesprochen wird. George Bernard Shaw beschrieb dieses Dilemma mit der treffenden Bemerkung, England und Amerika seien zwei durch die gleiche Sprache getrennte Länder!
Sogar in ein und demselben Land haben verschiedene Regionen und verschiedene Gesellschaftsschichten ihren eigenen Dialekt, was sich nachteilig auf die sozialen Beziehungen auswirken kann. Ein „Cockney“ – ein waschechter Ureinwohner Londons – kann noch so gebildet sein: Solange er seinen Akzent nicht ablegt, wird er kaum in höhere gesellschaftliche Schichten aufsteigen können. Man braucht sich nur an das Musical „My Fair Lady“ zu erinnern. Die Sprache und der Dialekt seiner Kindheit können sich für einen Menschen manchmal für das ganze Leben als Hemmschuh auswirken.
Ein Amerikaner aus den Südstaaten wird außerhalb seines Heimatgebietes mit jedem Wort, das er spricht, sofort als Südstaatler erkannt; auch ein Sachse oder Bayer ist im übrigen Deutschland sofort an seinem Dialekt erkennbar und kann Verständigungsschwierigkeiten erleben.
Weltsprachen der Vergangenheit
In der Geschichte des Menschen gab es immer wieder einzelne Sprachen, die in einem größeren Gebiet bzw. Kulturkreis entscheidenden Einfluß hatten. Es scheint jedoch, daß immer dann, wenn eine Sprache dabei war, endlich als „Weltsprache“ anerkannt zu werden, die betreffende Nation bereits ihren Höhepunkt überschritten hatte und dem Zerfall entgegenging. Damit verfiel dann die jeweilige Sprache wieder.
Ein halbes Jahrtausend vor Jesu Geburt wurde durch die Ausdehnung des babylonischen Reiches die aramäische Sprache über den gesamten Nahen Osten verbreitet und diente damals als allgemeines Verständigungsmittel. Ein Teil des Alten Testaments wurde in Aramäisch abgefaßt, und Jesus bediente sich gewöhnlich dieser Sprache. Viele Jahrhunderte blieb das Aramäische die wichtigste Sprache dieses Kulturkreises. Heute wird sie nur noch von ungefähr 100 000 Menschen im Nahen Osten gesprochen.
Als nächstes kam die altgriechische Sprache (heute zu unterscheiden vom modernen Griechisch), die sich vom hellenistischen Griechenland bis nach Indien und Italien verbreitete. Sie wurde im gesamten Römischen Reich zur Sprache der Diplomatie und des Handels. In der Zeit der frühen Cäsaren setzte sie sich sogar in Rom durch. Außer dem Neuen Testament sind viele Schriften der frühen Kirchenväter auf Griechisch überliefert. Aber auch diese Sprache verschwand, als sich der griechisch-mazedonische Kulturkreis aufzulösen begann.
Während des späteren Römischen Reiches gewann im Westen allmählich das Lateinische über das Griechische die Oberhand und blieb für mehr als ein Jahrtausend die vorherrschende Sprache. Während des Mittelalters konnte man von einem Ende Europas bis zum anderen reisen und sich mit Hilfe von Latein überall verständigen. Doch nur eine gebildete Minderheit kannte die Sprache wirklich. Die meisten Menschen konnten nicht einmal ihre eigene Sprache lesen und schreiben, geschweige denn Latein.
Heute ist Latein weitgehend eine „tote Sprache“ und lebt eigentlich nur noch in wissenschaftlichen Terminologien fort.
Während der letzten beiden Jahrhunderte galt Französisch als Sprache der Kultur und Diplomatie. Diesen wichtigen Platz hielt das Französische bis etwa zum Ersten Weltkrieg; dann wurde sein Einfluß, entsprechend der Machteinbuße Frankreichs, zusehends geringer. Heute nimmt Englisch die Stellung einer Weltsprache ein. Seit dem Zweiten Weltkrieg ist Englisch unbestritten die Sprache des Handels, der Wirtschaft und der internationalen Beziehungen.
Heute erscheinen mehr wissenschaftliche Zeitschriften in englischer Sprache als in Französisch oder Deutsch. Die Start- und Landeanweisungen im internationalen Flugverkehr werden in englischer Sprache gegeben. Mit Englischkenntnissen kann man sich heute in fast allen Ländern der Erde verständlich machen.
