Über die Bedeutung von Hebräer 4, Vers 9 ist schon viel geschrieben worden. Wissen Sie, welche Erläuterungen zu diesem Vers biblisch fundiert sind?

Von Larry Walker

Für Sabbatarier ist die Bibelstelle in Hebräer 4, Vers 9, wenn man sie richtig versteht und auslegt, eine sehr wichtige Aussage. Das Schlüsselwort in diesem Vers ist sabbatismos. Die meisten Sabbatarier definieren sabbatismos als „ein Halten des Sabbats“. Nach dieser Definition wird das Halten des Sabbats im Neuen Testament bestätigt.

Die Mehrheit der Theologen des abgewandelten Christentums unserer Zeit ist hingegen der Meinung, daß mit sabbatismos eine himmlische Ruhe gemeint sei, die in diesem Leben mit Jesus Christus beginnt und nach dem Tod durch das ewige Leben im Himmel ihren Höhepunkt findet.

Welches von diesen beiden Auslegungen ist biblisch fundiert? Welche Bedeutung hat das Wort sabbatismos und wie sollen wir diesen Vers verstehen?

Sabbatismos: ein einzigartiges Wort

Die erste Möglichkeit, ein im Neuen Testament verwendetes griechisches Wort zu verstehen, ist, es mit anderen Bibelstellen zu vergleichen, in denen es vorkommt – wenn möglich vom gleichen Autor geschrieben. Leider erübrigt sich diese Vorgehensweise bei sabbatismos, weil es nur einmal im Neuen Testament vorkommt: in Hebräer 4, Vers 9.

Als zweite Möglichkeit können wir recherchieren, wie das Wort in zeitgenössischen weltlichen Schriften benutzt wurde. Das Exegetische Wörterbuch zum Neuen Testament, herausgegeben von Horst Balz und Gerhard Schneider, enthält die nachfolgende Definition von sabbatismos: „Das Neue Testament liefert mit Hebräer 4,9 den ältesten Beleg für das Substantiv sabbatismos, das dann mehrfach in der nach-neutestamentlichen Literatur des frühen Christentums begegnet (von Hebräer 4,9 unabhängig z. B. Justin Dial 23,3; Origen Orat 27,16; Epiphanius Haer XXX 2,2; LXVI 85,9; Mart. Petri et Pauli 1; Const Ap II 36,2; Makarius/Symeon, Logos 12,2,4) ... Im nichtchristlichen Schrifttum konnte sabbatismos bislang einzig Plutarch Superst 3 (166a) nachgewiesen werden.

Das Substantiv ist von dem Verb sabbatizo abgeleitet, das in LXX [„Septuaginta“] an einigen Stellen als Übersetzung des hebräischen schabbat erscheint. Das Verb heißt a) ,den Sabbat begehen/den Sabbat feiern‘ (2. Mose 16,30; 3. Mose 23,32; 2. Makkabäer 6,6; ebenso bei Ign Magn 9,1; PapOxy 1,2; Just Dial 10,1 u.ö.), b) ,(Sabbat-)Ruhe haben‘ (3. Mose 26,34f; 2. Chronik 36,21; 3. Esra 1,55).

Entsprechend hat das Substantiv die Bedeutungen Sabbatfeier (so an den genannten außer-neutestamentlichen Stellen) und Sabbatruhe (so ist das Verständnis von sabbatismos Hebräer 4,9 bei Orig Cels V 59; Selecta in Ex zu 16,23 [PG XII, 289B])“ (Band 3, Spalten 521-522).

Die meisten Gelehrten räumen ein, daß die wörtliche Bedeutung von sabbatismos „ein Halten des Sabbats“ ist, sehen aber eine metaphorische Auslegung von „Sabbatruhe“ als die Absicht von Hebräer 4, Vers 9. Beispielsweise enthält das Thayer’s Lexicon diese Definitionen: „den Sabbat halten: 1. ein Halten des Sabbats, 2. die gesegnete Ruhe von Mühen und Trübsalen, auf die sich wahre Christen und wahre Anbeter Gottes in dem kommenden Zeitalter freuen.“

Viele Sabbatarier legen bei der zweiten Definition Protest ein und meinen, damit entstelle man die Bedeutung des Wortes sabbatismos. Schließlich weist alles, so argumentieren sie, darauf hin, daß mit sabbatismos ein Halten des Sabbats gemeint ist. Außerdem entspricht diese Sichtweise dem Verständnis frühkirchlicher Autoren, wie in den bereits zitierten Werken angeführt.

Die etymologischen Beweise bestätigen in der Tat diese Bedeutung. Die Definition eines Wortes kann sich aber im Laufe der Zeit ändern. Das auf dieser Tatsache beruhende Argument lautet, daß eine spätere Verwendung von sabbatismos, wie in den bereits erwähnten nichtbiblischen Quellen nach dem Abfassen des Neuen Testamentes, nicht notwendigerweise die Bedeutung des Wortes im Hebräerbrief hergibt.

Darüber hinaus setzt eine richtige Auslegung der Bibel mehr als nur Etymologie oder Grammatik voraus. Dazu meint der Sprachenwissenschaftler Edward Goodrick: „Man legt nicht nur einen Text aus, sondern erklärt auch ein historisches Ereignis“ (Do It Yourself Greek and Hebrew, Seite 12).

Mit anderen Worten: Welche Bedeutung hatte das Wort in dem ursprünglichen Zusammenhang? Was wollte der Autor des Hebräerbriefs seinen Lesern beibringen? Wies er sie auf die Notwendigkeit hin, den Sabbat weiterhin zu halten? Oder ging es ihm nur um eine symbolische „Ruhe“?

Manche Gelehrte meinen, daß der Kontext im Hebräerbrief eher auf die zweite Bedeutung schließen läßt. In der Tat scheinen Kapitel 3 und 4 eschatologisch zu sein. Die erste Generation der Israeliten schaffte es wegen eines auf Unglauben ausgelösten Ungehorsams nicht, in ihre verheißene „Ruhe“ (das Land Kanaan) einzugehen. Die Empfänger des Hebräerbriefs – wahrscheinlich Judenchristen – werden ermahnt, nicht denselben Fehler wie ihre antiken Vorfahren zu begehen.

Auf der anderen Seite wird in dem Kontext auch der wöchentliche Sabbat erwähnt: „Denn er hat irgendwo von dem siebten Tag so gesprochen: Und Gott ruhte am siebten Tag von allen seinen Werken“ (Hebräer 4,4; Elberfelder Bibel). Gemeint ist der Abschluß der Schöpfungswoche, als Gott den Sabbat einsetzte.

In Kapiteln 3-4 gibt es drei verschiedene Bedeutungen von „Ruhe“: 1. die wöchentliche Sabbatruhe; 2. Ruhe vor den Feinden Israels im Gelobten Land (Hebräer 3,11. 19; 4,5. 8); 3. ein „anderer Tag“ der Ruhe (Hebräer 4,8-11). Befassen wir uns mit diesen drei „Ruhen“ im einzelnen.

Die wöchentliche Sabbatruhe

Diese Ruhe versteht man wohl am einfachsten, und zwar wegen des klaren biblischen Bezugs zu 1. Mose 2, Vers 2, dem Bericht über die Einsetzung des Sabbats durch Gott, indem er ruhte. Wie paßt diese Bedeutung zum Kontext von Hebräer 3 und 4? Sehen wir uns zunächst die zweite Bedeutung von „Ruhe“ an, bevor wir diese Frage beantworten.

Ruhe vor Feinden

In 5. Mose 3, Vers 20 und Kapitel 12, Verse 9-10 geht es um „Ruhe“ im Gelobten Land vor Israels Feinden jenseits des Jordans. Diese Verheißung wird in 5. Mose 25, Verse 17-19 wiederholt, wo „Ruhe“ im Sinne der Erlösung von Erschöpfung im Kampf gegen Israels Feinde benutzt wird.

Bis auf Josua und Kaleb durfte niemand in der Erwachsenengeneration, die Ägypten verlassen hatte, das Gelobte Land betreten. Diese Tatsache wird in Hebräer 3 und 4 mehrmals wiederholt. Erst die zweite Generation überquerte unter der Führung Josuas den Jordan und kam nach Kanaan.