Die Erfahrung der Geschichte zeigt, daß Englisch das gleiche Schicksal ereilen wird wie die bisherigen Weltsprachen. Seit dem Ende des Britischen Empires ist der sprachliche Einfluß Großbritanniens im Ausland geringer geworden. Amerika trägt zwar durch seine Unterhaltungsindustrie zur Verbreitung von Englisch bei, doch nimmt sein Einfluß in der Welt allein durch das Bevölkerungswachstum ab. Nur etwa ein Achtel der mehr als sechs Milliarden Erdbewohner spricht Englisch. Mehr als doppelt so viele Menschen sprechen einen Dialekt der chinesischen Sprache.
In Zukunft eine Weltsprache?
Die bereits erwähnten Vereinten Nationen sind nur eine von vielen Organisationen, die laufend riesige Geldsummen für Übersetzungen aufwenden. Darüber hinaus gibt es viele andere, die Übersetzungen benötigen. Es sind vor allem Handel, Tourismus, internationale Politik, Bildungswesen und Forschung, um nur einige zu nennen.
Schon lange erkennt man das Ideal einer Weltsprache, um die zwischenmenschliche Verständigung zu erleichtern, Zeit und Kosten zu sparen und all die Probleme zu meiden, die es seit der Sprachverwirrung zu Babel gibt.
Das Beispiel Israels zeigt, daß die Einführung einer fremden Sprache als Landessprache möglich ist. Heute sprechen alle Israelis Hebräisch. Die Israelis haben innerhalb einer einzigen Generation ihre Sprache geändert.
Nach der Staatsgründung Israels wurde das Land innerhalb von ca. fünfundzwanzig Jahren zu einer einzigen, hebräischsprachigen Nation zusammengeschweißt. Für israelische Kinder wurde Hebräisch nach nur einer Generation zur Muttersprache, die sie akzentfrei beherrschen.
Dem Beispiel Israels folgend könnte man sich auf eine Sprache als Weltsprache einigen, die man weltweit dort, wo sie nicht gesprochen wird, als neue Landessprache einführen könnte. Der Weg, die ganze heutige Welt auf eine Universalsprache „umzuschulen“, ist theoretisch gangbar. Aber ein weltweites Unterfangen dieser Art bleibt wohl unmöglich. Warum?
Welches Volk wäre bereit, freiwillig seine Muttersprache aufzugeben? Eine solche Möglichkeit ist undenkbar, denn sie käme der Aufgabe der nationalen Souveränität gleich! Es ist eine historische Tatsache, daß sprachliche und nationale Eigenständigkeit immer Hand in Hand gegangen sind. Jedes Volk ist zugunsten der eigenen Sprache voreingenommen und wird sie freiwillig kaum jemals aufgeben.
Daraus kann man den Schluß ziehen, daß eine Weltsprache ohne eine Weltregierung nicht zu verwirklichen ist. Eine von Menschen friedlich geschaffene Weltregierung ist aber genauso unmöglich, wie das Beispiel des gescheiterten Völkerbunds und der impotenten Vereinten Nationen zeigt. Dennoch haben große Staatsmänner immer wieder betont, daß nur eine Weltregierung imstande ist, die Probleme der Menschheit – ganz gleich welcher Art sie sind – zu lösen.
Zu den Problemen, die dringend gelöst werden müssen, gehören die weltweite Umweltverschmutzung, Kriege, die Bevölkerungsexplosion, Hungersnöte, Seuchen, das Analphabetentum usw. Nur eine Weltregierung, der das Interesse aller Bürger am Herzen liegt, könnte die Nationen zu der Zusammenarbeit bringen, die zur Lösung dieser Probleme nötig ist. Nur eine Weltregierung könnte die verschiedenen Staaten und Völker veranlassen, in friedlicher und harmonischer Zusammenarbeit alle Schwierigkeiten endgültig aus dem Weg zu räumen.
Leider zeigt die Erfahrung, daß eine Weltregierung in Menschenhand eine Katastrophe bedeuten würde.
Die Welt von morgen
Eine Weltregierung wird es dennoch geben, aber nicht von Menschenhand! Ein wesentlicher Aspekt des wahren Evangeliums ist die Nachricht, daß Jesus der Herrscher der ganzen Welt sein wird. Kurz vor seinem Tod bestätigte Jesus dem römischen Statthalter Pontius Pilatus diese Tatsache: „Da fragte ihn Pilatus: So bist du dennoch ein König? Jesus antwortete: Du sagst es, ich bin ein König. Ich bin dazu geboren und in die Welt gekommen“ (Johannes 18,37).
Darüber hinaus sagte Jesus Pilatus, daß seine Herrschaft ihren Ursprung nicht in der heutigen Weltordnung hat: „Mein Reich ist nicht von dieser Welt. Wäre mein Reich von dieser Welt, meine Diener würden darum kämpfen, daß ich den Juden nicht überantwortet würde; nun aber ist mein Reich nicht von dieser Welt“ (Vers 36).