In Josua 1, Verse 13-16 erinnert Josua das Volk an die Ruhe, die Gott durch Mose verheißen hatte. Zum Schluß des Buches faßte Josua die Erfüllung dieser Verheißung zusammen: „So gab der Herr Israel das ganze Land, das er ihren Vätern zu geben geschworen hatte. Und sie nahmen es in Besitz und wohnten darin. Und der Herr verschaffte ihnen Ruhe ringsumher, ganz wie er es ihren Vätern geschworen hatte. Und keiner von allen ihren Feinden hielt vor ihnen stand; alle ihre Feinde gab der Herr in ihre Hand. Es fiel kein Wort dahin von all den guten Worten, die der Herr zum Haus Israel geredet hatte. Alles traf ein“ (Josua 21,43-45; Elberfelder Bibel).

Hebräer 4, Verse 7-8 zitiert jedoch Psalm 95 und stellt fest, daß die unter Josuas Führung erlangte „Ruhe“ die göttliche Verheißung der Ruhe nicht voll erfüllte. Psalm 94, Verse 12-13 verheißt denen Ruhe (= Befreiung von Widrigkeiten), die die vom Gesetz Gottes ausgehende Unterweisung annehmen.

Der Kontext weist auf eine Zeit hin, wenn die Bösen bestraft werden und Gerechtigkeit siegen wird. Psalm 95, allgemein als Sabbat-Psalm anerkannt, erklärt, daß die Israeliten der ersten Generation wegen der Verstockung ihres Herzens nicht zu der „Ruhe“ Gottes kommen durften (Vers 11).

„Ein anderer Tag“

Welche „Ruhe“ ist in Hebräer 4, Verse 8-11 gemeint? Der Prophet Jesaja beschreibt das Millennium als Zeit der „Ruhe“, zu der die Freiheit von „Jammer und Leid und von dem harten Dienst“ gehört (Jesaja 14,3. 7).

In Matthäus 11, Verse 28-29 verheißt Jesus Christus all denen Ruhe, die zu ihm kommen: „Kommt her zu mir, alle, die ihr mühselig und beladen seid; ich will euch erquicken. Nehmt auf euch mein Joch und lernt von mir; denn ich bin sanftmütig und von Herzen demütig; so werdet ihr Ruhe finden für eure Seelen.“

Jesu Worte waren eine willkommene Botschaft für Menschen, die unter den von den Schriftgelehrten und Pharisäern auferlegten schweren religiösen Lasten zu leiden hatten (Matthäus 23,4). Die tiefere Bedeutung seiner Verheißung hat mit der Befreiung von der Knechtschaft der Sünde zu tun (Johannes 8,32-36; Römer 8,2; Hebräer 2,14-16).

Werden wir zu Jüngern Christi, so beginnen wir, diese Ruhe zu erfahren (Hebräer 4,3). Doch wir sind noch nicht ganz von der Sünde befreit (1. Johannes 1,8; Römer 7,14-25). Wir haben jedoch einen Weg eingeschlagen, der uns zu völliger Ruhe von der Sünde führen wird, wenn wir bei der Wiederkehr Jesu Christi zu Geistwesen in der Familie Gottes verwandelt werden.

Nun sind wir wieder beim Hebräerbrief, in dem alle Aspekte von Ruhe miteinander verbunden werden. Hebräer 3, Vers 7 zitiert aus Psalm 95 und weist damit auf das Versagen der ersten Generation Israels als Lektion für das Volk Gottes damals (und heute) hin. Unglaube war der Grund, warum Israel nicht „zu der Ruhe kommen“ konnte, die Gott ihm verheißen hatte (Verse 18-19).

Zu Beginn des vierten Kapitels finden wir eine Ermahnung zum Glauben und Gehorsam als Voraussetzung für das Erlangen der „Ruhe“, die immer noch dem Volk Gottes verheißen ist. Bis jetzt ist noch keiner in diese „Ruhe“ eingegangen, aber nicht etwa deshalb, weil Gott sie noch nicht verkündet hätte, denn Gottes Einsetzung der wöchentlichen Sabbatruhe ist eine Vorausschau auf diese zukünftige Ruhe (Verse 3-4).

In Psalm 95 redete David immer noch von der Verheißung einer „Ruhe“, lange nachdem Josua die zweite Generation Israels zur Ruhe in das Gelobte Land geführt hatte. Das beweist, daß die „Ruhe“ zur Zeit Josuas lediglich eine Vorausschau auf eine größere Ruhe in der Zukunft war (Verse 6-8).