Der Prophet Daniel beschreibt eine Vision, die Gott ihn sehen ließ, in der Jesus zum König über die ganze Welt gekrönt wird: „Ich [Daniel] sah in diesem Gesicht in der Nacht, und siehe, es kam einer [Jesus] mit den Wolken des Himmels wie eines Menschen Sohn und gelangte zu dem, der uralt war [Gottvater], und wurde vor ihn gebracht. Der gab ihm Macht, Ehre und Reich, daß ihm alle Völker und Leute aus so vielen verschiedenen Sprachen dienen sollten. Seine Macht ist ewig und vergeht nicht, und sein Reich hat kein Ende“ (Daniel 7,13-14).
Das Buch der Offenbarung bestätigt die Vision Daniels: „Und der siebente Engel blies seine Posaune; und es erhoben sich große Stimmen im Himmel, die sprachen: Es sind die Reiche der Welt unseres Herrn und seines Christus geworden, und er wird regieren von Ewigkeit zu Ewigkeit“ (Offenbarung 11,15).
Die kommende Weltregierung Jesu Christi wird alle jetzigen Bildungssysteme, die sich im wesentlichen auf die gottlose Evolutionstheorie gründen, auflösen. In der Welt von morgen wird Jerusalem das Bildungszentrum der ganzen Welt sein. Dazu schrieb der Prophet Micha folgendes: „In den letzten Tagen aber wird der Berg, darauf des HERRN Haus ist, fest stehen, höher als alle Berge und über die Hügel erhaben. Und die Völker werden herzulaufen, und viele Heiden werden hingehen und sagen: Kommt, laßt uns hinauf zum Berge des HERRN gehen und zum Hause des Gottes Jakobs, daß er uns lehre seine Wege und wir in seinen Pfaden wandeln! Denn von Zion wird Weisung ausgehen und des HERRN Wort von Jerusalem“ (Micha 4,1-2).
Das neue Bildungswesen der Welt von morgen wird dazu führen, daß alle Menschen Zugang zur Erkenntnis des wahren Gottes haben: „Das Land wird voll Erkenntnis des HERRN sein, wie Wasser das Meer bedeckt“ (Jesaja 11,9).
Vor diesem Hintergrund wäre die Einführung einer einheitlichen Weltsprache auf dem Bildungsweg theoretisch möglich. Es gibt jedoch eine ganz andere Möglichkeit für die Schaffung einer wahren Weltsprache: die Umkehr des Geschehens beim Turmbau zu Babel. Damals wollten die Menschen der Aufforderung Gottes, sich auf der ganzen Welt zu verteilen, nicht nachkommen. Der Turm selbst war der Mittelpunkt bzw. das Symbol ihres Bestrebens, beieinander zu bleiben und sich dem Willen Gottes zu widersetzen.
Wie reagierte Gott darauf? „Und der HERR sprach: Siehe, es ist einerlei Volk und einerlei Sprache unter ihnen allen, und dies ist der Anfang ihres Tuns; nun wird ihnen nichts mehr verwehrt werden können von allem, was sie sich vorgenommen haben zu tun. Wohlauf, laßt uns herniederfahren und dort ihre Sprache verwirren, daß keiner des andern Sprache verstehe!“ (1. Mose 11,6-7).
In einer Welt, in der alle Menschen durch die Anbetung des wahren Gottes vereint sind, wird es die Bedenken nicht mehr geben, die Gott dazu veranlaßte, die Sprache der Menschen zu verwirren. Wenn Gott die Macht hat, sozusagen „im Handumdrehen“ die Sprache der Menschen zu verwirren, so hat er ebenfalls die Macht, dieses Eingreifen rückgängig zu machen und alle Menschen wieder eine Sprache sprechen zu lassen.
Der Traum von einer einheitlichen Weltsprache wird in der kommenden Welt Wirklichkeit werden, wie wir beim Propheten Zefanja nachlesen können: „Dann aber – sagt der HERR – werde ich den Völkern neue, reine Lippen [wörtlich: ,eine reine Lippe‘ bzw. ,Sprache‘] geben, so daß sie nicht mehr die Namen ihrer Götzen in den Mund nehmen, sondern meinen Namen im Gebet anrufen und ohne Ausnahme mir dienen“ (Gute Nachricht Bibel).
Dann werden die Völker in Eintracht leben und eines Sinnes sein. Sprachlich vereint werden sie „mit einer Stimme“ sprechen und dem wahren Gott „in einem Sinn und in einer Meinung“ dienen können (1. Korinther 1,10).