Sabbatismos und „Ruhe“

Welche Schlußfolgerungen können wir nun in bezug auf die Bedeutung von sabbatismos in Hebräer 4, Vers 9 ziehen? In allen anderen Fällen in Hebräer 3 und 4, in denen das Wort „Ruhe“ vorkommt, handelt es sich um das griechische Substantiv katapausis (und bei „ruhen“ um das Verb katapauo).

Was ist die theologische Wichtigkeit des in der Bibel einzigartigen Wortes sabbatismos in Vers 9? Viele Sabbatarier sehen darin ein Gebot, den Sabbat zu halten. Die meisten Bibelgelehrten sind da anderer Meinung, und einige sehen in diesem Vers sogar eine Herabwürdigung des Sabbats. In dem Nachschlagewerk Vine’s Expository Dictionary of Biblical Words liest man z. B.: „Hier geht es beim ,Sabbathalten‘ um die ewige Sabbatruhe, die Gläubige in ihrer Gemeinschaft mit dem Vater und dem Sohn ununterbrochen genießen, im Gegensatz zum wöchentlichen Sabbat unter dem Gesetz“ (Vine’s, Stichwort „rest“).

Da die Bedeutung vom Kontext her eher die Ruhe von Sünde zu favorisieren scheint, sehen viele den wöchentlichen Sabbat lediglich als Metapher einer größeren Ruhe, die durch Christus möglich gemacht wird. So wird der Sabbat den Tempelritualen und dem ganzen Gesetzespaket zugeordnet, das unter dem Alten Bund gültig war. Für alle, die den Sabbat so sehen wollen, reduziert er sich auf ein Ritual, das im Neuen Bund überholt ist und im Alten Bund lediglich als Vorausschau auf die geistliche Realität diente, die Jesus heute erfüllt.

Die Behauptungen analysieren

Wie sieht es mit der Richtigkeit dieser Behauptungen aus? Welche Grundlage gibt es, den Sabbat den Tempelritualen zuzuordnen? Gibt es dafür klare biblische Beweise? Nein, sie gibt es nicht, sondern nur „einige Dinge“ in den Paulusbriefen, die „schwer zu verstehen sind“ und die falsch verstanden und ausgelegt werden (2. Petrus 3,16).

Der Hebräerbrief und andere Abschnitte im Neuen Testament enthalten klare Erklärungen der in den Tempelritualen enthaltenen vorübergehenden Sinnbilder. Darunter fallen auch andere Aspekte des levitischen Systems wie beispielsweise die Beschneidung. Berücksichtigt man die Wichtigkeit des Sabbats in der jüdischen Gesellschaft, so hätte die Abschaffung des Sabbats klar begründet werden müssen, besonders in einem Brief wie diesem, der an Judenchristen gerichtet war. Darüber hinaus wurde der Sabbat bei der Schöpfung eingesetzt, lange bevor es ein levitisches Ritualsystem gab. Folglich kann der Sabbat nicht als vorübergehendes Ritualgesetz des Alten Bundes abgetan werden.

Dient der Sabbat als Metapher für die größere Ruhe, die Jesus möglich macht? Gewiß! In dem siebentägigen Wochenrhythmus dient der Sabbat als wöchentliche Erinnerung an die millennialische Ruhe, die Jesus bei seiner Wiederkehr einführen wird. Soll aber diese metaphorische Bedeutung den Sabbat auf ein vorübergehendes Ritual reduzieren?

Der Sabbat hatte auch im Kontext des Alten Bundes eine metaphorische Bedeutung. In 2. Mose 8, Verse 8-11 und 2. Mose 31, Vers 17 wird der Sabbat als Erinnerung an den Schöpfer dargestellt. 5. Mose 12, Verse 12-15 und 2. Mose 31,13 verbinden den Sabbat mit Gottes Befreiung Israels von der Knechtschaft in Ägypten. Über diese metaphorischen Bedeutungen hinaus war der Sabbat auch ein wesentlicher Bestandteil des Moralgesetzes der Nation Israel.

In ähnlicher Weise ist der Sabbat nach wie vor ein moralisches Gesetz mit vielen geistigen, emotionalen, physischen und geistlichen Vorteilen. Zusammen mit den Festtagen dient er dem metaphorischen Zweck einer Vorausschau auf wichtige Ereignisse in Gottes Heilsplan (Kolosser 2,16-17).

Sabbatismos im Kontext des Hebräerbriefs

Was finden wir im Hebräerbrief als Hilfestellung zum richtigen Verständnis der Bibelstelle in Hebräer 4, Vers 9? Diese Hilfestellung, zusammen mit Informationen aus anderen Büchern der Bibel und Details aus der jüdischen Geschichte, läßt uns die Bedeutung von sabbatismos in seinem Kontext verstehen.

Der Sabbat hat in der Geschichte Israels und Judas immer eine wichtige Rolle gespielt. Hesekiel 20 stellt klar, daß die Entheiligung des Sabbats und der Götzendienst zwei Hauptsünden Israels waren, die zu seiner Bestrafung und dem Verlust der nationalen Identität geführt haben. Die Juden, die von der babylonischen Gefangenschaft nach Judäa zurückkehren durften, nahmen sich vor, diese Sünden nie wieder zu begehen und so die Bestrafung Gottes zu vermeiden.

Leider verfielen sie von dem einen Extrem in das andere. Das Resultat war ein detaillierter Katalog von Vorschriften, mit denen sie aus dem Sabbat eine Last machten. Die daraus hervorgehende Heuchelei wurde von Jesus verurteilt (Matthäus 23,1-5).

Statt dessen bot er wahre Ruhe, ein sanftes Joch und eine leichtere Last an (Matthäus 11,30). Dadurch war der Konflikt zwischen Jesus und den selbstgerechten Führern seiner Zeit vorprogrammiert, die sich letztendlich verschworen mit dem Ziel, ihn zu töten.

Der Apostel Paulus stieß bei vielen in der jüdischen Gemeinde auf ähnlichen Widerstand. In Römer 2 setzte er sich mit ihren stereotypen Sünden und Problemen auseinander. Manche waren selbstzufrieden und meinten, sie wären, nur weil sie Juden waren, für Gott etwas Besonderes. Sie rühmten sich des Gesetzes. Sie meinten, daß Gott sie trotz ihrer Sünden auf besondere Weise behandeln wird. Paulus stellte diesbezüglich unmißverständlich fest: „Denn vor Gott sind nicht gerecht, die das Gesetz hören, sondern die das Gesetz tun, werden gerecht sein“ (Römer 2,13; Hervorhebung durch uns).

Vor diesem Hintergrund gilt es die besonderen Probleme der Judenchristen zu überlegen, an die der Hebräerbrief gerichtet ist. Sie waren „harthörig geworden“ (Hebräer 5,11) und mußten deshalb ermahnt werden, das ihnen bereits Gepredigte besser zu beherzigen, um nicht „am Ziel“ vorbeizutreiben (Hebräer 2,1).

Hebräer 6 und 10 enthalten ernsthafte Warnungen gegen den Abfall, nachdem man auf der Grundlage der Wahrheit aufzubauen begonnen hatte. Zwischen Hebräer 2 und diesen Kapiteln gibt es die Ermahnung, dem schlechten Beispiel des Unglaubens und Ungehorsams ihrer Vorfahren nicht zu folgen (Hebräer 3 und 4).

Hatten diese Gläubigen auch die selbstzufriedene Geisteshaltung, daß sie im Besitz der Wahrheit waren? Trugen ihre geistliche Nachlässigkeit und Trägheit zur Behandlung des Sabbats als bedeutungsloses Ritual bei? Urteilt man nach Hebräer 10, Vers 25, so muß man annehmen, daß einige die Versammlung am Sabbat vernachlässigten. In Hebräer 3 und 4 geht es hauptsächlich darum, daß diese Gläubigen in ihrer Befolgung der Berufung Gottes eifriger sein sollten, um die endgültige geistliche Ruhe zu erlangen, die Gott seinem Volk anbietet (Hebräer 4,11).

Da der Sabbat schon immer einen solch bedeutenden Stellenwert im Glaubensleben der jüdischen Gemeinde eingenommen hat und da er eine Vorausschau auf die zukünftige millennialische Ruhe ist, konnte es eine bessere Vorgehensweise kaum geben, als nachlässige Mitglieder auf diese miteinander verwobenen Themen in bezug auf das Halten des Sabbats hinzuweisen.

In 2. Mose 31 wird der Sabbat als Kennzeichen des Volkes Gottes identifiziert. Ist das der Grund, warum nach Hebräer 4, Vers 9 dem Volk Gottes eine „Sabbatruhe“ – sabbatismos – noch übrig bleibt? Fribergs Lexikon gibt die Definition des griechischen Wortes, das mit „übrig bleibt“ übersetzt wurde, als „das, was übrig bleiben darf, um verfügbar zu sein; vorbehalten, weiterhin existierend“.

Bedeutet sabbatismos in Hebräer 4, Vers 9 das Halten des Sabbats, oder ist damit die millennialische Ruhe durch Christus gemeint? Manche verkennen, daß es nicht notwendig ist, unter diesen beiden Möglichkeiten eine Wahl zu treffen. Beide Auslegungen sind möglich und wahrscheinlich auch beabsichtigt. Die Absicht des Autors vom Hebräerbrief war es, die beiden miteinander zu verknüpfen, um die Wichtigkeit beider zu betonen und auf die Verbindung zwischen ihnen hinzuweisen.

Wenn wir den wöchentlichen Sabbat halten, ruhen wir von unseren Werken, wie Gott von seinen Werken ruhte, als er den Sabbat schuf (Hebräer 4,10). Wenn wir die Ruhe annehmen, die uns Jesus anbietet, wenden wir uns von unseren früheren „toten Werken“ (Hebräer 9,14; 10,1) ab und fangen an, Gott zu glauben und zu gehorchen. Wenn wir bei der Wiederkehr Jesu in die millennialische Ruhe eingehen, ruhen wir vollständig von unseren irdischen Werken und sind ganz von der Knechtschaft der Sünde befreit. Die Ruhe Josuas ist eine Vorausschau auf diese Zeit.

Zusammenfassung

Der Hebräerbrief ist an bekehrte Juden gerichtet, um den Übergang vom Alten zum Neuen Bund zu erklären. Der Sabbat und die Beschneidung werden seit langem für zwei Schlüsselinhalte des Judentums gehalten, wodurch die Juden als „das Volk Gottes“ identifiziert werden.

Zur Zeit Jesu Christi hatte man die Bedeutung des Sabbats jedoch unter einem Berg kleinlicher Vorschriften begraben. Jesus verurteilte diese menschlichen Traditionen und gab uns ein Beispiel, wie der Sabbat als Gottes Geschenk an die Menschheit zu halten ist (Markus 2,27-28).

Hebräer 4, Vers 9 enthält eine bedeutungsvolle und kraftvolle Bestätigung der Gültigkeit des Sabbats im Neuen Bund für das Volk Gottes, sich weiterhin am Sabbat zu versammeln. Im Hebräerbrief geht es um die Erhöhung des Sabbats zu seiner vollen Bedeutung im Plan Gottes. Der Sabbat und seine Bedeutung vom Alten Bund her als Kennzeichen des besonderen, geheiligten Volkes Gottes („das Volk Gottes“) weisen auf Gott als Schöpfer hin. Hinzu kommt die Bedeutung des Neuen Bundes, das Eingehen in eine andere Ruhe durch Christus.

Diese geistliche Ruhe beginnt in diesem Leben und gipfelt in der Auferstehung zum ewigen Leben bei der Rückkehr Jesu (Offenbarung 20,6). Unser Erbe, das die völlige Ruhe durch ewiges Leben mit einschließt, erhalten wir erst bei der Rückkehr Jesu, die auch den Anfang der Ruhe im Millennium einleitet, die im Alten Testament vorausgesagt wurde.

Im Hebräerbrief werden die drei Motive der Ruhe in geschickter Weise ineinander verwoben: die verheißene Ruhe für Israel vor seinen Feinden, der wöchentliche Sabbat und die geistliche Ruhe durch Christus. Der Schluß ist, daß der Sabbat vom Volk Gottes – der neutestamentlichen Kirche – immer noch zu halten ist.

Wie Hebräer 4, Vers 10 bestätigt, müssen wir alle bemüht sein, zu dieser vollen geistlichen Ruhe zu kommen und den wöchentlichen Sabbat aufgrund seiner Bedeutung in Gottes großem Plan weiterhin zu halten.

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